TE Lvwg Erkenntnis 2017/12/13 LVwG-2017/37/2585-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.12.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

13.12.2017

Index

83 Naturschutz Umweltschutz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AWG 2002 §37
AWG 2002 §50
AVG §13 Abs8
VwGVG §8 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Wolfgang Hirn über die Säumnisbeschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, vom 29.10.2017, betreffend Verfahren nach dem AWG 2002 zwecks Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage (belangte Behörde: Landeshauptmann von Tirol als Abfallbehörde),

zu Recht

1.       Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.         Verfahrensablauf:

1.         Verfahren bei der belangten Behörde:

Mit Schriftsatz vom 06.11.2016, beim Landeshauptmann von Tirol als zuständiger Abfallbehörde am 18.11.2016 eingelangt, hat AA, Adresse 1, **** Z, unter Beifügung diverser Unterlagen um die Erteilung der Bewilligung für eine Abfallbehandlungsanlage auf Gst Nr **1, GB **** Z, angesucht. Mit Schriftsatz vom 01.12.2016, Zl ****, hat die belangte Behörde auf das Fehlen verschiedener Angaben hingewiesen und einen Verbesserungsauftrag erteilt. Mit Schriftsatz vom 28.12.2016 hat der Beschwerdeführer ergänzende Unterlagen übermittelt.

Mit Schriftsatz vom 09.02.2017, Zl ****, hat die Abfallbehörde das Baubezirksamt (BBA) Y um eine fachliche Beurteilung des Vorhabens, insbesondere der Zufahrtsituation sowie der baulichen Anlagen im Schutzbereich zur Landesstraße sowie zur Gemeindestraße, ersucht.

Mit dem weiteren Schreiben vom 09.02.2017, Zl ****, hat die belangte Behörde dem Antragsteller einen Verbesserungsauftrag im Hinblick auf die Standorteignung erteilt. Dazu hat AA mit Schriftsatz vom 21.02.2017 eine Mitteilung des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 20.02.2017 vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 28.02.2017, Zl ****, hat der verkehrstechnische Amtssachverständige BB eine Stellungnahme erstattet.

Mit Schriftsatz vom 02.03.2017 hat der Beschwerdeführer der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Errichtung der ursprünglichen Lagerhalle im östlichen Bereich mit einer Fläche von 35 m2 nicht mehr beabsichtigt sei, und insofern das eingereichte Vorhaben abgeändert. Gleichzeitig mit seiner Antragsänderung hat er überarbeitete Unterlagen übermittelt. Mit Schriftsatz vom 14.03.2017 hat AA eine ergänzende Stellungnahme der Tiroler Landesstelle für Brandverhütung übermittelt.

Mit Schriftsatz vom 21.03.2017, Zl ****, hat die Abfallbehörde das BBA Y unter Hinweis auf die in der Zwischenzeit erfolgte Antragsänderung betreffend die Lagerhalle um eine ergänzende verkehrstechnische Stellungnahme ersucht. Die in weiterer Folge vom verkehrstechnischen Amtssachverständigen BB erstattete Stellungnahme vom 05.04.2017, Zl ****, hat die Abfallbehörde in Wahrung des Parteiengehörs mit Schriftsatz vom 06.04.2017, Zl ****, AA zur Kenntnis gebracht.

Zu diesem Verfahrensergebnis hat sich der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 30.04.2017 geäußert und darin ua wörtlich ausgeführt:

„Des Weiteren wird aufgrund der Zustimmung zur Abstandsnachsicht der Landesstraßenverwaltung vom 20.04.2017 […] auch wieder der ursprüngliche Standort (im Osten der Grundparzelle) einer Lagerhalle aufrechterhalten und sind somit die östliche und westliche Lagerhalle Gegenstand des Verfahrens. […]“

Mit Schriftsatz vom 12.06.2017, Zl ****, hat die Abfallbehörde das BBA Y unter Hinweis auf die wiederum erfolgte Antragsänderung ? zusätzliche Errichtung einer Lagerhalle im Osten der Grundparzelle ? um eine ergänzende verkehrstechnische Stellungnahme angesucht.

