TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/9 W178 2151814-1

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Veröffentlicht am 09.01.2018
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Entscheidungsdatum

09.01.2018

Norm

ASVG §314
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W178 2151814-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Kuhn Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) Landesstelle Vorarlberg vom 13.01.2017, GZ. BVBA-6426 190275, betreffend Überweisungsbetrag nach § 314 ASVG für XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass die Beschwerdeführerin einen Überweisungsbetrag nach § 314 ASVG für den Zeitraum von 01.01.2010 bis 30.09.2011 (21 Monate) in der Höhe von € 2.002,22 zu leisten hat.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) hat mit Bescheid vom Jänner 2017 zu GZ. HVBA-6426 190275, dem XXXX einen Überweisungsbetrag in der Höhe von Euro 4385,83 für die aus der Ordensgemeinschaft ausgeschiedene Frau XXXX vorgeschrieben. Zur Begründung wurde angeführt, dass für jeden Monat der Zugehörigkeit zum Orden 7 % der in Betracht kommenden Berechnungsgrundlage nach § 308 Abs. 6 ASVG vorzuschreiben sei. Der Überweisungsbetrag betreffe den Zeitraum vom 08.12.2007 bis 30.9.2011.

2. Gegen diesen Bescheid hat die Ordensgemeinschaft Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Darin wird zur Begründung ausgeführt, dass zwar der Überweisungsbetrag für insgesamt 46 Monate Ordenszugehörigkeit richtig mit € 4385,83 festgesetzt worden sei, gleichzeitig aber die aufgrund einer Pflichtversicherung in Deutschland entrichteten Versicherungsbeiträge für den relevanten Zeitraum vom 8.12.2007 bis 8.12.2009 nicht gegengerechnet worden seien. In diesem Zusammenhang übermittle die Beschwerdeführerin den Ausdruck der deutschen Rentenversicherung betreffend den Versicherungsverlauf für Frau XXXX . Die Nichtberücksichtigung der in Deutschland geleisteten Pflichtversicherungsbeiträge widerspreche EU-Recht. Es müsste eine Gegenrechnung stattfinden, die für den Zeitraum 8.12.2007 bis 8.12.2009 geleisteten Pflichtbeiträge überstiegen bei weitem den für diesen Zeitraum festgelegten Überweisungsbetrag. Es wird sohin beantragt, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass kein Überweisungsbetrag zu leisten sei, hilfsweise der für 22 Monate vom 08.12.2009 bis 30.09.2011. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften habe insoweit stattgefunden, als der deutsche Versicherungsverlauf möglicherweise nicht erhoben worden sei, jedenfalls aber nicht berücksichtigt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

1. Feststellungen:

Frau XXXX , geboren am XXXX , war im Zeitraum vom 08.12.2007 bis 30.09.2011 Mitglied der XXXX , Bregenz. Sie ist mit 30.09.2011 aus der Ordensgemeinschaft ausgeschieden. Nach der Bestätigung der deutschen Rentenversicherung vom 30.03.2017 hat Frau XXXX u.a. vom 08.12.2007 bis 31.12.2007, vom 01.01.2008 bis 31.12.2008, vom 01.09.2009 bis 08.12.2009 aufgrund einer Tätigkeit während ihrer Ordenszugehörigkeit in Deutschland Pflichtbeitragszeiten in der allgemeinen Rentenversicherung der Arbeiter erworben.

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt der PVA, den Ermittlungen des Gerichts und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und ist im den wesentlichen Punkten unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Gesetzliche Grundlagen:

§ 314 ASVG idF des BGBl. Nr. 283/1988: Überweisungsbeträge für Geistliche und Angehörige von Orden und Kongregationen der Katholischen Kirche

(1) Scheidet ein gemäß § 5 Abs. 1 Z 7 von der Vollversicherung ausgenommener Geistlicher der Katholischen Kirche aus dem Geistlichen Stand bzw. ein Angehöriger eines Ordens oder einer Kongregation der Katholischen Kirche aus dem Orden bzw. der Kongregation aus, so hat die Diözese bzw. der Orden (die Kongregation), soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt wird, dem Pensionsversicherungsträger, der auf Grund der vom Geistlichen bzw. vom Angehörigen des Ordens oder der Kongregation ausgeübten Tätigkeit zuletzt zuständig gewesen wäre, einen Überweisungsbetrag zu leisten.

(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 entfällt beim Ausscheiden durch Tod; sie gilt auch nicht für versicherungsfreie Zeiten im Sinne des § 308 Abs. 2 und für Zeiten, für die ein besonderer Pensionsbeitrag nach den pensionsrechtlichen Bestimmungen eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers geleistet wurde.

(3) Wurde beim Ausscheiden eines Geistlichen bzw. eines Angehörigen eines Ordens oder einer Kongregation nach Abs. 1 eine widerrufliche oder befristete Versorgung gewährt, so besteht die Verpflichtung nach Abs. 1 erst nach Wegfall dieser Versorgung.

(4) Der Überweisungsbetrag beträgt für jeden Monat, der im Geistlichen Stand bzw. als Angehöriger eines Ordens oder einer Kongregation verbracht wurde, 7 vH der für Arbeiter in Betracht kommenden Berechnungsgrundlage nach § 308 Abs. 6. Soweit während einer Zeit, die der Berechnung des Überweisungsbetrages zugrunde gelegt wird, Beiträge zur Pensionsversicherung entrichtet wurden, sind diese auf den Überweisungsbetrag anzurechnen.

