TE Lvwg Erkenntnis 2014/3/19 VGW-123/060/10220/2014

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2014
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.03.2014

Index

97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

BVergG 2006 §68 Abs1 Z2
BVergG 2006 §68 Abs3
BVergG 2006 §69 Z1
BVergG 2006 §72 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Vorsitzenden Mag. S. Fischer und die Richter Dr. Neumann als Berichter und die Richterin Mag.a Schreiner-Hasberger als Beisitzerin über die Beschwerde der BIETERGEMEINSCHAFT W., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, betreffend das Nachprüfungsverfahren zur Vergabe eines Rahmenvertrages über Baumeisterarbeiten in den Bezirken 1-23 (LV/WW DT/BT-BM-LOS-01-49) nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, verkündet am 18. Februar 2014, zu Recht erkannt:

I.       Der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 16. Dezember 2013 wird abgewiesen.

II.      Der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr die Pauschalgebühren für die Beschwerde binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters zu ersetzen, wird abgewiesen.

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

IV.      Rechtsgrundlagen: §§ 7 Abs. 1 und 2 Z 2, 20 Abs. 1 WVRG 2014, § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006, § 28 Abs. 1 VwGVG; § 16 Abs. 1 und 2 WVRG 2014; § 25a VwGG.

BEGRÜNDUNG

I.       Gang des Verfahrens und Vorbringen

I.1.     Nachprüfungsantrag und Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2013, beim Vergabekontrollsenat des Landes Wien eingelangt am 16. Dezember 2013 (13:01 Uhr), stellt die BIETERGEMEINSCHAFT W. (im Folgenden: ASt) infolge des Ausscheidens ihres Angebots den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung dahingehend, dass die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung (in eventu der Zuschlagserteilung) untersagt werden möge. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2013 des Vergabekontrollsenats des Landes Wien wurde ein Nachprüfungsverfahren zur Prüfung der von der ASt behaupteten Rechtswidrigkeiten eingeleitet und das Ausscheiden des Angebots der ASt sowie die Erteilung des Zuschlags hinsichtlich der Lose 07 bis 29, 34 bis 39 und 45 bis 49 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens bis zur rechtskräftigen Beendigung des Nachprüfungsverfahrens, untersagt. In dem angeführten Schriftsatz der ASt vom 16. Dezember 2013 wurden schließlich auch die Anträge gestellt, dass nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Ausscheidensentscheidung der Stadt Wien – Wiener Wohnen (im Folgenden: Antragsgegnerin [AG]) vom 5. Dezember 2013 hinsichtlich des Angebots der ASt für nichtig erklärt werde und der Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr ausgesprochen werden möge.

I.2.     Vorbringen

I.2.1.   Interesse und Schaden

Zum Interesse an der Antragstellung wird von der ASt ausgeführt, dass sie sich am gegenständlichen Verfahren beteiligt und zeitgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt habe. Da sich das gegenständliche Verfahren im Stadium der Angebotsprüfung befinde, könne derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass das Angebot bei vergaberechtskonformer Angebotsprüfung auch der übrigen Bieter für die Zuschlagserteilung hinsichtlich einzelner Lose in Betracht komme, insbesondere deshalb, weil Angebote anderer Bieter betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbare Nachlässe gewähren würden. Das Angebot der ASt würde für die Zuschlagsentscheidung noch in Betracht kommen, da das Angebot nicht ausgeschieden werden hätte dürfen. Die ASt sei zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistung befugt und in der Lage. Darin liege jedenfalls ein hinreichend begründetes Interesse der ASt am Vertragsabschluss. Durch die Entscheidung der AG sei ein Schaden durch die Nichtabdeckung des projektgegenständlichen Deckungsbeitrags samt entgangenem Gewinn entstanden. Schon angefallen seien Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren und Rechtsberatungskosten. Der drohende Schaden sei nur durch die Aufhebung der Entscheidung der AG abzuwenden.

I.2.2.   Zulässigkeit / Unzulässigkeit der Aussscheidensentscheidung

Nach Darstellung des Sachverhalts führt die ASt zur Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung im Wesentlichen aus:

Zur Frage, ob ein nach Angebotsöffnungsverfahren eingeleitetes jedoch vor der Ausscheidensentscheidung bereits wieder rechtskräftig abgeschlossenes Sanierungsverfahren das Ausscheiden rechtfertige, gebe es keine Entscheidungen der Vergabenachprüfungsbehörden. Schon der Wortlaut des § 68 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 spreche ganz generell dafür, dass von diesem Ausschlusstatbestand nur dann Gebrauch gemacht werden dürfe, wenn das Insolvenzverfahren im Zeitpunkt des Ausschlusses tatsächlich noch anhängig ist. Dieser Interpretation stünde (mit Hinweis insbesondere auf § 19 Abs. 1 Satz 2 BVergG) auch § 69 BVergG nicht entgegen, der beim offenen Verfahren darauf abstelle, dass die Eignung „spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen muss“.

