TE Vwgh Erkenntnis 2017/12/12 Ra 2017/05/0105

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Veröffentlicht am 12.12.2017
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
40/02 Sonstiges Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs3;
AVG §18 Abs4;
BauO Wr §101 Abs3;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §94 Abs4 idF 2008/024;
BauRallg;
E-GovG 2004 §19;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der Österreichischen Tierärztekammer in W, vertreten durch Dr. Werner Loos, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Mariahilfer Straße 196, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. Mai 2017, Zl. VGW- 211/005/389/2017A-5, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Mag. C G in W, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 14), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheiden des Magistrates der Stadt Wien vom 2. Juni 1967, vom 17. Dezember 1970, vom 20. Mai 1980 und vom 5. November 1993 wurden Baubewilligungen zur Herstellung von Fensteröffnungen in der Feuermauer der Liegenschaft S.-Gasse 5, die zur Liegenschaft S.-Gasse 3 gerichtet ist, erteilt.

2 Vorgeschrieben wurde spruchgemäß unter Punkt 2. des Bescheides vom 2. Juni 1967, dass der Feuermauerdurchbruch über jederzeit mögliches Verlangen der Baubehörde in voller Mauerstärke abmauern zu lassen ist. Eine ebensolche Vorschreibung findet sich in Punkt 2. des Spruches des Bescheides vom 17. Dezember 1970. In der Vorschreibung Punkt 2. des Bescheides vom 20. Mai 1980 ist spruchgemäß normiert, dass gemäß § 101 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) die Verpflichtung besteht, über Verlangen der Baubehörde oder der Anrainer sämtliche Feuermaueröffnungen in bauordnungsgemäßer Dicke abzumauern. Im Bescheid vom 5. November 1993 wurde spruchgemäß unter Punkt 5. die Verpflichtung gemäß § 101 Abs. 3 BO vorgeschrieben, über Verlangen der Baubehörde Feuermaueröffnungen bauordnungsgemäß abzumauern.

3 Mit Eingabe vom 11. April 2016 ersuchte die mitbeteiligte Partei (nunmehrige Eigentümerin der Liegenschaft S.-Gasse 3) den Magistrat der Stadt Wien, einen Auftrag zur Zumauerung der Feuermauer der Nachbarliegenschaft S.-Gasse 5 zu erteilen.

4 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Dezember 2016 wurden gemäß § 129 Abs. 10 iVm § 94 Abs. 4 "(vormals: § 101 Abs. 3)" BO die oben genannten Baubewilligungen zur Herstellung von Fensteröffnungen in der zur Liegenschaft S.- Gasse 3 gerichteten Feuermauer widerrufen (Spruchpunkt I).

5 Unter Spruchpunkt II wurde aufgetragen, die nunmehr konsenslosen Öffnungen in der zur Liegenschaft S.-Gasse 3 gerichteten Feuermauer in voller Mauerstärke zu verschließen.

6 Begründend wurde ausgeführt, die Feuermaueröffnungen seien unter der Auflage genehmigt worden, dass sie auf jederzeit mögliches Verlangen der Behörde in voller Wandstärke zu verschließen seien. Nach diesem Verlangen seien die nunmehr konsenslosen Öffnungen gemäß § 129 Abs. 10 BO als Vorschriftswidrigkeit zu beseitigen, und zwar durch Verschließen in voller Mauerstärke.

7 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht Wien.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Dezember 2016 (mit geringfügigen Spruchmodifikationen) bestätigt.

9 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die ehemals erteilte Zustimmung des Nachbarn zur baulichen Herstellung der gegenständlichen Öffnungen in der Feuermauer sei ausdrücklich widerrufen worden. In diesem Fall sei die Behörde nach § 101 Abs. 3 BO verpflichtet, den Widerruf der Bewilligung für die Öffnungen auszusprechen. § 101 Abs. 3 BO vermittle dem Eigentümer kein unangreifbares, stabiles Recht, sondern nur eine unter anderem von der andauernden Zustimmung des Nachbarn abgeleitete und hievon abhängige Berechtigung. § 101 Abs. 3 BO ordne den Widerruf der erteilten Bewilligung an, sobald unter anderem der Nachbar dies verlange. Zum Vorbringen der Revisionswerberin, es sei nicht § 101 Abs. 3 BO in der Fassung vor der Techniknovelle LGBl. für Wien Nr. 24/2008 anzuwenden, sondern § 94 BO in der Fassung der Techniknovelle, sei festzuhalten, dass auf Grund der Zurückziehung der Zustimmung des Nachbarn nach Inkrafttreten der Techniknovelle keinesfalls der Schluss gezogen werden könne, die Zurückziehung sei unzulässig. Unter dem Regime des § 101 Abs. 3 BO erteilte Zustimmungen blieben widerruflich. Dies ergebe sich auch aus den in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden, in denen damals normiert worden sei, dass die Feuermaueröffnungen über Verlangen der Baubehörde abzumauern seien. Weiters sei die Zustimmung unter den damals geltenden gesetzlichen Voraussetzungen erteilt worden, also unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Widerrufbarkeit im Sinne des § 101 Abs. 3 BO. Eine direkte Willenserklärung des Nachbarn gegenüber der Revisionswerberin sei nicht erforderlich.

