TE Lvwg Erkenntnis 2016/10/18 VGW-101/050/9660/2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2016
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Entscheidungsdatum

18.10.2016

Index

L67009 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AusländergrunderwerbsG Wr 1998 §1 Abs1
AusländergrunderwerbsG Wr 1998 §4 Abs1
VwGVG §14

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Gamauf-Boigner über den als Beschwerde bezeichneten Vorlageantrag der Frau M. V. H., vertreten durch RA, vom 11. Juli 2016 betreffend die Beschwerdevorentscheidung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 31. Mai 2016 aufgrund der Beschwerde vom 20. Mai 2016 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 16. Februar 2016, Zl. MA 35 - G/772/2015 betreffend Abweisung nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2016 entschieden und

zu Recht erkannt:

I.     Gemäß § 28 iVm § 29 iVm § 15 VwGVG wird der Beschwerde in Abänderung der Beschwerdevorentscheidung insoweit Folge gegeben, als ausgesprochen wird, dass der Erwerb des Eigentums an 1.) B-LNr. 21 (42/3.331 Anteilen) und 2.) B-LNr. 23 (122/3.331 Anteilen) der Liegenschaft EZ ..., KG ... mit der Liegenschaftsadresse Wien, ...straße/...gasse, verbunden mit Wohnungseigentum an ad 1) W top 18, und ad 2) Büro top 22, aufgrund des Schenkungsvertrages vom 29. Juli 2015, durch Frau M. V. H., geb. 1956, die Einräumung des Fruchtgenussrechtes sowie die Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten der Geschenkgeberin Frau E. V. H., geb. 1926, genehmigt werden.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der dem Verfahren zugrundeliegende Bescheid vom 16. Februar 2016, Zl. MA 35 – G/772/2015 lautet wie folgt:

„Bescheid

Antragsteller/-in

Vorname:                   M.

Familienname:          V. H.

Geburtsdatum:          1956…

Staatsbürgerschaft: Neuseeland

Spruch

Der Erwerb des Eigentums an 1) 42/3.331 Anteilen und 2) 122/3.331 Anteilen der Liegenschaft EZ ..., KG ... mit der Liegenschaftsadresse Wien, ...straße/...gasse, verbunden mit Wohnungseigentum an ad 1) W top 18, und ad 2) Büro top 22, aufgrund des Schenkungsvertrages vom 29. Juli 2015, wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 4 Abs. 1 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 11/1998, idgF

Kosten:

Kostenart:                    Gebühren nach dem Gebührengesetz

Betrag in EUR:           59.80

Rechtsgrundlage:           BGBl. Nr. 267/1957, idgF“

Begründend wurde dazu ausgeführt wie folgt:

