TE Vwgh Erkenntnis 2017/10/23 Ro 2017/17/0015

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §64 Abs1;
VStG §64 Abs2;
VwGVG 2014 §52 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Mag. Brandl sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der S M in Wien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 8. November 2016, VGW- 001/076/12020/2016/E-1, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Kostenentscheidung (Spruchpunkt II.) wird das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:

"Dementsprechend hat die Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs. 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bei der belangten Behörde in Höhe von EUR 50,--, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe, zu leisten."

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien (LPD) vom 24. Februar 2015 wurde über die Revisionswerberin wegen einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 3. Fall i.V.m. § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2.000,-- verhängt und gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von EUR 200,-- vorgeschrieben.

2 Die Revisionswerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis Beschwerde; die zunächst über diese Beschwerde ergehende Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 2016, Ra 2015/09/0133, behoben. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde der Beschwerde insofern Folge gegeben, als mit Spruchpunkt I. der Tatzeitraum eingeschränkt und die verhängte Geldstrafe auf EUR 500,-- herabgesetzt wurde. Mit Spruchpunkt II. wurden der Revisionswerberin keine Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Mit Spruchpunkt III. wurde ausgesprochen, dass die Revision zulässig sei, weil die Entscheidung aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Oktober 2016, E 945/2016 u.a., von der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweiche.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union geforderten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht festgestellt. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen.

7 In der Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, es gebe keine Feststellungen zur Vereinbarkeit des GSpG mit Unionsrecht, solche müssten jedoch auch bei reinen Inlandssachverhalten hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bedenken wegen Inländerdiskriminierung erfolgen. Überdies sei es eine Frage grundsätzlicher Bedeutung, ob die gesetzlichen Regelungen des GSpG den unionsrechtlichen Vorgaben entsprächen. Das Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision zeigt in diesem Zusammenhang nichts auf, was hier zu einer anderen Beurteilung als in der oben angeführten Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts führen könnte.

8 Die Revision wirft hinsichtlich des Spruchpunktes I. auch sonst keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Diesbezüglich war die Revision daher nach § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Hinsichtlich Spruchpunkt II. weist die Revision zu Recht jedoch darauf hin, dass die Entscheidung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 23. September 1994, 94/02/0256) abweicht, weil trotz Herabsetzung der Geldstrafe keine Neufestsetzung des Verfahrenskostenbeitrages gemäß § 64 Abs. 1 VStG erfolgt ist.

10 Über die hinsichtlich des Spruchpunktes II. zulässige Revision hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

11 Gemäß § 64 Abs. 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Nach Abs. 2 leg. cit. ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit EUR 10,-- zu bemessen.

12 Das Verwaltungsgericht hat mit Spruchpunkt I. die Geldstrafe (entgegen § 52 Abs. 2 GSpG) auf EUR 500,-- herabgesetzt. Hinsichtlich der Kosten hat das Verwaltungsgericht jedoch verkannt, dass es gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG nicht bloß der Revisionswerberin keine Kosten des Beschwerdeverfahrens hätte auferlegen dürfen, sondern auch den von der Behörde erster Instanz auferlegten Kostenbeitrag nach der milderen Strafe hätte festsetzen müssen (vgl. VwGH vom 29. Jänner 2013, 2012/02/0226, mwN).

13 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden kann, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Spruchpunktes II. - die genannten Voraussetzungen liegen vor - im Kostenpunkt spruchgemäß zu ergänzen.

14 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1, 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 23. Oktober 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RO2017170015.J00

Im RIS seit

12.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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