TE Lvwg Erkenntnis 2017/5/23 VGW-101/056/14456/2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.05.2017
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Entscheidungsdatum

23.05.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

AVG §68 Abs2
AVG §68 Abs4
WRG 1959 §31 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde der J., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, vom 17.10.2016, Geschäftszahl BMLFUW-UW.4.1.8/0101-lV/2/2016, mit welchem die Anträge gemäß AVG zurückgewiesen wurden,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Antrag auf Kostenersatz (gemäß § 35 VwGVG) wird zurückgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Mit dem angefochtenen Bescheid wurde

I.) der Antrag der Beschwerdeführerin, eingelangt am 20.4.2016 betreffend Antrag nach § 68 Abs. 2 und/oder Abs. 4 AVG, nämlich der Bundesminister für Land-und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als sachlichen Betracht kommende Oberbehörde möge

?        die notstandspolizeiliche Anordnung der Magistratsabteilung 45 vom 21.6.2005 sowie die Ergänzung bzw. Präzisierung der Niederschrift vom 21.6.2005, welche selber mit 15.7.2005 datiert ist, und die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen auf Kosten der Antragstellerin als nichtig aufheben;

?        in eventu den Antrag mangels Vorliegens einer rechtswirksamen verpflichtenden Zustellung an die Antragstellerin und mangels eines Rechtssubjektes nach österreichischem Recht als Adressat der notstandspolizeilichen Anordnung der Magistratsabteilung 45 vom 21.6.2005 sowie die Ergänzung bzw. Präzisierung der Niederschrift vom 21.6.2005, welche selber mit 15.7.2005 datiert ist, und der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen auf Kosten der Antragstellerin zurückweisen,

als unzulässig zurückgewiesen.

II.) Ferner wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 6.6.2016, eingelangt am 8.6.2016 betreffend Antrag nach § 68 Abs. 2 und/oder Abs. 4 AVG, nämlich der Bundesminister für Land-und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als sachlichen Betracht kommende Oberbehörde möge

?        die notstandspolizeiliche Anordnung der Magistratsabteilung 45 vom 21.6.2005 und die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen auf Kosten der Antragstellerin als nichtig aufheben;

?        in eventu den Antrag mangels Vorliegens einer rechtswirksamen verpflichtenden Zustellung an die Antragstellerin und mangels eines Rechtssubjektes nach österreichischem Recht als Adressat der notstandspolizeilichen Anordnung der Magistratsabteilung 45 vom 21.6.2005 und der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen auf Kosten der Antragstellerin zurückweisen,

als unzulässig zurückgewiesen.

III.) Ferner wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30.9.2016, eingelangt am 30.9.2016 betreffend Antrag nach § 68 Abs. 2 und/oder Abs. 4 AVG und gemäß den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens, nämlich der Bundesminister für Land-und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als sachlichen Betracht kommende Oberbehörde möge

?        die notstandspolizeiliche Anordnung der Magistratsabteilung 45 vom 21.6.2005 und die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen auf Kosten der Antragstellerin und den Kostenbescheid vom 23.8.2007, Zl MA 58/02792/2005/136 als nichtig aufheben;

?        in eventu den Antrag mangels Vorliegens einer rechtswirksamen verpflichtenden Zustellung an die Antragstellerin und mangels eines Rechtssubjektes nach österreichischem Recht als Adressat der notstandspolizeilichen Anordnung der Magistratsabteilung 45 vom 21.6.2005 und der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen auf Kosten der Antragstellerin zurückweisen,

als unzulässig zurückgewiesen.

Aus der Begründung geht nach Wiedergabe des bisherigen Sachverhaltes insbesondere hervor, dass der bekämpfte Rechtsakt keinen Bescheid darstelle und daher § 68 AVG nicht anwendbar sei. Die Antragstellerin gehe selbst davon aus, dass die bekämpfte Amtshandlung vom 21.6.2005 eine notstandspolizeiliche Anordnung gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 darstelle und damit rechtlich als Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls-und Zwangsgewalt zu qualifizieren sei.

Zur beantragten Aufhebung des Kostenersatzbescheides des Magistrats der Stadt Wien vom 23.8.2007 gemäß § 68 AVG sei auszuführen, dass durch die Anrufung des Gerichts gemäß § 117 Abs. 4 WRG 1959 der Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 23.8.2007 somit außer Kraft getreten sei. Das gerichtliche Verfahren sei derzeit noch anhängig. Es fehle daher an der Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 68 AVG, da der Bescheid des Magistrats rechtlich nicht mehr existent sei.