Mit Schriftsatz vom 10.10.2017 hat der Antragsteller sein Ansuchen im Hinblick auf die An- und Ablieferungszeiten konkretisiert und ersucht, seine Präzisierung des Antrages an den verkehrstechnischen Amtssachverständigen weiterzuleiten. Im Sinne dieses Ersuchens hat die Abfallbehörde die von AA bekannt gegebenen An- und Ablieferungszeiten dem verkehrstechnischen Amtssachverständigen mit Schriftsatz vom 11.10.2017 zur Kenntnis gebracht.

Mit Schriftsatz vom 29.10.2017 hat AA beim Landeshauptmann von Tirol als zuständiger Abfallbehörde eine Säumnisbeschwerde eingebracht. Im Wesentlichen bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde hätte auf seine Schreiben nicht oder verspätet reagiert und somit es auch verabsäumt, das Ermittlungsverfahren zügig und fristgerecht abzuwickeln. Die belangte Behörde habe folglich innerhalb der viermonatigen Frist des § 50 AWG 2002, gerechnet ab dem Einlangen seines Antrages am 18.11.2016, keinen Bescheid erlassen.

Mit Schriftsatz vom 09.11.2017, Zl ****, hat der Landeshauptmann von Tirol den Akt zuständigkeitshalber an das Landesverwaltungsgericht Tirol weitergeleitet, gleichzeitig aber zur eingebrachten Säumnisbeschwerde eine Stellungnahme abgegeben.

2.         Verfahren beim Landesverwaltungsgericht Tirol:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat den Antragsteller mit Schriftsatz vom 16.11.2017,
Zl LVwG-2017/37/2585-1, aufgefordert, sich zur Stellungnahme des Landeshauptmannes von Tirol vom 09.11.2017, Zl ****, zu äußern. Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 28.11.2017 nachgekommen und hat seinen Ausführungen die Kurzmitteilung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 25.10.2017 beigefügt. Seine Darlegungen hat der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 03.12.2017 ergänzt.

II.       Sachverhalt:

1.         Kurzbeschreibung des Vorhabens:

Der Antragsteller beabsichtigt, bei Abbruch- und Umbauarbeiten anfallende Abfälle zu sammeln, zu sortieren und teilweise zu behandeln. Der An- und Abtransport erfolgt durch eigene Fahrzeuge. Das Gst Nr **1, GB **** Z, wird eingezäunt und abgesperrt, um Fremdablagerungen zu verhindern.

Pro Jahr sollen insgesamt ca 200 Tonnen Abfälle an- und abtransportiert werden.

In baulichen Anlagenteilen ist die Lagerung und Behandlung der nachfolgenden Abfallarten beabsichtigt:

Schlüsselnummer

Abfallbezeichnung

****1

Kupfer

****2

Kabel

****3

NE-Metallschrott

****4

Schrott

****5

Maschinen

****6

Batterien

****7

KFZ-Katalysatoren

Die Lagerung der Batterien soll dabei in dafür geeigneten „dichten Behältnissen“ erfolgen.

Auf einem Holzlagerplatz ist die Lagerung von Holzabfällen mit den Schlüsselnummern ****8 und ****9, Untergruppen ****9 01, ****9 02 und ****9 03, geplant.

2.         Entscheidungswesentliche Feststellungen zum behördlichen Verfahrensablauf:

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 06.11.2016 auf Erteilung der Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage auf dem Gst Nr **1, GB **** Z, ist am 18.11.2016 beim Landeshauptmann von Tirol als zuständiger Abfallbehörde eingelangt.

Aufgrund der Verbesserungsaufträge vom 01.12.2016, Zl ****, und vom 09.02.2017, Zl ****, hat AA mit den Schriftsätzen vom 28.12.2016 und vom 21.02.2017 ergänzende Unterlagen vorgelegt.

Aufgrund der verkehrstechnischen Stellungnahme vom 28.02.2017,
Zl ****, hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 02.03.2017 der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Errichtung der ursprünglichen Lagerhalle im östlichen Bereich mit einer Fläche von 35 m2 nicht mehr beabsichtigt sei, und insofern das eingereichte Vorhaben abgeändert.

