TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/18 LVwG-2017/18/2336-1

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Veröffentlicht am 18.10.2017
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Entscheidungsdatum

18.10.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung
25/04 Sonstiges Strafprozess, Strafvollzug

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
Tilgungsgesetz 1972 §4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alois Huber über die Beschwerde des AA, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 26.09.2017, Zahl ****,

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 26.09.2017, Zahl **** lautet bis zur Rechtsmittelbelehrung wie folgt:

„Herr AA, geb. am xx.xx.xxxx in Z, Staatsbürgerschaft Österreich, wohnhaft in Y, Adresse 1 meldete mit Schriftsatz vom 26.09.2017 das Gewerbe „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ im Standort Y, Adresse 1, an.

Spruch:

Die Bezirkshauptmannschaft Z als Gewerbebehörde nach den §§ 333 und 339 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) stellt gemäß § 340 Abs. 3 GewO 1994 iVm mit § 13 Abs. 1 GewO 1994 fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des von Herrn AA, geb. am xx.xx.xxxx in Z, Staatsbürgerschaft Österreich, wohnhaft in Y, Adresse 1, angemeldeten Gewerbes „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ im Standort Y, Adresse 1,

NICHT VORLIEGEN

Die Ausübung des obgenannten Gewerbes wird daher gemäß § 340 Abs. 3 der Gewerbeordnung 1994

UNTERSAGT.

Gemäß § 333a Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) entfällt die Entrichtung von Stempelgebühren und Verwaltungsabgaben.“

Gegen diesen Bescheid hat AA fristgerecht im Ergebnis Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde zur Begründung lediglich ausgeführt, dass in der Entscheidung des LG X vom 18.03.2010 zu **** ausgesprochen worden sei, dass die zehnjährige Tilgungsfrist ab 30.09.2005 zu laufen begonnen hätte. Diesbezüglich wurde die „Endgültige Strafnachsicht“ vom 18.03.2010 zu Zahl **** des Landesgerichtes X, unterfertigt von der Richterin Dr. BB, vorgelegt.

In dieser „Endgültigen Strafnachsicht“ ist tatsächlich angeführt, dass der Beginn der Tilgungsfrist (§ 2 Tilgungsgesetz 1972) mit 30.09.2005 anzusetzen sei.

Dabei handelt es sich jedoch um ein Versehen. Beim 30.09.2005 handelt es sich um jenen Tag, an dem das Urteil des Landesgerichtes X vom 23.09.2005 zu **** rechtskräftig geworden ist. Mit diesem Urteil wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des Suchtmittelgesetzes zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Nachdem der Beschwerdeführer diese Haftstrafe offenbar teilweise verbüßt hat, wurde der verbleibende Teil mit Beschluss des Landesgerichtes X vom 05.03.2007 zu **** mit einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Mit weiterem Beschluss des Landesgerichtes X zu **** vom 18.03.2010 wurde dieser noch nicht verbüßte Teil der Haftstrafe endgültig nachgesehen. Damit ist die Haftstrafe mit 05.03.2007 als verbüßt anzusehen.

Weiters ist dem Strafregisterauszug zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes X vom 06.11.2002 zu **** (rechtskräftig mit 06.11.2002) zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Euro 2,-- (360,-- Euro), im Nichteinbringlichkeitsfall zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren, ebenfalls wegen Übertretung des Suchtmittelgesetzes bestraft worden ist.

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

Nach § 2 Abs 1 des Tilgungsgesetzes 1972 beginnt die Tilgungsfrist, sobald alle Freiheits- oder Geldstrafen und die mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vollzogen sind, als vollzogen gelten, nachgesehen worden sind oder nicht mehr vollzogen werden dürfen.