(5) Der Überweisungsbetrag ist binnen 18 Monaten nach dem Ausscheiden nach Abs. 1 zu leisten; er ist bei verspäteter Flüssigmachung mit dem für das Jahr des Ausscheidens geltenden Aufwertungsfaktor nach § 108c aufzuwerten.

(6) Die in dem nach Abs. 1 geleisteten Überweisungsbetrag berücksichtigten vollen Monate gelten als Beitragsmonate im Sinne dieses Bundesgesetzes.

Gemäß § 5 Abs 1 Z 7 ASVG sind von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung – die Priester der Katholischen Kirche hinsichtlich der Seelsorgetätigkeit und der sonstigen Tätigkeit, die sie in Erfüllung ihrer geistlichen Verpflichtung ausüben, zum Beispiel des Religionsunterrichtes, ferner Angehörige der Orden und Kongregationen der Katholischen Kirche sowie der Anstalten der Evangelischen Diakonie, alle diese Personen, wenn sie nicht in einem Dienstverhältnis zu einer anderen Körperschaft (Person) als ihrer Kirche bzw. deren Einrichtungen (Orden, Kongregation, Anstalt der Evangelischen Diakonie) stehen, ausgenommen.

Nach Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit unter dem Titel der Zusammenrechnung der Zeiten, ABl. L 166 vom 3 kurz VO 883/2004 0.4.2004:

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, berücksichtigt der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften

? den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs,

? die Anwendung bestimmter Rechtsvorschriften oder

? den Zugang zu bzw. die Befreiung von der Pflichtversicherung, der freiwilligen Versicherung oder der freiwilligen Weiterversicherung.

von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten abhängig machen, soweit erforderlich die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, als ob es sich um Zeiten handeln würde, die nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.

Artikel 5 lit b der VO 883/2004 bestimmt unter dem Titel der Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder

Ereignissen Folgendes:

Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter

Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:

b) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.

Artikel 2 der VO 883/2004:

(1) Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

3. Im gegenständlichen Fall:

3.1 Die gegenständlich anzuwendende gesetzliche Bestimmung des § 314 ASVG regelt den Fall, dass die Ordensangehörigen, die wegen der Ausnahme von der Vollversicherung nach § 5 Abs 1 Z ASVG keine Versicherungszeiten erwerben konnten, aus dem Orden austreten. Nach dem Zweck der Bestimmung sollen Ordensangehörigen bei ihrem Ausscheiden aus dem Orden und dem (Wieder-) Eintritt in das allgemeine Erwerbsleben so gestellt werden wie sie ohne die Ausnahme wegen der Ordenszugehörigkeit stünden.

Im gegenständlichen Fall hat Frau XXXX - während und trotz ihrer Ordenszugehörigkeit - im Zeitraum vom 08.12.2007 bis 08.12.2009 in Deutschland Rentenversicherungszeiten erworben.

Für Höhe des Überweisungsbetrages folgt daraus Folgendes:

3. 2 Es ist Art. 2 der VO 883/2004 kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass Frau XXXX nicht vom persönlichen Geltungsbereich der VO 883/2004 umfasst wäre.

3.3 Eine Anrechnung der in Deutschland für sie geleisteten Beiträge auf den österreichischen Überweisungsbetrag, wie von der Bf vorgeschlagen, steht aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes des Art. 5 VO 883/2004 im Raum, dass die in Deutschland geleisteten Beiträge auf den österreichischen Überweisungsbetrag nach § 314 ASVG anzurechnen wäre. Diese Lösung ist nach Auffassung des Gerichts insofern nicht sachlich als dann im Leistungsfall die durch die Überweisung in Österreich für diesen Zeitraum (Dez 2007 bis Dez.2009) erworbenen Monate heranzuziehen wären, ohne dass dafür Beiträge geleistet worden wären; gleichzeitig wären die Zeiten auch in Deutschland wohl weiter wirksam und auch für eine Leistung heranzuziehen. Für die Leistung eines Überweisungsbetrages der dt. Zeiten in die österreichischen Pensionsversicherung fehlen die Grundlagen in der Verordnung.

Die von der Bf vorgeschlagene Anrechnung führt daher nicht zu einer sachlichen Lösung.

3.4 Die deutschen Versicherungszeiten sind im Wege der Sachverhaltsgleichstellung des Art. 5 der VO 883/2004 bzw. nach Art 6 der VO 883/2004 aber insofern einer österreichischen Versicherungszeit gleichzusetzen, als eine Ausnahme von der Vollversicherung für diese Zeit nicht bestand und sie damit die Anwendung des § 314 ASVG auf diesen Zeitraum schon von vornherein ausschließen.

Es ist daher für den genannten Zeitraum kein Überweisungsbetrag zu leisten.

3. 5 Ausgehend von den unstrittigen Berechnungsgrundlagen ist von der Bf für den Zeitraum, in dem Frau XXXX von der Vollversicherung ausgenommen war und keine Pensionsversicherungszeiten erworben hat, d. i. vom 01.01.2010 bis 30.09.2011 (21 Monate) ein Überweisungsbetrag in der Höhe von € 2.002,22 (€ 88,20 pro Monat mal 21 Monate, aufgewertet gemäß § 314 Abs 5 ASVG mit 1,081) zu leisten.

3.2 Zur Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht zudem von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist und in der Beschwerde und dem Vorlageantrag nicht bestritten wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ].

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Pensionsversicherung, Teilstattgebung, Überweisungsbetrag,
Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W178.2151814.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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