Mit seiner Äußerung vom 28.04.2017 hat der Antragsteller eine Zustimmungserklärung des Landes Tirol, Landesstraßenverwaltung, vom 20.04.2017, Zl ****, vorgelegt und davon ausgehend festgehalten, dass der ursprüngliche Standort einer Lagerhalle im Osten der betroffenen Grundparzelle aufrechterhalten wird. Gegenstand des Verfahrens war somit ab diesem Zeitpunkt wiederum die östliche und westliche Lagerhalle.

Auf die beiden Antragsänderungen hat die belangte Behörde mit den Schriftsätzen vom 21.03.2017, Zl ****, und vom 12.06.2017, Zl ****, reagiert und ihre an das BBA Y gerichteten Aufträge zur Gutachtenserstellung adaptiert

Mit Schriftsatz vom 10.10.2017 hat AA seinen Antrag konkretisiert und der belangten Behörde die An- und Ablieferungszeiten (Montag bis Freitag: 06:00 – 07:00 und 18:00 – 20:00 und Samstag: 07:00 – 15:00 Uhr) zur Kenntnis gebracht und um die Weiterleitung dieser Mitteilung an den verkehrstechnischen Amtssachverständigen ersucht. Diesem Ersuchen ist die Abfallbehörde mit Schriftsatz vom 11.10.2017 nachgekommen.

III.      Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt in Kapitel II. des gegenständlichen Erkenntnisses ergibt sich aus dem vom Landeshauptmann von Tirol vorgelegten Akt. Bei den in Kapitel II./2. des gegenständlichen Erkenntnisses getroffenen Feststellungen konnte das Landesverwaltungsgericht Tirol insbesondere auf den in der Stellungnahme vom 09.11.2017, Zl ****, detailliert beschriebenen und unbestritten gebliebenen Verfahrensablauf zurückgreifen.

IV.       Rechtslage:

1.         Abfallwirtschaftsgesetz 2002:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002
(AWG 2002), BGBl Nr 102/2002, in der Fassung BGBl I Nr 70/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen

§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.

[…]

(3) Folgende Behandlungsanlagen ? sofern es sich nicht um IPPC-Behandlungsanlagen handelt ? und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50) zu genehmigen:

[…]

3.   sonstige Behandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle, ausgenommen Deponien, mit einer Kapazität von weniger als 10.000 Tonnen pro Jahr;

4.       a) Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Altfahrzeugen,

b) Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Elektro- und Elektronikgeräten die  gefährliche Abfälle darstellen und

c) Lager von gefährlichen Abfällen

mit einer Kapazität von weniger als 1.000 Tonnen pro Jahr […]“

„Vereinfachtes Verfahren

§ 50. (1) Im vereinfachten Verfahren sind die §§ 38, 39, 43 und 46 bis 49 nach Maßgabe der folgenden Absätze anzuwenden.

(2) Die Behörde hat einen Antrag für eine Genehmigung gemäß § 37 Abs. 3 vier Wochen aufzulegen. Die Auflage ist in geeigneter Weise, wie Anschlag in der Standortgemeinde oder Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde, bekannt zu geben. Die Nachbarn können innerhalb der Auflagefrist Einsicht nehmen und sich zum geplanten Projekt äußern. Die Behörde hat bei der Genehmigung auf die eingelangten Äußerungen Bedacht zu nehmen.

(3) Ein Bescheid ist innerhalb von vier Monaten nach Einlagen des Antrages zu erlassen.

[…]“

2.         Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 13 des Allgemeinen Verwaltungs-verfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl INr 100/2011, lautet samt Überschrift wie folgt

„Anbringen

§ 13. […]

(8) der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.“

3.         Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 in der Fassung BGBl I Nr 138/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde

§ 8. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(2) In die Frist werden nicht eingerechnet:

1.       die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

2.       die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.“

„Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3.       wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

[…]

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

V.         Erwägungen:

1.         Zum Bewilligungsantrag des Beschwerdeführers:

AA, Adresse 1, **** Z, hat mit Schriftsatz vom 06.11.2016 ? verbessert abgeändert und konkretisiert mit weiteren Eingaben ? beim Landeshauptmann von Tirol um die Erteilung der abfallrechtlichen Bewilligung für eine Behandlungsanlage auf Gst Nr **1, GB **** Z, angesucht und seinem Ansuchen verschiedene Einreichunterlagen beigefügt.

