Gbk 2017/12/19 B-GBK I/196/17

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Veröffentlicht am 19.12.2017
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Beruflicher Aufstieg

Text

BUNDES-GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Die Gleichbehandlungskommission des Bundes

Senat I

hat in der Sitzung am … über den Antrag von A (=Antragstellerin) in einem Gutachten nach § 23a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), BGBl. I Nr. 65/2004 i.d.g.F., festzustellen, dass sie durch die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung um eine Planstelle als RichterIn des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) aufgrund des Geschlechtes und des Alters gemäß §§ 4 Z 5 bzw. 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG diskriminiert worden sei, folgendes

G u t a c h t e n

beschlossen:

Die Nichtberücksichtigung der Bewerbung von A um eine Planstelle als RichterIn des BVwG stellt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und des Alters gemäß §§ 4 Z 5 bzw. 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG dar.

B e g r ü n d u n g

Der Antrag von A langte am … bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK) ein. Die Antragstellerin führte darin im Wesentlichen Folgendes aus:

Sie erachte sich aufgrund des Geschlechtes und des Alters diskriminiert, weil sie im Auswahlverfahren in keinen der Dreiervorschläge des Personalsenates des BVwG für die Besetzung einer Richter/innenstelle am BVwG aufgenommen worden sei. Insbesondere sei B, der Erst- bzw. Zweitgereihte der Dreier-Vorschläge Nr. X und Y (MR-Vortrag ../.. – GZ …), wesentlich schlechter qualifiziert als sie.

B sei erst seit … in diesem Bereich tätig und habe daher eine kürzere Dienstzeit am ...gerichtshof (...GH) bzw. BVwG als sie vorzuweisen.

Darüber hinaus beschränke sich sein Tätigkeitsbereich ausschließlich auf … betreffend die Zuständigkeit in …verfahren. Er habe keine Zusatzausbildungen und bis auf eine einzelne Publikation keine besonderen Fähigkeiten vorzuweisen. Seine Englischkenntnisse würden sich auf Schulwissen und einen Kurs im Rahmen der Grundausbildung beschränken. B sei ungefähr … Jahre alt, sie sei … Jahre alt.

Sie arbeite im Bereich … und …, den Bereichen, für welche die zu besetzenden Stellen hauptsächlich vorgesehen seien. Von Beginn an habe sie selbstständige Entscheidungen getroffen, welche von den RichterInnen großteils unverändert übernommen werden konnten. Einige eigenständig von ihr erstellte Entscheidungen, die auf ihrer selbstständigen rechtlichen Beurteilung beruht hätten, seien in die interne Publikation „Judikatursammlung …, …“ aufgenommen und eine Entscheidung vom VfGH zitiert worden. Des Weiteren sei sie an die EU-Agentur … (…) in … durch das BVwG als Expertin für ...recht für einen Arbeitsgruppe zur … entsandt worden. Von … sei sie auch zur nationalen Trainerin- Modul „…“ – ausgebildet worden.

Sie sei Mitglied des Trainerpools des BVwG für das …, habe ein …-monatiges Praktikum in der Rechtsabteilung des UNHCR in Österreich absolviert, .. Monate Gerichtspraktikum abgeschlossen, die Grundausbildung mit Auszeichnung bestanden und bereits zweimal Kurzzeitwahlbeobachterin der Organisation … (…) gewesen. Sie habe verschiedenste Weiterbildungen zu unterschiedlichen Aspekten des ...verfahrens sowohl in Englisch als auch in Deutsch und auch Trainings an der Verwaltungsakademie des Bundes zu „Interkultureller Kompetenz, Grundlagen“ und „EU-Datenbanken: Recherche im Bereich Recht“ absolviert. Zusätzlich habe sie neben ihrer beruflichen Tätigkeit in Eigeninitiative das Masterstudium Migrationsmanagement an der … abgeschlossen.

Sie verfüge über Fremdsprachenkenntnisse auf dem Niveau C1 in Englisch und Italienisch, B2 in Französisch sowie Grundkenntnisse in Spanisch und Russisch.

Sie sei für ihre Hilfsbereitschaft bekannt und besonders in der Anfangsphase des BVwG eine geschätzte Anlaufstelle für Richter/innen und juristische Mitarbeiter/innen speziell in ...fragen gewesen. Ihr hervorragendes Verhältnis zu Vorgesetzten und Mitarbeitern sei aus dem beigelegten Dienstzeugnis und den Empfehlungsschreiben ersichtlich.

