TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/8 W217 2181009-1

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Veröffentlicht am 08.01.2018
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Entscheidungsdatum

08.01.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
StVO 1960 §29b

Spruch

W217 2181009-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER L.L.M, sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen,

Landesstelle Wien, vom 08.11.2017, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO zu

Recht erkannt:

A.)

Die Beschwerde wird gemäß § 29b StVO iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX (in der Folge: BF) beantragte mit Antrag vom 26.06.2017, eingelangt beim Sozialministeriumservice am 29.06.2017, die Ausstellung eines Behindertenpasses, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass sowie die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960.

2. Im von der belangten Behörde daraufhin eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 23.10.2017, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF, wurde von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, unter Anwendung der Einschätzungsverordnung Folgendes ausgeführt (hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben):

"Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Degenerative Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen bei Zustand nach Totalendoprothesen beider Hüftgelenke. Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da mäßiggradige funktionelle Einschränkungen lumbal, sowie erhebliche Einschränkungen im Bereich der Hüftgelenke bei Totalendoprothesen, sowie mäßiggradige im Bereiche der Kniegelenke und eine geringgradige Funktionseinschränkung im Bereiche des rechten Sprunggelenkes vorhanden sind.

02.02.03

50

2

Krampfadernbildungen im Bereiche der Beine. Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da anamnestisch beidseitige Lungenembolie.

05.08.01

20

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

( )

X Dauerzustand

( )

1. Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine Hr. XXXX leidet zwar an degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, der Hüft- und Kniegelenke, sowie des linken Sprunggelenkes mit Funktionseinschränkungen, jedoch ist denn der Lage eine Wegstrecke von 300 - 400 m in einer entsprechenden Zeit zurückzulegen. Die Funktionen im Bereiche der oberen und unteren Gliedmaßen sind ausreichend, um sicher innen öffentliches Verkehrsmittel zu gelangen, als ein solches auch zu verlassen. Ein Hilfsmittel für die Fortbewegung selbst wird nicht verwendet. Die Greiffunktionen sind so effizient und somit ist auch ein sicheres Anhalten anhalte griffen während des Transportes in einem öffentlichen Verkehrsmittel gewährleistet. Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit liegt nicht vor.

2. Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein"

3. Dem BF wurde mit Schreiben vom 27.10.2017 der Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50% übermittelt.

4. Mit Bescheid vom 07.11.2017, OB: XXXX , hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden sei, welches ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.

Mit weiterem Bescheid vom 08.11.2017, OB XXXX , hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO abgewiesen.

4. In seiner Beschwerde vom 15.11.2017 führte der BF ausdrücklich den Bescheid vom 08.11.2017, OB XXXX , als angefochtenen Bescheid an. Er führte aus, er sei gehbehindert. Ein- und Aussteigen in öffentliche Beförderungsmittel sei nur mit kräftiger Mithilfe seiner beiden Hände möglich. Selbst ein Übersteigen von nur geringen Hindernissen sei schwierig. Seit dem Arbeitsunfall 1988 könne er seine Knie nicht mehr einsetzen. Auch eine gänzliche Hocke sei nicht möglich. Schon nach ca. 50 m habe er starke Schmerzen in beiden Knien und in der unteren bis mittleren Wirbelsäule - trotz geschnürter schwerer Bergschuhe.

5. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 28.12.2017 von der belangten Behörde vorgelegt.

6. Mit Schreiben vom 06.01.2018 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der BF keine weiteren Beschwerden eingebracht hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 29.06.2017 langte bei der belangten Behörde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass sowie – verfahrensgegenständlich - auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 ein.

Der BF ist Inhaber eines Behindertenpasses. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 50% eingetragen.

Der Bescheid vom 07.11.2017, OB XXXX , mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen wurde, wurde vom BF nicht angefochten und erwuchs in Rechtskraft.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass der Bescheid vom 07.11.2017, OB XXXX , mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen wurde, vom BF nicht angefochten wurde, ergibt sich aus dem Schreiben der belangten Behörde vom 06.01.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 29b Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) besagt:

"Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. [ ]"

Wie bereits ausgeführt, wurde der Bescheid vom 07.11.2017, OB XXXX , mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen wurde, vom BF nicht angefochten und erwuchs in Rechtskraft. Sohin liegen unter Zugrundelegung des erstatteten Gutachtens die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO nicht vor.

Mangels Vorliegen der Voraussetzungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Parkausweis, Voraussetzungen, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2181009.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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