RS Vfgh 2017/11/30 E3302/2017

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.11.2017
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Index

34/01 Monopole

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art11 Abs2, Art136 Abs2
GlücksspielG §56a
VwGVG §13, §22

Leitsatz

Keine Bedenken gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz; kein Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip; Ausgleich zwischen der Effektivität der - im öffentlichen Interesse liegenden - behördlichen Eingriffsbefugnisse und dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen vorgenommen; Unerlässlichkeit der Regelung zur Sicherstellung rasch durchgreifender Maßnahmen zur Hintanhaltung fortgesetzter Verstöße gegen das Glücksspielmonopol; keine Bedenken im Hinblick auf das Unionsrecht

Rechtssatz

Das Rechtsinstitut der Betriebsschließung gemäß §56a GSpG dient der Hintanhaltung von Verstößen gegen das im öffentlichen Interesse liegende Glücksspielmonopol des Bundes und zielt darauf ab, die Ausbreitung der Veranstaltung oder Durchführung illegaler Glücksspiele - im Interesse des Spielerschutzes und der Bekämpfung von mit dem illegalen Glücksspiel in Zusammenhang stehenden kriminellen Handlungen - zu verhindern.

Die Betriebsschließung ist das einzig verbleibende Mittel, um dem andauernden rechtswidrigen Zustand an der konkreten Betriebstätte entgegen zu wirken. Die ohnehin das letzte Mittel darstellende Betriebsschließung verlöre ihre Wirksamkeit, käme in weiterer Folge dem dagegen erhobenen Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zu.

Es liegen somit einerseits sachlich gebotene triftige Gründe zur Rechtfertigung der Einschränkung der Effizienz eines Rechtsbehelfes vor. Andererseits hat der Gesetzgeber, wie die abgestufte Regelung des §56a GSpG zeigt, einen Ausgleich zwischen der Effektivität der - im öffentlichen Interesse liegenden - behördlichen Eingriffsbefugnisse in Form der Betriebsschließung und dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen vorgenommen.

§56a Abs5 GSpG steht aus diesen Gründen nicht im Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip.

Darüber hinaus ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gemäß §56a Abs5 GSpG auch "unerlässlich" im Sinne der Rechtsprechung des VfGH zu Art11 Abs2 und Art136 Abs2 B-VG. Nur der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde stellt - auch angesichts der großen Anzahl anhängiger Verwaltungsverfahren betreffend Verstöße gegen das Glücksspielgesetz - die Effektivität rasch durchgreifender Maßnahmen zur Hintanhaltung fortgesetzter Verstöße gegen das Glücksspielmonopol durch sich schnell amortisierende und ertragsreiche illegale Glücksspielbetriebe umgehend sicher und wirkt der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahr rasch eintretender wirtschaftlicher Existenzgefährdung von Spielsüchtigen entgegen.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union ist eine das Unionsrecht einschränkende nationale Regelung (betreffend ein Glücksspielmonopol bzw eine zahlenmäßige Beschränkung der Glücksspielkonzessionen) zulässig, wenn mit ihr zulässige Ziele des Allgemeininteresses verfolgt werden und die nationale Regelung geeignet ist, diese Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.

Wie die Betriebsschließung selbst dient auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in §56a Abs5 GSpG den Zielen des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung. Hiebei handelt es sich um nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zulässige Ziele des Allgemeininteresses. Für den VfGH ist nicht erkennbar, dass §56a Abs5 GSpG der Anforderung widerspricht, diese Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.

Keine Verletzung der beschwerdeführenden Gesellschaft in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm; Abweisung der Beschwerde.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Glücksspiel, Glücksspielmonopol, Betriebsschließung, Verwaltungsverfahren, Verwaltungsgerichtsverfahren, Wirkung aufschiebende, Rechtsschutz, Rechtsstaatsprinzip, Bedarfskompetenz, Bedarfsgesetzgebung, EU-Recht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:E3302.2017

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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