Aus dem Gesagten ergebe sich, dass B in allen Bereichen wesentlich schlechter qualifiziert sei als sie. Ihre Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren könne daher nur auf den diskriminierenden Umständen beruhen, dass sie eine Frau und um mehr als 10 Jahre älter als B sein.

Sie habe sich bereits mehrmals vergeblich um einen Richterposten am BVwG beworben. Aufgrund der durch die Diskriminierung entstandenen psychischen Belastung und der Aussichtslosigkeit einer Weiterentwicklung in ihrer derzeitigen Position als juristische Mitarbeiterin am BVwG habe sie ….

Auf Ersuchen der B-GBK an das BVwG, eine Stellungnahme zu As Antrag abzugeben und die Bezug habenden Unterlagen zu übermitteln, wurden mit … eine Stellungnahme und die Bewerbungsunterlagen von A sowie von B übermittelt.

Einleitend wurden in der Stellungnahme die gesetzlichen Grundlagen zum Bewerbungsverfahren und der Ernennung von Richtern und Richterinnen des BVwG des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes dargelegt. Insbesondere wurde dabei auf die vorgesehene Erstattung von Dreiervorschlägen durch den Personalsenat des BVwG an die Bundesregierung eingegangen.

Es wurde ausgeführt, dass es diesem RichterInnensenat obliege, sich einen Gesamteindruck über die fachliche und persönliche Eignung der Bewerberinnen und Bewerber für die Ausübung des RichterInnenamtes zu verschaffen. Die Vorschläge seien für das ernennende Organ jedoch nicht bindend. Im Rahmen des Auswahlprozesses stehe es dem Personalsenat frei, erforderlichenfalls Anhörungen der Bewerberinnen und Bewerber durchzuführen.

Neben der juristischen Berufserfahrung stelle in gleichem Maße die persönliche Eignung eine unabdingbare Voraussetzung für das RichterInnenamt dar. Richterinnen bzw. Richter müssten insbesondere Entschlusskraft, hohe Selbstorganisation und auch hohe Kommunikationsfähigkeit besitzen. Es sei notwendig, dass Richterinnen bzw. Richter in der Lage seien, Verhandlungen, alleine oder gegebenenfalls gemeinsam mit anderen Berufsrichterinnen und Berufsrichtern bzw. fachkundigen Laienrichterinnen und Laienrichtern, führen zu können. Überdies gelte es zu beurteilen, ob die jeweiligen Bewerberinnen und Bewerber eine Führungsfunktion sowohl gegenüber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch gegenüber den am Verfahren beteiligten Personen einnehmen könnten.

Die Antragstellerin habe sich bereits …, … und … für die Funktion einer Richterin des BVwG beworben. In allen drei Bewerbungsverfahren sei die Antragstellerin nach Durchführung von persönlichen Anhörungen nicht in den Besetzungsvorschlag aufgenommen worden.

In der gegenständlichen Ausschreibung seien die gesetzlichen Formalerfordernisse aufgelistet gewesen: österreichische Staatsbürgerschaft, der erfolgreiche Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften oder der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien, die persönliche und fachliche Eignung für die mit der Ausübung der Tätigkeit einer Richterin bzw. eines Richters des Bundesverwaltungsgerichtes verbundenen Aufgaben, eine zumindest fünfjährige juristische Berufserfahrung.

Zusätzlich seien weitere Voraussetzungen genannt worden: weitreichende Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Verwaltungsverfahrens und/oder auf dem Gebiet gerichtlicher bzw. gerichtsförmiger Entscheidungsfindungsprozesse sowie Fremdsprachenkenntnisse in Englisch.