10 Zur behaupteten Nichtigkeit des Bescheides auf Grund fehlender Amtssignatur bzw. Unterfertigung sei auszuführen, dass der Bescheid nach den Ablichtungen der nunmehr widerrufenen Bewilligungen eine Amtssignatur aufweise. Auch der Bescheidadressat gehe aus dem Spruch des Bescheides, der sich an die Eigentümerin des Gebäudes der gegenständlichen Liegenschaft richte, und auch aus der Zustellverfügung, in der die Revisionswerberin als Grundeigentümerin und Verpflichtete hinsichtlich der Schließung angeführt werde, unzweifelhaft hervor.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision insbesondere mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit (des Inhaltes bzw. infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften) kostenpflichtig aufzuheben.

12 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig zurückbzw. abzuweisen.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Die Revision ist in Anbetracht der Fragen, ob der Widerruf der Bewilligung für die Errichtung der gegenständlichen Feuermaueröffnungen rechtmäßig ist, und der Relevanz einer fehlenden Amtssignatur in der zugestellten Bescheidausfertigung zulässig.

15 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, auf Grund der Techniknovelle 2007 habe ein Nachbar keine Möglichkeit mehr, durch Widerruf einer Zustimmung zur Herstellung von Öffnungen in Feuermauern einen Widerruf der erteilten Bewilligung durch die Behörde zu bewirken. Zutreffend sei, dass jene Bescheide, die auf der Grundlage des § 101 Abs. 3 BO in der Fassung vor der Techniknovelle 2007 erlassen worden seien, auch nach dessen Außerkrafttreten widerruflich blieben. Dies allerdings nicht für den Fall, dass der Nachbar die Zustimmung widerrufe, sondern nur für den Fall, dass ein gravierendes öffentliches Interesse (etwa wegen allfälliger Gefährdungen oder Sicherheitsrisiken) einen Widerruf der Bewilligung erforderlich mache. Eine gesetzliche Grundlage für den Widerruf der der Revisionswerberin erteilten Bewilligungen auf Grund eines Widerrufes des Nachbarn bestehe seit der Techniknovelle 2007 nicht mehr. § 94 Abs. 4 BO in der Fassung der Techniknovelle 2007 sehe keine Konsequenz für den Fall des Widerrufs der Zustimmung durch den Nachbarn mehr vor. Weder den Materialien zur Techniknovelle 2007 noch den Übergangsbestimmungen könne entnommen werden, dass § 101 Abs. 3 BO in der Fassung vor der Techniknovelle 2007 auf vor dessen Außerkrafttreten erlassene Bescheide weiterhin Anwendung finde.

16 Weder dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Dezember 2016 noch dem angefochtenen Erkenntnis sei zu entnehmen, dass ein Widerruf seitens des Nachbarn erfolgt wäre. Ein Widerruf der Zustimmung des Nachbarn sei auch im Antrag der Nachbarin vom 11. April 2016 nicht enthalten. Auch sonst sei ein Widerruf der Zustimmung mit gebotener Klarheit nicht aktenkundig (wurde näher ausgeführt).

17 Der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Dezember 2016 weise weder einen ordnungsgemäßen Bescheidadressaten auf noch eine eigenhändige Unterschrift bzw. eine Amtssignatur. Ein Textfeld "Betreff" gebe es im Bescheid nicht, wiewohl dieser auf die "Eigentümerin der im Betreff genannten Liegenschaft" verweise. In der Zustellverfügung sei die Revisionswerberin als "Grund(mit)eigentümerin" genannt. Eine nähere Konkretisierung, Grund(mit)eigentümerin welchen Grundes die Revisionswerberin sein solle, fehle.