„§1 Abs. 1 Wr. Ausländergrunderwerbsgesetz: Unter Lebenden bedürfen der Erwerb des Eigentums (Miteigentums), eines Baurechtes, des Rechtes der persönlichen Dienstbarkeit an bebauten oder unbebauten Grundstücken jeder Art durch Ausländer oder eine im Grundbuch einzutragende Bestandgabe solcher Grundstücke an Ausländer zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Genehmigung. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass Sie und Herr B. V. H. die oben genannte Wohnung durch die Schenkung von Frau E. V. H. erwerben möchten. § 4 Abs. 1 Wr. Ausländergrunderwerbsgesetz: Eine nach diesem Gesetz erforderliche Genehmigung erteilt der Magistrat nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung (Wirtschaftskammer Wien, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Wiener Landwirtschaftskammer). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht, oder wenn nachgewiesen wird, dass das Grundstück, auf welches sich das Rechtsgeschäft bezieht, ausschließlich zur besseren Nutzung eines anderen Grundstückes dienen soll und im Vergleich zu diesem nur von geringem Ausmaß ist. Andernfalls oder wenn andere öffentliche Interessen entgegenstehen, insbesondere solche militärischer oder sicherheitspolizeilicher Natur, ist die Genehmigung zu versagen. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde festgestellt, dass sowohl Sie, als auch Herr V. H. über kein aufrechtes Niederlassungsrecht verfügen. Mit E-Mail vom 09.09.2015 wurde die rechtsfreundliche Vertretung aufgefordert bekanntzugeben unter welchen Voraussetzungen Sie Ihren Hauptwohnsitz in Österreich begründen werden. Ihr rechtsfreundlicher Vertreter gab daraufhin mit E-Mail vom 17.09.2015 bekannt, dass keine Aufenthaltstitel bestehen. Zufolge der Spruchpraxis des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ist ein soziales Interesse dann anzuerkennen, wenn die Absicht, sich hier niederzulassen, schon relativ konkrete Formen angenommen hat und das Wohnbedürfnis dringend ist (z.B.: GZ: UVS-02/13/4941/2002/5). Dass Sie keinen Aufenthaltstitel für Österreich, der zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigt, besitzen, ist als Indiz gegen das Vorliegen eines sozialen Interesses zu werten. Im gegenständlichen Fall kann somit nicht von einem dringenden Wohnbedürfnis und somit auch nicht vom Vorliegen eines sozialen Interesses ausgegangen werden; zumal ein Wohnbedürfnis auch anders als durch den Erwerb von Eigentum gedeckt werden kann. Gemäß § 45 AVG wurde Ihrem rechtsfreundlichen Vertreter am 21.10.2015 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, in welcher Sie darauf hingewiesen wurden, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben oder zum nachstehend genannten Termin zu uns zu einer mündlichen Erörterung des Gegenstandes zu kommen. Bis dato langte jedoch keine Stellungnahme ein, welche neue entscheidende Erkenntnisse hervorgebracht hätte. Es liegen daher derzeit die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz nicht vor.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht durch einen rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde, mit der der angefochtene Bescheid wegen unrichtiger und unvollständiger Tatsachenfeststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung zur Gänze angefochten wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Ausführungen im Bescheid, wonach der rechtsfreundliche Vertreter der Antragstellerin am 21. Oktober 2015 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme erhalten habe, der Aufforderung zur Stellungnahme binnen 14 Tagen jedoch nicht entsprochen worden sei, tatsachenwidrig seien. Die Aufforderung vom 21. Oktober 2015 sei beim Vertreter der Einschreiterin am 30. Oktober 2015 eingegangen. Über Ersuchen sei schriftlich die Verlängerung der Frist bis 26. November 2015 bestätigt worden. Innerhalb der verlängerten Frist sei sehr wohl eine Stellungnahme abgegeben worden.

Die erkennende Behörde hätte daher das Vorbringen der Antragstellerin in dieser Eingabe vom 26. November 2015 mitberücksichtigen und demgemäß von folgendem Sachverhalt ausgehen müssen.

Die Geschenkgeberin sei zunächst österreichische Staatsbürgerin gewesen und habe 2/5-tel Anteile der Gesamtliegenschaft von ihrem Vater erworben. Die Geschenkgeberin habe durch ihre Heirat mit einem holländischen Staatsbürger die österreichische Staatsbürgerschaft verloren. Die Geschenkgeberin habe dann mit ihrem holländischen Ehegatten ihren Wohnsitz in Neuseeland genommen, wo ihre Kinder M. V. H. und B. V. H. geboren wurden.

Für die Geschenkgeberin und die Geschenknehmer gelten dieselben Voraussetzungen. Sie haben ihren Wohnsitz in einem anderen Kontinent. Weder die Geschenkgeberin noch die Geschenknehmer benötigen die schenkungsgegenständlichen Wohnungen für ihre persönliche Wohnsitznahme. Eine persönliche Wohnsitznahme wäre auch gar nicht möglich, da die Wohnungen an kündigungsgeschützte Altmieter vermietet sind.

Wäre im erstinstanzlichen Verfahren die Stellungnahme der Antragsstellerin zum Akt genommen worden, hätte obiger Sachverhalt festgestellt werden müssen.