Ferner sei darauf hinzuweisen, dass kein subjektives Recht oder ein Rechtsanspruch gemäß § 68 AVG auf Wahrnehmung des Aufsichtsrechts der sachlichen Betracht kommenden Oberbehörde gemäß § 68 Abs. 7 AVG bestünde.

Es werde darauf hingewiesen, dass gemäß § 35a AVG eine Mutwillensstrafe verhängt werden könne, wenn die Tätigkeit der Behörden in mutwilliger Art und Weise in Anspruch genommen werde. Ein idente Antrag sei bereits mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 15.7.2016, Zl VGW-101/073/781/2016-7 entschieden worden. Die Antragstellerin habe nun zum 4. Mal die Aufhebung der notstandspolizeilichen Anordnung der Magistratsabteilung 45 vom 21.6.2005 und die Ergänzung bzw. die Präzisierung der Niederschrift vom 21.6.2005 beantragt. Die Antragstellerin habe daher bei einer weiteren Eingabe in derselben Sache mit der Verhängung eine Mutwillensstrafe zu rechnen.

Die von der Antragstellerin eingebrachten Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG sowie der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides seien ausdrücklich nur an den Magistrat der Stadt Wien gerichtet worden. Es sei daher nicht weiter über den Antrag auf Wiederaufnahme und den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides seitens der Behörde abzusprechen.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass ein straffrechtswidriges Gutachten zur Zuordnung der Verschmutzung geführt habe. Das Gutachten des I. vom 10.3.2005 sei fachlich komplett verfehlt, basiere auf fachlich unhaltbaren Untersuchungen, widerspräche dem damaligen Stand der Technik, sei widersprüchlich, tendenziös und führe zu einem strafrechtswidrigen Erfolg. Seit 2000 habe es mehrere dokumentierte Ölaustritte mit anderen Verursachern als der Antragstellerin gegeben. Beweise dafür würden angeboten. Von 2003-2009 habe die Stadt Wien die seit dem Zweiten Weltkrieg bestehende Ölverschmutzung im Hafen Lobau saniert.

In den Anträgen der Beschwerdeführerin vom 20.4.2016 und 30.9.2016 habe die Beschwerdeführerin Anträge auf Aufhebung des Verwaltungsaktes der MA 45 vom 21.6.2005 gestellt, da neue Tatsachen und Beweise bestanden hätten, wonach die Verursachung der Verschmutzung durch die Beschwerdeführerin als unmöglich bestätigten.

Die Beschwerdeführerin sei darin getäuscht worden, die Kosten für die Sanierung zu übernehmen. Eine Beteiligung an der Täuschung sei durch das Gutachten der I. geschehen. Dies stelle einen strafgesetzwidrigen Erfolg her.

Daher seien diese Rechtsakte, welche einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführten, gemäß § 68 AVG als nichtig aufzuheben.

Mit der Entscheidung des UVS Wien sei die entsprechende Maßnahmenbeschwerde abgewiesen worden, da der AuvBZ vom 21.6.2005 rechtlich nicht existent sei und die Beschwerdeführerin daher rechtlich nicht verpflichtet sei.

Dem widersprechend sei das Landesgericht für Zivilrechtssachen im Verfahren zur Zahl GZ 61NC1/08V von der rechtlichen Existenz und Bindung an den AuvBZ vom 21.6.2005 ausgegangen und habe die Beschwerdeführerin zur Tragung der Sanierungskosten verpflichtet.

Es bestünde eine Befangenheit der Verwaltungsorgane, da am 18.12.2015 eine Besprechung betreffend Vergleichsverhandlung mit der Beschwerdeführerin, der serbischen Botschaft und der Finanzprokuratur sowie 2 Vertreterinnen des Ministeriums, welche auch Verfahrenspartei im Verfahren gegen die Beschwerdeführerin zur Zahl GZ 61NC1/08V sei, stattgefunden. Die beiden Vertreterinnen des Ministeriums würden auch die Agenden des Ministeriums als Verfahrenspartei im Hauptverfahren zur genannten Zahl wahrnehmen. Es läge Befangenheit der beiden Vertreterinnen des Ministeriums gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 und 3 AVG vor.

Die Finanzprokuratur vertrete das Ministerium im Hauptverfahren über den Kostenersatz. Die Finanzprokuratur habe im Verfahren nach § 68 AVG weder Parteistellung noch irgendein Recht. Der hier bekämpfte Bescheid sei auch an die Finanzprokuratur zur Kenntnis gegangen. Dies bestätige die Befangenheit der beiden genannten Vertreterinnen der belangten Behörde.

Es seien der Beschwerdeführerin im Zuge von Akteneinsicht am 3.10.2016 näher angeführte 3 Zahlen von Akten genannt worden. Jedoch handle es sich gegenständlich beim Abspruch über drei Anträge um eine weitere (4.) Zahl, Geschäftszahl BMLFUW-UW.4.1.8/0101-lV/2/2016. Es sei unklar, welche Anträge in dem Verfahren Geschäftszahl BMLFUW-UW.4.1.8/0101-lV/2/2016 gestellt worden seien und wieso die Entscheidung eine niedrigere Aktenzahl als die eingereichten Anträge habe.

In der Entscheidung des UVS Wien sei die Maßnahmenbeschwerde zurückgewiesen worden mangels wirksamer Zustellung und mangels Bescheidadressat. Der AuvBZ vom 21.6.2005 sei damit ein Nichtakt.

Die belangte Behörde setzte sich daher über eine rechtskräftige Entscheidung des UVS Wien hinweg. Der Bescheid widerspräche daher dem Grundsatz der Bindung an bereits erlassene rechtskräftige Verwaltungsentscheidungen.

Ferner habe die Behörde ihr Ermessen unrichtig ausgeübt. Die Nichtigerklärung nach § 68 Abs. 4 AVG Stelle eine Ermessensentscheidung dar. Die Behörde könne nicht nach ihrem Belieben handeln. Die Nichtigerklärung sei daher bei der vorliegenden Sach-und Rechtslage notwendig und unvermeidbar.

Ebenso könnten europarechtliche Bestimmungen den Ermessensspielraum auf null reduzieren. Demnach könne auf Grundlage des Europarechts auch ein Anspruch auf Nichtigerklärung eines AuvBZ bestehen. Der Missbrauch eines Ermessens könne nicht nur gesetzwidrig sein, sondern könne auch Amtshaftungsansprüche begründen.

§ 34 Abs. 1 letzter Satz WRG sehe die Durchbrechung der Rechtskraft vor. Dies unter der Bedingung, dass nach der Verfügung von Anordnungen sich herausstelle, dass diese für die bestimmten Erfordernisse nicht adäquat gewesen seien und auch weiterhin nicht seien.

Der Beschwerdeführerin stünde ein subjektiver Anspruch auf die beantragten Aufhebungen gemäß § 34 Abs. 1 letzter Satz WRG allenfalls in Analogie zu.

Der angefochtene Bescheid sei nicht ausreichend begründet. Die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens seien nicht eingehalten.

Nach diesen Grundsätzen sei eine nachträgliche Abänderung oder Aufhebung bei neuen Tatsachen und Beweismitteln in viel weiterem Umfang als nach den strengen Voraussetzungen des § 68 AVG möglich. Im angefochtenen Bescheid sei nicht auf diese Grundsätze Bezug genommen worden.

In der Rechtsprechung des OGH seien auch AuvBZ als rechtskraftfähig beurteilt worden. Rechtskraft nach § 68 Abs. 1 AVG sei dort nur für Bescheide geregelt. Wenn man die Rechtskraftregelung auch auf AuvBZ anwende, dann seien auch die Bestimmungen der §§ 68 Abs. 2-7 sowie 69 AVG auf AuvBZ anzuwenden. Da sich der Bescheidbegriff wortgleich in § 68 Abs. 1 fände (ebenso wie in § 68 Abs. 2-7 und § 69 AVG) sei dieser Begriff ident. Daher bestünden keine Bedenken gegen die Anwendung der Rechtskraft auf AuvBZ.

Aus der anfänglichen Anfechtungsmöglichkeit nach Art. 144 B-VG resultierte in der früheren Judikatur des VfGH, dass AuvBZ unter die Bescheid-Definition gefallen seien. Aus dem Wortlaut der Bestimmungen der §§ 68 und 69 AVG idF BGBl. 274/1925 im Vergleich zur Fassung BGBl. I Nr. 161/2013 ergebe sich, dass der Gesetzestext weitgehend unverändert geblieben sei. Ebenso sei durch die erstmalige Normierung von AuvBZ in BGBl. Nr. 302/1975 und den zugrundeliegenden Materialien ersichtlich, dass (mangels umfassender Regelung der Verwaltungsverfahrensgesetze) historisch betrachtet der Gesetzgeber AuvBZ nicht bewusst von nachträglichen Abänderungsmöglichkeiten (§§ 68, 69 AVG) habe ausschließen wollen.