Alle Bestimmungen über die „Eignung der Unternehmer“ würden auf die Vergabe – die Zuschlagserteilung (Vertragsabschluss) – an geeignete Unternehmer abzielen. Unabhängig von der Tatsache, dass einerseits der relevante Zeitpunkt im offenen Verfahren zunächst der Zeitpunkt der Angebotsöffnung sei und andererseits dem Auftraggeber auch keine Verpflichtung zur ständigen Überprüfung der Eignung der Unternehmer auferlegt sei, habe die endgültige Beurteilung der Eignung vor dem Hintergrund der Sicherstellung des Wettbewerbs immer im Hinblick auf die Verpflichtung zur Vergabe an geeignete Bieter zu erfolgen. Daher wäre der Schluss, lediglich auf den in § 69 BVergG 2006 genannten Zeitpunkt abzustellen, zu kurz gegriffen. Dies werde auch durch die Forderung des Gesetzgebers bekräftigt, der den Auftraggeber bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine Änderung der Eignung verpflichte, „das Bestehen der Eignung zu verifizieren“. Obgleich der Gesetzgeber als Beispiel nur den nachträglichen Verlust der Eignung nenne, müsse auch die gegenteilige Entwicklung von Eignungsaspekten im Hinblick auf den Grundsatz der Vergabe an geeignete Bieter beachtet werden. Der Ausschluss der ASt sei somit weder nach dem Wortlaut des § 68 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 noch vom Regelungszweck des Vergaberechts und der Intention des Gesetzgebers gedeckt. Vielmehr stünde das Vorgehen der AG im Widerspruch zur Verpflichtung der Vergabe an geeignete Unternehmen und verstoße gegen das vergaberechtliche Diskriminierungsverbot sowie das Gleichbehandlungsgebot. Sowohl zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung als auch zum Zeitpunkt des Ausscheidens sei die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der ASt gegeben gewesen.

Im Übrigen habe die AG § 68 Abs. 3 BVergG 2006 (Abstandnahme vom Ausschluss eines Unternehmers aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses) außer Acht gelassen. Der Auftraggeber habe der genannten Bestimmung zufolge zu prüfen, ob nicht ein begründeter Ausnahmefall vorliege. Dem Ausscheiden würden zwingende Gründe des Allgemeininteresses entgegenstehen. Gegenständlich sei die B. GmbH, die Mitglied der ASt sei, fortgeführt und das Sanierungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden. Ein Ausscheiden des Angebots der ASt würde zum einen der Unternehmensfortführung und zum anderen der Sicherung des Wettbewerbs entgegenstehen, sodass auf deren Beteiligung nicht verzichtet werden könne.

In Bezeichnung der Verletzung subjektiver Rechte erachtet sich die ASt im Recht auf Nichtausscheiden des Angebots, wenn kein Ausscheidensgrund / Ausschlussgrund vorliegt, im Recht auf vergaberechtskonforme Entscheidung über das Ausscheiden / den Ausschluss von Bietern, im Recht auf Durchführung einer gesetzeskonformen Angebotsprüfung, im Recht auf Zuschlagserteilung, im Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens gemäß § 19 BVergG 2006 verletzt.

Zu den Anträgen nimmt die AG mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 sowie mit Schriftsatz vom 23.12.2013 im Wesentlichen wie folgt Stellung (außer Betracht bleibt der nicht verfahrensgegenständliche Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung):

Dem Antrag mangle es an den erforderlichen Antragsvoraussetzungen. Im verfahrenseinleitenden Schriftsatz sei das Mitglied „Stadtbaumeister DI L.“ genannt, das auch in der Beilage 13.06 – Seite 2 des Angebotsformblattes MD BD-SR 75 genannt werde. Ein solches Unternehmen existiere jedoch nicht. Eine Bietergemeinschaft könne sich jedoch nur aus existenten Unternehmen zusammensetzen (vgl. § 2 Z. 7 und Z. 14 BVergG 2006). Zudem sei entgegen der Auffassung der ASt nur die Bietergemeinschaft antragslegitimiert.

