TE Vwgh Erkenntnis 2017/11/14 Ra 2017/20/0274

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Veröffentlicht am 14.11.2017
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
25/04 Sonstiges Strafprozessrecht;
40 Verwaltungsverfahren;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Melderecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;
44 Zivildienst;
63 Allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3;
AsylG 2005 §10 idF 2013/I/068;
AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
FNG 2014;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z8;
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §52 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §52 Abs2;
FrPolG 2005 §52 Abs3;
FrPolG 2005 §52;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §67;
FrPolG 2005 §70;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §55 Abs3;
NAG 2005 §55;
NAG 2005 §57;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §27;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Hainz-Sator und Dr. Leonhartsberger sowie den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision des M B in W, vertreten durch Dr. Peter Philipp, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 17, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juni 2017, Zl. I406 1422602-2/6E, betreffend Erlassung einer Ausweisung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

1. Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit es die Erlassung einer Ausweisung nach § 66 FPG und die Festlegung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 FPG betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

2. Der zweite und der dritte Satz des Spruchpunktes II. sowie Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 13. März 2017 wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG ersatzlos aufgehoben.

3. Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der aus Algerien stammende Revisionswerber stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 1. November 2011 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Diesen Antrag begründete er damit, dass er in Algerien Probleme mit seiner Familie habe. Er sei von seinen Eltern vernachlässigt worden und daher einsam aufgewachsen. Die Eltern hätten seine Brüder immer besser behandelt als ihn und hätten ihm auch kein Geld gegeben. Er wolle nicht nach Algerien zurück, weil er seinen Eltern nicht mehr begegnen wolle.

2 Das (damals zuständige) Bundesasylamt wies diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 9. November 2011 ab. Unter einem sprach es - gestützt auf den im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides geltenden § 10 Abs. 1 AsylG 2005 - aus, dass gegen den Revisionswerber eine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien erlassen werde. Nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im nunmehr bekämpften Erkenntnis wurde einer dagegen erhobenen Beschwerde vom damaligen Asylgerichtshof - unter Hinweis darauf, dass der Revisionswerber nicht dargetan habe, dass in seinem Herkunftsland Verfolgung im Sinn der GFK drohe - keine Folge gegeben. Diese Entscheidung erwuchs am 4. Oktober 2013 in Rechtskraft.

3 Am 22. April 2014 wurde der Revisionswerber, der das Bundesgebiet nicht verlassen hatte, im Zuge einer Verkehrskontrolle von Beamten der Landespolizeidirektion Niederösterreich angetroffen. Sie brachten ihm anlässlich dieser Kontrolle zur Kenntnis, dass gegen ihn eine Fahndung zur Aufenthaltsermittlung im Hinblick auf ein anhängiges Strafverfahren wegen des Verdachts des Diebstahls bestehe.

4 Der Revisionswerber stellte noch am selben Tag einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung gab er an, keine neuen Fluchtgründe zu haben. Er habe alle Gründe bereits im ersten Asylverfahren angegeben. Auf die Frage, was er im Fall der Rückkehr in sein Heimatland befürchte, führte er aus, Angst zu haben, von "Milizen der islamischen Front" getötet zu werden. Den neuen Asylantrag habe er erst jetzt gestellt, weil er gedacht habe, "Mama Africa" werde "alles" erledigen und er werde dann "neue Dokumente" bekommen.

5 Der Revisionswerber heiratete in der Folge am 25. Juli 2014 eine österreichische Staatsbürgerin. Am 24. September 2014 übersendete er dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein mit selbem Tag datiertes Schreiben, in dem er ausführte, aufgrund der Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin seinen Asylantrag "zurücklegen" zu wollen. Das habe er auch "der MA 35 im

2. Bezirk (Stadion) am 11. September 2014 gemeldet". 6 Mit Schreiben vom 31. März 2015 ersuchte der Landeshauptmann von Wien, Magistratsabteilung 35, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um Bekanntgabe, ob im Hinblick auf § 11 Abs. 2 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) Bedenken gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels an den Revisionswerber bestünden.

7 Am 15. April 2015 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Niederlassungsbehörde (lediglich) mit, dass das Asylverfahren des Revisionswerbers "im Laufen" sei.

8 Am 28. April 2015 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Schreiben des Landeshauptmannes von Wien vom 24. April 2015 ein, womit die dem Revisionswerber nach dem AsylG 2005 ausgestellte Aufenthaltsberechtigungskarte übersendet wurde. Die Niederlassungsbehörde teilte dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zudem mit, dass dem Revisionswerber "mit heutigen Tag" eine "Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, Aufenthaltskarte ausgegeben" worden sei.

9 Der Revisionswerber wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27. Jänner 2017 - bis dahin waren nach den vorgelegten Akten abgesehen von der Einholung von Auskünften aus dem Zentralen Melderegister und sonstigen vom Bundesminister für Inneres geführten Evidenzen keine Verfahrensschritte erfolgt - im Rahmen des Asylverfahrens vernommen. Er gab an, weder in Algerien noch in einem anderen Staat verfolgt zu werden. Seit dem Jahr 2011 sei er einmal in Algerien gewesen, und zwar nachdem er die "Aufenthaltsgenehmigung von der MA 35 bekommen habe" in der Zeit von 14. Mai 2016 bis 28. Mai 2016. Nach Hinweis auf das bereits abgeschlossene erste Asylverfahren führte der Revisionswerber aus, keine neuen Fluchtgründe zu haben. Er habe damals nur gewollt, in Österreich legal zu leben. Deshalb habe er den Folgeantrag gestellt. Er habe geheiratet und arbeite hier.

10 Im Verwaltungsakt erliegt ein vom Revisionswerber unterzeichnetes mit 27. Jänner 2017 datiertes Schriftstück, das folgenden Text enthält:

"Rechtsmittelverzicht

Ich verzichte hiermit nach Aufklärung über die damit verbundenen Konsequenzen ausdrücklich auf die Einbringung eines Rechtsmittels."

Einen Hinweis, worauf sich dieser Rechtsmittelverzicht beziehen sollte, enthält dieses Schriftstück nicht. Auch in der am selben Tag mit dem Revisionswerber angefertigten Niederschrift wird darauf nicht Bezug genommen.

11 Mit dem als "Gemeinschaftsrechtliches Niederlassungsrecht/Dokumentation, Mitteilung gemäß § 55 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz" bezeichneten Schreiben vom 22. Februar 2017 teilte der Landeshauptmann von Wien dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass der Revisionswerber aufgrund seiner Ehe mit einer "freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgerin" einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte bei der Niederlassungsbehörde eingebracht gehabt habe. Diesem Antrag sei damals stattgegeben und ihm eine bis 16. April 2020 gültige Aufenthaltskarte ausgestellt worden. Ermittlungen der Niederlassungsbehörde hätten nunmehr ergeben, dass die Ehe mit Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 31. Jänner 2017 rechtskräftig geschieden worden sei. Da die Ehe des Revisionswerbers mit der österreichischen Staatsbürgerin weniger als drei Jahre gedauert habe, seien die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht des Revisionswerbers weggefallen. Es bestehe daher für die Niederlassungsbehörde die Pflicht, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wegen einer "möglichen Aufenthaltsbeendigung" zu befassen.

12 In der Folge erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - ohne weitere Verfahrensschritte zu setzen - den Bescheid vom 13. März 2017, womit es den am 22. April 2014 vom Revisionswerber gestellten Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückwies (Spruchpunkt I.). Es sprach unter einem aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde, erließ gegen den Revisionswerber gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Weiters legte die Verwaltungsbehörde fest, dass gemäß § 55a Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt III.).

13 In der Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl darauf ab, dass der Revisionswerber keine neuen Fluchtgründe vorgebracht habe. Es hätten sich weder die maßgebliche Sachlage noch die anzuwendenden Rechtsnormen geändert, sodass der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sei.

14 Die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 AsylG 2005 und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, wonach eine "Entscheidung nach diesem Bundesgesetz" mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden sei, wenn der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 erteilt werde, seien auch dann anzuwenden, wenn ein Folgeantrag nach § 68 AVG zurückgewiesen werde.

15 Es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 gerechtfertigt wäre.

16 Die Erlassung der Rückkehrentscheidung erweise sich auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK als zulässig. Die Ehe des Revisionswerbers mit einer österreichischen Staatsbürgerin sei rechtskräftig geschieden worden. Er habe keine Verwandten oder Familienangehörige im Bundesgebiet. Somit bestehe kein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK.

Der Revisionswerber sei illegal eingereist und halte sich seit 2011 im Bundesgebiet auf. Er arbeite in einer Konditorei und verdiene "über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze". Er habe Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau der Stufe B1. Der Revisionswerber verfüge über soziale Kontakte zu seinen Arbeitskollegen. Es bestehe zu niemandem ein Abhängigkeitsverhältnis.

Der Eingriff in das Privatleben sei von § 10 AsylG 2005 und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gesetzlich vorgesehen.

Der Revisionswerber verfüge über keine "wesentliche integrative Bindung zu Österreich". Bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen sei dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Vollziehung des Fremdenwesens und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung mehr Gewicht einzuräumen als den "bloß höchst oberflächlichen privaten Interessen" des Revisionswerbers.

17 Schließlich legte die Behörde noch dar, dass es keine Gründe gebe, wonach die Abschiebung des Revisionswerbers in sein Heimatland unzulässig wäre, und dass nach § 55a Abs. 1a FPG im Fall einer zurückweisenden Entscheidung keine Frist für freiwillige Ausreise einzuräumen sei.

18 Mit Schriftsatz vom 31. März 2017 erhob der Revisionswerber Beschwerde. Darin brachte er vor, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl werfe ihm vor, es im Rahmen der Vernehmung unterlassen zu haben, die Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens bekanntzugeben. Die Behörde hätte ihn darüber belehren müssen, dass das Scheidungsverfahren, das eine "reine private Angelegenheit" sei, Auswirkungen auf seinen Asylantrag habe. Er verfüge "über einen unionsrechtlichen Aufenthaltstitel nach dem NAG", der bis 16. April 2020 gültig sei. Am 9. Februar 2017 habe der Revisionswerber zudem einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41 NAG gestellt. Im Weiteren legte der Revisionswerber dar, weshalb seiner Ansicht nach Art. 8 EMRK einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegen stehe.

Der Revisionswerber stellte die Anträge, die "Rechtsmittelbehörde" möge den Bescheid dahingehend abändern, dass ihm "ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gem. §§ 55, 56 und 57 AsylG 2005" erteilt werde. In eventu möge der Ausspruch über die Erlassung der Rückkehrentscheidung (erkennbar: samt den davon abhängenden Aussprüchen) aufgehoben werden.

19 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 28 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides der zweite und dritte Satz durch den Satz "Gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG wird (Revisionswerber) aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen." ersetzt wurde. Den Spruchpunkt III. des Bescheides änderte das Verwaltungsgericht dahingehend ab, dass dem Revisionswerber gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt wurde. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

20 Das Bundesverwaltungsgericht führte - soweit für das Revisionsverfahren wesentlich - im Rahmen der Feststellungen aus, dass der Revisionswerber am 25. Juli 2014 eine "freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin" geheiratet habe. Die Ehe sei mit Beschluss vom 31. Jänner 2017 des Bezirksgerichts Donaustadt geschieden worden. Der Revisionswerber verfüge seit dem 16. April 2015 über einen "unionsrechtlichen Aufenthaltstitel, für welchen die Voraussetzungen für ein bestehendes Aufenthaltsrecht" nach der Scheidung der Ehe weggefallen seien.

21 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte das Bundesverwaltungsgericht zunächst dar, weshalb der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen gewesen sei und die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 nicht gegeben seien.

22 Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Pflicht der Verwaltungsgerichte, vorrangig eine Sachentscheidung treffen zu müssen, führte das Bundesverwaltungsgericht sodann aus, der Revisionswerber sei aufgrund einer für ihn nach dem NAG ausgestellten Dokumentation rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Daher stelle sich die Erlassung einer auf § 52 Abs. 2 FPG gestützten Rückkehrentscheidung als nicht zulässig dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gehe aus § 55 Abs. 4 NAG hervor, dass in den davon erfassten Konstellationen die Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung anhand des § 66 FPG zu prüfen sei. Auf das Vorliegen der Eigenschaft des Fremden als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG komme es in einem solchen Fall nicht an.

Das habe die Behörde zwar verkannt. Jedoch habe dies im Rahmen der Pflicht zur Sachentscheidung lediglich dazu zu führen, dass der Spruch richtigzustellen sei.

23 Die Voraussetzungen für das Aufenthaltsrecht des Revisionswerbers seien infolge § 54 Abs. 1 und Abs. 5 NAG nach der Scheidung weggefallen, weil die Ehe nicht länger als drei Jahre gedauert habe. Daher komme ihm kein Aufenthaltsrecht mehr zu. Er könne nach § 66 FPG ausgewiesen werden.

24 Im Weiteren legte das Verwaltungsgericht dar, weshalb auch Art. 8 EMRK der Erlassung der Ausweisung nicht entgegenstehe.

25 Abschließend merkte das Bundesverwaltungsgericht noch an, dass es auch für die Beurteilung, ob ein Durchsetzungsaufschub nach § 70 FPG zu erteilen sei, im gegenständlichen Fall nicht darauf ankomme, ob der Revisionswerber ein begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG sei.

26 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht lediglich mit der Verneinung der in Art. 133 Abs. 4 B-VG enthaltenen Tatbestände.

27 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Revision nach Vorlage derselben sowie der Verfahrensakten durch das Bundesverwaltungsgericht und nach Einleitung des Vorverfahrens - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen:

Mit der Revision wird die Zulässigkeit der Erlassung einer Ausweisung nach § 66 FPG in Frage gestellt. Die Revision ist zur Klärung der Rechtslage zulässig. Sie ist auch berechtigt.

28 Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Revision - im Hinblick auf das als verletzt erachtete Recht und die Revisionsausführungen, die weder die (rechtlich trennbaren Aussprüche über die) Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz noch die Versagung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 ansprechen - nur gegen die Erlassung der Ausweisung (samt dem rechtlich von ihr abhängenden Ausspruch) richtet.

29 § 10 AsylG 2005 in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 68/2013) lautet:

     "Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

     § 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit

einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur

Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden,

wenn

1.        der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a

zurückgewiesen wird,

2.        der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5

zurückgewiesen wird,

3.        der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich

der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der

Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen

wird,

4.        einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt

wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär

Schutzberechtigten kommt oder

5.        einem Fremden der Status des subsidiär

Schutzberechtigten aberkannt wird

     und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein

Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen

der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

30 § 52 FPG in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 70/2015 hat folgenden Wortlaut:

     "Rückkehrentscheidung

     § 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das

Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

er sich

1.        nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.        nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das

Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise

eingeleitet wurde.

     (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt

unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine

Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.        dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen

Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2.        dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl

bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch

der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

abgewiesen wird,

3.        ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne

dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär

Schutzberechtigten kommt oder

4.        ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten

aberkannt wird

     und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005

vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen

zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt

wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein

Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

31 § 31 FPG in der - im Entscheidungszeitpunkt geltenden - Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 sieht auszugsweise vor:

"Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet

§ 31. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des

Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder

einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat

ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;

5.

(aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6.

wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem

Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

         7.       soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen

Vorschriften ergibt.

(1a) Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie

1. auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,

2. auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger

zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,

3.

geduldet sind (§ 46a) oder

4.

eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.

(2) ..."

32 Sowohl das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als auch das Bundesverwaltungsgericht haben richtig erkannt, dass auch eine (negative) Entscheidung über einen Folgeantrag grundsätzlich mit einer Entscheidung über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG stellt auch für den Fall der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG die Rechtsgrundlage für die Verbindung dieser Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung dar (vgl. dazu ausführlich VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 bis 0087; auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen).

33 Voraussetzung für die Erlassung einer auf § 52 Abs. 2 FPG gegründeten Rückkehrentscheidung, die unter einem mit einer der in den Z 1 bis 4 des § 52 Abs. 2 FPG genannten Entscheidungen zu erlassen ist, ist zudem, dass dem Drittstaatsangehörigen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

34 Diese Bestimmung geht auf die Stammfassung des § 10 AsylG 2005 (BGBl. I Nr. 100/2005 - Fremdenrechtspaket 2005) zurück. Diese wiederum lautete auszugsweise:

     "Verbindung mit der Ausweisung

     § 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit

einer Ausweisung zu verbinden, wenn

1.        der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

2.        der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich

der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der

Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen

wird;

3.        einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt

wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär

Schutzberechtigten kommt oder

4.        einem Fremden der Status des subsidiär

Schutzberechtigten aberkannt wird.

     (2) Ausweisungen nach Abs. 1 sind unzulässig, wenn

1.        dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses

Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

(3) ..."

35 Der Gesetzgeber begründete die mit § 10 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 festgelegte Ausnahme von der Anordnung der Verbindung mit einer Ausweisung in den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP 39) wie folgt:

"Der Entwurf geht somit in Aufrechterhaltung dieses mit der Asylgesetznovelle 2003 eingeführten, verwaltungsökonomischen Systems davon aus, dass im Regelfall ab- und zurückweisende Asylentscheidungen in einem mit einer Ausweisung zu verbinden sind. Ausgenommen sind Fälle, in denen dem Fremden ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder eine Ausweisung gegen Art. 8 EMRK verstoßen würde.

Der Fall des nicht auf das Asylgesetz gestützten Aufenthaltsrechts wird vor allem bei - vom Fremden irrtümlich angenommen - Vorliegen von Nachfluchtgründen vorliegen. Wenn ein Fremder, der sich schon rechtmäßig in Österreich niedergelassen hat, durch eine Änderung der Lage in seinem Herkunftsstaat bei einer allfälligen Rückkehr irrtümlich glaubt verfolgt zu werden; der Fremde soll durch die (erfolglose) Stellung des Asylantrags nicht schlechter gestellt werden als ein Fremder, der in der gleichen Lage keinen Asylantrag gestellt hat."

36 Sohin verfolgte der Gesetzgeber mit dieser Regelung den ausdrücklich erklärten Zweck, einem Fremden, der bereits über ein anderes Aufenthaltsrecht als nach dem AsylG 2005 verfügt, es bezogen auf das auf anderen Bestimmungen beruhende Aufenthaltsrecht nicht zum Nachteil gereichen zu lassen, wenn er einen (erfolglosen) Antrag auf internationalen Schutz stellt. Eine solche Sichtweise erscheint auch aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geboten, weil eine sachliche Rechtfertigung dafür, einem Fremden ein anderwärtiges Aufenthaltsrecht allein deshalb zu entziehen, weil er erfolglos einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nicht ohne Weiteres erkennbar ist.

37 Mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG (BGBl. I Nr. 87/2012) wurde die Erlassung aller aufenthaltsbeendenden Maßnahmen nach dem 8. Hauptstück des FPG dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übertragen (vgl. § 3 Abs. 1 Z 3 BFA-Einrichtungsgesetz; § 3 Abs. 2 Z 4 BFA-VG).

38 Zu den damit einhergehenden Änderungen des § 10 AsylG 2005 und des § 52 FPG führen die Materialien (RV 1803 BlgNR 24. GP 37 sowie 64f) auszugsweise aus:

Zu § 10 AsylG 2005:

"§ 10 normiert jene Fälle, in denen eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu verbinden ist. Siehe dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 58.

Abs. 1 normiert in den Z 1 bis 5 jene Fälle, die mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG zu verbinden sind. In den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 hat zuvor auch eine Prüfung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu erfolgen. Ist der Aufenthaltstitel von Amts wegen nicht zu erteilen und liegt in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vor, so sind diese Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG zu verbinden.

Wird vom Bundesamt einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 von Amts wegen nicht erteilt, so ist diese Entscheidung nach diesem Bundesgesetz gemäß Abs. 2 ebenfalls mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu verbinden.

Beantragt ein Drittstaatsangehöriger einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 56 oder 57 und wird dieser Antrag zurück- oder abgewiesen, so sind auch diese Entscheidungen mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu verbinden (Abs. 3)."

Zu § 52 FPG:

"Die vorgeschlagenen Abs. 2 bis 5 sind aufgrund der neuen Behördenstruktur notwendig, da nunmehr das Bundesamt einheitlich die Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vornimmt. In der geltenden Rechtslage wird zunächst durch das Bundesasylamt das Asylverfahren geprüft und bei den in § 10 AsylG 2005 genannten Fällen die Entscheidung mit einer Ausweisung nach dem AsylG 2005 verbunden. Sodann wurde durch die Fremdenpolizeibehörde die Abschiebung des Fremden veranlasst. Eine solche Verbindung ist nunmehr nicht mehr nötig, da das Bundesamt in einer Entscheidung feststellt, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurück- oder abzuweisen ist und sodann unter den Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 nunmehr eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nach Abs. 2 bis 5 zu erlassen ist.

Abs. 2 spiegelt somit die Bestimmungen des § 10 AsylG 2005 wieder und bildet die Anschlussnorm dar. Soweit die in Z 1 bis 4 taxativ genannten Fälle vorliegen und der Status des subsidiär Schutzberechtigten aus den Gründen der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt oder aberkannt wurde und dem Drittstaatsangehörigen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Der vorgeschlagen Abs. 3 ist notwendig, da nunmehr die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen durch das Bundesamt zu erteilen sind. Auch hier wird die zu erzielende Verfahrensökonomie ersichtlich, die durch die Einrichtung eines Bundesamtes erfolgt. Aufgrund der geltenden Rechtslage hat die NAG-Behörde bei einem ab- oder zurückweisenden Antrag über einen Aufenthaltstitel die Fremdenpolizeibehörde zu informieren, die sodann die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu prüfen hat. Dieser Informationsweg entfällt, da nunmehr diese Prüfung einheitlich durch das Bundesamt wahrzunehmen ist."

39 Demnach wollte der Gesetzgeber - bezogen auf die hier in Rede stehende Konstellation - keine Änderung der Rechtslage herbeiführen. Es wird in den Erläuterungen betont, dass der Abs. 2 des § 52 FPG die Bestimmungen des bisherigen § 10 AsylG 2005 wiederspiegle und die Anschlussnorm zum nunmehrigen § 10 AsylG 2005 darstelle. Eine auf § 52 Abs. 2 FPG gestützte Rückkehrentscheidung soll (auch weiterhin) nur dann zulässig sein, wenn "dem Drittstaatsangehörigen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt".

40 Die bereits in den (oben wiedergegebenen) Erläuterungen zum Fremdenrechtspaket 2005 erwähnte Verfahrensökonomie (vgl. auch dazu VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 bis 0087) bezweckt, die jeweils nach dem AsylG 2005 und dem FPG (vor Einrichtung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zudem an sich von unterschiedlichen Behörden) zu führenden Verfahren vor dem Hintergrund zu beschleunigen, dass im Regelfall davon auszugehen sein wird, dass der lediglich auf asylrechtliche Bestimmungen gegründete bloß vorläufige legale Aufenthalt des Fremden mit dem Abschluss des asylrechtlichen Verfahrens unrechtmäßig wird. Gerade zur Vermeidung eines weiteren erst im Anschluss an das Asylverfahren zu führenden Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung wegen des unrechtmäßigen Aufenthalts dient die Anordnung des § 10 AsylG 2005 und des § 52 Abs. 2 FPG.

41 Bereits in den Erläuterungen zur (in den Materialien zum Fremdenrechtspaket 2005 angesprochenen) AsylG-Novelle 2003, mit der die im Asylgesetz 1997 - AsylG schon existente Anordnung der Verbindung von zurückweisenden asylrechtlichen Entscheidungen mit der Erlassung einer Ausweisung auch auf abweisende Entscheidungen - das Rechtsinstitut der Rückkehrentscheidung war der damaligen Rechtslage noch fremd - ausgedehnt wurde, kommt dies deutlich zum Ausdruck. Denn die mit der Regierungsvorlage (RV 120 BlgNR 22. GP) vorgeschlagene Novellierung des AsylG wurde damit begründet, dass - bezogen auf Antragszurückweisungen - die Verbindung wichtig sei, weil es nicht zielführend erscheine, zuerst einen negativen Asylbescheid durch die Asylbehörde zu erlassen und im Anschluss daran ein eigenes fremdenpolizeiliches Verfahren zu führen. Die Verbindung diene der Verwaltungsvereinfachung und beseitige die Doppelgleisigkeit, ohne den Rechtsschutz zu beeinträchtigen. Sowohl zurückweisende Bescheide als auch abweisende Bescheide sollten von der Asylbehörde mit einer Ausweisung verbunden werden. Diese Maßnahme werde zu einer Verfahrensvereinfachung führen und die (damals für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem Fremdengesetz 1997 zuständigen) Fremdenpolizeibehörden entlasten, weil sie nach abweisenden oder zurückweisenden Bescheiden der Asylbehörden in den angeführten Fällen keine Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung mehr zu führen haben werden (RV 120 BlgNR 22. GP 14).

42 Aus all dem erhellt für die hier maßgebliche Rechtslage, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung "unter einem" mit den in § 52 Abs. 2 FPG angeführten Entscheidungen nach dem AsylG 2005 - eine Konstellation des § 52 Abs. 3 FPG steht fallbezogen nicht zur Debatte, weshalb darauf hier nicht weiter eingegangen werden muss - den Zweck verfolgt, nicht den rechtskräftigen Ausgang des asylrechtlichen Verfahrens, der regelmäßig erst zum Verlust eines nach dem AsylG 2005 vorläufig zustehenden Aufenthaltsrechts führt, abwarten zu müssen und erst danach das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG wegen des dann unrechtmäßigen Aufenthalts führen zu können.

Damit steht in Einklang, dass eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 FPG nur dann erfolgen soll, wenn - wie es § 52 Abs. 2 FPG anordnet - dem Drittstaatsangehörigen "kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt".

43 Zudem sieht § 52 Abs. 2 FPG vor, dass "(d)ies nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige" gelte. Diese Anordnung kann - ungeachtet der missverständlichen grammatikalischen Anknüpfung ("Dies...") - nur so verstanden werden, dass gegen begünstigte Drittstaatsangehörige von vornherein die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 FPG nicht in Betracht kommt. Dies fügt sich insofern in das beschriebene System ein, als für aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen begünstigte Drittstaatsangehörige - ebenso wie für EWR-Bürger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG und Schweizer Bürger - eigene Regelungen geschaffen wurden, wonach gegen diese die Erlassung einer Ausweisung (§ 66 FPG) oder eines Aufenthaltsverbots (§ 67 FPG) vorgesehen ist, nicht aber die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (vgl. etwa VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0133).

44 Aus dem Gesagten folgt, dass der Gesetzgeber andere Konstellationen als jene des § 52 Abs. 2 FPG nicht im asylrechtlichen Verfahren mitbehandelt wissen wollte. Dann aber hat die "unter einem" vorzunehmende Erlassung einer Rückkehrentscheidung in einem solchen Fall, in dem die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 FPG nicht erfüllt sind, zu unterbleiben. Insofern sind aber auch der oben angesprochenen Verfahrensökonomie vom Gesetz Grenzen gesetzt.

45 Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang klarzustellen, dass dies nicht bedeutet, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen, gegen den keine auf § 52 Abs. 2 FPG gestützte Rückkehrentscheidung ergehen darf, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung überhaupt unzulässig wäre.

Sollten Gründe vorhanden sein, die es rechtfertigen, aufgrund anderer Bestimmungen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen einen Fremden zu setzen, bleibt dies einem eigenen Verfahren, in dem die Voraussetzungen der dann zur Anwendung zu bringenden Bestimmungen zu prüfen sind, vorbehalten.

Dass im vorliegenden Fall die aufenthaltsbeendende Maßnahme im Rahmen eines solchen Verfahrens getroffen und die Entscheidung darüber lediglich in dieselbe von der Behörde angefertigte Urkunde, in der auch die Aussprüche über den Antrag auf internationalen Schutz enthalten sind, aufgenommen worden wäre, ist nicht ersichtlich, zumal sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung (sowohl im Spruch als auch in der Begründung) ausdrücklich auf die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 AsylG 2005 und des § 52 Abs. 2 FPG berufen hat. Vor diesem Hintergrund muss hier der Frage, ob eine solche Vorgangsweise - hätte sie unterschiedliche (zeitgleich geführte und im selben Zeitpunkt abgeschlossene) Verfahren betroffen - mit dem Gesetz vereinbar wäre, nicht nachgegangen werden.

46 Im gegenständlichen Fall wurde dem Revisionswerber am 16. April 2015 eine Aufenthaltskarte nach dem NAG (vgl. §§ 54, 57 NAG) mit Gültigkeit bis 16. April 2020 ausgestellt. Dies führte dazu, dass gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG sein Aufenthalt im Entscheidungszeitpunkt als rechtmäßig anzusehen war, woran auch nichts ändert, dass sich der Revisionswerber nach Meinung des Bundesverwaltungsgerichts nicht länger auf ein aus dem Unionsrecht herrührendes Aufenthaltsrecht berufen könne. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt wurde, selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig bleibt (vgl. VwGH 18.6.2013, 2012/18/0005).

47 Daraus folgt, dass die Erlassung einer auf § 52 Abs. 2 FPG gestützten Rückkehrentscheidung im vorliegenden Fall, in dem der Revisionswerber über ein auf das NAG gegründetes Aufenthaltsrecht verfügte, nicht zulässig war.

48 Nach dem Gesagten hätte das Bundesverwaltungsgericht diese Rückkehrentscheidung ersatzlos beheben müssen. Es war nicht befugt, diese durch eine Aufenthaltsbeendigung nach § 66 FPG zu ersetzen. Indem dies das Verwaltungsgericht dennoch in rechtswidriger Weise tat, hat es den Gegenstand der von ihm zu erledigenden Rechtssache überschritten. Daran ändert auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf seine Pflicht zur Sachentscheidung nichts, weil eine solche immer nur innerhalb der Sache des Verfahrens in Betracht kommt.

Im Fall eines Antrags auf internationalen Schutz ist die Behörde nicht auf das Antragsbegehren eingeschränkt. Es hat vielmehr die Verwaltungsangelegenheit insgesamt zu erledigen. Sie ist nach dem Gesetz auch dafür zuständig, (allfällige) nach dem Gesetz mit der Erledigung des Antrages ausdrücklich von Amts wegen zu verbindende Aussprüche zu tätigen (vgl. zur identen Situation in Bezug auf das Verwaltungsgericht, das infolge einer Säumnisbeschwerde zuständig wird, die Verwaltungssache zu erledigen, VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, Pkt. II.5.1. der Entscheidungsgründe).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. nochmals VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN).

Nach dem Inhalt des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl waren im gegenständlichen Fall die Verwaltungssachen durch die Entscheidungen über den (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz und die damit von der Behörde nach § 10 AsylG 2005 und § 52 Abs. 2 FPG verbundenen Aussprüche begrenzt. Dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl darüber hinaus mit dem angefochtenen Bescheid ein weiteres behördliches Verfahren, das zur Aufenthaltsbeendigung führen könnte, - etwa ein solches, das aufgrund der Mitteilung der Niederlassungsbehörde nach § 55 Abs. 3 NAG eingeleitet worden wäre - zum Abschluss gebracht hätte, ist diesem Bescheid nicht zu entnehmen.

49 Somit hat das Bundesverwaltungsgericht verkannt, dass es mit einer Entscheidung über eine Ausweisung nach § 66 FPG die durch den behördlichen Bescheid (in Spruchpunkt II. zweiter Satz) festgelegte Verwaltungssache überschreitet, was seine Entscheidung - bezogen auf den Umfang der Anfechtung - im Sinn des § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (vgl. VwGH 1.9.2017, Ra 2016/03/0055, Rn 26), weshalb sie aus diesem Grund keinen Bestand haben konnte. Dies gilt auch für den rechtlich davon abhängenden Ausspruch über den Durchsetzungsaufschub, dem seine Grundlage entzogen ist.

50 Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Da diese Voraussetzungen hier unzweifelhaft vorliegen, sah sich der Verwaltungsgerichtshof veranlasst, von der Ermächtigung des § 42 Abs. 4 VwGG Gebrauch zu machen. Diesfalls sind, soweit im VwGG nicht anderes bestimmt ist, gemäß § 62 Abs. 2 VwGG jene Vorschriften anzuwenden, die das Verwaltungsgericht anzuwenden hätte.

Demnach waren die im beim Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheid enthaltenen und dem Gesetz widersprechenden Aussprüche in Anwendung des § 28 Abs. 1 VwGVG ersatzlos zu beheben.

51 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 14. November 2017

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017200274.L00

Im RIS seit

07.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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