TE Bvwg Beschluss 2017/12/21 W134 2179802-1

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Veröffentlicht am 21.12.2017
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Entscheidungsdatum

21.12.2017

Norm

BVergG 2006 §141
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs4
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W134 2179802-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "PVA - Psychatrische stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West" der Auftraggeberinnen Pensionsversicherungsanstalt, Wiener Gebietskrankenkasse, Burgenländische Gebietskrankenkasse, Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Steiermärkische

Gebietskrankenkasse, Salzburger Gebietskrankenkasse, Tiroler

Gebietskrankenkasse, Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau und Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, alle vertreten durch die vergebende Stelle Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, diese vertreten durch die XXXX, aufgrund der Anträge der XXXX, vertreten durch die XXXX, vom 15.12.2017 "das Bundesverwaltungsgericht möge 1. mittels einstweiliger Verfügung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren den Lauf der Teilnahmeantragsfrist im Verfahren "PVA - Psychatrisch stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West (1. Stufe - Bewerberauswahl)" aussetzen; 2. in eventu der Antragsgegnerin die Öffnung der Teilnahmeanträge untersagen; 3. in eventu der Antragsgegnerin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagen, im Vergabeverfahren "PVA - Psychatrisch stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West (1. Stufe - Bewerberauswahl)" die Entscheidung, welche Bieter zur 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens eingeladen werden sollen, bekanntzugeben; 4. in eventu der Antragsgegnerin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagen, das Vergabeverfahren "PVA - Psychatrisch stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West (1. Stufe - Bewerberauswahl)" fortzusetzen" folgenden Beschluss:

A)

Den Anträgen wird insofern stattgegeben, als den Auftraggeberinnen für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt wird, die Teilnahmeanträge zu öffnen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schreiben vom 15.12.2017, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, die gesamte Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrags) "PVA - Psychatrisch stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West (1. Stufe - Bewerberauswahl)" in der Fassung der Berichtigung vom 05.12.2017 für nichtig zu erklären, in eventu die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrags) und die Berichtigung vom 05.12.2017 jeweils für nichtig zu erklären, in eventu die in diesem Nachprüfungsantrag in Punkt 4.3 und 4.4 konkret bezeichneten rechtswidrigen Bestimmungen der Teilnahmeunterlagen der Ausschreibung "PVA - Psychatrisch stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West (1. Stufe - Bewerberauswahl)" und der Berichtigung vom 05.12.2017 für nichtig zu erklären, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen und die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde von der Antragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberinnen hätten ein EU-weites Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung betreffend den Abschluss von Rahmenverträgen zur Abdeckung des Bedarfs an stationären Kapazitäten (Betten) im Bereich der Zuweisungsindikation "Psychiatrie" ("PSY") in den drei Versorgungszonen ("VZ") (Nord, Ost und West) zwischen sich selbst sowie 10 weiteren unmittelbar beteiligten Sozialversicherungsträgern eingeleitet. Das Verfahren werde nach den Regeln für nicht prioritäre Dienstleistungen gem § 141 BVergG 2006 durchgeführt. Angefochten sei die rechtswidrige Ausschreibung und die erfolgte Berichtigung vom 05.12.2017. Zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibung gab die Antragstellerin zusammengefasst folgendes an:

1. Einzuhaltende Vorgaben bei der Sicherung der Gesundheitsversorgung: Voraussetzung für einen Vertragsabschluss durch die Auftraggeberinnen sei nicht der Rehabilitationsplan, da dieser bloß ein internes Planungsinstrument der Sozialversicherung sei. Vielmehr sei Vorraussetzung, dass ein positiver Bedarfsprüfungsbescheid für die in Aussicht genommene Einrichtung und Bettenkapazität vorliege. Die Auftraggeberinnen hätten bei ihrer Ausschreibungsgestaltung die Bedarfsprüfungsbescheide bei der Planung der Umsetzung der Versorgung der Versicherten mit dem Ziel eines optimalen Mitteleinsatzes durch koordiniertes Vorgehen zu beachten gehabt.