Die ASt sei bei keinem der angebotenen Lose preislich erstgereiht gewesen. Einzig bei einem Los sei sie an zweiter Stelle, bei den restlichen Losen an dritter, vierter, fünfter, sechster sowie bei einem Los sogar an siebenter Stelle gereiht gewesen. Die Behauptung von betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Nachlässen anderer Bieter sei weder konkret genug, noch in irgendeiner Art und Weise belegt. Weil der B. GmbH als Mitglied der ASt die Eignung wegen eines Insolvenzverfahrens nachträglich weggefallen sei und dies nach herrschender Meinung und Rechtsprechung auf die ASt durchschlagen habe müssen, habe die AG mit der angefochtenen Ausscheidensentscheidung vom 5. Dezember 2013 das Angebot der ASt ausscheiden müssen. Es mangle an der Antragsvoraussetzung des § 29 Abs. 2 Z. 4 WVRG 2007. Dabei würden sich die Preise bei mehreren Losen auch nur geringfügig von den Preisen der vorgereihten Unternehmer unterscheiden. Hier könne der Vorwurf von betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Nachlässen nicht greifen.

Die Ausscheidensentscheidung sei zwingend geboten gewesen, nicht zuletzt auch auf Grund der in § 19 Abs. 1 BVergG 2006 verbürgten Rechte der Mitbewerber. Es sei unstrittig, dass die Eignung der ASt nach der bieteröffentlichen Angebotsöffnung infolge Insolvenz der B. GmbH weggefallen sei. Das Insolvenzverfahren sei nicht einmal vierzehn Tage nach der Angebotsöffnung eingeleitet worden. Die Eignungsprüfung sei keine starre Momentaufnahme; vielmehr seien nachfolgende Entwicklungen zu beachten, sofern Anhaltspunkte für den Verlust eines Eignungselements bestünden. Die AG hätte somit gerade nicht über die Einleitung eines Insolvenzverfahrens hinwegsehen können. Der nachträgliche Wegfall eines Eignungskriteriums sei in jedem Stadium des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen und habe zwingend zum Ausscheiden zu führen. Dies müsse immer gelten, gleichgültig ob das Insolvenzverfahren wieder aufgehoben worden, also nur „kurzfristig“ gewesen sei. Nicht zuletzt auf Grund der eindeutigen Formulierung des § 68 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 könne kein Zweifel bestehen, dass ein einmal eingeleitetes Insolvenzverfahren – gleichgültig wann die Einleitung erfolgt sei – zwingend zum Ausschluss und Ausscheiden führen müsse. Ob es nachträglich wieder aufgehoben worden sei, sei nach eindeutigem Wortlaut der in Rede stehenden Bestimmung irrelevant, weil es einzig und alleine darauf ankomme, dass das Insolvenzverfahren „eröffnet“ worden sei, da sonst jeder zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung insolventer Unternehmer ein zuschlagsfähiges und zulässiges Angebot legen könne. Alle Unternehmer, die nachweislich durchgehend geeignet seien, würden andernfalls diskriminiert werden. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führe zum Verlust der beruflichen Zuverlässigkeit gemäß §§ 72f BVergG 2006. Dabei schlage das Insolvenzverfahren auch nur eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft durch. Hinzukomme, dass ein rechtskräftig beendetes Sanierungsverfahren vor allem für den Auftraggeber das Risiko in sich berge, dass der betroffene Unternehmer die im Sanierungsplan festgelegten Raten über die zweijährige Laufzeit nicht erfüllen könne und deshalb ein Anschlusskonkurs drohe. Schließlich sei in den Ausschreibungsunterlagen (Pkt. 3.1 der Verfahrensbestimmungen für Rahmenverträge; Pkt. 1.4 der Vertragsbestimmungen für Rahmenverträge) bestandsfest festgelegt worden, dass die Eignung nicht nur zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen dürfe, sondern auch danach feststehen müsse.