Es seien 346 Bewerbungen eingelangt, davon 168 von Frauen und 178 von Männern. Die Prüfung der Kriterien sei aufgrund der vorgelegten Bewerbungsunterlagen, der erfolgten Anhörungen der Bewerberinnen und Bewerber durch den Personalsenat unter Berücksichtigung der schriftlich dokumentierten Äußerung der Gleichbehandlungsbeauftragten (GBB) erfolgt. Bei jenen Bewerberinnen und Bewerbern, die sich bereits bei den zuvor erfolgten Ausschreibungen für Planstellen als Richterinnen bzw. Richter des BVwG beworben hatten, sei im Interesse der Verfahrensökonomie auf die nochmalige Durchführung von Hearings verzichtet worden. Die Ergebnisse der vormaligen Anhörungen seien auch dem nunmehrigen Verfahren zugrunde gelegt worden. Die betroffenen Bewerberinnen und Bewerber – so auch die Antragstellerin – seien davon schriftlich in Kenntnis gesetzt worden und es sei ihnen ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt worden, allfällige zwischenzeitige Änderungen im beruflichen oder persönlichen Bereich schriftlich bekannt zu geben bzw. eine Anhörung zu beantragen. Fristgerecht habe die Antragstellerin per E-Mail mitgeteilt, dass sie mit der vorgeschlagenen Vorgangsweise einverstanden wäre, sie jedoch um die Beachtung ihres aktualisierten Lebenslaufes bitte. Eine Anhörung habe die Antragstellerin nicht beantragt.

Die GBB habe in sich in keinem der beiden Auswahlverfahren veranlasst gesehen, eine Stellungnahme hinsichtlich der Antragstellerin abzugeben.

Die Antragstellerin sei aufgrund des durch den Personalsenat gefassten Gesamteindruckes nicht in die Besetzungsvorschläge aufgenommen worden. Ihre langjährige Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin und ihre gewonnene Erfahrung – größtenteils im Bereich des ...- und Fremdenrechts, aber auch auf den Gebieten des Marktordnungsverfahrens oder des Rundfunkgebühr- und des Vergaberechts – seien berücksichtigt worden. Für das RichterInnenamt bedürfe es aber nicht nur gewisser fachlicher Voraussetzungen, sondern vielmehr „eine[r] Gesamtpersönlichkeit, die Aufnahmewerberinnen bzw. -werber als Menschen für den Richterberuf prädestiniert“ (ErlRV 236 BlgNR 17. GP).

Auch auf soziale Kompetenzen sei in besonderem Maße Bedacht zu nehmen. Die Eignung zum RichterInnenamt könne nicht ausschließlich aus tabellarischen Lebensläufen und Dienstzeugnissen eruiert werden. In Hearings werde versucht, sich ein Bild darüber zu machen, wie die jeweiligen Bewerberinnen und Bewerber mit den Anforderungen des Alltags als Richterinnen bzw. Richter umgehen würden. Außerdem werde erörtert, welche Überlegungen einzelne Bewerberinnen bzw. Bewerber zum Tätigkeitsprofil des RichterInnenamtes angestellt hätten und ob diese die nötige Selbstreflexion besäßen, um Problemstellungen, welche mit der Ausübung dieses Amtes einhergehen würden, thematisieren und beleuchten zu können.

Die Antragstellerin habe in den abgehaltenen Anhörungen einen fordernden, überheblich anmutenden, gleichzeitig auch unsicheren Eindruck gemacht. Sie habe etwa die ihr gestellten Fragen teilweise nicht in ganzen Sätzen und widersprüchlich beantwortet. Die Antragstellerin habe den Personalsenat in einer Gesamtschau daher nicht überzeugen können. Die im Besetzungsvorschlag genannten Bewerberinnen und Bewerber – so auch B — hätten sich im Ergebnis in Zusammenschau aller Kriterien als klar besser geeignet dargestellt.

In die insgesamt 40 Besetzungsvorschläge seien 76 Bewerberinnen und Bewerber aufgenommen worden. Unter den Erstgereihten seien 19 Frauen gewesen, welche schließlich alle auf richterliche Planstellen ernannt worden seien. Am Hauptsitz in … seien 51,7% der auf RichterInnenplanstellen Ernannten Frauen.

Hinsichtlich des Vorwurfes der Altersdiskriminierung sei darauf hingewiesen, dass drei der nun zum RichterInnenamt ernannten Bewerberinnen und Bewerber älter als die Antragstellerin seien. Insbesondere sei eine weibliche Mitbewerberin, die einmal als Erst- und einmal als Zweitgereihte in den Besetzungsvorschlag aufgenommen worden sei, um vier Jahre älter als die Antragstellerin. Somit sei evident, dass für die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin auch nicht ihr Alter ursächlich gewesen sei. Zur Vollständigkeit werde außerdem darauf hingewiesen, dass unter den zwischenzeitig ernannten Bewerberinnen und Bewerbern sechs ehemalige juristische Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter des Bundesverwaltungsgerichtes vertreten seien.