2. Bindende bundesweite Bedarfsfeststellung für das Projekt der Antragstellerin: Die Auftraggeberinnen ließen bei Festlegung der Anforderungen in den Teilnahmeunterlagen die von ihnen im Rahmen der Gesundheitsvorsorge zu beachtenden Planungsinstumente und den durch die Burgenländische Landesregierung bindend festgestellten bundesweiten Bedarf und damit das der Antragstellerin diesbezüglich zukommende Ausschließlichkeitsrecht gemäß § 141 Abs 2 iVm § 30 Abs 2 BVergG 2006 für ihr Projekt (bundesweiter Bedarf für 160 der ausgeschriebenen 325 Betten) unberücksichtigt und belaste damit die Ausschreibung mit Rechtswidrigkeit.

3. Keine Bindung des Einzugsgebiets an die Grenzen der Versorgungszonen, rechtswidrige Gebietsbeschränkung: Die gebietsbeschränkende Loseinteilung nach Versorgungszonen in Punkt

4.3.2 iVm Punkt 1.4 und 1.5 der Teilnahmeunterlagen sei unsachlich und vergaberechtswidrig. Die in Punkt 4.3.2 iVm Punkt 1.4 und 1.5 der Teilnahmeunterlagen sowie auch der berichtigten Fassung vorgesehene Festlegung des Standorterfordernisses in der jeweiligen VZ, in der die Leistungen erbracht werden sollen, sei sachlich nicht gerechtfertigt, beruhe auf keinerlei wissenschaftlicher Grundlage und widerspreche auch den Zielsetzungen der Sicherung der Gesundheitsförderung. Die Auftraggeberinnen umgingen vielmehr durch die von ihnen gewählte Ausschreibungsgestaltung das für sie bindende krankenanstaltenrechtliche Marktzulassungsverfahren, was dieses letztlich ad absurdum führen würde. Die Antragstellerin könne sich trotz positivem Bedarfsprüfungsbescheid für das gesamte Bundesgebiet für kein Los bewerben. Die Willkür der getroffenen Gebietsbeschränkung und damit Vergaberechtswidrigkeit zeige sich insbesondere darin, dass in der VZ Ost (Los 2) das mittlere und nördliche Burgenland umfasst sei, nicht jedoch das in Bezug auf Erreichbarkeit und Entfernung für Patienten keinen Unterschied machende südliche Burgenland, indem sich der in Aussicht genommene Standort der Antragstellerin befände.

4. Weitere diskriminierende Spezifikationen der Eignungs- und Auswahlkriterien: Die Eignungs- und Auswahlkriterien zur Ermittlung der in die 2. Stufe einzuladenden Bewerber verstoße gegen die Anforderungen des § 141 BVergG 2006. Als Mindestanforderung der technischen Leistungsfähigkeit gemäß Punkt 4.3.3 der Teilnahmeunterlagen müsse der aufrechte bzw. laufende Zuweisungsvertrag eine Behandlung von jährlich mindestens 330 Patienten belegen, wobei Zuweisungsverträge ausschließlich Verträge mit Sozialversicherungsträgern oder vergleichbare Rechtsträger seien. Durch die Festlegung der Eignung und der Auswahlkriterien in Punkt 4 und 5 der Teilnahmeunterlagen komme es in sachlich nicht gerechtfertigter Weise zu einer Diskriminierung kleinerer Bewerber und "Newcomer" und zu Bevorzugung bereits bestehender Anbieter mit aufrechtem und laufendem Zuweisungsvertrag mit hoher durchschnittlicher Patientenanzahl. Berücksichtige man, dass nur wenige so große Betreiber für psychiatrische Rehabilitation mit einem aufrechten Zuweisungsvertrag bestünden, werde der Eindruck erweckt, dass diese bestehenden Betreiber auch weiterhin die einzigen Anbieter bleiben sollten und unter Verletzung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs und Missachtung der Bedarfsprüfungsverfahren andere Bewerber ausgeschlossen werden sollten. Die getroffenen, ganz offensichtlich auf bestehende "Platzhirsche" abstellenden Eignungs- und Auswahlkriterien seien daher diskriminierend und unsachlich. Die Ausschreibung idF der Berichtigung vom 05.12.2017 sei daher diskriminierend und rechtswidrig. Marktteilnehmer wie die Antragstellerin mit rechtskräftig vorliegendem Bedarfprüfungsbescheid für das gegenständlich ausgeschriebene Leistungsangebot wären vielmehr als geeignet anzusehen und zur Angebotslegung einzuladen.

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberinnen vom 19.12.2017 gaben diese bekannt, dass Auftraggeberinnen die Pensionsversicherungsanstalt, Wiener Gebietskrankenkasse, Burgenländische Gebietskrankenkasse, Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Steiermärkische

Gebietskrankenkasse, Salzburger Gebietskrankenkasse, Tiroler

Gebietskrankenkasse, Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau und Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, alle vertreten durch die Pensionsversicherungsanstalt seien. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich, der nach dem Bestbieterprinzip in einem 2-stufigen "Zertifizierungsverfahren" mit EU-weiter Bekanntmachung zum Abschluss von Rahmenverträgen pro Los mit einem oder mehreren zertifizierten Bewerber(n) nach den Regeln für die nicht prioritären Dienstleistungen gem. § 141 BVergG 2006, vergeben werden solle. Die Bekanntmachung in Österreich sei am 27.11.2017 und in der EU am 29.11.2017 erfolgt.

Die Auftraggeberinnen sprächen sich nicht gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung, mit der den Auftraggeberinnen die Öffnung der Teilnahmeanträge untersagt werde, sehr wohl jedoch gegen die anderen diesbezüglichen Anträge, aus. Diese anderen diesbezüglichen Anträge seien als überschießend zu qualifzieren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Auftraggeberinnen Pensionsversicherungsanstalt, Wiener Gebietskrankenkasse, Burgenländische Gebietskrankenkasse, Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Steiermärkische

Gebietskrankenkasse, Salzburger Gebietskrankenkasse, Tiroler

Gebietskrankenkasse, Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau und Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, alle vertreten durch die Pensionsversicherungsanstalt, haben einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip im Wege eines 2-stufigen "Zertifizierungsverfahrens" mit EU-weiter Bekanntmachung zum Abschluss von Rahmenverträgen pro Los mit einem oder mehreren zertifizierten Bewerber(n) nach den Regeln für die nicht prioritären Dienstleistungen gem. § 141 BVergG 2006 ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 27.11.2017 und in der EU am 29.11.2017 erfolgt. Das 2-stufige "Zertifizierungsverfahren" befindet sich in der ersten Stufe. Die Teilnahmefrist endet am 10.1.2018. (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 19.12.2017).

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.

2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung - nämlich der Ausschreibung - behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG ist somit nicht gegeben.

Gemäß § 321 Abs. 4 BVergG 2006 sind Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Teilnahmefrist einzubringen. Die Teilnahmefrist endet am 10.01.2018. Der Nachprüfungsantrag ist am 15.12.2017 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Der Antrag wurde auch vergebührt und erfüllt - soweit im Provisorialverfahren ersichtlich - auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG 2006 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Die Antragstellerin hat die im Spruch genannten Anträge gestellt.

Die Auftraggeberinnen sprachen sich nicht gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung, mit der den Auftraggeberinnen die Öffnung der Teilnahmeanträge untersagt wird, aus.

Da die Ausschreibung bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und ihr im Falle der Nichterlassung einer einstweiligen Verfügung ein unmittelbarer Vermögensschaden infolge der (frustrierten) Kosten für die Angebotserstellung droht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Den Lauf der Teilnahmeantragsfrist bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren auszusetzen ist hingegen nicht als das gelindeste noch zum Ziel führende Mittel anzusehen. Die damit verbunde weitreichende Einschränkung der Auftraggeberinnen ist nicht notwendig, um drohenden Schäden von Interessen der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Teilnehmer und des Auftraggebers, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Dauer der Maßnahme, Dienstleistungsauftrag, einstweilige Verfügung,
Entscheidungsfrist, Frist, gelindeste Maßnahme, gelindestes Mittel,
Interessenabwägung, Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren,
Nichtigerklärung der Ausschreibung, öffentliches Interesse,
Provisorialverfahren, Rahmenvertrag, Schaden, Teilnahmeantrag,
Untersagung, Vergabeverfahren, Verhandlungsverfahren, vorherige
Bekanntmachung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W134.2179802.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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