TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/13 LVwG-2017/28/2097-4

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Veröffentlicht am 13.11.2017
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Entscheidungsdatum

13.11.2017

Index

60/02 Arbeitnehmerschutz

Norm

BauV §7 Abs1
BauV §7 Abs2 Z1
BauV §8 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Bettina Weißgatterer über die Beschwerde des Herrn Ing. AA, vertreten durch BB & CC Rechtsanwaltsgemeinschaft, Mag. BD, Dr. CD, Adresse 1, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.07.2017, Zl ****, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung,

zu Recht erkannt:

1.       Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben, das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Sachverhalt und Beschwerdevorbringen:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.07.2017, Zl ****, wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt vorgeworfen:

„Herr Ing. AA, geb. xx.xx.xxxx, wh. in Z, Adresse 2, ist als verantwortlich Beauftragter der Firma EE GmbH & Co KG mit Sitz in W, Adresse 3, (Meldung gemäß § 23 (1) ArbIG vom 25.02.2015 an das Arbeitsinspektorat V) und somit als gemäß § 9 (2) VStG zur Vertretung nach außen berufe Person, für folgende Verwaltungsübertretung verantwortlich, die von Herrn KK vom Arbeitsinspektorat V am 04.05.2017 anlässlich von Erhebungen zum Arbeitsunfall vom 03.05.2017 auf der Baustelle „Bauvorhaben Aufstockung/Dacherneuerung EFG JJ“ in U, Adresse 4, bei welchem der Arbeitnehmer FF verletzt wurde, festgestellt wurde:

Am 03.05.2017 um ca. 07.20 Uhr war auf der Baustelle „Bauvorhaben Aufstockung/Dacherneuerung EFG JJ“ in U, Adresse 4, ein Teilbereich der Geschoßdecke im südlichen Bereich im 2. OG nicht abgedeckt. Die Absturzhöhe von der Geschoßdecke zum darunterliegenden Balkonboden war ca. 2,5 m. Der Arbeitnehmer FF, geb. xx.xx.xxxx, der auf der angeführter Baustelle Tätigkeiten durchführte, ist durch diese nicht abgedeckte Öffnung in der Geschoßdecke im 2. OG auf den darunter befindlichen Balkonboden im 1. OG gefallen und wurde dadurch verletzt.

Dadurch wurden §§ 7 (1) und (2) Z 1 iVm § 8 (1) Bauschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 1994/340 übertreten, wonach

a)  bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8 BauV), Abgrenzungen (§ 9 BauV) oder Schutzeinrichtungen (§ 10 BauV) anzubringen sind;

b)  die Absturzgefahr bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künetten, bei Öffnungen in Geschoßdecken, wie Installationsöffnungen, oder in Dächern, wie Lichtkuppel- oder Scheddachöffnungen vorliegt und

c)  geeignete Absturzsicherungen tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen sind.

Der Beschuldigte hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §§ 7 (1) und (2) Z 1 iVm § 8 (1) Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl Nr. 340/1994 idgF iVm § 130 (5) iVm § 118 (3) ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, stF: BGBl. Nr. 450/1994 (ASchG) idgF, begangen.

Über den Beschuldigten wird deshalb gemäß § 130 (5) ASchG eine Geldstrafe in Höhe von € 1.000,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 120 Stunden.

Der Bestrafte hat gemäß § 64 (2) VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch € 10,-- zu bezahlen, das sind € 100,--.

Somit ergibt sich ein Gesamtbetrag von € 1.100,--.“

Dagegen erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und führte in dieser aus wie folgt:

„I. In umseits näher bezeichneter Angelegenheit hat der Beschuldigte nunmehr Herrn Mag. BD, Rechtsanwalt in X, Adresse 1, mit seiner weiteren rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt, um entsprechende Kenntnisnahme wird ersucht.