Zur Frage der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz die Genehmigung für ein Rechtsgeschäft zu erteilen sei, sofern seitens der Antragstellerin ein soziales Interesse bestehe. Die erkennende Behörde interpretiere das soziale Interesse ausschließlich im Vorliegen eines aktuellen Wohnbedürfnisses. Wäre das dringende Wohnbedürfnis der einzige Fall des sozialen Interesses gewesen, hätte der Gesetzgeber eine andere Wortwahl für die Voraussetzungen für eine Bewilligung gewählt.

Es mag das dringende Wohnbedürfnis der typische und häufigste Fall des sozialen Interesses sein, doch lasse sich aus der allgemeineren Formulierung „soziales Interesse“ zwingend schließen, dass auch andere Fälle sozialen Interesses die Genehmigung rechtfertigen können. Im vorliegenden Fall habe die Antragstellerin dargelegt, dass der Grund des Schenkungsvertrages schlichtweg das Interesse der Familie V. H. sei, dass die 90-jährige betagte Geschenkgeberin ihr in Österreich befindliches Vermögen bereits zu Lebzeiten je zur Hälfte an ihre beiden Kinder M. und B. überträgt. Unabhängig davon, ob die Geschenkgeberin früher österreichische Staatsbürgerin war, ist das Recht auf rechtsgeschäftliche unentgeltliche Übertragung des Vermögens in gerader Linie als soziales Interesse zu werten. Die Geschenkgeberin könne nicht ausschließen, dass sie für Jahre in einen dementen Zustand falle und die von ihr besessenen Wohnungen in Wien nicht entsprechend betreut werden können. Es wäre dann unmöglich bestehende Mietverträge zu verlängern oder am Entscheidungsprozess als Wohnungseigentümer im Rahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft mitzuwirken. Möglicherweise würde ein in Neuseeland bestellter Sachwalter Belange in Österreich zu regeln haben. Es könnten erhebliche Komplikationen nur deswegen eintreten, da der betagten Dame das Recht abgesprochen werde, ihren selbst ererbten Besitz in Österreich zu Lebzeiten unentgeltlich an ihre eigenen Kindern zu übertragen. Dies stelle eine Missachtung des Eigentumsrechtes dar und widerspreche verfassungsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere den Art. 5 – 7 StGG.

Auch eine teleologische Interpretation gebiete eine positive Entscheidung. Der Zweck der Genehmigungspflicht für Immobilienrechtsgeschäfte bestehe darin, dass durch den Immobilienankauf an Personen, welche nicht EU-Bürger sind, eine Marktüberhitzung und eine Wohnraumverknappung oder zumindest ungewünschte Preissteigerungen eintreten. All dies sei im vorliegenden Fall nicht zu befürchten, da lediglich die Schenkung von Immobilienanteilen in gerader Linie beabsichtigt sei, welche für den österreichischen Wohnungsmarkt völlig neutral wäre. Ohne die gegenständliche Schenkung würden die Geschenknehmer die Anteile erst mit dem Ableben ihrer Mutter letztwillig erwerben können und müssten Ergebnisse eines neuseeländischen Verlassenschaftsverfahrens mit hohem formalen und administrativen Aufwand in Österreich durchsetzen. Aus gutem Grunde seien Schenkungen in gerade Linie nach allen anderen österreichischen Grundverkehrsgesetzen nicht bewilligungspflichtig. Da auch Landesgesetze im Zweifel verfassungskonform auszulegen seien, sei gemäß Art. 5 - 7 StGG dem vorliegenden Rechtsgeschäft im Gegensatz zum Rechtsstandpunkt der belangten Behörde die Genehmigung zu erteilen.

Mit Eingabe vom 27. August 2015 wurde die Genehmigung nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz beantragt und vorgebracht, der Schenkungsvertrag zwischen der Geschenkgeberin und der Antragstellerin, nehme nur die gesetzliche Erbfolge zwischen Mutter und Tochter, also Verwandten in gerader Linie vorweg. Diese Genehmigung möge auch das in dem Schenkungsvertrag als Gegenleistung enthaltene Fruchtgenussrecht für die Geschenkgeberin umfassen. Die Geschenknehmerin sei gesetzliche Erbin der Geschenkgeberin. Dem beigelegt war der Schenkungsvertrag vom 29. Juli 2015, mit dem die im Spruch des Bescheides genannten Liegenschaftsanteile auf die Beschwerdeführerin übergehen sollten und zum anderen das Fruchtgenussrecht an den Schenkungsgegenständen, sowie auch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Geschenkgeberin an den schenkungsgegenständlichen Liegenschaften eingeräumt wurde. Weiters wurde eine Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin vorgelegt.

Die belangte Behörde forderte mit Schreiben vom 09. September 2015 den rechtsfreundlichen Vertreter auf, Aufenthaltstitel und Reisepass der Antragstellerin vorzulegen und holte die Stellungnahmen der im Gesetz genannten Behörden bzw. Körperschaften ein.

In der Stellungnahme vom 17. September 2015 gab der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin bekannt, dass sämtliche Vertragsparteien, also sowohl die Geschenkgeberin, wie auch die Geschenknehmer, neuseeländische Staatsbürger seien und dort auch ihren ordentlichen Wohnsitz hätten. Überdies bestünden aktuell keine Aufenthaltstitel für einen längeren Aufenthalt in Österreich. Es ginge nur um die vorgezogene Übertragung der Liegenschaftsanteile, um so dem österreichischen Staat, wie auch den Geschenknehmern, ein inländisches Verlassenschaftsverfahren zu ersparen.

Eine Reisepasskopie der Beschwerdeführerin wurde an die belangte Behörde übermittelt.

In der aufgetragenen Stellungnahme vom 26. November 2015 führte der rechtsfreundliche Vertreter nochmals aus, dass Hintergrund der Schenkung nicht die Wohnsitznahme der Geschenknehmer in Österreich, sondern vielmehr die Regelung der Vermögensweitergabe der Geschenkgeberin an ihre Kinder zu Lebzeiten sei. In fast allen Grundverkehrsgesetzen der anderen Bundesländer sei der Rechtserwerb in der geraden Linie nicht bewilligungspflichtig, obwohl wesentlich strengere Grundverkehrsvorschriften bestünden.

Das soziale Interesse der Geschenknehmerin könne auch in anderer Weise begründet sein, als nur in Form des Erwerbs der Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses.

Die Gesetzesvorschriften könnten nur dahingehend ausgelegt werden, dass der Begriff des sozialen Interesses weiter zu fassen sei, da andernfalls der Gesetzgeber schlichtweg als Zustimmungserfordernis die Wohnsitznahme als Hauptwohnsitz definiert hätte. Abgesehen von der Nutzung zu Wohnzwecken sei aber die Übertragung in der eigenen Familie das ansonsten naheliegendste soziale Interesse.

Daraufhin erging der bereits zitierte Bescheid.

Dagegen richtet sich die bereits zitierte form- und fristgerechte eingebrachte Beschwerde.

Die belangte Behörde machte in der Folge Gebrauch von ihrem Recht auf Beschwerdevorentscheidung, und wies die Beschwerde mit erweiterter Begründung neuerlich ab.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, wonach der Eigentumsübergang bereits unter Lebenden möglich sein müsse, es könne den neuseeländischen Antragstellern kein aufwendiges Erbschaftsverfahren zugesonnen werden, verfehlt sei.