Der Antragsteller beabsichtigt, bei Abbruch- und Umbauarbeiten anfallende Abfälle zu sammeln, zu sortieren und teilweise zu behandeln. Pro Jahr sollen ca 200 Tonnen Abfälle an- und abtransportiert werden.

Die gegenständliche Behandlungsanlage ist ? wie die belangte Behörde bereits in ihrer an den Beschwerdeführer gerichteten Mitteilung vom 01.09.2017 ausgeführt hat ? als eine Behandlungsanlage im Sinn des (iSd) § 37 Abs 3 Z 3 AWG 2002 zu qualifizieren und unterliegt folglich dem in § 50 AWG 2002 geregelten vereinfachten Verfahren. Nach § 50 Abs 3 AWG 2002 ist ein Bescheid innerhalb von vier Monaten nach Einlagen des Antrags auf Erteilung der abfallrechtlichen Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Behandlungsanlage zu erlassen.

2.         Zur behaupteten Säumnis:

2.1.      Allgemeines zur Säumnisbeschwerde und zum Tatbestand des § 8 Abs 1 VwGVG:

Das VwGVG sieht im Fall einer Säumnisbeschwerde ? abgesehen von der Nachholung des Bescheides durch die belangte Behörde gemäß § 16 Abs 1 VwGVG ? lediglich eine Zurückweisung gemäß § 28 Abs 1 VwGVG, eine Abweisung mangels Verschuldens
(§ 8 Abs 1 letzter Satz VwGVG) oder eine (Teil-) Entscheidung in der Sache selbst
(§ 28 Abs 7 VwGVG) durch das Verwaltungsgericht vor. Die Säumnisbeschwerde setzt somit voraus, dass die Behörde in einem Verwaltungsverfahren, in dem der Beschwerdeführer Partei ist, ihre Entscheidungspflicht verletzt hat. Die Behörde muss daher zur Erlassung eines Bescheides verpflichtet und dabei säumig sein. Der konkrete Beschwerdeführer muss daher nicht nur Parteistellung haben, sondern durch die behördliche Säumnis bei der Erlassung des Bescheides in seinen rechtlichen Interessen beeinträchtigt sein [Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 8 VwGVG Rz 4f (Stand 15.02.2017, rdb.at)].

Die Säumnisbeschwerde ist gemäß § 8 Abs 1 erster Satz VwGVG (erst) zulässig, sobald die dafür vorgesehene Wartefrist abgelaufen ist, ohne dass über den die Entscheidungspflicht begründeten Antrag entschieden worden ist. Die Säumnisbeschwerdefrist beginnt nach
§ 8 Abs 1 zweiter Satz VwGVG mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Für die Berechnung der Frist kommt es allein darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Antrag bei der Behörde „einlangt“. Dabei handelt es sich um jenen Zeitpunkt, in der das Anbringen von der Behörde rechtswirksam entgegengenommen wird.

Eine wesentliche, die Schranken des § 13 Abs 8 AVG überschreitende Antragsänderung gilt allerdings als konkludente Zurückziehung des alten unter gleichzeitiger Einbringung eines neuen Antrags. Dementsprechend erlischt die Entscheidungspflicht in Bezug auf den ersten Antrag und löst erst das Einlangen der Antragsänderung die neue Entscheidungsfrist aus [Leeb Hengstschläger/Leeb, AVG § 8 VwGVG Rz 12ff (Stand 15.02.2017, rdb.at)].

