TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/18 VGW-242/002/RP12/8348/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.09.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §12
WMG §15 Abs2
WMG §16 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Schussek über die Beschwerde des Herrn A. S. vom 6.6.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, Sozialzentrum für den … Bezirk, vom 10.5.2017, Zahl MA 40 - SZ … - SH/2017/01554929-001,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Einstellung der Leistung aufgehoben und dem Beschwerdeführer für den Zeitraum von 01.06.2017 bis 30.11.2017 eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts samt Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt wird, und zwar:

von 01.06.2017 bis 30.06.2017  € 656,59

von 01.07.2017 bis 31.07.2017  € 656,59

von 01.08.2017 bis 31.08.2017  € 656,59

von 01.09.2017 bis 30.09.2017  € 656,59

von 01.10.2017 bis 31.10.2017  € 656,59

von 01.11.2017 bis 30.11.2017  € 656,59

darüber hinaus wird dem Beschwerdeführer zu der monatlich wiederkehrenden Leistung der Mindestsicherung im Monat Oktober eine Sonderzahlung von € 656,59 zuerkannt.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, hat mit Bescheid vom 10.05.2017 zur Zl. SH/2017/01554929-001 die zuletzt mit Bescheid vom 10.11.2016, Zl. MA 40 – SH/2016/01033770-001 zuerkannte Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) mit 31.05.2017 eingestellt.

Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass laut Verlassenschaft vom 08.07.2014 das Erbe des verstorbenen Vaters alleine angetreten worden sei. Es handle sich hierbei um eine Liegenschaft in K. in Tirol, einen Bausparvertrag sowie einen PKW. Den PKW habe man laut Bestätigung der Mutter an diese verschenkt. Die Liegenschaft sei laut Schenkungsvertrag vom 08.03.2016 an die Schwester und die Nichte verschenkt worden. Die Liegenschaft sei kurz danach um € 250.000,-- verkauft worden.

Mit Schreiben vom 20.04.2017 sei unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 16 WMG (Abweisung des Antrages wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht) die Aufforderung ergangen, bis zum 04.05.2017 für die Beurteilung des Anspruchs unerlässliche Angaben zu machen und/bzw. erforderliche Unterlagen zu erbringen. Der Nachweis über den Auszahlungsbetrag des Bausparvertrages bei der ... Bausparkasse GmbH, Kontoauszüge der letzten sechs Monate. Dieser Aufforderung sei nicht bzw. zur Gänze nachgekommen. Es seien die erforderlichen Unterlagen zur Erhebung des aktuellen Einkommens (Zuwendungen Dritter) bzw. Vermögen trotz Aufforderung bis dato nicht vorgelegt worden und gehe die Behörde davon aus, dass derzeit keine Mittellosigkeit vorliege. Aus den bereits vorliegenden Unterlagen und widersprüchlichen Aussagen ergebe sich der Verdacht, dass das Vermögen in der Absicht verschenkt worden sei, offiziell als mittellos zu gelten, um Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen zu können. Es sei nicht glaubhaft, dass ohne eine entsprechende Gegenleistung ein Vermögen im Wert von € 250.000,-- verschenkt und damit bewusst eine Mittellosigkeit und Notlage selbst verursacht werde. Da auch keine gegenteiligen Unterlagen vorgelegt worden seien, sei vielmehr davon auszugehen, dass aus dem nachträglichen Verkauf der Liegenschaft Mittel zugeflossen seien und es damit möglich sei, die Bedarfe aus eigenen Mitteln zu decken. Die Leistung sei daher einzustellen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, dass das Schreiben der Magistratsabteilung 40 vom 20.04.2017 mit E-Mail vom 26.04.2017 beantwortet worden sei und irrtümlich die angeführten Beilagen nicht angeschlossen worden seien. Die belangte Behörde habe diese E-Mail nicht beantwortet, sondern mit Bescheid die Mindestsicherung mit 31.05.2017 eingestellt. Seit seinem Unfall bestehe beim Beschwerdeführer ein höhergradiges hirnorganisches Psychosyndrom mit vermehrter Irritierbarkeit, Aufmerksamkeitsschwankungen sowie beeinträchtigter Speicherfähigkeit (Gedächtnisverlust). Er sei daher aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, der Aufforderung der Behörde ohne weiteres zu entsprechen. Des Weiteren wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Erbe, nach Erbsentschlagung der Mutter und der Schwester angetreten habe. Bei den Liegenschaftsanteilen handle es sich allerdings nur um die halbe Eigentumswohnung und den halben Garagenplatz. Eigentümerin der anderen Hälfte sei bereits vor Erbsantritt seine Schwester gewesen. Den PKW habe er auf Grund seines Gesundheitszustandes und der Tatsache, dass er kein Fahrzeug lenken könne, seiner Mutter geschenkt. Auch habe er das Bausparguthaben auf das Konto der Mutter überweisen lassen, da diese auch die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens getragen habe. Die Wohnung in Wien, D.-Straße haben ihm seine Eltern geschenkt und sei diese mit der Wohnung im Haus L.-Straße in etwa gleichwertig. Der Beschwerdeführer habe in der Vergangenheit seine Schwester in Australien öfter besucht und hat sich seine Schwester um ihn gekümmert, sodass er beschlossen habe, seiner Nicht die geerbte Wohnungshälfte zu schenken. Er habe dabei nicht die Absicht gehabt dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Es erschien ihm gerecht, dass seine Schwester soviel erhalte wie er. Den Verkaufspreis für die Wohnung haben seine Schwester und seine Nichte erhalten; er habe davon nichts bekommen. Beiliegend war der Schenkungs- und Übergabevertrag vom 08.03.2016, die Bestätigung der ...bank K. Tirol vom 31.01.2017, Auszüge des Kontos für den Zeitraum von 07.01.2016 bis 25.04.2017, eidesstättige Erklärungen von Frau B. S., geb. 1939 und Frau Br. S., geb. 1961 sowie Frau Ki. S..