Laut den beigefügten Bewerbungsunterlagen von B, habe dieser nach Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften das Gerichtsjahr inkl. 3- monatiger Verlängerung absolviert. Seit … sei er als juristischer Mitarbeiter am ...GH sowie danach am BVwG tätig. Sein Aufgabenbereich umfasse das eigenständige Konzipieren von Erkenntnissen und Beschlüssen aufgrund von Beschwerden gegen Erstbehördliche Entscheidungen und juristische Recherche zu Spezialproblemen. Der Schwerpunkt sei auf dem Gebiet des ...- und …rechts gelegen. Es sei ihm durch seine fachvorgesetzten Richter die Möglichkeit gegeben worden, Verhandlungen vorzubereiten und diese im Beisein der Richterin bzw. des Richters selbstständig zu führen. Zudem verfüge er über eine rasche Auffassungsgabe sowie Ehrgeiz und Flexibilität und sei hochgradig belastbar. Er habe Erfahrung als geringfügig Beschäftigter als Rechtsanwaltsgehilfe und durch seine ehrenamtliche Tätigkeit als Jurist beim … seit … sammeln können. … habe er seine Autorentätigkeit für die Österreichische Zeitschrift … mit der Veröffentlichung einer Entscheidungsbesprechung eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes begonnen.

In der Sitzung des Senates I der B-GBK (im Folgenden kurz Senat) am … führte A aus, sie sei aufgrund ihrer Zusatzausbildungen im ...bereich und ihrer verschiedenen beruflichen Erfahrungen wesentlich höher qualifiziert als die meisten ihrer MitbewerberInnen. Alle juristischen MitarbeiterInnen, welche zu RichterInnen bestellt worden seien, seien unter 40 Jahre alt. Überwiegend sogar knapp über 30 Jahre. Darunter seien zwar auch Frauen, allerdings seien wesentlich mehr Bewerbungen der juristischen MitarbeiterInnen von Frauen gewesen, da es da viel mehr Frauen gebe. Bei den Bewerbungen habe man eine Ratio von 1:1 (m:w) gehabt, bei den Besetzungsvorschlägen nur mehr eine Ratio von 1:0,7. Beim BVwG schramme man immer gerade so an der 50% Frauenquote vorbei. Offensichtlich werde bei den langen und schwierigen Besetzungsverfahren der Gleichbehandlungsgedanke vergessen.

Auf die Frage der Vorsitzenden, ob sie mit B so eng zusammengearbeitet habe, dass sie seine Qualifikationen derart beurteilen könne, antwortete die Antragstellerin, sie kenne ihn. Er sei auch juristischer Mitarbeiter gewesen. Sie wisse zum Beispiel, dass er keine Gerichtspraxis, nie Kurse und keinen zusätzlichen Master in irgendeinem einschlägigen Bereich gemacht habe. Er habe eine kürzere Dienstzeit beim ...GH und BVwG als sie.

Auf die Frage, nach früheren Bewerbungen, antwortete die Antragstellerin, sie habe sich bereits mehrmals beworben. Sie habe zwar auch damals das Gefühl gehabt, dass Geschlecht und Alter eine Rolle gespielt hätten, von den juristischen MitarbeiterInnen seien aber schlussendlich jene genommen worden, welche bereits länger am Gericht gewesen seien. Das sei für sie nachvollziehbar gewesen. Bei dem letzten Bestellungsverfahren sei es jedoch offensichtlich gewesen, dass nur extrem jüngere Leute genommen worden seien.

Auf die Frage, ob es korrekt sei, dass sie beim letzten Bestellungsverfahren kein Hearing mehr beantragt habe, führte die Antragstellerin aus, sie habe in Zusammenhang mit der Planstelle in … … ein Hearing gehabt. Im Jahr … sei sie zum Bewerbungsgespräch hingegangen und man habe ihr gesagt, dass man sie eh kenne, eine Anhörung nicht notwendig sei und sie kurz vorbringen solle, ob sich etwas Neues ergeben habe. Bei dieser Gelegenheit habe sie von ihrem absolvierten Masterstudium berichtet. Bei dem gegenständlichen Fall sei ihr schriftlich mitgeteilt worden, dass aufgrund der zahlreichen Bewerbungen keine Hearings stattfinden werden. Wer jedoch wolle, könne eines beantragen. Sie habe dann in Hinblick darauf, dass ihr bereits einmal gesagt worden sei, man kenne sie, kein Hearing mehr beantragt.