Demzufolge ergebe sich in verfassungskonformer Interpretation, dass nach dem Rechtsstaatsgebot Verwaltungsakte mit erheblichen Rechtswirkungen nicht als unbekämpfbar konstruiert werden dürften.

Daraus sei eine Abänderungsmöglichkeit nach §§ 68, 69 AVG ableitbar.

Behördliche Ermittlungen hätten im Jahre 2005 (mit Gutachten I.) begonnen. Der vorliegenden AuvBZ sei bereits ein Bescheid der Behörde vom 18.4.2005 vorausgegangen, es wäre ihr daher möglich gewesen, anstelle der nun verfahrensgegenständlichen beiden AuvBZ Bescheide zu erlassen.

Darüber hinaus enthalte der AuvBZ vom 21.6.2005 alle Bescheidmerkmale. Die §§ 68, 69 AVG seien daher direkt anwendbar.

Ferner sehe das WRG 1959 zwei Instrumente zur Vermeidung von Gewässerverunreinigung vor, einerseits Erlassung von Bescheiden und andererseits bei Gefahr im Verzug Ausübung unmittelbar behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Es sei nicht rechtsstaatlich, wenn die Behörde sich die Mittel auswählen könne, da damit die Rechtsmittel der Adressaten massiv eingeschränkt seien.

Dies sei gegenständlich möglich. Denn zur Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde sei die Frist zur Lösung komplexer Sachverständigenfragen betreffend Verursachung zu kurz. Denn weiteres Vorbringen sei nach Einbringung der Beschwerde als verspätet zurückzuweisen. Es könne daher nicht verfassungskonform sein, würde man es den Behörden überlassen zu entscheiden, ob sie in den Genuss der Verfahrensfreiheit kämen und gleichzeitig den nachträglichen Rechtsschutz massiv einschränken könnten. Daher sei die Anwendbarkeit des § 68 AVG notwendig.

Die Rechtsprechung nähme eine Bindung im Kostenersatzverfahren an die Verwaltungsakte zu einer Sanierungspflicht an. Gerade wegen dieser Bindung könne die Kostenersatzpflicht dem Grunde nach nicht mehr infrage gestellt werden. Daraus folge jedoch auch ein besonderes Rechtsschutzinteresse von Adressaten von AuvBZ. Bspw gehe aus der Rechtsprechung auch hervor, dass ein AuvBZ bei Gefahr in Verzug an eine nicht bestimmte Person erlassen werden können und diese Adressat dann im Kostenersatzverfahren an die inhaltlich nicht überprüfbare Entscheidung gebunden sei. Eine weitere Entziehung dieser Rechtsakte der nachträglichen Kontrolle nach § 68 AVG würde gegen die fundamentalen Grundwerte unserer Rechtsordnung verstoßen.

Es gäbe keinen Grund bei einer ex post Betrachtung der Verfahren gemäß § 68 AVG den nachträglichen Rechtsschutz von Adressaten einzuschränken, da Gefahr im Verzug nicht mehr gegeben sei. Eine Nichtanwendung des § 68 AVG auf AuvBZ würde dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot und Rechtsstaatlichkeitsgrundsatz widersprechen.

Es handle sich um eine planwidrige Lücke betreffend der nicht ausdrücklichen Anwendbarkeit des § 68 AVG auf die AuvBZ. Dafür spreche auch, dass die ausdrückliche Ausnahme des AVG für AuvBZ (siehe EGVG idF BGBl. Nr. 50/1991) im Art. II EGVG nicht mehr bestünde. Ferner bestätige Art. 1 Abs. 2 Ziffer 1 EGV geben, dass jedenfalls eine analoge Anwendbarkeit des § 68 AVG auf AuvBZ gegeben sei.

Darüber hinaus sei Europarecht missachtet. Art. 17 GRC schütze das Eigentum der Beschwerdeführerin. Art. 16 GRC schütze das Recht der Beschwerdeführerin auf freie Unternehmensausübung.