Der von der ASt zu ihren Gunsten ins Treffen geführten Anwendung des § 68 Abs. 3 BVergG 2006, hält die AG entgegen, dass es sich dabei um eine Ausnahmebestimmung handle, die eng auszulegen sei. Im gegenständlichen Fall könne nicht ernsthaft behauptet werden, dass die ausschreibungsgegenständlichen Bauleistungen nur von der ASt erbracht werden könnten. Vielmehr gebe es mit 28 Angeboten einen breiten Wettbewerb, weshalb das Angebot der ASt für die Sicherung des Wettbewerbs nicht erforderlich sei. Würde man diesbezüglich der Behauptung der ASt folgen, hätte § 68 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 keinen Anwendungsbereich mehr, weil ohnedies jedes Insolvenzverfahren sanktionslos bliebe, da gemäß § 68 Abs. 3 BVergG 2006 von einem Ausschluss Abstand zu nehmen wäre.

Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 2014 äußerte sich die ASt zur Stellungnahme der AG im Wesentlichen wie folgt:

Der in der Auflistung der einzelnen Mitglieder unterlaufene Schreibfehler im Namen werde bereinigt. Da das Recht zur Stellung eines Nachprüfungsantrags nur der Arbeits- und Bietergemeinschaft zukomme, nicht hingegen den einzelnen Mitgliedern, sei der Nachprüfungsantrag auch ausdrücklich im Namen und Auftrag der BIETERGEMEINSCHAFT W. eingebracht worden.

Angemerkt wird von der ASt, dass entgegen den Ausführungen der AG für die Bekämpfung des Ausscheidens eines Angebots dessen Reihung völlig irrelevant sei. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass andere Angebote auf Grund von Formalfehlern, mangels Eignung und/oder aufgrund nicht nachvollziehbarer und nicht betriebswirtschaftlich erklärbarer Preise auszuscheiden seien, sodass die abgegebenen Angebote der ASt für die Wahl der Angebote der Zuschlagsentscheidung jedenfalls in allen Losen noch in Betracht kommen würden. Die Angebotspreise der Mitbewerber würden in den Losen, in denen die ASt ein Angebot abgegeben habe, zum Teil bis zu 45% Nachlass auf die Basiskalkulation für das gegenständliche Preisaufschlags- und nachlassverfahren gewähren. Die Nachlässe der ASt würden bei allen Aufträgen unter 25% liegen. Bei den Nachlässen der Mitbewerber würde sich entweder die Frage der betriebswirtschaftlichen Nachvollziehbarkeit oder die Frage nach der Richtigkeit der Basiskalkulation stellen, was aber auf Grund der Kompetenz des Erstellers nicht getan werde. Darüber hinaus sei die Behauptung der AG, im gegenständlichen Vergabeverfahren seien 28 Angebote abgegeben worden, insofern irreführend, als eine Betrachtung nach Losen vorzunehmen sei und in den einzelnen Losen zwischen drei und maximal neun Angeboten abgegeben worden seien. Jedenfalls bestünden berechtigte Zweifel hinsichtlich jener Angebote, die einen Nachlass von mehr als 25% auf die Basiskalkulation gegeben hätten.

Zur Eignung der ASt wird vorgebracht:

