RS Lvwg 2015/7/30 VGW-151/070/27046/2014

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.07.2015
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Rechtssatznummer

3

Entscheidungsdatum

30.07.2015

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
E1E
59/04 EU – EWR

Norm

NAG §54
NAG §52 Abs1 Z3
AEUV Art 21

Rechtssatz

Grundsätzlich wird zwar vermutet, dass ein Kind, das das Volljährigkeitsalter erreicht hat und sein Recht ausübte, seine Ausbildung im Aufnahmemitgliedstaat zu absolvieren, in der Lage ist, für seinen Unterhalt zu sorgen. Dennoch kann sich das abgeleitete Aufenthaltsrecht eines Elternteils über dieses Alter hinaus verlängern, wenn das Kind weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge des Elternteils bedarf, um seine Ausbildung fortsetzen und abschließen zu können.

Die Tochter der Beschwerdeführerin ist gerade erst volljährig geworden, wohnte bislang in Deutschland ununterbrochen - und tut dies auch in Österreich weiterhin -im gemeinsamen Haushalt mit der Beschwerdeführerin und bedarf weiterhin vor allem ihrer finanziellen aber auch emotionalen Unterstützung, um ihre Schulausbildung fortsetzen zu können, zumal der gegenständlichen Aktenlage auch nicht entnommen werden kann, dass sie im Bundesgebiet über weitere (nahe) Angehörigen verfügt. Damit die Tochter der Beschwerdeführerin in den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der mit ihrem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte kommt, ist es unabdingbar, dass die gemeinsam mit der Tochter wohnende Beschwerdeführerin ebenfalls in Österreich aufenthaltsberechtigt ist. Zum einen finanziert die Beschwerdeführerin ihr durch das in Österreich erzielte monatliche Nettoeinkommen iHv rund EUR 1.600 sowie durch die Ersparnisse iHv ursprünglich EUR 6.000 den gemeinsamen Haushalt und Lebensunterhalt, zum anderen ist eine gleichzeitige eigene Erwerbstätigkeit durch die Tochter der Beschwerdeführerin selbst zur Erwirtschaftung der gem. § 51 Abs. 1 NAG erforderlichen finanziellen Mittel mit dem konkreten Besuch einer regulären Höheren Schule (mit mehrstündigem Vormittags- und teilweise Nachmittagsunterricht) nicht vereinbar, sodass nur mittels der finanziellen Unterstützung durch ihre Mutter für die Tochter ein Schulbesuch in Österreich – und somit die Inanspruchnahme ihres aus dem Unionsrecht ableitbaren Rechts auf Freizügigkeit - tatsächlich möglich ist. Es besteht somit zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter ein derart starkes Abhängigkeitsverhältnis, wie es üblicherweise zwischen einer alleinerziehenden Mutter und deren noch zur Schule gehenden Tochter charakteristisch ist. Wie der EuGH in seinem Urteil O., S. (C-356/11 und C-357/11, Rz. 56) vom 06.12.2012 ausgesprochen hat, ist es vor allem das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Unionsbürger und dem Drittstaatsangehörigen, dem ein Aufenthaltsrecht verweigert wird, das die praktische Wirksamkeit der Unionsbürgerschaft beeinträchtigen kann.

Schlagworte

Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers auf Grundlage des Art 21 AEUV

Anmerkung

VwGH v. 12.12.2017, Ra 2015/22/0149-0150

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2015:VGW.151.070.27046.2014

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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