Damit ist eindeutig, dass die Angabe in der vorgelegten „Endgültigen Strafnachsicht“ vom 18.03.2010, wonach die Tilgungsfrist mit 30.09.2005 zu laufen begonnen hätte, auf einem Versehen beruht und unrichtig ist, zumal es sich bei diesem Datum lediglich um den Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteiles vom 23.09.2005 zu **** handelt. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten naturgemäß noch nicht vollzogen. Als vollzogen zu betrachten ist diese Freiheitsstrafe erst nach teilweiser Verbüßung dieser Haftstrafe und der Nachsicht eines Teils dieser Freiheitsstrafe mit Beschluss vom 05.03.2007. Da dieser Teil der Freiheitsstrafe schließlich im Jahr 2010 nach Ablauf der dreijährigen Probezeit endgültig nachgesehen worden ist, ist die Haftstrafe von 18 Monaten mit 05.03.2007 als vollzogen bzw nachgesehen zu betrachten. Damit begann im gegenständlichen Fall die Tilgungsfrist mit 05.03.2007 zu laufen.

Nach § 3 Abs 1 Ziffer 3 des Tilgungsgesetzes 1972 beträgt die Tilgungsfrist 10 Jahre, wenn es zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr und höchstens drei Jahren gekommen ist.

Nach § 4 Abs 1 des Tilgungsgesetzes 1972 tritt die Tilgung aller Verurteilungen nur gemeinsam ein, wenn jemand rechtskräftig verurteilt worden ist, bevor eine oder mehrere frühere Verurteilungen getilgt sind.

Nach § 4 Abs 2 des Tilgungsgesetzes 1972 ist die Tilgungsfrist im Falle des Abs 1 unter Zugrundelegung der Summe der in allen noch nicht getilgten Verurteilungen verhängten Strafen nach § 3 zu bestimmen, wobei sie aber mindestens die nach § 3 bestimmte Einzelfrist, die am spätesten enden würde, um so viele Jahre übersteigen muss, als rechtskräftige und noch nicht getilgte Verurteilungen vorliegen. Die zuletzt rechtskräftig gewordene Verurteilung ist dabei mitzuzählen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Beschuldigte wie bereits angeführt, mit 06.11.2002 erstmals wegen Übertretung des Suchtmittelgesetzes mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Noch innerhalb dieser Probezeit und noch bevor die diesen Fall gültige fünfjährige Tilgungsfrist zu laufen begonnen hat, wurde der Beschuldigte neuerlich mit dem bereits mehrfach angesprochenen Urteil vom 23.09.2005 verurteilt. Damit ergibt sich ein Anwendungsfall nach § 4 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 des Tilgungsgesetzes 1972. Die Summe der Verurteilungen, nämlich 18 Monate, sowie 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, würde noch zur Anwendung des § 3 Abs 1 Ziffer 3 des Tilgungsgesetzes, also eine zehnjährige Tilgungsfrist bedingen. Diese zehnjährige Tilgungsfrist , beginnend mit 05.03.2007, wird jedoch durch die zwei noch nicht getilgten Verurteilungen nach § 4 Abs 2 zweiter Halbsatz des Tilgungsgesetzes 1972 um zwei Jahre verlängert. Damit wird die Tilgung, so wie auch im Strafregisterauszug angegeben, voraussichtlich erst mit 05.03.2019 eintreten.

Nach § 13 Abs 1 Zif 1 lit b iVm § 13 Abs 1 Ziffer 2 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und die Verurteilung noch nicht getilgt ist.

Aufgrund des Umstandes, dass die Tilgung im gegenständlichen Fall erst mit 05.03.2019 eintreten wird, ist der angefochtenen Bescheid zu Recht ergangen.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass der Beschwerdeführer die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung nicht beantragt hat und überdies im gegenständlichen Fall eine reine Rechtsfrage vorliegt, sodass seitens des Landesverwaltungsgerichtes Tirol von einer solchen abgesehen worden ist.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall war verfahrensrelevant lediglich die Frage, wann die Tilgungsfrist zu laufen beginnt, bzw wann sie endet. Dies ergibt sich eindeutig aus den diesbezüglichen Bestimmungen des Tilgungsgesetzes, die angeführt worden sind.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Alois Huber

(Richter)

Schlagworte

Gewerbeausschluss; strafgerichtliche Verurteilung; Tilgung der Strafe; Eintritt der Tilgung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.18.2336.1

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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