Die Magistratsabteilung 40 legte die Beschwerde mit dem Bezug habenden Akt dem Verwaltungsgericht Wien vor.

Zur Klärung des Sachstandes führte das Verwaltungsgericht Wien am 05.09.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher der Beschwerdeführer und die belangte Behörde als Parteien geladen waren. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Vertreterin zur Verhandlung ladungsgemäß erschienen. Die belangte Behörde verzichtete mit Schreiben vom 08.08.2017 auf die Teilnahme und ließ die Verhandlung auch unbesucht. Dem Beschwerdeführer wurde bereits in der Ladung aufgetragen näher bezeichnete Unterlagen zur Verhandlung mitzubringen.

In der am 08.09.2017 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien hat der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Vertreterin, nach Vorlage einer aktuellen Übersicht der Kontoumsätze, einem handschriftlich verfassten Schreiben der Mutter des Beschwerdeführers vom 18.8.2017, drei eidesstattlichen Erklärungen im Original, einer Rechnung über den Verkauf eines Vorverstärkers vom Juni 2017, einer nochmaligen Übersicht der Kontoumsätze, datiert mit August 2017, einer Mitteilung vom Finanzamt vom September 2016 und einer Zusammenstellung verschiedenster Umsatzsteuererklärungen der letzten Jahre, wie folgt zu Protokoll gegeben:

„Dazu wird ausgeführt, dass der BF tatsächlich über kein Vermögen verfügt und derzeit auch kein Einkommen hat. Zu den Finanzamtszahlungen sind diverse Unterlagen vorgelegt worden, aus welchen die am Kontoauszug ersichtlichen Zahlungen an das Finanzamt hervorgehen sollen. Erklärend wird dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um nachträgliche Umsatzsteuerzahlungen für den Zeitraum 2002 bis 2016 handelt. Der BF war vor seinem Motorradunfall im Jahr 2002 Bassist bei …. Dafür hat jährlich eine Einmalzahlung erhalten, wenn Lieder der Sängerin im Radio gespielt wurden. Die Zahlung betrug in etwa zwischen 700,00 Euro und 1.300,00 Euro. Da für diese Einnahmen aus Unwissenheit keine Umsatzsteuer bezahlt wurde, hat das Finanzamt diese nachverlangt und wurde ein großer Teil vom BF Anfang des Jahres 2017 bezahlt.

Der BF gibt an, seit dem Verlust der Mindestsicherung und auch zu Jahresanfang 2017 von seiner Mutter mit Essen versorgt zu werden. Die Mutter unterstützt ihn auch finanziell im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Mit dem Geld habe ich mein Leben finanziert, da ich sonst keine Unterstützung bekommen habe.

Bezüglich des Wohnungsverkaufs möchte ich Folgendes festhalten:

Ich habe die Wohnung in Wien bereits vor meinem Unfall im Jahr 2002 von meinen Eltern erhalten. Nachdem mein Vater im Jahr 2014 verstorben ist, wäre eigentlich meine Mutter testamentarische Alleinerbin gewesen, allerdings hat der Gerichtskommissär vorgeschlagen, das Erbe auf die Kinder zu übertragen, um zusätzliche Kosten zu sparen. Den Wagen und den Bausparvertrag habe ich meiner Mutter übertragen, da ich selbst kein Fahrzeug mehr lenken kann und meine Mutter die Verlassenschaftsabwicklung bezahlt hat. Dass das Fahrzeug auf mich übertragen wurde, war eigentlich ein Fehler des Notars. Ich kann mir bis heute nicht erklären, weshalb damals nicht schon die Aufteilung der Erbschaft so erfolgte, wie wir es letztlich dann gelöst haben. Meine Schwester hat mich in den letzten 15 Jahren sehr oft unterstützt. Für mich war es nur logisch, dass ich ihr den Anteil meines Erbes abtrete. Ich war nach meinem Unfall halbseitig gelähmt und konnte anfangs auch nicht sprechen. Meine Schwester hat mich gerade in dieser Zeit sehr stark unterstützt. Ich bin in dieser Zeit in Australien bei meiner Schwester gewesen und sie hat sich dort um Therapien bemüht und mich auch überall hingebracht. Sie hat auch sämtliche Kosten übernommen.

Ich habe keinen weiteren Antrag gestellt und lebe, wie bereits gesagt, großteils von der Unterstützung meiner Mutter. Auch habe ich den Vorverstärker verkauft, um meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Es gibt keine weiteren Bankkonten und eben auch kein Vermögen.

Sollte es notwendig sein, kann auch meine Mutter hier vor Gericht als Zeugin aussagen und würde diese meine Angaben bestätigen. Ich benötigte dringend die Mindestsicherung, da es nicht möglich ist, dass mich meine Mutter über die nächsten Jahre dauerhaft finanziell unterstützt.“

Aus dem vorliegenden Akteninhalt ergibt sich folgender Sachverhalt und Verfahrenslauf:

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger, ledig und in Wien, D.-Straße wohnhaft. Es handelt sich dabei um eine Eigentumswohnung, welche im Besitz des Beschwerdeführers ist. Der Beschwerdeführer erlitt im Jahr 2002 einen Motoradunfall und wurde im Zuge einer Begutachtung der Arbeitsfähigkeit im Jahr 2012 als dauernd invalid eingestuft. Diagnostiziert wurde ein höhergradiges hirnorganisches Psychosyndrom; Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit sowie Merkfähigkeit stark beeinträchtigt; keine Besserung zu erwarten. Er bezog laufend eine Dauerleistung der Mindestsicherung.

Dem Beschwerdeführer wurde zuletzt mit Bescheid vom 29.11.2016 eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs unter der Bedingung der grundbücherlichen Sicherstellung des Ersatzanspruches für den Zeitraum von 01.12.2016 bis 30.11.2017 zuerkannt.

Nach einer erstmaligen „Aufforderung gemäß § 16 WMG“ vom 04.04.2017 legte der Beschwerdeführer ein Kaufanbot, sowie den Beschluss vom 21.04.2016 des BG ... vor.

Mit einem weiteren Schreiben „Aufforderung gemäß § 16 WMG“ vom 20.04.2017 wurde der Beschwerdeführer neuerlich aufgefordert, bis spätestens 04.05.2017 weitere Unterlagen, nämlich einen Nachweis über die Auszahlung des Bausparvertrages …, vollständige Kontoauszüge der letzten sechs Monate, eine Stellungnahme bezüglich des nicht mehr aufscheinenden Wohnrechts von Frau Br. S. und einen Nachweis über sonstige Vermögen (Bausparvertrag, Sparbücher, Wertpapiere etc.), vorzulegen.

Mit Schreiben vom 27.04.2017, teilte der Beschwerdeführer u.a. mit, dass er den angeführten Bausparvertrag nicht besitze; das Wohnrecht nicht mehr aufscheine, da die Wohnung verkauft worden sei und er kein Vermögen besitze. Die Kontoauszüge der letzten sechs Monate seien im Anhang.

Auf dem im Akt einliegenden Ausdruck dieser E-Mail findet sich der handschriftliche Vermerk „kein Anhang“.

Auf den Seiten 46 bis 58 findet sich der Kaufvertrag über die Wohnung und Garage Top … der Liegenschaft EZ …. Der Kaufpreis betrug € 250.000,--.

Die Behörde hat sodann den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

Vor Einbringung der Beschwerde hat der Beschwerdeführer zwei weitere E-Mails (am 25.05.2017 und am 30.05.2017) an die belangte Behörde gesendet und im Wesentlichen mitgeteilt, dass er in Erfahrung bringen konnte, dass er den Erlös des Bausparvertrages der Mutter zukommen hat lassen. Auch führte er aus, dass er das Fahrzeug ebenso seiner Mutter geschenkt habe, da er ohnehin nicht mehr fahren könne und man in Tirol ohne Auto nichts ausrichten könne. Die Kontoauszüge habe er ebenso nachgereicht, da er ursprünglich vergessen habe diese anzufügen. Weiters führte er aus, dass er die Schenkung seiner Hälfte der Wohnung in K. an seine Nichte als gerecht empfunden habe. Die Kontoauszüge sowie ein Auszug über den in Rede stehenden Bausparvertrag waren dem Schreiben beigefügt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Im Verfahren war zu klären, ob der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren gemäß § 16 Abs. 1 WMG nachgekommen ist und in weiterer Folge, ob der Beschwerdeführer über verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 WMG verfügt.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG), lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1.

Ziele und Grundsätze

(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden sowie die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung in das Erwerbsleben weitest möglich zu fördern.

(2) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung erfolgt durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch.

(3) Die Zuerkennung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.

(4) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung dient der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.

§ 4.

Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen

(1) Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hat, wer

1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

(2) Ein Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs einschließlich Mietbeihilfe besteht ab einem errechneten Mindestbetrag von fünf Euro monatlich.

(3) Personen, die bereits eine für Erwerbszwecke geeignete abgeschlossene Ausbildung oder eine Schulausbildung auf Maturaniveau haben und ihre Arbeitskraft allein deshalb nicht voll einsetzen können, weil sie eine weiterführende Ausbildung absolvieren, steht ein Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht zu.

§ 10.

Anrechnung von Einkommen und sonstigen Ansprüchen bei der Bemessung der Mindestsicherung

(1) Auf den Mindeststandard ist das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.

(2) Bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, erfolgt die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

(3) Zahlungsverpflichtungen, insbesondere auch solche auf Grund unterhaltsrechtlicher Beziehungen, sind bei der Bemessung nicht als einkommensmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Forderungen, die bei der Hilfe suchenden Person zwangsweise eingetrieben werden oder zu deren Begleichung sie nach einem Schuldenregulierungsverfahren verpflichtet ist.

(4) Gesetzliche oder vertragliche und der Höhe nach bestimmte Ansprüche der Hilfe suchenden Person auf Leistungen, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, sind auch dann anzurechnen, wenn die Hilfe suchende Person diese nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich) verfolgt, sofern die Geltendmachung weder offenbar aussichtslos noch unzumutbar ist. Dies ist von der unterhaltsberechtigten Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung glaubhaft zu machen.

§ 12.

Anrechnung von Vermögen

(1) Auf die Summe der Mindeststandards ist das verwertbare Vermögen von anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

(2) Soweit keine Ausnahmeregelung nach Abs. 3 anzuwenden ist, gelten als verwertbar:

1. unbewegliches Vermögen;

2. Ersparnisse und sonstige Vermögenswerte.

(3) Als nicht verwertbar gelten:

1. Gegenstände, die zu einer Erwerbsausübung oder der Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse der Hilfe suchenden Person dienen;

2. Gegenstände, die als angemessener Hausrat anzusehen sind;

3. Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere Behinderung, unzureichende Infrastruktur) erforderlich sind;

4. unbewegliches Vermögen, wenn dieses zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs der Bedarfsgemeinschaft dient;

5. verwertbares Vermögen nach Abs. 2 bis zu einem Freibetrag in Höhe des Fünffachen des Mindeststandards nach § 8 Abs. 2 Z 1 (Vermögensfreibetrag);

6. sonstige Vermögenswerte, solange Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht länger als für eine Dauer von sechs Monaten bezogen wurden. Dabei sind alle ununterbrochenen Bezugszeiträume im Ausmaß von mindestens zwei Monaten innerhalb von zwei Jahren vor der letzten Antragstellung zu berücksichtigen.

§ 15.
Kürzung der Leistungen


(1) Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person ihre Arbeitskraft nicht in zumutbarer Weise oder nicht so gut wie möglich einsetzt oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen nicht entsprechend mitwirkt, ist der im Rahmen der Bemessung auf sie entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts stufenweise bis zu 50 vH zu kürzen. Bei fortgesetzter beharrlicher Weigerung, die Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen, ist eine weitergehende Kürzung bis zu 100 vH zulässig.

(2) Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person ihre Mittellosigkeit während oder innerhalb der letzten drei Jahre vor der Hilfeleistung selbst verursacht hat, weil sie Vermögen verschenkt oder ein Erbe nicht angetreten hat, ist im Rahmen der Bemessung der auf sie entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts um 25 vH zu kürzen, bis die Summe der Kürzungen den Wert des verschenkten oder nicht erlangten Vermögens unter Berücksichtigung des Vermögensfreibetrages erreicht hat. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres vor dem Leistungen zur Mindestsicherung des Lebensunterhalts beantragt werden.”

Der angefochtene Bescheid stützt sich u.a. auf die nicht erfolgte Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers nach § 16 WMG, da dieser einen Nachweis über die Auszahlung des Bausparvertrages sowie die Kontoauszüge der letzten sechs Monate nicht vorgelegt habe.

Wie sich aus dem vorliegenden Akt allerdings ergibt, hat der Beschwerdeführer innerhalb der ihm, mit Schreiben vom 20.04.2017, gesetzten Frist bis zum 04.05.2017, insofern reagiert, als dieser in seiner E-Mail vom 26.04.2017 u.a. ausgeführt hat, dass er diesen Bausparvertrag nicht besitze und die Kontoauszüge sich im Anhang befinden. Der Beschwerdeführer hat es allerdings verabsäumt, die Kontoauszüge tatsächlich beizulegen; dies wurde offensichtlich auch von der belangten Behörde bemerkt und mit handschriftlichem Vermerk „kein Anhang“ festgehalten. Der Beschwerdeführer hat mit E-Mail vom 25.05.2017 sein Versäumnis korrigiert und die Kontoauszüge nachgereicht und weitere Informationen bezüglich des Bausparvertrages mitgeteilt.

Bei Betrachtung der Gesamtumstände, wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens immer sehr bemüht war, alle ihm abverlangten Unterlagen und Stellungnahmen im Rahmen seiner eingeschränkten Möglichkeiten (diagnostizierte Beeinträchtigungen seit seinem Motoradunfall) vorzulegen. Das „Vergessen“ die Unterlagen auch tatsächlich als Beilage anzufügen, kann als geringfügiges Verschulden angesehen werden, zumal der Beschwerdeführer, wie bereits ausgeführt, nachweislich beeinträchtigt war und nach wie vor ist. In diesem Zusammenhang wäre es für die belangte Behörde durchaus zumutbar gewesen, den Beschwerdeführer auf sein Versäumnis hinzuweisen und die fehlenden Beilagen zu urgieren. Auch das vorübergehende „Unwissen“ über den Verbleib des Geldes aus dem Bausparvertrag wird auf die gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers zurückgeführt. Es wird daher abschließend festgestellt, dass der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht im Rahmen des § 16 WMG im ausreichenden Maße nachgekommen ist.

Zum Vermögen:

Die belangte Behörde hat zu Recht, auf Grund des vorerst vorliegenden Sachverhaltes, berechtigte Zweifel an der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers dargelegt.

Das erkennende Gericht konnte sich allerdings im Zuge der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung einen Eindruck von dem Beschwerdeführer machen. Dieser hinterließ einen sehr bescheidenen und um Gerechtigkeit bemühten Eindruck und war auch sehr interessiert daran, an der Darlegung des Sachverhaltes mitzuwirken. Auch hatte er die in der Ladung angeführten Unterlagen vollständig beigebracht. Er konnte alle ihm gestellten Fragen glaubhaft und schlüssig beantworten. Seine Vertreterin war ebenfalls sehr bemüht, seine Angaben zu unterstützen und ebenso glaubhaft darzulegen, dass dem Beschwerdeführer tatsächlich keine Mittel zur Verfügung stehen. Sie führte dabei aus, den Beschwerdeführer seit etlichen Jahren zu kennen. Auch zu den für das erkennende Gericht vorerst nicht zuordenbaren Finanzamtszahlungen hat der Beschwerdeführer eine Erklärung abgegeben und durch Vorlage von diversen Unterlagen glaubhaft dargelegt, dass es sich hierbei um nachträgliche Umsatzsteuerzahlungen, welche vom Finanzamt nachverrechnet wurden, handelt.

Auf Grund des vorliegenden Akteninhaltes und dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung wird folgender Sachverhalt als erwiesen angesehen:

Der Beschwerdeführer hat bereits zu Lebzeiten seines Vaters die Eigentumswohnung, welche ihm auch aktuell als Hauptwohnsitz dient, geschenkt bekommen. Im Zuge der Verlassenschaftsabwicklung nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2014 und der Erbsentschlagung seiner Mutter, hat er das Gesamterbe angetreten und die Hälfte der Eigentumswohnung (inklusive der Hälfte eines Garagenplatzes) in Tirol, den PKW und den Bausparvertrag seines Vaters erhalten. Da er kein Fahrzeug mehr lenken kann, hat er den PKW seiner Mutter übergeben und ebenso die Auszahlung des Bausparvertrages auf das Konto seiner Mutter angewiesen. Der Beschwerdeführer konnte glaubhaft darlegen, dass er als Gegenzug für die Hilfe seiner Schwester, welche sich nach seinem Unfall sehr um seine Gesundheit und Genesung bemüht hat, seinen Hälfteanteil der Eigentumswohnung und Garage in Tirol ohne Gegengeschäft seiner Nichte geschenkt hat, da er zu diesem Zeitpunkt bereits über eine ihm von den Eltern überlassene Eigentumswohnung verfügte. Das bereits damals das Erbe nicht anders aufgeteilt wurde, lag laut seinen glaubhaften Angaben nicht an ihm, sondern dem Vorschlag des Gerichtskommissärs (Kostengründe). Aus heutiger Sicht, war dies allerdings unklug, zumal zusätzliche Kosten für die Schenkung angefallen sind. Angemerkt wird dabei, dass wenn der Beschwerdeführer die Absicht der Täuschung gehabt hätte, er damals sein Erbe erst gar nicht hätte antreten dürfen. Es wird daher abschließend festgestellt, dass der Beschwerdeführer derzeit über kein verwertbares Vermögen verfügt und sein Erbe, wie bereits oben ausgeführt, verschenkt hat. Auf die angebotene Einvernahme seiner Mutter als Zeugin konnte somit verzichtet werden.

Der Beschwerdeführer wird derzeit von seiner Mutter finanziell und vor allem in Form von Naturalien unterstützt, da er momentan keine Leistungen der Mindestsicherung erhält. Auf den vollständig vorgelegten Kontoauszügen (bis inklusive 04.09.2017) sind keine den Vermögensfreibetrag übersteigenden Einkommen ausgewiesen. Am Jahresende bezieht der Beschwerdeführer ein einmaliges Einkommen in einer im Vorfeld nicht voraussehbaren Höhe von der L. GmbH. Für dieses Einkommen ist der Beschwerdeführer auch umsatzsteuerpflichtig. Der Beschwerdeführer ist angehalten dieses Einkommen bei der belangten Behörde jedenfalls zeitgerecht zu melden und wird abschließend auf § 21 Abs. 1 WMG verwiesen, wonach Hilfe empfangende Personen jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Vermögens-, Einkommens-, Familien- oder Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten oder sonstige, voraussichtlich länger als zwei Wochen dauernde Abwesenheiten vom Wohnort unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzuzeigen haben.

Daraus folgt:

Durch das verschenkte Vermögen, war die Leistung des Beschwerdeführers ab 01.06.2017 gemäß § 15 Abs. 2 WMG neu zu bemessen. Eine bloße ersatzlose Behebung des vorliegend angefochtenen Einstellungsbescheides hätte zur Folge, dass der Anspruch der Beschwerdeführers in dem laut Zuerkennungsbescheid vom 29.11.2016 zuerkannt gewesenen Umfang wieder auflebte und damit die zwischenzeitig erfolgte Änderung (verschenktes Vermögen) unberücksichtigt blieben.

Im Rahmen der dem Verwaltungsgericht zukommenden Kognitionsbefugnis war daher für den Zeitraum von 01.06.2017 bis 30.11.2017 eine Neuberechnung vorzunehmen, wobei der Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts um jeweils 25vH monatlich gekürzt wurde. Daraus ergibt sich ein errechneter Gesamtbedarf (Lebensunterhalt und Wohnbedarf) von € 656,59 (€ 837,76 minus
Wohnbedarf von € 113,10 ergibt Lebensbedarf von € 724,66 minus 25 % ergibt € 543,49 plus Wohnbedarf von € 113,10 ergibt Lebens- und Wohnbedarf von € 656,59). Die Kürzung hat auch für die Sonderzahlung zu erfolgen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Mindestsicherung; Mitwirkungspflicht, psychische Beeinträchtigung, Vermögen, Erbschaft, Schenkung, Kürzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.002.RP12.8348.2017

Zuletzt aktualisiert am

12.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten