TE Vwgh Beschluss 2017/12/4 Ra 2017/19/0070

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Veröffentlicht am 04.12.2017
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Index

E3R E19104000;
E6J;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

32013R0604 Dublin-III Art13 Abs1;
32013R0604 Dublin-III Art17;
62016CJ0490 A. S. VORAB;
62016CJ0646 Jafari VORAB;
AsylG 2005 §5 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: Ra 2017/19/0070 B 22. Mai 2017 * EuGH-Entscheidung: EuGH 62016CJ0646 B 26. Juli 2017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache der M R, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Jänner 2017, W144 2134144-1/12E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung einer Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2 Die Revisionswerberin, die im Februar 2016 im Rahmen der "Massenfluchtbewegung" staatlich organisiert durch die Staaten der sogenannten "Balkanroute" nach Österreich gekommen ist, bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, dem angefochtenen Erkenntnis liege die Rechtsansicht zu Grunde, dass sich die im vorliegenden Verfahren strittige Frage der Zuständigkeit Kroatiens zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz nach der Überstellung der Revisionswerberin nach Kroatien und Einleitung eines Asylverfahrens in Kroatien unter Annahme des damit erfolgten Selbsteintritts auf Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung stützen ließe. Zu einer solchen Auslegung, wonach der ersuchte Mitgliedstaat jedenfalls durch eine akzeptierte Überstellung des Asylwerbers nach Art. 17 Dublin III-Verordnung zuständig werde, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

3 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. etwa VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0005, und VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0253, 0254).

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Berücksichtigung der zu den Rechtssachen Jafari, C-646/16, und A.S., C- 490/16, ergangenen Urteile des EuGH je vom 26. Juli 2017 in seinem Erkenntnis vom 20. September 2017, Ra 2016/19/0303, 0304, ausgesprochen, dass ein Drittstaatsangehöriger, der die in einem Mitgliedstaat grundsätzlich geforderten Einreisevoraussetzungen nicht erfüllt, dem aber die Einreise in dessen Hoheitsgebiet gestattet wird, damit er in einen anderen Mitgliedstaat weiterreisen und dort einen Antrag auf internationalen Schutz stellen kann, die Grenzen des erstgenannten Mitgliedstaates im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung "illegal überschritten" hat, unabhängig davon, ob das Überschreiten der Grenzen geduldet, unter Verletzung der einschlägigen Vorschriften gestattet oder aus humanitären Gründen unter Abweichung von den für Drittstaatsangehörige grundsätzlich geltenden Einreisevoraussetzungen gestattet wird. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Aus den dort genannten Gründen ergibt sich für den vorliegenden Fall am Boden der Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses, dass die Revisionswerberin - ungeachtet des Verhaltens der kroatischen Behörden, die ihren Grenzübertritt duldeten - von Serbien, also einem Drittstaat, kommend die Grenze zu Kroatien illegal im Sinn des Art. 13 Dublin III-Verordnung überschritten hat und dies nach der genannten Bestimmung zur Zuständigkeit Kroatiens zur Prüfung des (in Österreich gestellten) Antrages auf internationalen Schutz führt.

5 Damit hängt die Entscheidung über die vorliegende Revision nicht von der Lösung der geltend gemachten - die Auslegung des Art. 17 Dublin III-Verordnung betreffenden - Rechtsfrage ab und erweist sich die Revision sohin als unzulässig (vgl. zB VwGH 13.9.2017, Ra 2016/12/0044, mwN).

6 Die Revision war daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in Verbindung mit § 15 Abs. 4 VwGG zurückzuweisen. Wien, am 4. Dezember 2017

Gerichtsentscheidung

EuGH 62016CJ0646 Jafari VORAB
EuGH 62016CJ0490 A. S. VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017190070.L00.2

Im RIS seit

05.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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