II. Sodann erhebt der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter auf diesem Wege gegen das Straferkenntnis der BH Y vom 31.07.2017, am 02.08.2017 zu eigenen Händen zugestellt, innerhalb offener Frist die nachstehende

BESCHWERDE

an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

Das Straferkenntnis vom 31.07.2017 wird seinem gesamten Umfang nach angefochten, geltend gemacht werden rechtliche inhaltliche sowie Verfahrensmängel und wird diesbezüglich ausgeführt wie folgt:

1.) Dem Beschuldigten wird seitens der Verwaltungsbehörde vorgeworfen, er habe es als verantwortlich Beauftragter der Firma EE GmbH & Co KG m mit Sitz in W und somit als gemäß § 9 (2) VStG zur Vertretung nach außen berufene Person zu verantworten, dass am 03.05.2017 um ca. 07.20 Uhr auf der Baustelle „Bauvorhaben Aufstockung/ Dacherneuerung EFG JJ“ in U, Adresse 4, ein Teilbereich der Geschossdecke im südlichen Bereich im zweiten OG nicht abgedeckt, wobei die Absturzhöhe von der Geschossdecke zum darunter liegenden Balkonboden ca. 2,5 Meter gewesen wäre und wäre der Arbeitnehmer FF, der auf der angeführten Baustelle Tätigkeiten durchführte, durch diese nicht abgedeckte Öffnung in der Geschossdecke im zweiten OG auf den darunter befindlichen Balkonboden im ersten OG gefallen und wäre dieser dadurch verletzt worden.

Der Beschuldigte habe durch diese Übertretung die Bestimmungen der §§7 (1) und (2) Z 1 in Verbindung m mit § 8 (1) Bauarbeiterschutzverordnung - in weiterem kurz BauV – verletzt und wurde er demgemäß in Anwendung des § 130 (5) ASchG zu einer Geldstrafe in Höhe von € 1.000,00 bzw. unter Berücksichtigung der Kosten des Strafverfahrens zu einem Gesamtbetrag in Höhe von € 1.100,00 verurteilt.

Soweit zum Sachverhalt, diese Bestrafung erweist sich aus den nachstehenden Überlegungen als nicht berechtigt:

2.) Zunächst ist einzuwenden bzw. zu rügen, dass sich die Erstbehörde in keinster Weise mit dem gesamten Akteninhalt auseinandergesetzt hat, hätte sie dies ordnungsgemäß getan, so wäre es nicht einmal zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Beschuldigten gekommen bzw. hätte ein solches bereits längst ersatzlos eingestellt werden müssen.

Die Erstbehörde geht offensichtlich irrig davon aus, dass der verunfallte Arbeiter FF durch die auch auf den Lichtbildern ersichtliche Bodenöffnung gestürzt ist und sich dabei verletzt hat, die Erstbehörde unterlässt es jedoch zu begründen, warum sie zu einer solchen Einschätzung gekommen ist.

Die Bodenöffnung, auf die immer hingewiesen wird, ist für den Absturz des Arbeiters FF in keinster Weise kausal bzw. ohne jegliche Bedeutung, denn ist der Betroffene FF an dieser Stelle nicht abgestürzt, sondern ist er schlicht und einfach von der Leiter selbst gfeallen!

Wie dem angefochtenem Straferkenntnis in diesem Zusammenhang auch auf Seite 7 entnommen werden kann, hat der Beschuldigte bereits zu Beginn des Verfahrens darauf hingewiesen, dass der verunfallte Mitarbeiter FF beim Heruntersteigen der Leiter auf den Holzbalkon gestürzt ist und nicht etwa durch die nun offensichtlich verfahrenswesentliche Öffnung, in diesem Zusammenhang auch völlig außer Acht gelassen hat die Erstbehörde den Bericht des Bezirkskrankenhauses Y, Abteilung für Orthopädie und Traumatologie (Aktenbestandteil!) an Herrn Dr. GG, offensichtlich den Hausarzt des verunfallten FF, aus dem sich ebenfalls unmissverständlich ergibt, dass der betroffene FF von der Leiter und nicht etwa vom Bauwerk bzw. durch die vorhandene Öffnung, gestürzt ist.

