TE Vwgh Erkenntnis 2000/7/11 2000/16/0321

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Veröffentlicht am 11.07.2000
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Index

L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

AbgVG Vlbg 1984 §122 Abs1;
AbgVG Vlbg 1984 §52 Abs2;
BAO §115 Abs2;
BAO §281 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art140 Abs7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S GmbH & Co KG in F, vertreten durch Dr. Hubert F. Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, Kirchstraße 10, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 29. Feber 2000, Zl. IIIa-230/242, betreffend Aussetzung des Berufungsverfahrens in einer Getränkesteuerangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Stadt Feldkirch, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der Eingabe vom 30. August 1999 ersuchte die Beschwerdeführerin ihre "Berufung vom 30. 8. 1999 gemäß § 122 Abs. 1 Abgabenverfahrensgesetz auszusetzen".

Mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 setzte die Abgabenkommission der Stadt Feldkirch dieses Verfahren über die fristgerecht eingebrachte Berufung gemäß § 122 Abs. 1 Abgabenverfahrensgesetz aus.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung mit nachstehendem Inhalt:

"Wir haben gegen die Festsetzung der Getränkesteuer 1998 Berufung ergriffen und erhielten von Ihnen die Mitteilung, dass das Verfahren ausgesetzt wurde, da in einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage Berufungen anhängig sind, oder vor einem Gericht oder Verwaltungsbehörde ein Verfahren behängt, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung für die Berufung ist. Dagegen erheben wir Vorstellung und verweisen auf die Begründung in unserer Berufung."

In einem die Vorstellung ergänzenden Schriftsatz vom 10. Jänner 2000 brachte die Beschwerdeführerin vor, die Vorschreibung der Getränkesteuer verstoße gegen Gemeinschaftsrecht und sei bei Restaurationsumsätzen mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Dies mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe ausdrücklich die Aussetzung des Verfahrens beantragt. Offensichtlich sei die Aussetzung im Interesse der Beschwerdeführerin gelegen. Die Aussetzung des Berufungsverfahrens sei daher zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im "Recht auf Nichtbezahlung nicht geschuldeter Getränkesteuer" und in dem "Recht auf Rückzahlung oder Verrechnung zu Unrecht gezahlter Getränkesteuer" verletzt. Ferner erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht, in den Genuss der Anlassfallwirkung zu kommen und in dem Recht im Falle der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit Staats- oder Amtshaftungsansprüche geltend machen zu können, verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit die Beschwerdeführerin sich in dem Recht auf Nichtbezahlung nicht geschuldeter Getränkesteuer und in dem Recht auf Rückzahlung oder Verrechnung zu Unrecht gezahlter Getränkesteuer verletzt erachtet, übersieht sie, dass die belangte Behörde über die Aussetzung des Berufungsverfahrens entschieden hat. In diesen von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Beschwerdepunkten, kann sie daher nicht verletzt sein, weil mit diesem Bescheid nicht über die Getränkesteuerschuld und über die Rückzahlung von gezahlten Getränkesteuerschulden entschieden wurde.

Die Beschwerdeführerin selbst beantragte die Aussetzung des Berufungsverfahrens und brachte dabei im Verfahren vor der Gemeindebehörde keine Umstände vor, die gegen die Aussetzung des Berufungsverfahrens gesprochen hätten. Mit dem Bescheid der Abgabenberufungskommission wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin Folge gegeben und das Berufungsverfahren, wie beantragt, ausgesetzt.

Gemäß § 122 Abs. 1 des Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetzes kann die Entscheidung über eine Berufung, wenn wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig ist oder sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren behängt, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegend Interessen der Partei entgegenstehen.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Aussetzung von der Behörde zweiter Instanz durch Bescheid auszusprechen.

Zur Frage, ob die Getränkesteuerbestimmungen dem Gemeinschaftsrecht widersprechen, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. Dezember 1997, Zlen. 97/16/0221, 0021, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu einer Vorabentscheidung angerufen. Dieses Verfahren war im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Abgabenkommission (und auch des angefochtenen Bescheides) noch offen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 14. Oktober 1999, Zl. 99/16/0157, entschieden, dass jeweils im Einzelfall zu beurteilen sei, ob die Absicht der Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde zwecks Erlangung der sogenannten "Anlassfallwirkung" einer Aussetzung entgegenstehe. Als entscheidend wurde dabei angesehen, ob die Behörde der Partei vor Erlassung des Aussetzungsbescheides Gelegenheit zur Darlegung ihrer Interessen gegeben hat.

Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin selbst das Aussetzungsverfahren beantragt und damit ihr Interesse an einer solchen Entscheidung der Behörde gegenüber initiativ bekannt gegeben. Die Beschwerdeführerin hatte Gelegenheit zur Darlegung ihrer Interessen, brachte aber nichts vor, was die Behörde von der Erlassung des Aussetzungsbescheides abhalten hätte müssen, insbesondere machte sie nicht geltend, gegen die Vorschreibung der Getränkesteuer wegen verfassungsrechtlicher Bedenken die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erheben zu wollen. Erst in der Vorstellung wurde ohne nähere Begründung oder Erläuterung auf einen Aufsatz in einer Fachzeitschrift hingewiesen, der sich auch mit verfassungsrechtlichen Problemen in Zusammenhang mit der Getränkesteuer befasste.

Der Bescheid der Abgabenkommission ist von der Vorstellungsbehörde an der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung zu beurteilen (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 99/16/0155). Im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Abgabenkommission lagen keine von der Partei geltend gemachten Gründe gegen die Aussetzung des Berufungsverfahrens vor, weshalb die belangte Behörde die Aussetzung des Berufungsverfahrens zu Recht nicht als rechtswidrig erkannte und der Vorstellung daher keine Folge gab.

Das Berufungsverfahren wurde im Hinblick auf das bereits genannte Vorabentscheidungsverfahren ausgesetzt. Nach der Entscheidung des EuGH in dieser Sache liegen die Aussetzungsvoraussetzungen nicht mehr vor und das Abgabenverfahren ist daher ab diesem Zeitpunkt weiterzuführen. Eine vom EuGH ausgesprochene Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuer wird daher bei der Vorschreibung der Getränkesteuer im weiterzuführenden Berufungverfahren zu berücksichtigen sein. Die behautete Rechtsverletzung, im Falle der Aussetzung des Berufungsverfahrens bei Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuer, keine Staats- oder Amtshaftungsansprüche geltend machen zu können, liegt nicht vor, weil die Beschwerdeführerin selbst die Aussetzung des Berufungsverfahrens begehrt hat und überdies nach Entscheidung des EuGH über die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuer das Berufungsverfahren weiterzuführen und die Beschwerdeführerin nicht gehindert ist, ihre Rechte geltend zu machen.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Juli 2000

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000160321.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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