18 Der Revisionswerberin seien lediglich drei Seiten des Bescheides vom 1. Dezember 2016 ohne Beilagen (etwa bezughabende Bewilligungen) zugestellt worden. Auf diesen drei zugestellten Seiten sei weder eine eigenhändige Unterschrift samt Amtsstampiglie noch eine Amtssignatur ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hätte daher auf Grund des diesbezüglichen Beschwerdevorbringens zu ermitteln gehabt, ob der Revisionswerberin tatsächlich eine vollständige Bescheidausfertigung zugestellt worden sei. Jedenfalls hätte es zunächst die Revisionswerberin zu einer näheren Konkretisierung ihres Vorbringens auffordern müssen, das trotz der und gerade im Hinblick auf die im Akt befindliche Urschrift und Ausfertigung (welche offenbar zusätzlich auch Ablichtungen der widerrufenen Bewilligungen und eine Amtssignatur beinhaltet) Zweifel hätte hervorrufen müssen. Das Verwaltungsgericht hätte damit erkennen müssen, dass der der Revisionswerberin zugestellte Bescheid vom 1. Dezember 2016 weder eine eigenhändige Unterschrift samt Amtsstampiglie noch eine Amtssignatur aufweise.

19 § 101 Abs. 3 BO in der Fassung vor der Techniknovelle 2007, LGBl. Nr. 24/2008, lautete auszugsweise:

"(3) Die Herstellung von Öffnungen in Feuermauern ist mit Zustimmung der Eigentümer der Nachbarliegenschaft nur gegen jederzeitigen Widerruf zulässig, sofern mit der Öffnung der Feuermauer keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen gegeben sein kann sowie ein Brand größeren Umfanges oder ein mit erheblichen Gefahren verbundener Brand nicht zu erwarten ist. Der Widerruf hat zu erfolgen, sobald die Eigentümer der Nachbarliegenschaft oder öffentliche Interessen dies verlangen. ..."

20 Mit der Techniknovelle 2007 wurden die Regelungen des § 101 BO durch Bestimmungen für Abgase von Feuerstätten ersetzt.

21 § 94 BO in der Fassung der Techniknovelle 2007, LGBl. Nr. 24/2008, lautet auszugsweise:

"Ausbreitung von Feuer auf andere Bauwerke

§ 94. ...

...

(4) Die Herstellung von Öffnungen in Feuermauern ist bei Einhaltung der Brandschutzanforderungen mit Zustimmung des Eigentümers der Nachbarliegenschaft zulässig. ..."

22 Ein Widerruf bezüglich der Feuermaueröffnungen ist nicht mehr vorgesehen. Eine Übergangsbestimmung in Bezug auf Öffnungen in Feuermauern, die im Geltungsbereich des § 101 Abs. 3 BO in der Fassung vor der Techniknovelle 2007 bewilligt worden waren, enthält die Techniknovelle 2007 nicht.

23 Es kann aber vorliegendenfalls dahingestellt bleiben, ob bzw. wieweit auf Grund der neuen Rechtslage ein Widerruf der Bewilligung von Öffnungen in Feuermauern seit dem Inkrafttreten der Techniknovelle 2007 ausscheidet und ob damit allenfalls verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf die Rechtsstellung des Nachbarn verbunden wären. Im vorliegenden Fall ist es nämlich so, dass die gegenständlichen Öffnungen in der Feuermauer bescheidmäßig ausdrücklich nur auf Widerruf bewilligt wurden. Die normative Bedeutung dieser rechtskräftigen Bescheidsprüche wurde durch keine Regelung der Techniknovelle 2007 verändert, insbesondere lässt sich der Techniknovelle 2007 nicht entnehmen, dass rechtskräftige Widerrufsbewilligungen in definitive Bewilligungen umgewandelt worden sind. Dies bedeutet, dass die gegenständlichen Öffnungen in der Feuermauer auf Grund der Bescheidsprüche ihrer Bewilligungen widerrufen werden können.

24 Das Revisionsvorbringen, dass nach dem Inkrafttreten der Techniknovelle 2007 ein Widerruf ausscheidet, führt daher nicht zum Erfolg. Insbesondere geht auch die Argumentation, dass der Widerruf in dem Fall, dass der Eigentümer der Nachbarliegenschaft seine Zustimmung widerrufe, nicht mehr in Frage komme, ins Leere, weil in den gegenständlichen Bescheidsprüchen einerseits von einer jederzeitigen Widerrufbarkeit durch die Baubehörde ohne nähere Einschränkung die Rede ist und andererseits auf § 101 Abs. 3 BO (in der Fassung vor der Techniknovelle 2007) verwiesen wird, wobei nach dieser Bestimmung dem Widerruf des Nachbarn Bedeutung zukam. Ein Antrag des Nachbarn an die Behörde wie im vorliegenden Fall, einen Auftrag zur Zumauerung der Feuermauer zu erlassen, kann nicht anders als ein Widerruf der ursprünglichen Nachbarzustimmung verstanden werden.