Darüber hinaus falle die vorliegende Verunreinigung in die Definition von Verschmutzung gemäß Art. 2 Z. 33 der Richtlinie 2000/60/EG Wasserrahmenrichtlinie. Die Sanierungspflicht der Mitgliedstaaten schließe das Tragen der Kosten mit ein.

Es herrsche das Verursacherprinzip. Gemäß Art. 11 Abs. 2 der Umwelthaftungsrichtlinie dürfe die zuständige Behörde nur dem Betreiber die Sanierungsmaßnahmen auferlegen, der den Schaden oder die Gefahr verursacht habe. Es müsse ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schaden und der Tätigkeit des einzelnen festgestellt werden. Ein Betreiber müsse nach Art. 8 der Richtlinie die Sanierungskosten nicht tragen, wenn er nachgewiesen habe, dass er nicht die Verschmutzung verursacht habe. Die Beschwerdeführerin habe aufgrund von Proben und Gutachten dargelegt, dass sie nicht als Verursacherin in Betracht komme.

Die Richtlinie 2009/90/EG zur Festlegung technischer Spezifikationen für die chemische Analyse und die Überwachung des Gewässerzustandes normiere bestimmte Verfahren und Mindestwerte, die für Wasseranalysen zu beachten seien. Die durchgeführten Analysen seien nicht nach den Anforderungen in Art. 3 der genannten Richtlinie erfolgt. Das Gutachten der I. und die Wasserrechtsbehörde hätten diese Richtlinienbestimmungen nicht berücksichtigt.

Mehrere Gutachten hätten dargelegt, dass die Beschwerdeführerin die Verschmutzung nicht verursacht habe. Der AuvBZ vom 21.6.2005 und die Durchführung der Sanierungsarbeiten auf Kosten der Beschwerdeführerin verstießen gegen Europarecht. Es läge Anwendungsvorrang des Europarechts vor.

Darüber hinaus habe die Republik Österreich nach den Bestimmungen der Wasserrahmenrichtlinie die Sanierung der Verschmutzung vorzunehmen und die Kosten zu tragen. Die belangte Behörde habe nicht objektiv agiert, sondern im wirtschaftlichen Eigeninteresse. Es läge Willkür vor.

„Die Beschwerdeführerin beantragt,

1.       das erkennende Gericht möge den EuGH gemäß Artikel 267 AEUV zu einer

Vorabentscheidung zur Frage anzurufen,

•        ob sich ein Individuum gegenüber einem Mitgliedstaat auf Art. 8 Abs. 3 lit. a Umwelthaftungsrichtlinie berufen könne, um eine Sanierungsverpflichtung abzuändern, wenn er nachgewiesen hat, dass nicht der der Verpflichtete die Verschmutzung verursacht hat.

•        Ob die Erlassung eines Sanierungsauftrages auf Basis lediglich einer Vermutung gegen das Verursachungsprinzip in Art. 13 RL 2004/35/EG, Art. 41 Abs. 1und 2 und Art. 47 Abs. 1 und 2 GRC verstoßen und ein Mitgliedstaat nach den genannten Vorschriften zur Abänderung dieses Sanierungsauftrages verpflichtet ist, wenn der Verpflichtete nachgewiesen hat, dass nicht der Verpflichtete die Verschmutzung verursacht hat und ob sich der Verpflichtete gegenüber einem Mitgliedstaat direkt auf die genannten Vorschriften stützen kann

•        Ob die nationale Zuständigkeitsvorschrift des WRG, mit denen das Ministerium als Verfahrenspartei betreffend Entscheidung über Kostenersatz von Sanierungsmaßnahmen, auch zur Entscheidung, über nachträgliche Abänderung dieser Sanierungsmaßnahmen, deren Kosten es selbst trägt, als Oberbehörde zuständig gemacht wird, gegen Art 13 RL 2004/35/EG, Artikel 41 Abs 1 und 2 und Art 47 Abs 1 und 2 der Charta der Grundrechte der europäischen Union sowie die vom EuGH entwickelten Anforderungen an eine Überprüfungsinstanz sowie den vom EuGH entwickelten Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz des Rechtsschutzes verstoßen, insbesondere unter Berücksichtigung dass Gerichte eine spätere Bindung an eine Entscheidung dieser Behörde annehmen.

2.       das erkennende Gericht möge den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig erklären und den AuvBZl vom 21.6.2015 aufheben; in eventu, das erkennende Gerichtmöge den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig erklären und das Verfahren zur inhaltlichen Behandlung in die ersten Instanz zurückverweisen.