Es sei wohl selbstverständlich, dass § 4 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes auf die privaten Interessen an der Genehmigung des Rechtserwerbes Bedacht nehme. Das bestehende und private Interesse an der Regelung des Eigentumsübertrages bereits unter Lebenden, um einer möglichen komplexen Erbangelegenheit vorzugreifen, habe gegenüber den öffentlichen Interessen im vorliegenden Fall zurückzutreten. Dazu wurde VfSlg. 11957/1989 zitiert, wonach bei einer Entscheidung nicht darauf Bedacht nehmen zu können, dass die in Rede stehende Liegenschaft im Erbwege auf die Gattin und die Kinder des Geschenkgebers übergehen würde, ohne dass es einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfe, keine denkunmögliche Gesetzesanwendung vorliege. Weiters habe der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 10895/1986 ausgesprochen, dass es keineswegs abwegig sei, wenn die Grundverkehrsbehörde dem Ausländer die Zustimmung zum Rechtserwerb wegen drohender Überfremdung untersage, obwohl auch sein Rechtsvorgänger die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besaß.

Die übrigen Feststellungen des angefochtenen Bescheides, vor allem hinsichtlich des fehlenden Aufenthalts und der fehlenden Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet blieben unberührt. Daraus resultiere die abschlägige Beurteilung des sozialen Interesses, das allein durch die pro futuro zu erwartende Erbfolge zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht ersetzt werden könne.

In der Rechtsmittelbelehrung dieser Beschwerdevorentscheidung wurde ausgesprochen, dass dagegen das Recht der Erhebung einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien bestehe. Dementsprechend titulierte die Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel dagegen als Beschwerde und nicht – wie korrekterweise vorzugehen gewesen wäre – als Vorlageantrag.

Begründend wurde in diesem ausgeführt, dass die zitierten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes zu anderen Grundverkehrsgesetzen ergangen seien. Gemäß dem bestehenden Föderalismus seien rechtliche Beurteilungen zu anderen Grundverkehrsgesetzen nur bedingt für die Auslegung des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes heranzuziehen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass zahlreiche Grunderwerbsgesetze, z.B. die des Landes Niederösterreich, eine generelle Bewilligungsfreiheit für Rechtsgeschäfte zwischen Verwandten in gerader Linie vorsehe. Die einzige in der Vorentscheidung zitierte einschlägige Entscheidung betreffe den Raum Kitzbühel, wo aber andere Gegebenheiten hinsichtlich der Grundstücks- und Wohnungspreise bestünden. Überdies sei zu bemerken, dass es beim Verfassungsgerichtshof nur zu einer Bescheidaufhebung komme, wenn eine verfassungsrechtlich bedenkliche Rechtsgrundlage anzuwenden sei oder eine unbedenkliche Rechtsgrundlage denkunmöglich angewendet werde. Mit anderen Worten sei aus einer nicht erfolgreichen Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof nicht der Schluss zu ziehen, dass eine Entscheidung frei von Rechtsirrtümern sei.

Die Berufungsvorentscheidung lasse eine ausreichende Auseinandersetzung mit der Argumentation der Antragsteller in ihrer Beschwerde vermissen.

Die belangte Behörde sei verpflichtet, das Gesetz nach allgemeinen Interpretationsregeln richtig anzuwenden. Die belangte Behörde wäre daher aufgerufen gewesen, ihren Rechtsstandpunkt bspw. dadurch zu verteidigen, dass Sachverhalte aufgezeigt würden, bei welchen auch ohne Vorliegen eines aktuellen Wohnungsbedürfnisses ein gerechtfertigtes und soziales Interesse an einem Eigentumserwerb bestünde. Bei der Auseinandersetzung mit dieser Frage hätte sie feststellen müssen, dass es, abgesehen vom typischen Sachverhalt der Befriedigung des eigenen dringenden Wohnbedürfnisses, kein größeres soziales Interesse an einem Rechtserwerb geben würde, als das Interesse der Antragsteller Vermögensverhältnisse zu Lebzeiten und nicht erst letztwillig zu regeln. Die belangte Behörde hätte weiters das gerechtfertigte soziale Interesse an der Genehmigung des Erwerbes für die Antragsteller mit dem Interesse der Allgemeinheit, diesen Rechtserwerb nicht zuzulassen, abwägen müssen. Der Zweck des Gesetzes bestehe darin, zu verhindern, dass der Erwerb durch ausländische Staatsbürger zu einer Angebotsverknappung und Preissteigerung für inländische Staatsbürger oder gleichgestellte EU-Bürger führt.

Im vorliegenden Fall würde die Antragstellerin von ihrer als Ausländerin zu wertenden Mutter erwerben. Die Verweigerung der Zustimmung würde unter keinen Umständen dazu führen, dass die Objekte an österreichische Staatsbürger oder EU-Bürger verkauft werden würden, sondern würde sich der Erwerb der Wohnungen durch den Antragsteller nur bis zum Ableben der Mutter verschieben. Da dem gerechtfertigten sozialen Interesse keine Nachteile der Allgemeinheit gegenüberstehen, hätte die beantragte Genehmigung erteilt werden müssen.

Es wurde daher der Antrag gestellt, das Verwaltungsgericht Wien wolle in Stattgebung der gegenständlichen Beschwerde den Bescheid dahingehend abändern, dass dem gegenständlichen Rechtsgeschäft die Bewilligung erteilt wird.

Zur Klärung der Sach- und Rechtslage erfolgte eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien. Zu dieser erschien der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin. Die belangte Behörde hat auf die Teilnahme der öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin führte eingangs aus wie folgt:

„Beide Beschwerdeführer halten sich regelmäßig in Wien auf. Wie schon in der Säumnisbeschwerde vorgebracht sind sie Anteilseigentümer von Liegenschaften in ...dorf, die verwaltet werden müssen. Es wird zum Teil auch eine Umwidmung betrieben. All das verlangt eine regelmäßige Anwesenheit im Bundesgebiet. Die Verwandtschaft des Beschwerdeführers befindet sich bis auf eine Schwester in Österreich, auch ein Großteil des Freundeskreises. Die Beschwerdeführer überlegen sogar dauerhaft nach Österreich zu übersiedeln. Der Beschwerdeführer war bis zu seinem elften Lebensjahr österreichischer Staatsbürger. Auch die Beschwerdeführerin legt Wert darauf in Österreich wohnen zu können. Wenn wir uns in Wien aufhalten, kostet uns das etwa 100,-- Euro am Tag. Der Vermieter der Ferienwohnungen, die wir in der Regel nutzen, hat uns eine Wohnung zum Kauf angeboten. Es erscheint klüger nicht in Miete, sondern in Eigentum zu investieren. Außerdem wäre es sehr viel praktischer, wenn wir Mobiliar und lebensnotwendige Dinge in Österreich in einer Wohnung aufbewahren könnten.“

Es folgte daraufhin die Verkündung des Erkenntnisses.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes und den Ausführungen in der Verhandlung sieht das Verwaltungsgericht Wien den nachstehenden Sachverhalt als erwiesen an:

Die Beschwerdeführerin ist neuseeländische Staatsbürgerin und ist Tochter der ebenfalls neuseeländischen Staatsbürgerin Frau E. V. H.. Frau E. V. H. ist im Besitz von Liegenschaftsanteilen an Liegenschaften in Wien. Mit Schenkungsvertrag sollen der Beschwerdeführerin Anteile an den genannten Liegenschaften übertragen werden, sowie zugunsten der Geschenkgeberin ein Fruchtgenussrecht, sowie ein Veräußerungs- und Belastungsverbot an diesen Liegenschaftsanteilen eingeräumt werden.

Die Liegenschaften befinden sich in Wien und bestehen aus einer Wohnung, sowie einem Büro im Rahmen eines Mietshauses. Die Wohnung, als auch das Büro sind an kündigungsgeschützte Altmieter vermietet. Die Beschwerdeführerin hat keinen aufrechten Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt in Österreich.

Eine Veräußerung der Liegenschaftsanteile durch die Beschwerdeführerin ist durch das ebenfalls zu verbüchernde Veräußerungs- und Belastungsverbot ausgeschlossen.

Unter Lebenden bedürfen der Erwerb des Eigentums (Miteigentums), eines Baurechtes, des Rechtes der persönlichen Dienstbarkeit an bebauten oder unbebauten Grundstücken jeder Art durch Ausländer oder eine im Grundbuch einzutragende Bestandgabe solcher Grundstücke an Ausländer zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Genehmigung (§ 1 Absatz 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz).

Eine nach diesem Gesetz erforderliche Genehmigung erteilt der Magistrat nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessensvertretung (Wirtschaftskammer Wien, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Wiener Landwirtschaftskammer). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht, oder wenn nachgewiesen wird, dass das Grundstück, auf welches sich das Rechtsgeschäft bezieht, ausschließlich zur besseren Nutzung eines anderen Grundstückes dienen soll und im Vergleich zu diesem nur von geringem Ausmaß ist. Andernfalls oder wenn andere öffentliche Interessen entgegenstehen, insbesondere solche militärischer oder sicherheitspolizeilicher Natur, ist die Genehmigung zu versagen (§ 4 Absatz 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz).

Die Beschwerdeführerin ist neuseeländische Staatsbürgerin und besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht. Die Beschwerdeführerin ist daher Ausländer im Sinne des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes.

Der gegenständliche Schenkungsvertrag fällt nach § 1 Abs. 1 leg. cit. unter den Anwendungsbereich des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes und bedarf, da die beabsichtigte Geschenknehmerin Ausländerin ist, der Genehmigung durch den Magistrat.

Der Magistrat der Stadt Wien hat die in § 4 Absatz 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz vorgesehenen Anhörungen vorgenommen. Keine der dort angeführten Stellen hat Einwände gegen die Bewilligung des Schenkungsvertrages erhoben. Die Genehmigung ist daher dann zu erteilen, wenn am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht.

Im konkreten Fall liegt nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ein soziales Interesses an der Genehmigung des Schenkungsvertrages vor. Das zu bewilligende Rechtsgeschäft wird zwischen Mutter und volljähriger Tochter abgeschlossen und dient dazu, die gesetzliche Erbfolge vorweg zu nehmen. Die Schenkung der gegenständlichen Liegenschaftsanteile ermöglicht der Geschenknehmerin eine Entlastung der hoch betagten Geschenkgeberin, die Verwaltung der Liegenschaftsanteile vorzunehmen, sowie ihre Miteigentümerinteressen wahrzunehmen. Überdies erspart es ein allfälliges aufwendiges Verlassenschaftsverfahren hinsichtlich österreichischer Vermögenswerte. Hinsichtlich des Zieles des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes, nämlich Wohnraumverknappung und Preissteigerungen entgegenzuwirken, stellt sich das zu bewilligende Rechtsgeschäft als neutral dar. An der Nutzung der gegenständlichen Liegenschaft würde sich durch das zu bewilligende Rechtsgeschäft keine Änderung ergeben. Auch ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes durchaus von einem volkswirtschaftlichen Interesse des Staates an der Genehmigung des Schenkungsvertrages auszugehen, wäre doch dadurch, wie schon gesagt, ein langwieriges Verlassenschaftsverfahren vor österreichischen Gerichten hintangehalten. Die Neutralität des Rechtsgeschäftes, was dem Wiener Wohnungsmarkt betrifft, ergibt sich auch daraus, dass zugunsten der Geschenkgeberin ein Veräußerungs- und Belastungsverbot eingeräumt und verbüchert werden soll, was einer Verfügung der Geschenknehmerin über die gegenständlichen Liegenschaften allenfalls zu Ungunsten von bestehenden Mietverträgen ausschließt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Gebührenpflicht ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Bescheid. (Der Kostenausspruch wurde nicht angefochten.)

 

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausländer; Grunderwerb; soziales Interesse; öffentliche Interessen; Interessenabwägung; Schenkung; Fruchtgenussrecht; Veräußerungs- und Belastungsverbot; Beschwerdevorentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2016:VGW.101.050.9660.2016

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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