Für den endgültigen Übergang der Zuständigkeit, also für den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache, auf die sich die Säumnisbeschwerde bezieht, reicht es aber nicht hin, dass die Behörde nicht innerhalb der (subsidiär sechsmonatigen) Entscheidungsfrist
gemäß § 8 Abs 1 erster Satz VwGVG entschieden hat. Vielmehr setzt diese Bestimmung überdies voraus, dass die Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Andernfalls ist die Säumnisbeschwerde abzuweisen, sodass eine Sachentscheidung gemäß § 28 Abs 7 VwGVG nicht in Betracht kommt. Ist eine Entscheidung der belangten Behörde nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erfolgt, so ist daher in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Säumnis überwiegend der Behörde zuzurechnen ist. Auch nach Ablauf der Entscheidungsfrist besteht somit bloß eine Vermutung der Säumnis, die die Prüfung rechtfertigt, ob die mangelnde Entscheidung überwiegend der behördlichen Sphäre zuzuordnen und damit dem Staat vorwerfbar ist [Leeb in Hengstschläger/Leeb,
AVG § 8 VwGVG Rz 33ff (Stand 15.02.2017, rdb.at)].

Der Begriff des Verschuldens der Behörde ist nicht im Sinn eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern „objektiv“ zu verstehen, als ein solches „Verschulden“ dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Partei nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein überwiegendes Verschulden der Behörde darin angenommen, dass diese die für die zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (VwGH 25.10.2017,
Zl Ra 2017/07/0073 mit weiteren Nachweisen).

2.2.      Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer verweist auf § 50 Abs 3 AWG 2002, wonach die Abfallbehörde einen Bescheid innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des Antrages zu erlassen habe.
§ 50 Abs 3 AWG 2002 normiere eine „zwingende Frist für die Durchführung des Verfahrens“. Auch ein etwaiges Ermittlungsverfahren falle in diese Frist. Die belangte Behörde habe jedoch das Ermittlungsverfahren nicht zügig und fristgerecht abgewickelt und auch auf Anfragen etc verspätet reagiert. Im Schriftsatz vom 03.12.2017 betont der Beschwerdeführer, dass seine Eingabe vom 10.10.2017 entgegen der Stellungnahme der belangten Behörde vom 09.11.2017, Zl ****, nicht als Neuantrag zu qualifizieren sei.

Dazu hält das Landesverwaltungsgericht Tirol Folgendes fest:

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 06.11.2016 die Erteilung einer Bewilligung der Errichtung und zum Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage auf Gst Nr **1, GB **** Z, beantragt. Diese Abfallbehandlungsanlage ist als sonstige Behandlungs-anlage iSd § 37 Abs 3 Z 3 AWG 2002 zu qualifizieren und unterliegt daher dem vereinfachten Verfahren gemäß § 50 AWG 2002. In einem solchen vereinfachten Verfahren ist gemäß § 50 Abs 3 AWG 2002 ein Bescheid innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des Antrages zu erlassen.

Der Beschwerdeführer ist als Antragsteller Partei des abfallrechtlichen Bewilligungsverfahrens nach § 50 AWG 2002. Die mit Schriftsatz vom 10.10.2017 erfolgte Mitteilung der An- und Abfahrtszeiten ist nicht als die Schranken des § 13 Abs 8 AVG überschreitende Antragsänderung zu qualifizieren. Insbesondere ergeben sich dadurch keine Änderungen der baulichen Anlagen, der der Behandlung übernommenen Abfallarten und der Abfallbehandlung als solcher und damit auch keine neuen oder zusätzlichen Gefährdungen. Es erfolgte somit keine für andere Beteiligte nachteilige Änderung (VwGH 25.10.2017, Zl Ra 2017/07/0073 mit weiteren Nachweisen). Selbst wenn daher die entscheidungswesentliche Frist von vier Monaten nicht vom 18.11.2016 (Einlangen des Antrages), sondern vom 30.04.2017 (Antragsänderung im Hinblick auf bauliche Anlagen) gerechnet wird, hat die belangte Behörde innerhalb der vorgesehenen Frist keine Entscheidung getroffen.

Der Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst auf das Landesverwaltungsgericht Tirol setzt allerdings zudem voraus, dass die Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Von einem solchen überwiegenden Verschulden des Landeshauptmannes von Tirol als zuständiger Abfallbehörde ist allerdings aus den nachfolgenden Gründen nicht auszugehen.

Dem vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag waren nicht alle Unterlagen beigefügt, die für die Durchführung eines anlagenrechtlichen Bewilligungsverfahrens erforderlich waren. Der Landeshauptmann von Tirol hat daher zu Recht mit den Schriftsätzen vom 01.12.2016,
Zl ****, und vom 09.02.2017, Zl ****, Verbesserungsaufträge erteilt.