Der unsubstantiierte Verdacht der Insolvenzverschleppung gegen die B. GmbH werde entschieden zurückgewiesen. Zudem reduziere die AG den Ausnahmetatbestand des § 68 Abs. 3 BVergG 2006 ausschließlich auf den Fall, dass die dringende Leistung nur von dem Unternehmer erbracht werden könne, bei dem der Ausschlussgrund vorliege. Diese Rechtsansicht finde weder in den zitierten Gesetzesmaterialien noch in der zitierten Literatur Deckung. Alle von der ASt genannten Fundstellen würden diesen Fall nur als ein Beispiel nennen. Vor dem Ausscheiden auf Grund eines Ausschlussgrundes nach § 68 Abs. 1 BVergG 2006 sei auf Grund von Abs. 3 leg. cit. eine Einzelfallbetrachtung geboten. Im vorliegenden Fall komme dem bereits rechtskräftigen Abschluss des Sanierungsverfahrens entscheidende Bedeutung zu. Dabei sei auch auf Art 45 der RL 2004/18/EG Bedacht zu nehmen. Der Richtliniengesetzgeber habe eine klare Zuordnung der Ausschlussgründe getroffen und ordne den Ausschlussgrund Insolvenz ausdrücklich den „Kann-Bestimmungen“ und nicht den zwingenden „Muss-Bestimmungen“ zu. Der österreichische Gesetzgeber fasse hingegen fast alle in der Richtlinie genannten Ausschlussgründe in § 68 Abs. 1 BVergG 2006 als zwingende Ausschlussgründe zusammen. Damit sei aber der Gesetzeswortlaut des § 68 Abs. 1 BVergG 2006 strenger formuliert als die europarechtlichen Vorgaben. Ein zwingender Ausschluss bei den in Art 45 Abs. 2 RL 2004/18/EG genannten Eignungskriterien (darunter auch Insolvenz) werde vom EuGH aber strikt abgelehnt. Verneint man eine richtlinienkonforme Auslegung der Ausnahmebestimmung des § 68 Abs. 3 BVergG 2006, so verstoße § 68 Abs. 1 BVergG 2006 gegen die RL 2004/18/EG. Entgegen der Ansicht der AG sei in richtlinienkonformer Interpretation der Ausnahmetatbestand des § 68 Abs. 3 BVergG 2006 (das Allgemeininteresse umfasse das Ziel der Sicherung des Wettbewerbs) gleichfalls für den Fall der Insolvenz heranzuziehen. Die Beurteilung müsse letztlich darauf abstellen, ob der Bieter trotz Vorliegen eines Ausschlussgrundes dennoch die erforderliche Eignung aufweise, was durch eine einzelfallbezogene Prognose zu ermitteln sei. Bei Fortführung eines Unternehmens, das letztendlich im rechtskräftigen Abschluss des Sanierungsverfahrens geendet habe, gebe es keinen sachlichen Grund zum Ausschluss der ASt. Bei Unterbleiben einer richtlinienkonformen Interpretation (und dadurch Verletzung der Richtlinie durch § 68 Abs. 1 BVergG 2006) erlange Art 45 Abs. 2 RL 2004/18/EG unmittelbare Wirkung und habe als rechtliche Konsequenz das nationale Recht unangewendet zu bleiben. Nach herrschender Rechtsprechung berechtige auch in Deutschland die Insolvenz allein nicht zum Ausschluss eines Angebots.

 

Mit als Replik bezeichnetem Schriftsatz der AG vom 13. Februar 2014 äußert sich diese zur Stellungnahme der ASt vom 27. Jänner 2014 mit eingehenden Ausführungen unter Hinweis auf Rechtsprechung des EuGH dahingehend, dass entgegen der Rechtsauffassung der ASt eine Verletzung von Art 45 der Vergabe-RL 2004/18/EG durch § 68 BVergG nicht gegeben sei. Zudem wird hervorgehen, dass § 68 Abs. 3 BVergG 2006 als Ausnahmebestimmung eng auszulegen sei.

In der mündlichen Verhandlung bringt die ASt mit Verweis auf Rechtsprechung des EuGH zum Zwecke der Auslegung von Art 45 der RL 2004/18/EG vor, dass im vorliegenden Fall die Eignung nicht verloren gegangen sei. Darüber hinaus würde die Sichtweise der AG in die Erwerbsfreiheit eingreifen, weil ein in Insolvenz geratenes Unternehmen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werde, obwohl doch der Zweck des Insolvenzverfahrens die Fortsetzung des Unternehmens beabsichtige. Demgegenüber habe sich aus Sicht der AG der Gesetzgeber an die Vorgaben der Richtlinie gehalten und ergebe sich aus den zitierten EuGH-Entscheidungen, dass Mitgliedstaaten sehr wohl weitere Kriterien vorsehen dürften.

II.      Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

1.   Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Die Bekanntmachungen (sowohl im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union als auch in dem nach nationalem Recht vorgesehenen Publikationsmedium) enthalten über den verfahrensgegenständlichen öffentlichen Auftrag – unter anderem – folgende Informationen:

-    Öffentlicher Auftraggeber: Stadt Wien – Wiener Wohnen, Direktion Technik

-    Bezeichnung und kurze Beschreibung des Auftrags: Rahmenvereinbarung über Baumeisterarbeiten in den Bezirken 1 -23

-    Art des Auftrags: Bauauftrag mit Wien aus Hauptort der Ausführung

-    Aufteilung des Auftrags in 49 Lose

-    Verfahrensart: offenes Verfahren

-    Zuschlagskriterium: niedrigster Preis

-    Geschätzter gesamter Auftragswert ohne Umsatzsteuer:

