TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/28 LVwG-2017/25/2671-1

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Veröffentlicht am 28.11.2017
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Entscheidungsdatum

28.11.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §31

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alexander Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft Adresse 1, D-Z, vom 18.11.2017 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.05.2017, ****, betreffend eine Übertretung des Kraftfahrgesetzes

zu Recht erkannt:

1.       Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 20,00 zu leisten.

3.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Im bekämpften Straferkenntnis wird Frau Schreiber angelastet, sie sei mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y vom 05.07.2016 als Zulassungsbesitzerin aufgefordert worden, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer den PKW mit dem deutschen Kennzeichen **** am 28.03.2016 um 11:57 Uhr in X auf der W-autobahn A** bei km **** in Fahrtrichtung Y gelenkt hat. Sie habe diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt und auch keine andere Person benannt, die diese Auskunft erteilen hätte können. Sie habe dadurch § 103 Abs 2 KFG verletzt, weshalb gemäß § 134 Abs 1 KFG über sie eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) verhängt wurde. Ihre Beitragspflicht zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 10,00 bestimmt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde von Frau A, in welcher diese anführt, dass ihr das Straferkenntnis am 11.11.2017 zugestellt wurde. Laut deutscher Rechtsprechung habe eine Ordnungswidrigkeit eine Verjährungsfrist von drei Monaten. Diese Frist komme dann zum Tragen, solange weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch eine öffentliche Klage erhoben sei. Der angelastete Verstoß habe am 28.03.2016 stattgefunden, womit Verjährung gegeben sei und Einstellung des Verfahrens beantragt werde.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat hierzu wie folgt erwogen:

Gegenständlichem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der auf die Beschwerdeführerin zugelassene PKW mit dem deutschen Kennzeichen **** wurde am 28.03.2016 im österreichischen Straßennetz von einem stationären Radargerät bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung registriert. Daraufhin richtete die belangte Behörde ihre Lenkeranfrage vom 05.07.2016 an AA. Aufgrund mehrerer gescheiterter Zustellversuche konnte diese Lenkeranfrage erst im Rechtshilfeweg am 10.12.2016 der Empfängerin zugestellt werden. Da diese Anfrage unbeantwortet blieb, erließ die belangte Behörde ihre Strafverfügung vom 18.01.2017 mit einem identischen Tatvorwurf wie das nunmehr angefochtene Straferkenntnis. Diese Strafverfügung wurde der Empfängerin am 31.03.2017 zugestellt. Dagegen erhob AA fristgerecht Einspruch, weshalb diese Strafverfügung aus dem Rechtsbestand ausschied. Das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 10.05.2017 wurde Frau Schreiber nach deren eigener Ausführung am 11.11.2017 zugestellt. Rückschein befindet sich bezüglich dieses Zustellvorganges keiner im erstinstanzlichen Akt.

Im gegenständlichen Fall ist folgende Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes maßgeblich:

§ 31 VStG

Verjährung

(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;

3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

(3) Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union;

2. Zeiten, in denen die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war;

3. Zeiten, in denen sich der Beschuldigte im Ausland aufgehalten hat.“

Im bekämpften Straferkenntnis wird nicht die Geschwindigkeitsübertretung vom 28.03.2016 angelastet, welche Anlass für die Lenkeranfrage war, sondern die Nichtbekanntgabe des Fahrzeuglenkers.

Tatort einer Verweigerung der Auskunft nach § 103 Abs 2 KFG ist der Sitz der anfragenden Behörde. Die Tatortangabe ist durch das Anführen der Bezirkshauptmannschaft Y hinreichend konkret.

Einem grundsätzlichen Irrtum unterliegt die Beschwerdeführerin, wenn sie vermeint, dass auf österreichischem Staatsgebiet für sie als deutsche Staatsangehörige die österreichische Rechtsordnung nicht gelten würde. Es gilt nämlich nicht das Personalitätsprinzip, dass für sie überall auf der Welt deutsches Recht gelten würde, sondern das Territorialitätsprinzip, wonach für alle Personen das Recht des Landes gilt, in dem sie die tatrelevante Handlung gesetzt haben bzw der Erfolg eingetreten ist. Ihr Hinweis auf die Verjährungsfristen im deutschen Ordnungswidrigkeitsgesetz bzw Straßenverkehrsgesetz ist damit irrelevant, weil für Verfahren nach österreichischem Recht das Verwaltungsstrafgesetz gilt und hinsichtlich der Verjährung der oben zitierte § 31.

Da Frau A die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe vom 05.07.2016 am 10.12.2016 zugestellt wurde, begann an diesem Tag die zweiwöchige Antwortfrist zu laufen. Diese endete unter Berücksichtigung der Weihnachtsfeiertage am 27.12.2016. Mit diesem Datum begann die Verfolgungsverjährungsfrist hinsichtlich des angelasteten Tatbestandes zu laufen.

Erste Verfolgungshandlung war diesbezüglich die Strafverfügung vom 18.01.2017, die der Beschwerdeführerin am 31.03.2017 zugestellt wurde. Die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist wurde damit nicht annähernd ausgeschöpft.

Das Argument der eingetretenen Verfolgungsverjährung ist damit unzutreffend. Da auch die dreijährigen Fristen für Strafbarkeit und Vollstreckung noch nicht annähernd ausgeschöpft sind, ist das Beschwerdeargument der eingetretenen Verjährung insgesamt unbegründet, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, welcher mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch Euro 10,00 zu bemessen ist. Daraus ergibt sich die Vorschreibung der Kosten für das Rechtsmittelverfahren in Spruchpunkt 2.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Alexander Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Verfolgungsverjährung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.25.2671.1

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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