TE Vwgh Beschluss 2000/7/19 2000/13/0038

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Veröffentlicht am 19.07.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, in der Beschwerdesache der A GmbH in W, vertreten durch Dr. Hans Christian Nemetz, Rechtsanwalt in Wien III, Uchatiusgasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Dezember 1997, Zl. 11-91/2258-2261/14, betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1980 bis 1988 sowie Vermögenssteuer ab 1.1.1981, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 24. Februar 1988 erhob die Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Bescheid eine Beschwerde gemäß Art. 144 BVG vor dem Verfassungsgerichtshof. Darin wurde der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und wegen Anwendung einer rechtswidrigen Norm seinem gesamten Umfang nach aufzuheben. In der Beschwerde stellte die Beschwerdeführerin für den Fall einer Abweisung oder Ablehnung den Antrag, diese gemäß Art. 144 Abs. 3 BVG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob die Beschwerdeführerin in sonstigen Rechten verletzt wurde.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 29. Februar 2000, B 417/98-3, die Behandlung der Beschwerde ab. Mit dem selben Beschluss trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 27. April 2000, 2000/13/0038-2, gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Mängelbehebung und Beschwerdeergänzung auf. Es sei das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt), bestimmt zu bezeichnen (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützte, seien anzuführen (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG), und es sei ein der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGG entsprechendes bestimmtes Begehren zu stellen (§ 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG). Die Versäumung der Frist gelte als Zurückziehung der Beschwerde.

In dem fristgemäß am 2. Juni 2000 eingebrachten Ergänzungsschriftsatz wird zur Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2000 ausgeführt, der angefochtene Bescheid werde zur Gänze wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Der Beschwerdepunkt sei darin gelegen, dass "wir in unserem Recht auf Berücksichtigung unseres Parteiengehörs im Sinne des § 115 BAO verletzt wurden". Die belangte Behörde habe der beschwerdeführenden Partei entgegen § 115 BAO weder Gelegenheit gegeben, ihre Recht und rechtlichen Interessen gelten zu machen, noch habe sie die entscheidungserheblichen Umstände von Amts wegen ausgeforscht und richtig gewürdigt. Zu den "Beschwerdegründen" wird unter Hinweis auf eine "Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften" auf die Ausführungen unter den Punkten 4. und 5. der Verfassungsgerichtshofbeschwerde vom 24. Februar 1998 verwiesen. Er werde beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, 95/14/0163, mwN), kommt bei Prüfung eines angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Vom Beschwerdepunkt zu unterscheiden und mit ihm nicht zu verwechseln sind die Beschwerdegründe des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG sowie die Aufhebungstatbestände des § 42 Abs. 2 leg. cit., an die keine Bindung des Verwaltungsgerichtshofes besteht.

Im Mängelbehebungsschriftsatz vom 31. Mai 2000 wird als Beschwerdepunkt lediglich die Verletzung von Verfahrensvorschriften (im Besonderen die Verletzung des Parteiengehörs im Sinne des § 115 BAO) geltend gemacht. Die Verletzung von Verfahrensvorschriften als solche stellt aber keinen Beschwerdepunkt dar, sondern zählt zu den Beschwerdegründen. In welchem konkreten, aus einer Rechtsnorm ableitbaren subjektiven Recht die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid (in Bezug auf die durch diesen zur Vorschreibung gelangenden Abgaben) verletzt sein soll, wird mit der Behauptung der Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht dargestellt (vgl. beispielsweise die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1994, 93/15/0214, vom 11. Dezember 1996, 96/13/0099, und vom 27. Jänner 2000, 99/15/0243).

Damit ist die Beschwerdeführerin dem ihr erteilten Auftrag, die Mängel der Beschwerde vom 24. Februar 1998 zu verbessern, nicht nachgekommen. Ein mangelhaft erfüllter Verbesserungsauftrag ist der Unterlassung der Behebung von Mängeln gleichzusetzen (vgl. z.B. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 2000, 99/13/0262). Das Verfahren war daher auf Grund der gesetzlichen Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde wegen unerlassener Mängelbehebung gemäß § 33 Abs. 1 und § 34 Abs. 2 VwGG einzustellen.

Wien, am 19. Juli 2000

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000130038.X00

Im RIS seit

14.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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