3.       gemäß § 35 VwGVG dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde die Kosten des Verfahrens auferlegen. Es wird der Ersatz der Eingabengebühr, der Fahrtkosten sowie des Pauschalbetrages für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand gern der VwG-Aufw- ErsV BGBl II 2013/517 geltend gemacht.“

2.) Aus dem vorliegenden Akteninhalt geht im hier verfahrensgegenständlichen Umfang folgender Sachverhalt hervor:

Mit Schriftsatz vom 20.4.2016 und Schriftsatz vom 6.6.2016 wurden Anträge gemäß § 68 bei der belangten Behörde eingebracht (unter unterschiedlichen internen Geschäftszahlen in weiterer Folge von der belangten Behörde angelegt). Mit weiterem Schreiben vom 30.9.2016 wurde ebenso ein Antrag (Anregung) gemäß § 68 AVG sowie ein Antrag gemäß § 69 AVG (Antrag auf Feststellungsbescheid) eingebracht. Aus dem dazu im Akt einliegenden Vermerk geht hervor, dass es sich hierbei um inhaltsgleiche Anträge handle und auch um nahezu idente Begründungen, sodass über alle Anträge in einem Bescheid abzusprechen sei. Der Bescheid ergehe unter der Zahl BMLFUW-UW.4.1.8/0101-IV/2/2016.

Aus dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 20.4.2016 geht neben den inhaltlichen Ausführungen über die Verursachung der Ölverschmutzung hervor,

dass die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben eine Anregung gemäß § 68 AVG sowie ein Antrag gemäß § 69 AVG stellte. Es finden sich die Anträge auf Anregung gemäß § 68 Abs. 2 und/oder Abs. 4 Z. 2 AVG gerichtet an die belangte Behörde als sachlichen Betracht kommende Oberbehörde einerseits und der Magistrat der Stadt Wien andererseits. Ferner wurde der Antrag gestellt, der Magistrat der Stadt Wien möge gemäß § 69 Abs. 1 und/oder 3 AVG vorgehen, wie gegenständlich inhaltlich wiedergegeben.

Aus dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 6.6.2016, eingelangt bei der belangten Behörde am 8.6.2016, geht hervor, dass darin eine Anregung gemäß § 68 AVG sowie ein Antrag gemäß § 69 AVG gestellt werden. Neben den inhaltlichen Ausführungen über die Verursachung der Ölverschmutzung finden sich die Anträge auf Anregung gemäß § 68 Abs. 2 und/oder Abs. 4 Z. 2 AVG, die belangte Behörde als sachlichen Betracht kommende Oberbehörde einerseits und das Magistrat der Stadt Wien andererseits mögen-wie gegenständlich wiedergegeben- vorgehen. Ferner wurde der Antrag gestellt, der Magistrat der Stadt Wien möge gemäß § 69 Abs. 1 und/oder 3 AVG vorgehen, wie gegenständlich inhaltlich wiedergegeben.

Aus dem Schreiben vom 30.9.2016 geht hervor, dass eine Anregung gemäß § 68 AVG sowie den Antrag gemäß § 69 AVG gestellt werden würden. Darin bezieht sich die Beschwerdeführerin auf die Anträge vom 20.4.2016 und vom 6.6.2016. Neben inhaltlichen Ausführungen zu der Verursachung der Ölverschmutzung und vorgebrachter Unmöglichkeit, dass die Beschwerdeführerin Verursacherin der Verschmutzung gewesen sein habe können, wird unter anderem beantragt, dass gemäß § 68 Abs. 2 und/oder Abs. 4 Z. 2 AVG die belangte Behörde - wie in weiterer Folge gegenständlich wiedergegeben - vorgehe. Ferner wurde darin zusätzlich zu den beiden bestehenden Anträgen gemäß § 69 Abs. 1 und/oder 3 AVG beantragt, der Magistrat der Stadt Wien möge-ebenso wie auch im gegenständlichen Verfahren inhaltlich wiedergegeben-vorgehen.

Den Verfahren zu den Zahlen VGW-101/073/437/2016-8 sowie VGW-101/073/781/2016-7 lagen größtenteils idente (nämlich völlig ident mit VGW-101/073/781/2016-7 sowie ident im Spruchpunkt I mit VGW-101/073/7437/2016-7) Anträge (zeitlich vorgelagert) wie gegenständlich zugrunde. Diese Verfahren sind rechtskräftig abgeschlossen. Die Behandlung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt sowie die eingebrachte Revision vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen (siehe VwGH, Beschlüsse vom 26.1.2017, Ra 2016/07/0112 und Ra 2016/07/0113).

Ferner wurde vom Verwaltungsgericht Wien im Verfahren zur Zahl VGW-101/073/2080/2017 bereits rechtskräftig über die vorliegenden identen Anträge, welche an den Magistrat der Stadt Wien gerichtet waren, abgesprochen und die Beschwerde abgewiesen.

3.) Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die in diesem Verfahren maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

„§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

(3) Andere Bescheide kann die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im öffentlichen Interesse insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.

(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,

2.

einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,

3.

tatsächlich undurchführbar ist oder

4.

an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.

(5) Nach Ablauf von drei Jahren nach dem in § 63 Abs. 5 bezeichneten Zeitpunkt ist eine Nichtigerklärung aus den Gründen des Abs. 4 Z 1 nicht mehr zulässig.

(6) Die der Behörde in den Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung einer Berechtigung außerhalb eines Berufungsverfahrens bleiben unberührt.

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden.“

„Sache“ des gegenständlichen Verfahrens ist ausschließlich der Gegenstand des behördlichen Verfahrens, sohin jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des angefochtenen Bescheides gebildet hat. Es war somit ausschließlich zu prüfen, ob die Zurückweisung der Anregung nach § 68 AVG zu Recht erfolgte. Auf das durch umfangreiche Konvolute an Unterlagen untermauerte inhaltliche Vorbringen betreffend die Ölverschmutzung war daher nicht näher einzugehen.

§ 68 AVG setzt die Existenz eines Bescheides voraus. Die Beschwerdeführerin selbst bezog ihren Antrag auf eine behördliche Maßnahme gemäß § 31 Abs. 3 WRG, datiert mit 21.6.2005.

In Ermangelung eines Bescheides findet § 68 AVG keine Anwendung. Die belangte Behörde erließ den angefochtenen Bescheid zu Recht. Weiters hat der VwGH judiziert, dass durch einen Bescheid, in dem die Ausübung des Aufsichtsrechtes im Hinblick auf die Bestimmung des § 68 Abs. 7 AVG verweigert wird, niemand in seinem Recht verletzt werden kann (vgl. VwGH vom 28.1.1977, 2910/76).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs besteht darüber hinaus kein subjektives Recht bzw. kein Rechtsanspruch auf eine Abänderung oder Behebung eines Bescheides von Amts wegen im Rahmen des Aufsichtsrechts der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde gemäß § 68 AVG (vgl. VwGH vom 18.6.2013, 2013/09/0162).

Für das gegenständliche Verfahren ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass in den Verfahren der Beschwerdeführerin mit größtenteils identen Anträgen bzw. Anregungen bereits die Behandlung der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt wurde und der Verwaltungsgerichtshof die dagegen eingebrachte Revision mit Beschluss vom 26.1.2017 zur Zahl Ra 2016/07/0112 zurückgewiesen hat. Im Wesentlichen wird darin auf die ständige Rechtsprechung hingewiesen. Demnach ist für die Anwendung des § 68 AVG das Vorliegen eines Bescheides Voraussetzung. Dies träfe auf Akte unmittelbarer Befehl-und Zwangsgewalt nicht zu. Dies wurde bei den identen früheren Anträgen auch vom Verfassungsgerichtshof geteilt.

Es sind daher im gegenständlichen Fall auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken hervorgekommen. Ebenso wenig ist Raum für eine verfassungskonforme Interpretation bzw. Schließung einer planwidrigen Lücke. Die unionsrechtlichen Bedenken werden vom Verwaltungsgericht Wien nicht geteilt.

Der Antrag nach § 35 VwGVG kann nicht nachvollzogen werden und bezieht sich die angeführte Rechtsgrundlage auf Verfahren nach Art. 132 Abs. 2 B-VG. Der Antrag war zurückzuweisen, es mangelt an einer gesetzlichen Grundlage für Kostenersatz im gegenständlichen Verfahren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bescheid; Abänderung und Behebung von Amts wegen; sachlich in Betracht kommende Oberbehörde; Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; Aufsichtsrecht

Anmerkung

VwGH v. 31.1.2018, Ra 2018/07/0333; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.101.056.14456.2016

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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