Wortwörtlich ist diesem Bericht folgendes zu entnehmen:

Befund:

Der Patient gibt an, aus Ungeschicklichkeit im Rahmen eines Arbeitsunfalles von der Leiter gestürzt zu sein. Er habe mit der rechten Hand „gebremst“, nunmehr Schmerzen ebendort, ohne wirkliches Punktum max.

Daraus ist klar ersichtlich, dass der verunfallte FF noch am selben Tag bzw. unmittelbar im Zuge seiner Einlieferung in das BKH Y, von sich aus angegeben hat, dass er aus Ungeschicklichkeit von der Leiter gestürzt wäre, m mit keinem einzigen Wort hat e dem behandelnden Arzt gegenüber erwähnt, dass es sonst - auf welcher Art und Weise auch immer - zum gegenständlichen Arbeitsunfalls gekommen wäre.

Damit ist völlig klargestellt, dass es sich beim gegenständlichen (Arbeits) Unfall um einen solchen handelt, der ausschließlich als Alleinverschulden des betroffenen FF zu werten ist. Die von der Erstbehörde immer wieder erwähnte und dem Beschuldigten auch vorgeworfene Öffnung in der Holzdecke hat mit dem folgenschweren Absturz des Arbeitnehmers somit nichts zu tun und hätte es schon aus dieser Überlegung heraus, da der Unfall auf keine Verstöße gegen Arbeitnehmerlnnenschutzvorschriften zurückzuführen ist, zu einem Verwaltungsstrafverfahren nicht kommen dürfen bzw. wäre ein solches bereits längst einzustellen gewesen.

3.) Ebenfalls als völlig unrichtig und nicht haltbar erweist sich die (rechtliche) Einschätzung der Erstbehörde, dass der Beschuldigte den Arbeitsunfall des Mitarbeiters FF - der, wie dargelegt, ohnehin ein solcher nicht gewesen ist - als verantwortlicher Beauftragter der Firma EE GmbH & Co KG zu verantworten hätte, schon aus der eigenen Begründung ist ersichtlich, dass hier offensichtlich ein Irrtum seitens der Erstbehörde vorliegt.

Diese Frage betreffend führt die Erstbehörde auf Seite 7 des angefochtenen Straferkenntnisses aus, dass der Beschuldigte für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung deshalb verantwortlich wäre, dass dies aus der Meldung gemäß § 23 (1) ArblG vom 05.02.2015 als verantwortlicher Beauftragter der Firma EE GmbH & Co KG hervorgehen würde, dass der Beschuldigte in seiner Einvernahme vor der Behörde am 21.06.2017 ebenfalls diese Meldung vorgelegt hätte und dass er seine Verantwortlichkeit gemäß § 9 (2) VStG sowie den Arbeitsunfalls selbst nicht bestritten hätte.

Dazu ist zunächst einmal festzuhalten, dass es nicht Aufgabe des Beschuldigten sein kann, seine Verantwortung im Sinne der Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes zu bestreiten, da ihm diese Normen überhaupt nicht bekannt sind, sondern ist Aufgabe der Behörde nachvollziehbar darzulegen, warum sie zur Ansicht kommt, dass jemand als Verantwortlicher

im Sinne des § 9 VStG als dementsprechend Verantwortlicher anzusehen ist. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Beschuldigte im gesamten erstinstanzlichen Verfahren unvertreten gewesen bzw. geblieben ist. Zur von der Erstbehörde in diesem Zusammenhang zitierten Meldung vom 05.02.2015 ist festzuhalten, dass diese inhaltlich grundsätzlich richtig ist und dass der Beschuldigte dem Arbeitsinspektorat V gegenüber tatsächlich als verantwortlich Beauftragter gemäß § 9 VStG bekanntgegeben wurde, jedoch ausschließlich für r den Teilbereich Hochbau, dies ergibt sich eindeutig aus der genannten Urkunde aus Punkt 4. „sachlicher Zuständigkeitsbereich“

Wortwörtlich ist diesbezüglich festgehalten:

Sachlicher Zuständigkeitsbereich:

Einhaltung aller ArblG und Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften für die Abteilung HOCHBAU.

Beim Arbeitgeber der Firma EE GmbH & Co KG handelt es sich um ein großes Bauunternehmen mit den vielfältigsten Abteilungen, der Beschuldigte ist ausschließlich für den Beriech Hochbau firmenintern zuständig und war das auch der Grund, warum bei der Meldung vom 05.02.2015 dem Arbeitsinspektorat V gegenüber noch zusätzlich deutlich (HOCHBAU!) bekanntgegeben worden ist, dass sich die Verantwortlichkeit des Beschuldigten ausschließlich auf die Abteilung bzw. den Bereich Hochbau bezieht, dies hätte der Behörde bereits bei der Durchsicht dieser Urkunde auffallen müssen und wäre die einzige Konsequenz daraus gewesen, das Verfahren gegen Beschuldigten umgehend wieder einzustellen.

Eine Beachtung dieses Umstandes hätte jedoch auch aus einer ganz anderen Überlegung heraus jedenfalls erfolgen müssen:

Bereits das Arbeitsinspektorat Tirol hat in seiner (verfahrenseinleitenden) Stellungnahme vom 24.05.2017 auf Seite 3 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Wirksamkeit der Bestellung des Beschuldigten und somit als Adressat des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens, von Seiten der Anzeigerin (!) geboten waren, da die Arbeiten an der Baustelle eben von der Abteilung Zimmerei der Firma EE GmbH & Co KG durchgeführt wurden, der verunfallte Arbeitnehmer FF als Maurer jedoch den Bereich Hochbau zuzurechnen gewesen wäre.

Das Arbeitsinspektorat hat somit bereits in diesem ersten Schreiben - im Übrigen völlig zutreffend und richtig - darauf hingewiesen, dass zwei Unterabteilungen der Firma EE GmbH & Co KG beim gegenständlichen Bauvorhaben zu gegen bzw. beschäftigt gewesen sind, dass die maßgeblichen Arbeiten an der Baustelle, dies b e trifft insbesondere die nun verfahrensgegenständliche Bodenöffnung - dem Gewerk Zimmermannsarbeiten zuzuordnen sind, nicht jedoch dem Bereich Hochbau, wie dargelegt, ist der Beschuldigte jedoch nur für den Teilbereich Hochbau im Innenverhältnis bei der Firma EE GmbH & Co KG zuständig bzw. wurde seine Verantwortung im Außenverhältnis dem Arbeitsinspektorat auch entsprechend bekanntgegeben.

Die Erstbehörde hätte diesbezüglich jedenfalls genau zu prüfen gehabt, welches Gewerk die beanstandete Bodenöffnung genau betroffen hat bzw. wer diesbezüglich verantwortlich ist, selbst das anzeigende Arbeitsinspektorat war der Ansicht, dass der Beschuldigte nicht der richtige Adressat war, dies alles wurde von der Erstbehörde jedoch übergangen bzw. offensichtlich - rechtsirrig - unrichtig gewichtet und gewertet.

Ausgehend, auch von den Mitteilungen des Arbeitsinspektorates, ist an sich klar, dass die betroffene Bodenöffnung dem Gewerk der Zimmerei zuzuordnen ist und ist der Beschuldigte daher schlicht und einfach der falsche Adressat des gegenständlichen Straferkenntnisses bzw. generell die falsche Person, gegen den ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde, er kann im Sinne des § 9 VStG nicht für ein Gewerk zuständig und verantwortlich gemacht werden, mit dem er nichts zu tun hat bzw. für Arbeitsabläufe, auf die er keinen wie immer gearteten Einfluss hat und auch haben kann.

4.) Vorsichtshalber wird in diesem Zusammenhang auch (noch einmal) gerügt, dass es die Erstbehörde unterlassen hat, Feststellungen zu treffen, wer für die Absicherung der Bodenöffnung zuständig gewesen wäre, die Abteilung Hochbau oder jene der Zimmerei.

Wäre diese Frage in weiterer Folge richtig gelöst worden, so wäre klargestellt gewesen, dass die gegenständliche Öffnung von den Zimmerern geschaffen und von diesen demgemäß auch entsprechend abzusichern gewesen wäre, niemals aber von den Miterbeitern der Abteilung Hochbau, ausschließlich für diese wiederum wäre aber der Beschuldige verantwortlich.

5.) Der Beschuldigte hat den gegenständlichen Vorfall in der Zwischenzeit auch mit den zuständigen Mitarbeitern der AUVA besprochen und hat man ihm mitgeteilt, dass aufgrund des Verletzungsbildes des betroffenen Arbeitnehmers FF davon ausgegangen werden muss, dass dieser keinesfalls von ganz oben durch die Öffnung gefallen sein kann, sondern dass es richtig sein muss, dass er von der Leiter gestürzt ist, da sich ansonsten ein völlig anderes Verletzungsbild ergeben müsste.

Wäre der verunfallte tatsächlich, zunächst stehend durch die Öffnung, wie aus den Lichtbildern ersichtlich, gefallen, so wäre er jedenfalls mit dem Rücken bzw. mit dem Kopf aufgrund der gegebenen Höhe aufgeschlagen, was weit gravierendere Verletzungen mit sich geführt hätte, so aber sind die Verletzungen an der Hand, dies mit dem Hinweis des verunfallten FF selbst, dass er sich noch abstützen wollte, mit einem Fall von geringer Höhe von der Leiter genau in Einklang zu bringen.

Es wird diesbezüglich daher auch beantragt, ein ärztliches SV-Gutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass ein Sturz von der Leiter aus geringerer Höhe erfolgt ist und nicht, wie dem Beschuldigten vorgeworfen, durch die Öffnung im Obergeschoss.

6.) Selbst wenn man - aufgrund der nunmehrigen Ausführungen nicht nachvollziehbar – zum Schluss kommen sollte, dass der Beschuldigte tatsächlich eine Übertretung im vorgeworfenen Sinne zu verantworten hätte, erweist sich die über ihn erhängte Geldstrafe, entgegen der Ansicht und Begründung der Erstbehörde, jedenfalls als zu hoch.

Der Strafrahmen im Sinne des § 130 ASchG beträgt zwischen € 166,00 und € 8.324,00 wobei über den Beschuldigten eben eine Geldstrafe in Höhe von € 1.000,00 verhängt worden ist.

Faktum ist, dass, entgegen der Ansicht des Arbeitsinspektorates, von keinerlei verwaltungsstrafrechtlich relevanten Vorstrafen des Beschuldigten auszugehen ist, der Argumentation, dass eine gefährliche Gesamtsituation Vorgelegen wäre, kann insofern nicht gefolgt werden, als einzig maßgeblich die Frage ist, ob die gegenständliche Bodenöffnung hätte abgesichert werden müssen oder nicht, wobei diese Absicherung, wie bereits dargelegt und auch offensichtlich vom Arbeitsinspektorat so bewertet, der Abteilung Zimmerei zuzurechnen ist.

Die sonst angeführten Mängel waren jedenfalls in keinster Weise unfallkausal bzw. hätten sich auf die Verletzungsfolgen des Verunfallten in keinster Weise ausgewirkt, sodass eine allenfalls zu verhängende Geldstrafe deutlich am untersten Bereich anzusiedeln gewesen wäre.