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 02.03.2017 „geänderte Unterlagen für das Verfahren“ übermittelt und gleichzeitig mitgeteilt, dass die ursprünglich geplante Lagerhalle im östlichen Bereich nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sei. Diese Projektänderung hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 30.04.2017 wieder zurückgenommen und auf das ursprüngliche Einreichprojekt verwiesen. Mit dem Schriftsatz vom 30.04.2017 hat er ? die für das abfallrechtliche Verfahren ? relevante Zustimmungserklärung der Landesstraßenverwaltung vom 20.04.2017, Zl ****, vorgelegt. Auf beide Antragsänderungen hat die belangte Behörde reagiert und ihre an das BBA Y gerichteten Aufträge zur Gutachtenserstellung adaptiert.

Mit Schriftsatz vom 10.10.2017 hat der Beschwerdeführer ? im Hinblick auf das zu erstellende verkehrstechnische Gutachten ? die An- und Ablieferungszeiten mitgeteilt und damit seinen Antrag konkretisiert.

Entscheidend für die Durchführung eines anlagenrechtlichen Bewilligungsverfahrens und folglich auch für die Erlassung eines Bescheides ist ein ausreichend konkretisiertes Projekt. Die vom Beschwerdeführer mehrfach durchgeführten Änderungen des eingereichten Projekts haben für das Ermittlungsverfahren zur Folge, dass sich die Grundlagen für die fachlichen Beurteilungen ändern. Dies gilt auch für die mit Schriftsatz vom 10.10.2017 erfolgte Mitteilung der An- und Abfahrtszeiten. Für die Beurteilung aus verkehrstechnischer Sicht ist insbesondere relevant, ob diese sich innerhalb oder außerhalb der „normalen Arbeitszeiten“ liegen, da zu verschiedenen Zeiträumen von unterschiedlichen Verkehrsaufkommen auf der Gemeindestraße zum Gewerbegebiet auszugehen ist.

Die Verzögerung im gegenständlichen abfallrechtlichen Bewilligungsverfahren ist daher nicht auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen.

VI.       Ergebnis:

Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist die Verzögerung des aufgrund des Antrages vom 06.11.2016 eingeleiteten abfallrechtlichen Bewilligungsverfahrens nicht auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde ? Landeshauptmann von Tirol als Abfallbehörde ? zurückzuführen. Die Säumnisbeschwerde vom 29.10.2017 war daher gemäß § 8 Abs 1 letzter Satz VwGVG als unbegründet abzuweisen (vgl Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Der Beschwerdeführer hat zwar die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs 2 Z 2 VwGVG kann allerdings die mündliche Verhandlung entfallen, wenn die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

VII.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG, BGBl Nr 10/1985 idF BGBl I Nr 138/2017, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG, BGBl Nr 1/1930 idF BGBl I Nr 164/2013, zulässig ist.

Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war die Frage zu klären, ob die Voraussetzungen für den Übergang der Zuständigkeit für das aufgrund des Antrages vom 06.11.2016 eingeleitete abfallrechtliche Verfahren vom Landeshauptmann von Tirol als zuständiger Abfallbehörde auf das Landesverwaltungsgericht Tirol vorliegen. Insbesondere galt es zu klären, ob von einem überwiegenden Verschulden der belangten Behörde iSd § 8 Abs 1 letzter Satz VwGVG auszugehen ist. Dabei hatte sich das Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem bisherigen Verfahrensablauf und den vom Beschwerdeführer eingebrachten Antragsänderungen und Konkretisierungen auseinander zu setzen.

Bei der rechtlichen Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzung eines überwiegenden Verschuldens der belangten Behörde unter Berücksichtigung des bisherigen Verfahrensablaufes hat das Landesverwaltungsgericht Tirol auf die einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung war daher nicht zu erörtern. Demensprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Wolfgang Hirn

(Richter)

Schlagworte

Säumnis; Säumnisbeschwerde; überwiegendes Verschulden;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.37.2585.4

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten