TE Vwgh Beschluss 2017/11/21 Ra 2017/16/0141

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Veröffentlicht am 21.11.2017
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Index

32 Steuerrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

BAO §85;
BAO §86a;
FOnV 2006;
TelekopieV BMF 1991 §1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, in der Revisionssache des E G G in T, vertreten durch die GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Auer Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 19. Juli 2017, Zl. RV/5200013/2017, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit der Haftung für Abgabenschuldigkeiten nach §§ 9 und 80 BAO, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Linz Wels), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 10. Jänner 2017 zog das Zollamt Linz Wels den Revisionswerber gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der I. GmbH im Ausmaß von 200.000 EUR heran. Der Bescheid wurde dem Revisionswerber am Dienstag, dem 17. Jänner 2017, zugestellt.

2 Mit Schreiben vom 15. Februar 2017 teilte das Zollamt dem Revisionswerber mit, seine "Eingabe" vom 10. Februar 2017 (Beschwerde) sei "mittels e-Fax eingebracht" worden und solche nicht zugelassenen Beschwerdeeingaben lösten keine Entscheidungspflicht der Behörde aus.

3 Mit am 24. Februar 2017 zur Post gegebenem Schriftsatz vom 10. Februar 2017 erhob der Revisionswerber Beschwerde gegen den angeführten Haftungsbescheid.

4 Das Zollamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. März 2017 als verspätet zurück.

Die am 24. Februar 2017 eingebrachte Beschwerde gegen den am 17. Jänner 2017 zugestellten Bescheid sei verspätet.

5 Mit Schriftsatz vom 27. März 2017 brachte der Revisionswerber durch seine anwaltlichen Vertreter einen Vorlageantrag ein.

6 Das Bundesfinanzgericht hielt dem Revisionswerber mit Schreiben vom 29. Juni 2017 vor, die gegen den am 17. Jänner 2017 zugestellten Bescheid des Zollamtes erhobene Beschwerde sei am 10. Februar 2017 ohne Verwendung eines Telefax-Gerätes (Telekopierers) im sogenannten "e-Fax-System" ("Online-Fax-System") "eingebracht" worden. Dies ergebe sich u.a. aus einem "Beleg über die Versendung und den Eingang der Beschwerde am 10. Februar 2017 im ‚e-Fax-System' (Beilage 2)". Die Beschwerde sei im Gefolge des erwähnten Schreibens des Zollamtes vom 15. Februar 2017 am 24. Februar 2017 zur Post gegeben worden.

7 Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2017 äußerte sich der Revisionswerber durch seine anwaltlichen Vertreter dazu wie folgt:

"Der Sachverhalt trifft in der Form zu, wie er nunmehr dargestellt wird.

Richtig ist, dass ich meine Beschwerde zunächst am 10.2.2017 elektropostalisch mittels E-Fax an die Behörde erster Instanz übermittelt habe. Diese Beschwerde ist sodann am selben Tag bei der Behörde erster Instanz eingelangt. Die Behörde erster Instanz hat mich sodann erst am 15.2.2017 und somit nach Ablauf der Frist zur Erhebung der Beschwerde davon in Kenntnis gesetzt, dass eine Übermittlung im elektropostalischen Weg unzulässig sei. Hätte mich die Behörde erster Instanz umgehend informiert, wäre es mir ohne weiteres möglich gewesen, meine Beschwerde neuerlich fristgerecht einzubringen.

Der Grund, warum ich meine Beschwerde zunächst auf elektropostalischem Weg eingebracht habe, ist jener, dass auf dem Haftungsbescheid explizit eine Mailadresse und eine Faxnummer angeführt sind und in der Rechtsmittelbelehrung kein Hinweis enthalten ist, dass die Übermittlung im elektropostalischen Wege (sei es mittels E-Fax oder Email) nicht zulässig sei. Die Behörde erster Instanz hat auch in ihrer Verständigung vom 15.2.2017 keine entsprechende gesetzliche Grundlage angeführt.

Für mich als Laien, der im gegenständlichen Verfahren zunächst unvertreten war, war jedenfalls nicht erkennbar, dass sich dann, wenn ich meine Beschwerde elektropostalisch übermittle, auch noch verpflichtet bin, diese gesondert per Post zu übermitteln.

Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass ich meine Beschwerde fristgerecht eingebracht habe und diese daher inhaltlich zu behandeln ist."

8 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht die mit 10. Februar 2017 datierte Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht zurück und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig sei.

9 Im Zuge der Schilderung des Verfahrensganges stellte das Bundesfinanzgericht fest, die gegen den Bescheid vom 10. Jänner 2017 erhobene Beschwerde sei am 10. Februar 2017 ohne Verwendung eines Telefax-Gerätes (Telekopierers) im sogenannten "e-Fax-System" ("Online-Fax-System") eingebracht worden.

10 Rechtlich folgerte das Bundesfinanzgericht, die am 10. Februar 2017 ohne Verwendung eines Telefaxgerätes (Telekopierers) im sogenannten "e-Fax-System" ("Online-Fax-System") übermittelte "Beschwerde" sei keine "verfahrensrechtlich relevante Eingabe", denn eine Eingabe mittels "e-Fax" löse analog zur Eingabe mittels "E-Mail" weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus noch berechtige sie die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen abhängig sei. Gemäß § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 494/1991 sei nämlich für Anbringen im Sinn des § 86a Abs. 1 erster Satz BAO nur die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers (Telefax-Gerätes) zugelassen sei.

11 Die am 24. Februar 2017 zur Post gegebene Beschwerde sei jedenfalls verspätet.

12 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

13 Gemäß Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, dem Bundesfinanzgericht sei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Verwaltungsgerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsse, weil beinahe ein willkürliches Verhalten bei der Beurteilung des Sachverhaltes an den Tag gelegt worden sei. Der Revisionswerber führt weiters aus:

"Die Behörde geht letztendlich davon aus, dass eine e-Fax-Übermittlung stattgefunden hat, wobei dies nicht der Fall war. Eine diesbezügliche Vorlage von Urkunden über diese Behauptung der Behörde liegt nicht vor. Am Haftungsbescheid ist sowohl eine E-Mailadresse als auch eine Faxnummer angeführt. Die Faxnummer wurde für die Einbringung des Rechtsmittels verwendet. Weshalb die Behörde von einer unzulässigen e-Fax-Übermittlung ausgeht, ist nicht erklärlich und darf daher dieses Vorbringen auch nicht als Neuerung abgetan werden. Ein urkundlicher Nachweis seitens der Behörde diesen Umstand betreffend liegt nicht vor. Auch hat die Behörde in keinem Schriftverkehr eine gesetzliche Grundlage angegeben.

Es stellt sich auch weiters die Frage, ob bei einer unvertretenen Verfahrenspartei, über welche ein Haftungsbescheid erlassen wird, es gesetzmäßig ist, dass zwar eine E-Mailadresse und eine Faxnummer am Bescheid angegeben sind, aber eine elektropostalische Übermittlung sodann generell nicht möglich ist, bzw. weder im Haftungsbescheid noch in einer weiters erfolgten Mitteilung auf den Umstand hingewiesen wird, dass eine elektropostalische Übermittlung einer Beschwerde eigentlich nicht möglich ist, ist gegenständlich eine erhebliche Rechtsfrage, weil infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis vorliegt."

16 Gemäß § 86a Abs. 1 BAO können Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technischen möglichen Weise eingereicht werden.

17 Mit § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 494/1991 wird für Anbringen im Sinne des § 86a Abs. 1 erster Satz BAO die u.a. an ein Zollamt gerichtet werden, die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers (Telefax-Gerätes) zugelassen.

18 Eine andere Einbringung als eine schriftliche Eingabe, die etwa persönlich oder durch einen Postdienst bei der Behörde abgegeben wird, ist abgesehen von den im Revisionsfall unstrittig nicht gegebenen Fällen der Finanzonline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 somit nur gemäß § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 494/1991 für im Wege eines Telefax-Gerätes (unter Verwendung eines Telekopierers) eingebrachte Anbringen zugelassen. Einem E-Mail kommt die Eigenschaft eines Anbringens oder einer Eingabe nicht zu (vgl. in stRsp VwGH 27.9.2012, 2012/16/0082, VwSlg. 8756 F, VwGH 19.12.2012, 2012/13/0091, VwGH 12.8.2015, Ra 2015/16/0065, und VwGH 27.4.2017, Ra 2015/15/0007).

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat im erwähnten Erkenntnis vom 27. September 2012, 2012/16/0082, VwSlg. 8756 F, ausgesprochen, dass der Gesetzgeber nicht auf das Erscheinungsbild des letztlich vorliegenden Schriftstückes (etwa in Form eines einer E-Mail angehängten PDF-Dokuments) abgestellt hat, sondern auf den Weg der Einreichung.

20 Das Bundesfinanzgericht hat festgestellt, dass die in Rede stehende "Eingabe" am 10. Februar 2016 ohne Verwendung eines Telefax-Gerätes (Telekopierers) eingebracht worden sei.

21 Ausgehend von diesem festgestellten Sachverhalt zeigt der Revisionswerber nicht auf, dass das Bundesfinanzgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.

22 In der Revision spricht der Revisionswerber nicht mehr von einer "E-Fax-Übermittlung". Er bringt viel mehr vor, eine "e-fax-Übermittlung" habe nicht stattgefunden, und die in Rede stehende "Eingabe" sei am 10. Februar 2016 unter Verwendung eines Telekopierers (Telefax-Gerätes) eingereicht worden. Angesichts des erwähnten Vorhaltes des Bundesfinanzgerichtes vom 29. Juni 2017 und der durch die Vertreter des Revisionswerbers mit Schriftsatz vom 10. Juli 2017 dazu eingebrachten Stellungnahme ist dem Bundesfinanzgericht aber kein Verfahrensfehler, insbesondere weder eine Aktenwidrigkeit noch ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot anzulasten.

23 Die in der Zulässigkeitsbegründung weiters aufgeworfene Frage zu einer unvertretenen Verfahrenspartei und zur Anführung einer E-Mail-Adresse und einer Fax-Nummer am zu bekämpfenden Bescheid stellen sich bei der Beurteilung, in welcher Form Beschwerden gegen Bescheide eines Zollamtes eingereicht werden können, nicht.

24 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 21. November 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017160141.L00

Im RIS seit

05.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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