TE Vwgh Erkenntnis 2017/11/21 Ra 2017/02/0202

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Veröffentlicht am 21.11.2017
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §31 Abs1 idF 2013/I/033;
VStG §32 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 22. Juni 2017, Zl. VGW- 031/013/11197/2016, betreffend Übertretungen des KFG (mitbeteiligte Partei: S in R, vertreten durch Dr. Thomas Jappel, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 12), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im Punkt II. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Landespolizeidirektion Wien vom 19. Juli 2016 wurde der Mitbeteiligten Folgendes zur Last gelegt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Sie haben am 02.09.2015 um 11:56 Uhr in W...es als verantwortlich Beauftragte und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kfz (LKW) mit dem Kennzeichen G ...der Fa. P...nach außen Berufene, nicht dafür gesorgt, dass das Kraftfahrzeug den Vorschriften des Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entsprochen hat und dieses dem Herrn D zum Lenken überlassen, welcher es zur o. a. Zeit am o.a. Ort in einem überladenen Zustand lenkte, obwohl anlässlich einer Überprüfung gemäß § 58 Abs. 1 KFG im Zuge einer Abwaage festgestellt wurde, dass

1. das höchste zulässige Gesamtgewicht des(r)

Lastkraftwagen von 26.000 kg, durch die Beladung um 10.150 kg überschritten wurde.

2. beim Lastkraftwagen die gem. § 4 Abs. 8 KFG zulässige Achslast der 1. Achse von 8.000 kg um 1.700 kg überschritten wurde.

3. beim Lastkraftwagen die gem. § 4 Abs. 8 KFG zulässige Achslast der 2. Achse von 11.500 kg um 4.100 kg überschritten wurde.

4. beim Lastkraftwagen die gem. § 4 Abs. 8 KFG zulässige Achslast der 3. Achse von 7.500 kg um 3.350 kg überschritten wurde.

Die Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.

§ 103 Abs. 1 Z. 1 KFG i.V.m. § 101 Abs. 1 lit. a KFG

2.

§ 103 Abs. 1 Z. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 8 KFG

1.

§ 103 Abs. 1 Z. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 8 KFG

1.

§ 103 Abs. 1 Z. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 8 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1) EUR300,00

2 Tage(n) 12 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 134 Abs. 1 KFG

2) EUR200,00

1 Tage(n) 16 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 134 Abs. 1 KFG

3) EUR200,00

1 Tage(n) 16 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 134 Abs. 1 KFG

4) EUR200,00

1 Tage(n) 16 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 134 Abs. 1 KFG

Ferner hat die Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VSTG zu zahlen:

EUR 90,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich EUR 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher EUR 990,00"

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Mitbeteiligten zu den Punkten 1. und 3. des Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.), das Straferkenntnis in den Punkten 2. und 4. behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt (der hier allein gegenständliche Spruchpunkt II.), die Mitbeteiligte zu einem Kostenersatz von EUR 100,-- verhalten (Spruchpunkt III.) und die Revision als nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt IV).

3 In der die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 4. des Straferkenntnisses (Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses) betreffenden Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, der Mitbeteiligten seien die Überschreitungen der gemäß § 4 Abs. 8 KFG zulässigen Achslasten vorgeworfen worden. Die gemäß § 4 Abs. 8 KFG zulässigen Achslasten seien im Falle der ersten und der dritten Achse (Punkte 2. und 4. des Straferkenntnisses) jedoch erheblich höher als die in der Fahrzeugzulassung ausgewiesenen höchstzulässigen Achslasten. Dass diese gemeint gewesen seien - und nicht etwa die gemäß § 4 Abs. 8 KFG zulässigen Achslasten  - habe die Mitbeteiligte erst aus der Stellungnahme des Meldungslegers entnehmen können, welche allerdings erst mehr als sechs Monate nach der Tat versendet worden sei. Da die Taten hinsichtlich des zutreffenden Vorwurfs, die höchstzulässigen Achslasten (nämlich gemäß Fahrzeugzulassung) seien überschritten worden, demnach verjährt seien, seien die Punkte 2. und 4. des Straferkenntnisses spruchgemäß (Spruchpunkt II.) einzustellen gewesen.

4 Das Verwaltungsgericht hielt weiter fest, dass die Stellungnahme des Meldungslegers, aus der die Verhältnisse betreffend die Achslasten (Nichtübereinstimmung mit der Zulassung) klar hervorgegangen seien, erst am 19. Mai 2016 tatsächlich versendet worden seien (nach der Aktenlage dem Rechtsvertreter der Mitbeteiligten am 23. Mai 2016 zugestellt), sohin mehr als sechs Monate nach dem angelasteten Tatzeitpunkt.

5 Nur gegen Spruchpunkt II. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes (Spruchpunkte 2. und 4. des Straferkenntnisses) richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

6 Die Mitbeteiligte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die revisionswerbende Landespolizeidirektion bringt in der Zulässigkeitsbegründung der Revision vor, das Verwaltungsgericht gehe irrigerweise von einer Frist der Verfolgungsverjährung von sechs Monaten aus, während diese ein Jahr betrage. Da die Tat am 2. September 2015 verübt worden sei und die klärende Stellungnahme nach den Feststellungen am 19. Mai 2016 erfolgt sei, sei die Einstellung des Verfahrens in den genannten Punkten wegen Verjährung rechtswidrig.

8 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

9 Gemäß § 31 Abs. 1 VStG in der am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen und daher für den Revisionsfall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

10 Das Verwaltungsgericht geht bei einer Tathandlung am 2. September 2015 von einer Verfolgungshandlung am 19. Mai 2016 bzw. 23. Mai 2016 aus. Zu diesem Zeitpunkt war die einjährige Frist der Verfolgungsverjährung noch nicht abgelaufen, weshalb die mit Verjährung begründete Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 4. des Straferkenntnisses vom 19. Juli 2016 im Spruchpunkt II. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes rechtswidrig erfolgte.

11 Das angefochtene Erkenntnis war daher hinsichtlich Spruchpunkt II. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 21. November 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017020202.L00

Im RIS seit

04.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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