TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/25 VGW-021/019/5422/2017

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Veröffentlicht am 25.10.2017
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Entscheidungsdatum

25.10.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §137f Abs7
GewO 1994 §137f Abs8
GewO 1994 §137h
GewO 1994 §367 Z58

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Romano über die Beschwerde des Herrn Ing. G. T., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 03.03.2017, Zl. MBA ... - S 47745/16, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 137 f Abs. 7 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF und 2) § 137f Abs. 8 iVm 137 h GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

„Sie haben als Gewerbeinhaber, berechtigt zur Ausübung des Gewerbes: „Versicherungsvermittlung der Form Versicherungsagent“ mit dem Standort in Wien, K.-gasse, zu »Verantworten, dass Sie am 16.08.2016

1)die Bestimmungen des § 137 f Abs. 7 GewO 1994, wonach Versicherungsvermittler verpflichtet sind, dafür Sorge zu tragen, dass dem Versicherungskunden bei Abschluss jedes ersten Versicherungsvertrages und nötigenfalls bei Änderung oder Erneuerung des Vertrages folgende Informationen vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden gegeben werden:

1.  seinen Namen und seine Anschrift

2.  in welches Register er eingetragen wurde und auf welche Weise sich die Eintragung überprüfen lässt,

3.  ob eine direkte oder indirekte Beteiligung von über 10 vH an den Stimmrechten oder am Kapital eines bestimmten Versicherungsunternehmens hält,

4.  ob ein bestimmtes Versicherungsunternehmen oder dessen Mutterunternehmen an seinem Unternehmen eine direkte oder indirekte Beteiligung von über 10 vH der Stimmrechte oder am Kapital hält

5.  Angaben über Beschwerdemöglichkeiten betreffend die Versicherungsvermittlung,

insofern nicht eingehalten haben, als die Auskünfte zu Punkt 2 bis 5 nicht schriftlich (in Form eines Protokolls oder eines dauerhaften Datenträgers) mitgeteilt wurden und 2) die Bestimmungen des § 137 f Abs. 8 GewO 1994, wonach der Versicherungsvermittler vor Abgabe der Vertragserklärung dem Kunden mitzuteilen hat ob er seinen Rat gemäß Absatz 9 auf eine ausgewogene Marktuntersuchung stützt oder ob er vertraglich gebunden ist, nicht eingehalten haben, als diese dem Kunden nicht schriftlich bzw. auf einem Datenträger mitgeteilt wurden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

ad 1) § 137 f Abs. 7 GewO 1994, BGBl.Nr. 194/1994 idgF

ad 2)) § 137f Abs. 8 iVm 137 h GewO 1994, BGBl.Nr. 194/1994 idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

2 Geldstrafen von je € 130,00, falls diese uneinbringlich sind,

2 Ersatzfreiheitsstrafen von je 7 Stunden

Summe der Geldstrafen: € 260,00

Summe der Ersatzfreiheitsstrafen: 14 Stunden

gemäß § 367 Z 58 der Gewerbeordnung 1994, BGBI.Nr.194/1994

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 26,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 286,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wird vorgebracht, die fraglichen Detailinformationen seien dem Kunden mündlich bekannt gegeben worden, zudem sei es gar nicht zum Vertragsabschluss gekommen. Auch liege eine unzulässige Doppelbestrafung vor.

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt, es wurde sodann vor dem erkennenden Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Rahmen der Verhandlung führte der Beschwerdeführer aus:

„Verwiesen wird auf das bisherige Vorbringen. Der Tatvorwurf gründet sich auf eine reine Routinekontrolle, eine Beschwerde liegt der Revision nicht zu Grunde. Die Tätigkeit wird nur in einem äußerst eingeschränkten Umfang ausgeübt, bei den Kunden handelt es sich um ehemalige Kollegen des Beschwerdeführers.

Wenn ich befragt werde, warum es im gegenständlichen Fall nicht zum Vertragsabschluss gekommen ist, gebe ich dazu an: Meine ehemaligen Kollegen lassen sich oft und gerne von mir beraten, zum Abschluss von Lebensversicherungen kommt es jedoch kaum, da das Zinsniveau derzeit derartig gering ist, dass sich derartige Versicherungen für den Versicherungsnehmer kaum mehr lohnen. Diese Argumentation trifft auch für die gegenständliche Eigenheimversicherung zu, in beiden Fällen ist es zum Vertragsabschluss gar nicht gekommen.“

Dazu wurde erwogen:

Die maßgebliche Bestimmung des § 137f der Gewerbeordnung in der auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung lautet:

„Informationspflichten

(1) Versicherungsvermittler haben im Geschäftsverkehr als solche aufzutreten. Die bei der Versicherungsvermittlung verwendeten eigenen Papiere und Schriftstücke haben deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile Namen und Anschrift, die GISA-Zahl sowie die Bezeichnung „Versicherungsvermittler“ zu enthalten.

(2) Für Versicherungsvermittler ausschließlich in der Form „Versicherungsagent“, gilt Abs. 1 mit dem Unterschied, dass sie als solche aufzutreten und Papiere und Schriftstücke deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile den Hinweis „Versicherungsagent“ und alle Agenturverhältnisse zu enthalten haben.

(3) Für Versicherungsvermittler ausschließlich in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“, gilt Abs. 1 mit dem Unterschied, dass sie als solche aufzutreten und Papiere und Schriftstücke deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile den Hinweis „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ zu enthalten haben.

(4) Gewerbetreibende, die das Recht zur Versicherungsvermittlung auf Grund einer Berechtigung zur Gewerblichen Vermögensberatung (§ 94 Z 75) besitzen, haben im Geschäftsverkehr und auf Papieren und Schriftstücken deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile hinzuweisen, dass sie zur Versicherungsvermittlung bezüglich Lebens- und Unfallversicherungen berechtigt sind. Erfolgt die Tätigkeit ausschließlich in der in Abs. 2 oder in Abs. 3 genannten Form, hat der Hinweis sinngemäß Abs. 2 oder Abs. 3 zu berücksichtigen.

(5) Gewerbetreibende, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung als Nebengewerbe bzw. als ein eingeschränktes Gewerbe angemeldet haben, haben im Geschäftsverkehr und auf Papieren und Schriftstücken deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile auf das Nebengewerbe bzw. auf das eingeschränkte Gewerbe hinzuweisen. Erfolgt die Tätigkeit ausschließlich in der in Abs. 2 oder in Abs. 3 genannten Form, hat der Hinweis sinngemäß Abs. 2 oder Abs. 3 zu berücksichtigen.

(6) Besteht eine Berechtigung zum Empfang von Prämien für das Versicherungsunternehmen oder von für den Kunden bestimmten Beträgen, so ist auch dies im Sinne von Abs. 1 bis 5 deutlich zu machen.

(7) Der Versicherungsvermittler ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass dem Versicherungskunden bei Abschluss jedes ersten Versicherungsvertrags und nötigenfalls bei Änderung oder Erneuerung des Vertrags folgende Informationen vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden gegeben werden:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

seinen Namen und seine Anschrift;

2.

in welches Register er eingetragen wurde und auf welche Weise sich die Eintragung überprüfen lässt;

3.

ob er eine direkte oder indirekte Beteiligung von über 10 vH an den Stimmrechten oder am Kapital eines bestimmten Versicherungsunternehmens hält;

4.

ob ein bestimmtes Versicherungsunternehmen oder dessen Mutterunternehmen an seinem Unternehmen eine direkte oder indirekte Beteiligung von über 10 vH der Stimmrechte oder am Kapital hält;

5.

Angaben über Beschwerdemöglichkeiten betreffend die Versicherungsvermittlung.

(8) Bei einem Beratungsgespräch hat der Versicherungsvermittler entweder in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ tätig zu werden. Im Hinblick auf jeden einzelnen angebotenen Vertrag hat der Versicherungsvermittler vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden diesem mitzuteilen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

ob er seinen Rat gemäß Absatz 9 auf eine ausgewogene Marktuntersuchung stützt, oder

2.

ob er vertraglich gebunden ist und entweder

a)

verpflichtet ist, Versicherungsvermittlungsgeschäfte bezüglich des vertragsgegenständlichen Versicherungsprodukts ausschließlich mit einem Versicherungsunternehmen zu tätigen.

 

In diesem Fall teilt er dem Kunden auf Nachfrage auch die Namen allfälliger sonstiger Versicherungsunternehmen mit, an die er vertraglich gebunden ist, wobei der Kunde über dieses Recht zu informieren ist oder

b)

zwar nicht verpflichtet ist, Versicherungsvermittlungsgeschäfte bezüglich des vertragsgegenständlichen Versicherungsprodukts ausschliesslich mit einem Versicherungsunternehmen zu tätigen, aber seinen Rat wegen seiner vertraglichen Bindungen nicht auf eine ausgewogene Marktuntersuchung (Z 1) stützt.

 

In diesem Fall teilt er dem Kunden auch die Namen der Versicherungsunternehmen mit, mit denen er Versicherungsgeschäfte tätigen darf und auch tätigt.

(9) Teilt der Versicherungsvermittler dem Kunden mit, dass er auf der Grundlage einer objektiven Untersuchung berät, so ist er verpflichtet, seinen Rat auf eine Untersuchung im Sinne von § 28 Z 3 des Maklergesetzes, BGBl. Nr. 262/1996, in der geltenden Fassung von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen zu stützen. Im Fall von Abs. 8 Z 2 lit. b gilt dies eingeschränkt auf die Versicherungsverträge, die von den Versicherungsunternehmen, für die der Versicherungsvermittler Versicherungsgeschäfte tätigen darf und auch tätigt, angeboten werden.“

Der Verantwortung des Beschwerdeführers, ein Vertragsabschluss sei nicht zu Stande gekommen, konnte nicht mit der im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit entgegengetreten werden. Es wurde vielmehr im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung festgestellt, dass zu diesem Umstand eine durchaus glaubwürdige und nachvollziehbare Erklärung abgegeben wurde, indem der Beschwerdeführer darauf verwies, dass die Motivation für Kunden, Versicherungen der dargestellten Art in Anspruch zu nehmen, dafür gelegentlich als nicht ausreichend angesehen werde. Auch den in Ablichtung zum Akt erlegten Dokumenten ist ein zwingender Nachweis des Zustandekommens eines Versicherungsvertrages nicht zu entnehmen.

Da sohin ein Nachweis des Umstandes, der Beschwerdeführer habe die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in sämtlichen Tatbildelementen verwirklicht, nicht mit dem Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erbracht wurde, war der Beschwerde im Zweifel zu seinen Gunsten Folge zu geben und mit Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses vorzugehen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Versicherungsvermittler; Informationspflichten; in dubio pro reo; Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.021.019.5422.2017

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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