TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/8 VGW-242/002/RP12/8903/2017

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Veröffentlicht am 08.08.2017
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Entscheidungsdatum

08.08.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §16 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Schussek über die Beschwerde des Herrn D. Do. vom 28.4.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, Sozialzentrum …, vom 30.3.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/01450906-001,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, hat mit Bescheid vom 30.03.2017 zur Zl. MA 40 - SH/2017/01450906-001 den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers vom 08.02.2017 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) abgewiesen.

Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass mit Schreiben vom 10.03.2017 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 16 WMG (Abweisung des Antrages wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht) die Aufforderung ergangen sei, bis zum 24.03.2017 für die Beurteilung des Anspruchs unerlässliche Angaben zu machen und/bzw. erforderliche Unterlagen zu erbringen. Dieser Aufforderung sei nicht bzw. zur Gänze nachgekommen. Es seien Kontoauszüge ab Jänner 2015 betreffend die Firma D. Do. KG, der Gesellschaftsvertrag, eine monatliche Einnahmen/Ausgabenrechnung (Kassabuch bzw. Saldenliste), die Einkommenssteuerbescheide vom Finanzamt von 2015 und 2016, der Nachweis über die Nichtbetriebsmeldung bzw. Ruhendmeldung des Betriebes, der Nachweis der Löschung, Liquidation oder Abweisung des Konkurses mangels Masse des Unternehmens, nicht fristgerecht vorgelegt worden. Da die Behörde ohne die verpflichtende Mitwirkung praktisch außerstande gesetzt gewesen sei, die für die Bemessung der Leistung rechtserheblichen Tatsachen festzustellen, seien die fehlenden Angaben bzw. Unterlagen zur Beurteilung des Anspruchs „unerlässlich“ im Sinne des § 16 WMG gewesen.

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 02.05.2017, worin der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausführt, dass er zum Zeitpunkt des Verbesserungsauftrages gemäß § 32 Abs. 3 WMG nicht mehr gewusst habe, dass die Firme, welche er und drei andere Teilhaber am 04.06.2003 gegründet haben, noch existiere. Er habe gedacht, dass die Firma gelöscht sei. Zeitgleich habe er eine schwere Familienkrise gehabt. Er habe die Unterlagen, welche er in diesem kurzen Zeitraum erbringen konnte, erbracht und auch persönlich erklärt, dass er nicht so schnell die gesamten Unterlagen erbringen könne. Er habe auch zwischenzeitlich versucht die Firma aufzulösen, allerdings sei dies ohne die drei weiteren Gesellschafter nicht möglich. Er müsse erst den jeweiligen Wohnsitz eruieren, da die anderen Personen im Ausland leben würden. Er sei sicher gewesen, dass diese Firma nicht mehr existiere und sehe man auch auf dem Auszug, dass der letzte Eintrag am 01.01.2007 gewesen sei. Dies sei über 10 Jahre her und habe er keine Erträge aus der Firma, welche für die Berechnung relevant seien. Er habe kein Einkommen außer dem bereits deklarierten Arbeitslosengeld. Er versuche die Causa zu klären, könne dies aber nicht auf die Schnelle erledigen. Er übersende die bereits erhaltenen Unterlagen mit der Beschwerde. Er sei sich keiner Verletzung der Mitwirkungspflicht bewusst, da er auch gemeldet habe, dass er nicht in der Lage sei alles zu erledigen, da diverse Behörden mitinvolviert seien. Er ersuche um Zuerkennung einer Leistung und werde alles Mögliche tun um dem Verbesserungsauftrag nachzukommen.

Die Magistratsabteilung 40 legte die Beschwerde mit dem Bezug habenden Akt dem Verwaltungsgericht Wien vor.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat am 08.02.2017 einen Antrag auf Mindestsicherung für sich und seine Frau sowie die drei minderjährigen Kinder gestellt.

Er wurde erstmals mit Schreiben vom 14.02.2017 gemäß § 32 Abs. 3 WMG unter anderem aufgefordert, Kontoauszüge ab Jänner 2015 betreffend die Firma D. Do. KG, den Gesellschaftsvertrag, eine monatliche Einnahmen/Ausgabenrechnung (Kassabuch, Saldenliste), die Einkommenssteuerbescheide vom Finanzamt von 2015 und 2016, den Nachweis über die Nichtbetriebsmeldung bzw. Ruhendmeldung des Betriebes, den Nachweis der Löschung, Liquidation oder Abweisung des Konkurses mangels Masse des Unternehmens, vorzulegen. Es wurde ihm überdies noch aufgetragen eine Vielzahl anderer benötigter Unterlagen beizubringen.

Innerhalb der bis zum 10.03.2017 verlängerten Frist hat der Beschwerdeführer alle von ihm abverlangten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen betreffend die Firma D. Do. KEG, der belangten Behörde persönlich vorgelegt bzw. wurde zu drei Punkten jeweils eine diesbezügliche Notiz eingetragen, weshalb noch keine Unterlagen vorgelegt werden können bzw. der derzeitige Verfahrensstand angeführt. Bezüglich der Firmenunterlagen findet sich der Vermerk „Gibt an seit 2002 ist gelöscht“. (ABl. 31) Ebenfalls vorgelegt wurde eine Verständigung über die Endigung einer Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers sowie eine Mitgliederausdruck der WKO Wien betreffend die Löschung des Gewerbes mit 13.08.2009.

Die belangte Behörde hat in weiterer Folge den Beschwerdeführer nochmals mit Schreiben vom 10.03.2017 gemäß § 16 Abs. 1 WMG aufgefordert, die fehlenden Unterlagen betreffend die Firma D. Do. KG, wie sie auch bereits mit Schreiben vom 14.02.2017 verlangt wurden (s.o.), sowie den schriftlichen Nachweis, dass ein Antrag auf Kinderbetreuungsgeld inkl. Zuschlag gestellt wurde und einen aktuellen Nachweis des BG … über die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ab 01.01.2017 für Do. O. und Os. vorzulegen und ihm dafür eine Frist bis zum 24.03.2017 eingeräumt.

Das Schreiben wurde laut Zustellnachweis RSb vom Empfänger (=Beschwerdeführer) am 16.03.2017 persönlich übernommen und hat dieser bereits am 21.03.2017 Teile der abverlangten Unterlagen vorgelegt. Bezüglich der Firmenunterlagen findet sich auf der ebenfalls übermittelten Aufforderung gemäß § 16 Abs. 1 WMG vom 10.03.2017 der handschriftliche Vermerk „Fa nicht aktiv seit 2001“; entsprechende Unterlagen sind allerdings nicht vorgelegt worden.

Die belangte Behörde hat den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

Nach Erlassung des Bescheides findet sich auf ABl. 110 ein Aktenvermerk vom 16.05.2017 worin festgehalten wurde, dass lt. WKO mit der Firma (D. Do. KEG) nie ein Gewerbe betrieben wurde und lt. Handelsgericht die Firma im Firmenbuch eingetragen ist und es die Unterschriften aller Gesellschafter benötige um diese auszutragen.

Die mit 02.05.2017 eingebrachte Beschwerde wurde als Neuantrag gewertet und mit Bescheid vom 14.06.2017 eine Leistung für den Zeitraum von 02.05.2017 bis 30.04.2018 zuerkannt.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 3 VwGVG iVm § 24 Abs. 4 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die maßgebliche Bestimmung des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG), lautet wie folgt:

§ 16.

Ablehnung und Einstellung der Leistungen

(1) Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person trotz Aufforderung unter Setzung einer angemessenen Frist und nachweislichem Hinweis auf die Rechtsfolgen ohne triftigen Grund nicht rechtzeitig mitwirkt, indem sie

1. die zur Durchführung des Verfahrens von der Behörde verlangten Angaben nicht macht oder

2. die von der Behörde verlangten Unterlagen nicht vorlegt oder

3. soweit nicht für die Anrechnung die statistisch errechneten Durchschnittsbedarfssätze herangezogen werden können, gesetzliche oder vertragliche Ansprüche, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich), verfolgt, wobei eine offenbar aussichtslose, unzumutbare oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbundene Geltendmachung von Ansprüchen nicht verlangt werden kann,

ist die Leistung einzustellen oder abzulehnen. Eine Nachzahlung für die Zeit der Einstellung oder Ablehnung unterbleibt. Ein triftiger Verhinderungsgrund ist von der Hilfe suchenden oder empfangenden Person glaubhaft zu machen und entsprechend zu bescheinigen.

(2) Die im Rahmen der Bemessung auf eine Hilfe suchende oder empfangende Person entfallende Leistung ist einzustellen oder abzulehnen, wenn sie unter den in Abs. 1, erster Halbsatz genannten Voraussetzungen nicht mitwirkt, indem sie der Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung nicht nachkommt.

(3) Bei einer Einstellung oder Ablehnung nach Abs. 2 ändert sich der auf die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzuwendende Mindeststandard nicht.

Wie sich aus dem vorliegenden Akteninhalt ergibt, war der Beschwerdeführer stets bemüht, alle ihm abverlangten Unterlagen innerhalb der festgesetzten Frist der belangten Behörde vorzulegen. Bei Unterlagen, welche er nicht vorlegen konnte, hat er einen entsprechenden Verhinderungsgrund dargelegt und die Unterlagen schnellstmöglich, trotz privater Probleme, nachgereicht. Auch betreffend die Unterlagen der Firma D. Do. KEG hat er zweimalig ausgeführt, dass die Firma seit 2002 gelöscht bzw. nicht aktiv sei. Er hat zumindest eine Bestätigung für die Endigung seiner Gewerbeberechtigung vorgelegt, auch wenn dies kein eindeutiger Hinweis auf die Stilllegung eines Unternehmens darstellt.

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen seiner Möglichkeiten am Verfahren aktiv mitgewirkt.

Die belangte Behörde hat, wie auch aus dem Aktenvermerk vom 16.05.2017 hervorgeht, durch ihre eigenständigen Ermittlungen festgehalten, dass es tatsächlich aller Gesellschafter der Firma zur Löschung bedarf und kann auf Grund der ausländischen Wohnsitze davon ausgegangen werden, dass der Zeitrahmen für die Erfüllung jedenfalls großzügiger anzusetzen ist.

Es liegen aus den dargelegten Gründen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 WMG für die Ablehnung der Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs nach dem WMG wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht vor.

Die belangte Behörde wird nunmehr über den offenen Antrag vom 08.02.2017 zu entscheiden haben.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Mindestsicherung; Mitwirkungspflicht, Vorlage, Unterlagen, Bemühen, Hinderungsgründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.002.RP12.8903.2017

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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