391 432 044,38 Euro

Die ASt, eine Bietergemeinschaft bestehend aus

1) Wi. KG,

2) Pi. GmbH,

3) Pu. Gesellschaft mbH,

4) Ru. GesmbH,

5) K. KG,

6) S.-gesellschaft mbH,

7) B. GmbH,

8) Ra. GmbH,

9) G. GmbH,

10) T. AG,

11) DI L. Bau Ges. m. b. H.,

und gebildet für die Durchführung der Leistungen betreffend die Lose Nr. 7 bis 29, Nr. 34 bis 39 und Nr. 45 bis 49 der gegenständlichen Ausschreibung, legte für die angegeben Lose ein Angebot. Im gegenständlichen Vergabeverfahren erfolgte die Angebotsabgabe am 12. Juli 2013. Mit der Abgabe des Angebots wurde gegenüber dem Auftraggeber die im Formblatt enthaltene Eigenerklärung für die Erfüllung der Eignungskriterien unterfertigt.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 23. Juli 2013 wurde über die B. GmbH das Sanierungsverfahren eröffnet. Der Sanierungsplan wurde am 23. Oktober 2013 angenommen. Die Insolvenzgläubiger erhalten eine 20% Quote, zahlbar wie folgt: 5% binnen 14 Tagen nach rechtskräftiger Bestätigung des Sanierungsplans, weitere je 5% binnen 8, 16 und 24 Monaten ab Abnahme des Sanierungsplans. Am 12. November 2013 wurde in der Insolvenzdatei bekannt gemacht, dass das Sanierungsverfahren aufgehoben und der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt wurde.

Mit Schreiben der AG vom 5. Dezember 2013 wurde die ASt darüber verständigt, dass ihr Angebot vom 12. Juli 2013 auszuscheiden war. Als Grund wurde angegeben:

„Gegen das ARGE-Mitglied B. GmbH wurde am 23.7.2013 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Gemäß § 68 Abs. 1 Z 2 BvergG 2006 sind Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde; dies auch dann, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben wird. Ein Angebot eines gemäß § 68 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 auszuschließenden Unternehmers ist zwingend gemäß § 129 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006 auszuscheiden. Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 BVergG muss im offenen Verfahren die Eignung spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen und darf auch in weiterer Folge nicht mehr verloren gehen. Durch das gegen das ARGE-Mitglied B. GmbH eingeleitete Insolvenzverfahren ist nach Angebotsöffnung die Eignung – konkret die berufliche Zuverlässigkeit – weggefallen; dieser nachträgliche Wegfall eines Eignungskriteriums ist nach der ständigen Rechtsprechung in jedem Stadium des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen und führt zum Ausscheiden gemäß § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2007. Im Gegensatz zu den übrigen Aspekten der Eignung ist die (berufliche) Zuverlässigkeit einzelner Mitglieder einer Bewerber- bzw. Bietergemeinschaft nicht substituierbar. Das bedeutet, dass die Unzuverlässigkeit auch nur eines Mitglieds einer Bewerbers- bzw. Bietergemeinschaft dazu führt, dass die gesamte Bewerber- bzw. Bietergemeinschaft als ungeeignet zu qualifizieren ist. Aus diesem Grund war das Angebot gemäß § 129 Abs. 1 Z 1 und 2 BVergG 2006 zwingend auszuscheiden.“

Die aufgenommenen Beweise sind wie folgt zu würdigen:

Die Mitglieder der ASt ergeben sich aus dem im Zuge der Angebotslegung der ASt ausgefüllten und an die AG übermittelten Formblatt. Anhaltspunkte für Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit dieser Urkunde bestehen nicht. Dies gilt auch für die übrigen vorgelegten Urkunden aus dem Vergabeakt, die den Feststellungen zugrunde gelegt wurden. Eine Stütze findet der festgestellte Sachverhalt zudem im Umstand, dass die Verfahrensparteien in der mündlichen Verhandlung die übereinstimmende Erklärung abgaben, dass im gegenständlichen Vergabeverfahren die Angebotsabgabe am 12. Juli 2013 war; am 23. Juli 2013 über die B. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet wurde; der Sanierungsplan am 23. Oktober 2013 angenommen wurde; am 12. November 2013 in der Insolvenzdatei bekannt gemacht wurde, dass das Sanierungsverfahren aufgehoben wurde und der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt worden ist; am 5. Dezember 2013 die ASt aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden wurde.

2.   In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

§ 41 Abs. 1 WVRG 2014 bestimmt, dass mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Vergabekontrollsenat anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes beim Verwaltungsgericht Wien fortzuführen ist. Das bereits im Dezember 2013 von der ASt beim Vergabekontrollsenat Wien anhängig gemachte Nachprüfungsverfahren war somit beim Verwaltungsgericht Wien fortzuführen.

Die ASt hat Schaden und Interesse als Verfahrensvoraussetzung des Nachprüfungsverfahrens dargelegt. Die Reihung des Angebots der ASt und Erfolgsaussichten bei einer allfälligen Anfechtung der Zuschlagsentscheidung sind nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens über die Ausscheidensentscheidung. „Bekämpft ein Bieter sein eigenes Ausscheiden, kommt ihm diesbezüglich jedenfalls Antragslegitimation zu … .“ (Walther/Hauck in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht3 [2010] Rz 1801)

Zur Frage der korrekten Bezeichnung der ASt ist anzumerken: Zunächst gilt, dass dann, wenn eine Arbeits- oder Bietergemeinschaft ein Angebot gelegt hat, nur diese und nicht den einzelnen Mitgliedern das Recht zur Stellung eines Nachprüfungsantrags zukommt (Walther/Hauck in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht3 [2010] Rz 1807). Gegenständlicher Nachprüfungsantrag wurde im Namen der BIETERGEMEINSCHAFT W. gestellt, die ein Angebot gelegt hat, das letztlich ausgeschieden wurde, woraus sich zweifelsfrei ergibt, dass die genannte Bietergemeinschaft gegenständlichen Antrag stellen konnte. Die „hilfsweise“ Antragstellung der angeführten Mitglieder sowie die fehlerhafte Bezeichnung eines Mitglieds der Bietergemeinschaft (was mittlerweile mit Schriftsatz der ASt vom 27.1.2914 richtig gestellt wurde) haben keinerlei Bedeutung für den von der ASt wirksam eingebrachten Nachprüfungsantrag. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der „hilfsweise“ eingebrachte Antrag als Eventualantrag zu betrachten ist, über den auf Grund der Zulässigkeit des Antrags der ASt nicht abzusprechen war.

Zur Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung der AG über das Ausscheiden der ASt:

„Im Gegensatz zu den übrigen Aspekten der Eignung ist die Zuverlässigkeit nicht substituierbar. Das bedeutet etwa, dass die Unzuverlässigkeit eines Mitglieds einer Bewerber- bzw. Bietergemeinschaft dazu führt, dass die gesamte Bewerber- und Bietergemeinschaft als ungeeignet zu qualifizieren ist.“ (Heid/Kondert in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht3 [2010] Rz 1079). Aus diesem Grund schlägt auch das Insolvenzverfahren der B. GmbH auf die ASt durch.

 

§ 68 Abs. 1 Z. 2 Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I 17/2006 idF BGBl. I 128/2013 (im Folgenden: BVergG 2006) lautet:

„(1) Der Auftraggeber hat … Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn

2. über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens

mangels kostendecken den Vermögens abgewiesen wurde

…“

Über die B. GmbH wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 23. Juli 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet und am 23. Oktober 2013 der Sanierungsplan angenommen. Dem Wortlaut von § 68 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 kann nicht klar entnommen werden, dass sich der Ausschlussgrund nur auf anhängige Insolvenzverfahren bezieht (arg „über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde“). Der Wortlaut erlaubte auch ein Normverständnis, demzufolge ein (irgendwann) eröffnetes, mittlerweile abgeschlossenes Insolvenzverfahren zum Ausschluss führte. Das erkennende Gericht teilt ein solches Gesetzesverständnis allerdings nicht, da es ein für alle Mal Unternehmer mit einem Insolvenzverfahren in der Vergangenheit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschließen würde, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung vorliegen müsste. Somit ist davon auszugehen, dass der Ausschluss eines Unternehmers wegen eines Insolvenzverfahrens nur bis zu dessen Beendigung in Frage kommt (vgl. dazu VwGH 22.5.2012, 2009/04/0187).

Die Dauer des Insolvenzverfahrens ist eine in zeitlicher Hinsicht eindeutig festgelegte Tatsache. Ein Unternehmer befindet sich im Insolvenzverfahren von dessen Eröffnung bis zu dessen Aufhebung durch das Insolvenzgericht (vgl. dazu C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG 2006 § 68 Rz 61). Mit Schreiben vom 5. Dezember 2013 wurde das Angebot der ASt ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch kein Insolvenzverfahren mehr anhängig (Annahme des Sanierungsplans am 23. Oktober 2013). Der Ausschlussgrund des § 68 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 war somit nicht mehr gegeben. Das Ausscheiden der ASt konnte somit nicht auf diese Bestimmung gestützt werden. Es kann deswegen dahingestellt bleiben, wie im Zusammenhalt mit Art 45 Abs. 2 RL 2004/18/EG § 68 BVergG und dabei insbesondere die Ausnahmeregelung des § 68 Abs. 3 BVergG auszulegen ist, da ein Vorliegen des Ausschlusstatbestands ohnedies als nicht gegeben erachtet wird.

§ 69 Z. 1 BVergG 2006 lautet:

„Unbeschadet der Regelung des § 20 Abs. 1 muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit spätestens

1. beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung,

vorliegen.“

§ 72 Abs. 1 BVergG 2006 lautet:

„Der Auftraggeber hat als Nachweis für die berufliche Zuverlässigkeit gemäß § 70 Abs. 1 Z 2 festzulegen, dass die Unternehmer zu belegen haben, dass kein Ausschlussgrund gemäß § 68 Abs. 1 vorliegt. Der Auftraggeber hat überdies von für die Zuschlagserteilung in Betracht kommenden Bewerbern, Bietern und deren Subuntenehmern eine Auskunft aus der zentralen Verwaltungsstrafevidenz des Bundesministers für Finanzen gemäß § 28b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, einzuholen, ob diesen eine rechtskräftige Bestrafung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG zuzurechnen ist. Diese Auskunft darf nicht älter als sechs Monate sein.“

Wie ersichtlich, legt § 69 Z. 1 BVergG 2006 fest, dass die Eignung (Befugnis, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit) beim offenen Verfahren spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen muss. Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit dürfen in Folge nicht mehr verloren gehen (ErläutRV 1171 BlgNr 22. GP 61). Ziel dieser Bestimmung ist die Sicherstellung der Gleichbehandlung der Bieter und des Wettbewerbsgrundsatzes (Lehner in Schwartz BVergG 2006 § 69 Rz 1). § 72 BVergG 2006 lässt erkennen, dass ein Ausschlussgrund gemäß § 68 Abs. 1 BVergG 2006 (somit auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens) den Verlust der beruflichen Zuverlässigkeit als ein Aspekt der Eignung bedeutet. Somit war ein Ausscheidenstatbestand verwirklicht, weil nicht während des gesamten Vergabeverfahrens nach Angebotsöffnung die berufliche Zuverlässigkeit gegeben war. Dass die AG die ASt zunächst nicht, sondern erst später ausgeschieden hat, soll sich im Sinne des Diskriminierungsverbots nicht zum Nachteil der anderen Bieter auswirken. Ein anderes Ergebnis würde öffentlichen Auftraggebern eine Dispositionsmöglichkeit über das Ausscheiden von Bietern geben. Es wäre dem Auftraggeber überlassen, ob er bei einem Bieter, dessen Eignung im Laufe eines Vergabeverfahrens nach Angebotsöffnung weggefallen ist, zuwartet bis diese gegebenenfalls wieder vorliegt oder unmittelbar nach Wegfall ausscheidet. Ein solcher Spielraum könnte dazu genützt werden, das Ergebnis eines Vergabeverfahrens in nicht sachgerechter Weise zu beeinflussen, womit eine Verletzung des Gleichbehandlungs- und Wettbewerbsgrundsatzes vorliegen würden (§ 19 BVergG 2006). Dem von der ASt ins Treffen geführte Argument, es würde der Verpflichtung zur Sicherstellung des Wettbewerbs widersprechen, Bieter auszuschließen, sofern der Vertragsabschluss an einen geeigneten Bieter sichergestellt sei, ist entgegen zu halten, dass die oben dargestellte Verletzung der Gleichbehandlung der Bieter im Falle des Nichtbeachtens der eingetretenen Insolvenz zu einer Wettbewerbsverfälschung führen würde, die somit keinesfalls eine Verletzung der Sicherstellung des Wettbewerbs sein kann.

Somit kann letztlich auch dahingestellt bleiben, ob zum Zeitpunkt der Ausscheidensentscheidung die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit vorgelegen hat oder nicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies deswegen, weil zur Frage, ob ein nach Angebotsöffnung eingeleitetes jedoch vor der Ausscheidensentscheidung bereits wieder rechtskräftig abgeschlossenes Sanierungsverfahren, das Ausscheiden rechtfertigt, soweit ersichtlich bislang Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehlt.

Schlagworte

Ausschlussgrund, Eignungsprüfung, Zuverlässigkeit

Anmerkung

VfGH v. 26.09.2014, E 304/2014
VwGH v. 9.9.2015, Ro 2014/04/0062

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2014:VGW.123.060.10220.2014

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten