TE Vwgh Erkenntnis 2000/7/11 97/16/0222

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Veröffentlicht am 11.07.2000
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/06 Verkehrsteuern;
33 Bewertungsrecht;

Norm

ABGB §1392;
ABGB §938;
BewG 1955 §10;
ErbStG §12 Abs1 Z2;
ErbStG §18;
ErbStG §19 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt 1010 Wien, Börsegasse 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 10. April 1997, Zl. B P2-7/96, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat am 17. Oktober 1992 im Rahmen eines von "Radio CD" durchgeführten Gewinnspieles den von der H Fertighaus GmbH zur Verfügung gestellten Hauptpreis gewonnen. Die H Fertighaus GmbH stellte in weiterer Folge dem Beschwerdeführer einen Gutschein aus, der ihn oder eine von ihm namhaft gemachte Person berechtigte, gegen Vorlage dieses Gutscheines Waren und Leistungen aus dem Programm der H Fertighaus GmbH im Bruttoverkaufswert von S 1,500.000,-- zu beziehen.

Mit Kaufvertrag vom 28. April 1994 verkaufte der Beschwerdeführer den Warengutschein an Gerhard und Ingeborg T. um den Kaufpreis von S 1,350.000,--, worauf das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Graz mit Bescheid vom 31. Oktober 1995 ausgehend von einem für die Bemessungsgrundlage relevanten (gemeinen) Wert der Zuwendung von S 1,500.000,-- die Schenkungssteuer mit S 449.550,-- festsetzte.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung, die sich gegen die S 1,350.000,-- übersteigende Bemessungsgrundlage richtete, brachte der Beschwerdeführer vor, dass der ihm zugewendete Gutschein zwar nominell zum Bezug von Waren im Wert von S 1,500.000,-- berechtige, der tatsächliche Verkehrswert dieser Produkte jedoch nur S 1,350.000,-- betrage, weil bei Bezug der Waren durch Einlösung des Gutscheines der Listenpreis herangezogen werde und die beim Erwerb dieser Produkte gegen Barzahlung üblicherweise gewährten Rabatte in der Höhe von mindestens 10 % dadurch nicht erzielt werden können. Daher habe er den Gutschein auch nur mit einem 10 %-igen Abschlag von seinem Nominalwert weiterveräußern können. Irgendeinen Beweisantrag enthielt die Berufung nicht.

Die daraufhin ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung begründete die erstinstanzliche Behörde damit, dass der vom Beschwerdeführer im Nachhinein erzielte, vom Listenpreis abweichende Verkaufserlös das Vorliegen ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse indiziere, die bei Ermittlung des gemeinen Wertes nach der hier anzuwendenden Vorschrift des § 10 Abs. 2 BewG nicht zu berücksichtigen wären. In dem für das Entstehen der Steuerschuld maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe des Gutscheines an den Beschwerdeführer sei der gemeine Wert der im Gutschein verbrieften Waren der Listenpreis der H Fertighaus GmbH. gewesen.

Dagegen stellte der Beschwerdeführer fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Unter Hinweis auf die bei Neuwagenkäufen üblichen Rabatte zwischen 10 % und 17 % vom Listenpreis brachte er vor, dass auch bei Fertigteilhäuser ein Rabatt von mindestens 10 % vom Listenpreis üblicherweise zu erzielen sei. Der Abschlag von 10 % bei der Weiterveräußerung sei auch nicht in ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen begründet, weil mit den Käufern, dem Ehepaar T., keinerlei persönliche Beziehungen bestünden und diese über Einschaltung eines Maklers gefunden worden wären. Zum Beweis dieser Behauptungen beantragte der Beschwerdeführer die zeugenschaftliche Einvernahme des Ehepaares T.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die belangte Behörde folgte den Angaben des Beschwerdeführers, wonach der Gutschein mit erheblicher Verzögerung übergeben worden war. Sie nahm daher das Entstehen der Steuerschuld am 28. April 1994, aber noch vor dem Verkauf an T. an. Da das Schenkungssteuergesetz für die Entstehung der Steuerschuld auf die Bereicherung des Zuwendungsempfängers abstelle, seien nach Ausführung der Zuwendung eintretende Wertänderungen, wie im vorliegenden Fall durch Veräußerung der zugewendeten Sache, nicht zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es beim gemeinen Wert von fabriksneuen Kraftfahrzeugen auf die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr angewandten Handelspreise, nämlich die Listenpreise, an. Die Entstehung der Steuersschuld und somit der für die Bewertung maßgebliche Zeitpunkt liege jedenfalls vor dem Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages. Im Übrigen lägen damit zwei getrennt zu beurteilende Sachverhalte vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes nicht mit (weiterer) Schenkungsteuer belastet zu werden, verletzt. Unter Wiederholung seiner Rechtsansicht in der Berufung und im Vorlageantrag brachte der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, eine Abweichung von lediglich 10 % vom Listenpreis indiziere keine ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnisse, Listenpreise seien nicht die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbaren Preise. Da auch unentgeltliche Zuwendungen der Zustimmung des Zuwendungsempfängers bedürfen, die in der Verfügung über den Geschenkgegenstand liege, sei der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung mit dem Zeitpunkt der Weiterveräußerung ident.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung grundsätzlich der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld - das ist im Beschwerdefall der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung (vgl. § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG) - maßgebend. Eine Schenkung gilt an dem Tag als ausgeführt, an dem die Bereicherung im Vermögen des Beschenkten tatsächlich eintritt und der Beschenkte in den Besitz des Geschenkes kommt. Im angefochtenen Bescheid wurde hierzu ausgeführt, die Steuerschuld sei mit Verlosung des Hauptpreises am 17. Oktober 1992, "spätestens" jedoch am 28. April 1994 entstanden. Dies lässt zunächst die Frage offen, ob nicht schon vor der Übergabe des Gutscheines eine Zuwendung erfolgt ist, sodass sich die hier strittige Bewertungsfrage möglicherweise nicht stellt. Der Vorakt des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien, der möglicherweise Aufklärung bieten würde, wurde dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgelegt, sodass die folgenden Ausführungen unter der Voraussetzung zu sehen sind, dass ausschließlich eine Zuwendung, nämlich jene des Gutscheines, gegeben ist.

Bei der mit Gutschein der H Fertighaus GmbH verbrieften Forderung auf den Bezug von Waren und Leistungen aus ihrem Programm im Bruttoverkaufspreis von S 1,500.000,-- ist die Ausführung der Zuwendung durch die Übergabe des Gutscheines, welche als Übergabe einer Schuldforderung zu beurteilen ist, erfolgt.

Gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).

§ 10 BewG lautet auszugsweise:

"(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen."

Der gemeine Wert, bei dem es sich um eine fiktive Größe handelt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen und es kommt diesbezüglich auf die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr angewandten Handelspreise an; bei der Ermittlung des gemeinen Wertes von geschenkten fabriksneuen Kraftfahrzeugen kann sich die Behörde an den im Geschäftsverkehr angewandten Handelspreisen (Listenpreisen) orientieren (siehe die bei Fellner, aaO, § 19, Rz 21b, angeführten Erkenntnisse). Auch in seinem Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 96/14/0075, welches der Beschwerdeführer zur Untermauerung seines Rechtsstandpunktes zitiert, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es grundsätzlich als schlüssiger und denkfolgerichtiger Schätzungsvorgang anzusehen ist, wenn bei Ermittlung des gemeinen Wertes eines Kfz vom Listenpreis ausgegangen wird. Bei der Veräußerung eines noch nicht zum Verkehr zugelassenen Neuwagens werde man sich aber im Wesentlichen am Listenpreis orientieren und Abzüge für die üblichen Neuwagenrabatte vornehmen können.

Zuletzt hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 99/16/0249, ausgesprochen, dass es für die Ermittlung des gemeinen Wertes von geschenkten Reisegutscheinen auf den Listenpreis ankommt. Im letztgenannten Erkenntnis wurde insbesondere betont, dass es sich beim gemeinen Wert nicht um den Preis handle, den der Bereicherte selbst bei der Veräußerung der erhaltenen Ware im gewöhnlichen, "nicht-kommerziellen" Geschäftsverkehr erzielen kann. Das im Bereich der Schenkungssteuer geltende Bereicherungsprinzip zeige auf, dass die Bereicherung nicht den Preis erfassen kann, der bei einem erst nach der Zuwendung erfolgten Verkaufsvorgang erzielbar wäre. Überdies handle es sich bei einem privaten Weiterverkauf unter dem Nominalwert um einen anders gearteten Sachverhalt und infolge der im Gesetz normierten Stichtagsbewertung könnten nach dem Stichtag liegende Wertänderungen nicht berücksichtigt werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. August 1995, Zl. 95/16/0098).

Insoweit der Beschwerdeführer einen gegenüber dem Listenpreis um 10 % geringeren von ihm erzielten Kaufpreis und damit eine Summe ins Treffen führt, die vom Listenpreis in doch auffälliger Art und Weise abweicht, wäre dadurch das Vorliegen ungewöhnlicher bzw. persönlicher Verhältnisse indiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. November 1994, Zl. 94/16/0156 mwN).

Der Beschwerdeführer hat sich allerdings auch darauf berufen, dass üblicherweise am Markt für Fertigteilhäuser Preisnachlässe von mindestens 10 % gewährt werden, und beantragte zum Beweis dafür die Einvernahme der Erwerber des Gutscheines, des Ehepaares T.

Diesem Vorbringen kommt aber, wie schon aufgezeigt wurde, Relevanz zu, weil im Falle, dass eine Branchenüblichkeit solcher Rabatte festgestellt würde, dies bei der Ermittlung des gemeines Wertes nicht außer Betracht bleiben darf. Wenn immer und gegenüber jedermann beim Fertigteilhauskauf ein derartiger Rabatt gewährt wird, dann ist der um den Rabatt reduzierte Preis der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.

Die belangte Behörde ist ausschließlich vom Listenpreis ausgegangen und nahm dabei in Kauf, dass dieser Listenpreis möglicherweise - wenn sich die Behauptungen des Beschwerdeführers als richtig herausstellen - nie bezahlt wird. Damit ging sie von einem vom Verwaltungsgerichtshof nicht gebilligten Verständnis des gemeinen Wertes aus und belastete ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muss.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher zunächst zu klären sein, worin die Zuwendung bestanden hat; sollte der Gutschein die Zuwendung gewesen sein, so ist durch geeignete Erhebungen festzustellen, ob Rabatte branchenüblich sind. Dafür kommt insbesondere eine Anfrage beim Geschenkgeber in Betracht; die schon eingeholte Auskunft von der Firma Z. könnte verwertet werden, wenn dieses Beweisergebnis vorgehalten wird.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte auf Grund des § 39 Abs. 2 Z. 3 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/199.

Wien, am 11. Juli 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997160222.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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