Der Vertreter des BVwG, replizierte, dass die Fakten gegen eine Diskriminierung aufgrund des Alters oder des Geschlechts sprechen würden. Das Durchschnittsalter der vorgeschlagenen BewerberInnen liege zwischen 39 und 40 Jahren. Das Alter spiele keine Rolle. Das BVwG sei stolz unter den RichterInnen eine hohe Frauenquote zu haben. Leider schaffe man die 50% nicht zur Gänze. Die fachliche Qualifikation der Antragstellerin stehe weitestgehend außer Zweifel. Bei der Beurteilung der Vorschläge habe man neben den fachlichen Kenntnissen auch die Einsatzmöglichkeit geprüft. Auch die Kommunikation, die die BewerberInnen in einer Verhandlung haben müssten, seien miteinbezogen worden. RichterInnen müssten eine persönliche Präsenz ausstrahlen und sollten bereits Verhandlungserfahrung haben. Sie sollten soziale Kompetenz haben und eine Vorstellung über das Amt. Selbstorganisation und Vorstellungen über Mitarbeitereinsatz seien wichtig. Die Antragstellerin habe einen fordernden, überheblich anmutenden, gleichzeitig aber auch unsicheren Eindruck gemacht. Sie habe die ihr gestellten Fragen teilweise nicht in ganzen Sätzen und auch widersprüchlich beantwortet. Im ersten Hearing im Jahr … habe die Antragstellerin den Eindruck vermittelt, sehr viele ihrer Konzepte, welche sie für die RichterInnen gemacht habe, seien eins zu eins übernommen worden. Es entstand der Anschein, sie halte sich eigentlich schon für die bessere Richterin. Sie habe dargelegt, sie müsse jungen RichterInnen das ...recht erklären. Er habe sie gefragt, was passieren würde, wenn sie als Richterin ernannt werde und im Sozialbereich eingesetzt werden würde. Sie habe geantwortet, dass sie sich einarbeiten müsse, sie aber hoffentlich einen juristischen Mitarbeiter haben werde, der ihr das weitergebe. Diese Antwort sei für eine angehende Richterin nicht adäquat gewesen. Das habe auch der Personalsenat so empfunden. In weiterer Folge habe die Antragstellerin in mehreren Punkten behauptet, sie „könne“ dies und „mache“ das. Auf Nachfrage seien die Antworten aber vage geworden. Auch beim Hearing … seien die Antworten vage gewesen. Es entstehe auch heute wieder der Eindruck einer gewissen Selbstüberschätzung, wenn die Antragstellerin meine, sie könne den Kollegen beurteilen. In den Bewerbungsunterlagen habe die Antragstellerin „Referenzentscheidungen“ angegeben. Das habe er etwas überheblich gefunden und für eine Bewerbung nicht adäquat, da es keine Referenzentscheidungen von ihr, sondern der RichterInnen gewesen seien. Das Gesamtbild habe ergeben, dass die Antragstellerin fachlich qualifiziert und als juristische Mitarbeiterin hervorragend sei, aber für das RichterInnenamt eben nicht geeignet. Er habe nicht verstanden, warum die Antragstellerin nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht habe ein Hearing zu beantragen. B habe bei dem Hearing einen ausgezeichneten, strukturierten und selbstreflektierenden Eindruck gemacht. Er habe sich mit anderen Verfahren auseinandergesetzt auch wenn er sie selbst noch nicht gekannt habe. Seine Einsatzzeit sei um nur ein Jahr kürzer als jene der Antragstellerin. Er (der Vertreter des BVwG) hätte diese Dinge der Antragstellerin lieber unter vier Augen in einem Feedbackgespräch mitgeteilt.

Auf die Frage der Vorsitzenden, wie der Bewerbungsvorgang sei und wie in der Praxis die Reihungen vorgenommen werden, antwortete der Vertreter des BVwG, man habe beim ersten Durchgang 220 und beim zweiten 346 Bewerbungen gehabt. Im zweiten Durchgang seien 177 Hearings absolviert worden. Die Bewerbungen würden zunächst nach den Formalvoraussetzungen sortiert und die BewerberInnen im Regelfall zu Hearings eingeladen. Zweimal täglich gebe es eine Kurzzusammenfassung, in welcher die Mitglieder des Personalsenates ein Zwischenresümee machen und eine engere Wahl treffen würden. Am Ende aller Hearings würden alle BewerberInnen, welche man einvernehmlich in die engere Wahl gezogen habe, genommen und dann in der Beratung zueinander in einem Vergleich gesetzt. Daraus erfolge die Reihung. Das Besetzungsverfahren habe eineinhalb Monate gedauert.

…, die Gleichbehandlungsbeauftragte (GBB), führte aus, sie habe das Recht bei den Hearings dabei zu sein. Als Richterin am BVwG sei sie zeitlich sehr eingeschränkt und nehme nur teilweise an Hearings teil. Bei der Antragstellerin oder B sei sie nicht anwesend gewesen. Sie kenne die Antragstellerin schon ewig lange. Sie sei immer erreichbar, die Antragstellerin habe sie nicht kontaktiert. Sie habe nicht gewusst, dass die Antragstellerin sich an die Kommission gewandt habe.

Die Frage der Vorsitzenden, ob sie sich im Vorfeld jemals an die GBB gewandt habe, verneinte die Antragstellerin. Da die Entscheidung bereits getroffen war, habe sie keinen Sinn darin gesehen. Es habe geheißen es gebe keine neuen RichterInnenstellen mehr. Deshalb habe sie auch kein Feedbackgespräch beantragt. An die Möglichkeit, die GBB zu bitten beim Hearing dabei zu sein, habe sie nicht gedacht.

Die Antragstellerin führte zu ihren sozialen und persönlichen Kompetenzen aus, sie könne nicht nachvollziehen, wie der Eindruck des Personalsenates und das Bild der anderen Kollegen und Kolleginnen und RichterInnen, mit denen sie schon lange Jahre zusammenarbeite, derart voneinander abweichen können. Sie habe zu allen Richtern und Richterinnen ein gutes Verhältnis und diese seien erstaunt gewesen, warum man sie nicht genommen habe. Bei einem Hearing werde in einer halben Stunde ein Mensch beurteilt, welcher vielleicht gerade einen schlechten Tag habe oder sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht optimal präsentieren könne. In ihren Bewerbungen habe sie immer auf ihre sozialen und kommunikativen Fähigkeiten hingewiesen. Es sei nie bei den Richtern und Richterinnen nachgefragt worden. Sie sei Wahlbeobachterin für die … (…). Da müsse man drei Tage lang unter schweren Bedingungen, ohne Schlaf, mit wildfremden Leuten durch die Lande ziehen und ganz genaue Aufzeichnungen über Wahlvorgänge machen. Da brauche man wirklich Teamkompetenz.

Auf die Frage der Vorsitzenden, warum sie glaube, dass ihr Geschlecht eine Rolle gespielt habe, antwortete die Antragstellerin, sie glaube eher, dass es um das Alter gehe. Außerdem könne man die Frauen ein wenig fördern und sich nicht mit den 50 % begnügen.

Auf die Frage, ob es einen Hinweis zur Altersdiskriminierung gebe oder ob es generell am BVwG üblich sei, dass man über 40 nicht mehr viele Chancen habe, antwortete die Antragstellerin, das wisse sie nicht. Niemand habe das explizit gesagt. Sie wisse aber, dass es auch einige ältere BewerberInnen gegeben habe, welche auch nicht genommen wurden. Das sei ziemlich eklatant. Die Aussage, dass sie jungen RichterInnen das ...recht erklären müsse, habe sie so nicht getätigt und auch nicht so gemeint. Sie kenne sich gut aus und sei als Ansprechperson nominiert worden. Es sei klar, dass wenn man aus einem anderen Bereich komme, im ...recht nicht so firm sei. Sie habe den RichterInnen Hilfestellung gegeben. Man konnte immer zu ihr kommen. Das sei vom Kammervorsitzenden so vorgesehen. Das sei nicht überheblich. Sie habe eine Kompetenz die gefragt sei. Sie habe sich nie mit „erhobenem Zeigefinger“ wichtig gemacht. Die Qualifikationen von B habe sie ins Treffen geführt, da sie ihn kenne. Sie habe mit ihm gemeinsam Grundausbildung gemacht und sie seien gute Kollegen. Es sei nicht überheblich, dass sie beurteilen könne, wie er qualifiziert sei. Das seien einfach die Fakten. Dass die Angabe in der Bewerbung zu den Referenzentscheidungen überheblich oder unpassend gewesen sein solle, könne sie nicht nachvollziehen. Sie sei nie eine juristische Mitarbeiterin gewesen, die Muster ausfüllt. Mit dem Kammervorsitzenden und der Stellvertreterin sei die Zusammenarbeit immer auf Augenhöhe gewesen. Sie habe einen Fall bekommen und dann die rechtliche Beurteilung gemacht. Sie habe selbst entscheiden können wie sie das mache. Bei den ersten Bewerbungsgesprächen sei sie auch gefragt worden, ob sie Entscheidungen auf rechtlicher Ebene selber treffe. Sie habe nicht den Eindruck gehabt, dass das erste Hearing schlecht gelaufen sei. Ein Mitglied des Personalsenates habe ihr, Tage später, zu ihrer guten Performance gratuliert.

Die Vorsitzende merkte an, dass ihre Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin laut den Ausführungen des Vertreters des BVwG außer Frage stehe. Der Vertreter des BVwG stimmte dem mit Nachdruck zu. Bei den Bewerbungen würden zentral die Einsatzmöglichkeiten der RichterInnen in allen Bereichen berücksichtig. Jede/r die/der vom Senat als RichterIn vorgeschlagen werde müsse zwangsläufig den gesamten Bereich abdecken. Es sei wichtig sich gut und schnell in andere Bereiche einlesen und einarbeiten zu können. Es werde erwartet, dass sich die BewerberInnen nicht nur mit ihrem angestammten Fachbereich auseinandersetzen, sondern auch mit anderen Verfahren.

Die Frage eines Mitgliedes zum Durchschnittsalter der RichterInnen am BVwG konnte der Vertreter des BVwG ad hoc nicht beantworten.

Auf die Frage, ob er sich an das Hearing der Antragstellerin derart detailliert erinnern könne weil er Aufzeichnungen gemacht habe, antwortete der Vertreter des BVwG, dass es Protokolle über die Anhörungen gebe.

Die B-GBK hat erwogen:

Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 4 Z 5 und § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG liegt vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis aufgrund des Geschlechtes bzw. des Alters beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen) unmittelbar oder mittelbar diskriminiert wird.

Gemäß § 25 Abs. 2 B-GlBG hat die Vertreterin oder der Vertreter des Dienstgebers darzulegen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes von ihr oder ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war.

Gemäß § 2 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz werden die RichterInnen des BVwG vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Vor der Erstattung dieses Vorschlages, hat die Bundesregierung Dreiervorschläge des Personalsenates des BVwG einzuholen. Die Antragstellerin wurde in keinen der 40 Dreiervorschläge für die ausgeschriebenen Planstellen als RichterInnen des BVwG aufgenommen. Die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin bei der Ernennung für eine dieser Planstellen steht in Zusammenhang mit ihrer vorhergehenden Nichtaufnahme in die erwähnten Dreiervorschläge des Personalsenates. Auch wenn das ernennende Organ nicht an diese Vorschläge gebunden ist, stellen diese Dreiervorschläge und das im Zusammenhang mit ihrer Erstellung durchgeführte Auswahlverfahren daher eine vorbereitende Personalentscheidung dar.

Von der B-GBK war also die Begründung des BVwG für die gegenständliche „Dreiervorschläge“ zu prüfen. Der Senat hält dazu fest, dass die Eignung von Bewerberinnen und Bewerbern an den Aufgaben des Arbeitsplatzes und an den diesen entsprechenden Anforderungen zu messen ist.

Laut dem Ausschreibungstext war u.a. „persönliche und fachliche Eignung für die mit der Ausübung der Tätigkeit einer Richterin/eines Richters des Bundesverwaltungsgerichts verbundenen Aufgaben“ gefordert. Der Vertreter des BVwG konnte in seinem Vorbringen näher darlegen welche persönlichen Voraussetzungen neben der fachlichen Eignung im Auswahlverfahren für die Planstellen von RichterInnen des BVwG ausschlaggebend waren. Dabei wurden als wichtige Faktoren vor allem eine gewisse persönliche Präsenz, soziale Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit zur Führung von Verhandlungen, Entschlusskraft, Vorstellung über das RichterInnenamt, Selbstorganisation sowie Fähigkeit zur angemessenen Selbstreflexion beschrieben. In weiterer Folge wurde dargelegt, inwiefern der Personalsenat aus den Bewerbungsunterlagen sowie den der Entscheidung zugrunde gelegten vorherigen Anhörungen der Antragstellerin den Eindruck gewonnen hat, diese Voraussetzungen würden von ihr nicht erfüllt. Sie habe etwa einige Behauptungen hinsichtlich ihrer Fähigkeiten getätigt, auf Nachfrage aber nur vage Antworten gegeben. In Punkto Ausdrucksfähigkeit wurde erwähnt, sie habe teilweise nicht in ganzen Sätzen und auch widersprüchlich geantwortet. Zudem habe sich u.a. durch das Anführen von „Referenzentscheidungen“ ihrer RichterInnen in ihrer Bewerbung eine Tendenz zur Selbstüberschätzung gezeigt.

Auch die Behauptung der Antragstellerin, sie könne ihren Mitbewerber bewerten, wurde kritisch beurteilt. Ihre Aussage, dieser habe keine Gerichtspraxis absolviert, wurde etwa durch die vorgelegten Bewerbungsunterlagen von B widerlegt. Auch der von ihr betonte Unterschied in der Dienstzeit zwischen B und der Antragstellerin beträgt lediglich 6 Monate (A, Beginn mit …/… am ...GH; B, Beginn mit …/… am ...GH).

Es ist darauf hinzuweisen, dass bei persönlichen Anhörungen gewonnene Eindrücke über die Persönlichkeit oder die persönliche Eignung der BewerberInnen nur eingeschränkt aussagekräftig und nachvollziehbar sind. Es bedarf daher einer differenzierten Abschätzung, wieweit auf diese Art getroffene Evaluierungen der BewerberInnen als Basis einer Personalentscheidung dienen können. In Anbetracht des Vorbringens des BVwG, dass es einer gewissen „Gesamtpersönlichkeit“ für das RichterInnenamt bedürfe, erscheint es dem Senat jedoch legitim, eine Bewerberin aufgrund ihres persönlichen Auftretens beim Hearing für weniger geeignet als ihre Mitbewerber zu befinden.

Ungeachtet dessen ist es jedoch nach wie vor wichtig, dass die Personalentscheidung auf sachlichen, objektiv nachvollziehbaren Gründen beruht. Der gewonnene persönliche Eindruck muss daher jedenfalls nachvollziehbar sein. Der Vertreter des BVwG konnte durch präzise Schilderung verschiedener Anhaltspunkte aus der schriftlichen Bewerbung sowie der persönlichen Anhörung der Antragstellerin darlegen, aus welchen Gründen dieser Eindruck beim Personalsenat des BVwG entstanden ist.

Gute und hervorragende juristische MitarbeiterInnen sind nicht zwangsläufig die am besten geeigneten BewerberInnen für das RichterInnenamt. Den beiden Aufgabenfeldern liegt ein unterschiedliches Anforderungsprofil zugrunde. Insofern kann – auch bei unbestrittener fachlicher Kompetenz – kein Automatismus im Hinblick auf einen Aufstieg in die Funktion des Richters oder der Richterin für gute juristische MitarbeiterInnen bestehen.

Im Ergebnis waren daher die Ausführungen des BVwG, ausschlaggebend für die Personalentscheidung sei gewesen, dass die Antragstellerin den Eindruck vermittelt habe für die ausgeschriebenen Planstellen weniger persönliche Eignung als ihre MitbewerberInnen aufzuweisen, glaubhaft und nachvollziehbar. Es ergaben sich im Verfahren vor dem Senat keine Anhaltspunkte, dass das Geschlecht oder das Alter der Antragstellerin für die Personalentscheidung des BVwG eine Rolle spielten.

Es liegt daher keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und des Alters von A gemäß §§ 4 Z 5 und 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG vor.

Empfehlung:

Abschließend ist auf die Notwendigkeit transparenter Auswahlverfahren für die Gewährleistung objektiver und sachlicher Personalentscheidungen hinzuweisen. Ein nicht in diesem Sinne gestaltetes Auswahlverfahren kann ein Indiz für eine dahinterstehende Diskriminierung sein. Es wird daher empfohlen objektive, nachvollziehbare Qualitätsvergleiche zwischen den Bewerbern anzustellen und dafür Aufzeichnungen über das Auswahlverfahren zu führen. Das Aufbewahren und etwaige Vorlegen solcher schriftlichen Aufzeichnungen erleichtern eine spätere Überprüfung der Nachvollziehbarkeit der getroffenen Personalentscheidung.

Wien, Dezember 2017

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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