25 Ein behördlicher Widerruf auf der Grundlage von im Geltungsbereich des § 101 Abs. 3 BO in der Fassung vor der Techniknovelle 2007 erlassenen Bescheiden kann schließlich auch nicht unsachlich sein, wenn er im Gefolge eines Widerrufes durch den Nachbarn erfolgt, weil einerseits im Hinblick auf die Nachbarinteressen (insbesondere bezüglich Brandschutz) die Zustimmung des Nachbarn für die Bewilligung erforderlich war, und weil andererseits dem Nachbarn in diesem Zusammenhang sowie auch im Hinblick auf seine künftige Bebauung bzw. Nutzung der Nachbarliegenschaft gesetzlich zugesichert war, seine Zustimmung jederzeit zurückziehen zu können mit der Konsequenz des darauf zwingend folgenden baubehördlichen Widerrufes der Bewilligung.

26 Im Übrigen ist eingangs des Bescheides vom 1. Dezember 2016 (links oben) ausdrücklich die Liegenschaft S.- Gasse 5, EZ 736, KG W., Grundstück Nr. 526 und 527 genannt (wenn auch nicht mit der Überschrift "Betreff"). Spruchgemäß wurde der Auftrag der "Eigentümerin der im Betreff genannten Liegenschaft" erteilt. Als "Verpflichtete zur Schließung der Feuermaueröffnungen" wurde in der Zustellverfügung ausdrücklich die Revisionswerberin angeführt.

27 Entgegen der Auffassung der Revision ist, auch wenn das Wort "Betreff" fehlt, schon angesichts des Umstandes, dass ein Betreff stets eingangs eines Schriftstückes steht, daher davon auszugehen, dass die spruchgemäß zunächst abstrakte Bezeichnung der Verpflichteten durch die namentliche Bezeichnung in der Zustellverfügung die notwendige Individualisierung des bescheidmäßigen Auftrages herbeigeführt hat (vgl. VwGH 16.2.2017, Ro 2014/05/0018, mwN). Es ist damit aber auch eine zweifelsfreie Bezeichnung jener Person, an die sich der Bescheid richtet, gegeben (vgl. VwGH 12.11.2002, 2002/05/0758).

28 Zielführend ist allerdings das Revisionsvorbringen, dass das Verwaltungsgericht hätte klären müssen, ob der Revisionswerberin eine vollständige Ausfertigung des Bescheides vom 1. Dezember 2016 zugestellt worden ist.

29 § 18 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung

BGBl. I Nr. 5/2008 lautet auzugsweise:

"Erledigungen

§ 18. ...

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

..."

30 § 19 E-Governement-Gesetz, BGBl. I Nr. 10/2004, in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2016, lautet:

"Amtssignatur

§ 19. (1) Die Amtssignatur ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur oder ein fortgeschrittenes elektronisches Siegel, deren Besonderheit durch ein entsprechendes Attribut im Signaturzertifikat oder Zertifikat für elektronische Siegel ausgewiesen wird.

(2) Die Amtssignatur dient der erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von einem Auftraggeber des öffentlichen Bereichs. Sie darf daher ausschließlich von diesen unter den näheren Bedingungen des Abs. 3 bei der elektronischen Unterzeichnung und bei der Ausfertigung der von ihnen erzeugten Dokumente verwendet werden.

(3) Die Amtssignatur ist im Dokument durch eine Bildmarke, die der Auftraggeber des öffentlichen Bereichs im Internet als die seine gesichert veröffentlicht hat, sowie durch einen Hinweis im Dokument, dass dieses amtssigniert wurde, darzustellen. Die Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur oder des elektronischen Siegels sind vom Auftraggeber des öffentlichen Bereichs bereitzustellen."

31 Sollte hinsichtlich des Bescheides vom 1. Dezember 2016 der Partei keine Ausfertigung in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke zugekommen sein, würde es sich um eine "sonstige Ausfertigung" im Sinne des § 18 Abs. 4 dritter Satz AVG handeln, die dementsprechend zu unterschreiben oder zu beglaubigen ist. Es wäre sohin auf Grund des Beschwerdevorbringens zu prüfen gewesen, ob gegenüber der Revisionswerberin der Bescheid vom 1. Dezember 2016 überhaupt wirksam geworden ist (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/16/0102). Allenfalls hätte mangels eines Bescheides keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes bestanden, über die Beschwerde in der Sache abzusprechen (vgl. VwGH 19.3.2015, 2012/06/0145).

32 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

33 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 12. Dezember 2017

Schlagworte

Unterschrift des GenehmigendenNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Brandschutz (Bestimmungen feuerpolizeilichen Charakters) BauRallg5/1/4Beglaubigung der KanzleiIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017050105.L00

Im RIS seit

16.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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