Faktum ist somit, dass weder ein Arbeitsunfalls vorliegt, der nach den Bestimmungen der einschlägigen Arbeitnehmerlnnenschutzgesetze zu beurteilen wäre, noch ist der Beschuldigte ganz einfach im konkreten Fall als Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG anzusehen und werden daher abschließend gestellt die nachstehenden

ANTRÄGE:

1.) Vernehmung des Zeugen FF, Groben 701/4a, 6232 Münster, zum Beweis dafür, dass er aus eigener Unachtsamkeit von der Leiter, jedenfalls aber nicht durch die vorhandene Öffnung am oberen Ende der Leiter gefallen ist;

2.) Einholung eines medizinischen SV-Gutachtens zum Beweis dafür, dass die erlittenen Verletzungen des Arbeitnehmers FF auf einen Absturz von der Leiter aus geringer Höhe zurückzuführen sind, nicht jedoch von einem Absturz von bzw. durch die besagte Öffnung aus noch genau festzustellender Höhe;

3.) Einholung eines SV- Gutachtens aus dem Bereich Bautechnik zum Beweis dafür, dass die Abteilung Zimmerei die fragliche Öffnung geschaffen und damit auch für die ordnungsgemäße Absicherung zuständig und verantwortlich war;

4.) In weiterer Folge der gegenständlichen Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gegen den Beschuldigten entsprechen einzustellen,

in eventu

4.) der gegenständlichen Berufung insofern Folge zu geben, als die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabgesetzt wird.“

Aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Tirol vom 24.05.2017, Zl ****, geht zusammengefasst hervor, dass der Arbeitsinspektor, Herr KK, bei einer Überprüfung und Arbeitsunfallerhebung am 04.05.2017 folgendes festgestellt hat:

Am 03.05.2017 ereignete sich beim Bauvorhaben „Aufstockung/Dacherneuerung EFH JJ“, Adresse 4, U, ein Arbeitsunfall. Ein Teilbereich der Geschoßdecke im südlichen Bereich im 2. Obergeschoß war nicht abgedeckt. Der Arbeitnehmer FF, welcher auf der oben genannten Baustelle Tätigkeiten durchführte, ist durch diese nicht abgedeckte Öffnung in der Geschoßdecke im 2. Obergeschoß auf den darunter befindlichen Balkonboden im 1. Obergeschoß gefallen. Der Arbeitnehmer wurde dadurch verletzt.

Dadurch wurde § 7 Abs 1 und Abs 2 Z 1 iVm § 8 Abs 1 Bauarbeiterschutzverordnung übertreten. Am 03.05.2017 gegen 07.20 Uhr stieg der Arbeitnehmer FF über eine Anlegeleiter vom Balkon im 1. Obergeschoß zur Baustelle im 2. Obergeschoß auf. Beim zurücksteigen auf die Anlegeleiter trat der Arbeitnehmer in die dortige nicht abgedeckte Bodenöffnung, verlor den Halt und stürzte 2,5 m auf den darunterliegenden Holzbalkonboden. Dabei wurde der Arbeitnehmer FF am rechten Handgelenkt verletzt.

Aus der Anzeige geht zur Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 ArbIG hervor, dass gemäß § 32 ArbIG Herr AA für den Bereich Hochbau als verantwortlicher Beauftragter gemeldet wurde. Es ergeben sich aber Zweifel an der Wirksamkeit der Bestellung, da die Arbeit an der Baustelle von der Abteilung Zimmerei der oben angeführten Baufirma durchgeführt wurden, aber der verunfallte Arbeitnehmer (Maurer) im Bereich Hochbau zuzurechnen wäre.

Zum Vorbringen der Parteien wurde Beweis aufgenommen wie folgt:

Beweis wurde aufgenommen aufgrund der Einsichtnahme in den gesamten verwaltungsbehördlichen Akt und die dagegen erhobene Beschwerde, aufgrund der Einsichtnahme in den Auszug über die Verwaltungsvorstrafen des Beschwerdeführers, aufgrund der Einsichtnahme in das E-Mail des Arbeitsinspektorates Tirol vom 05.10.2017, aufgrund der Einsichtnahme in den Firmenbuchauszug der EE GmbH & Co KG zu FN ****, aufgrund der Einsichtnahme in den Firmenbuchauszug der EE GmbH & Co KG zu FN ****, aufgrund der Einsichtnahme in das E-Mail des Arbeitsinspektorates V vom 30.10.2017 samt Lichtbildbeilage sowie aufgrund der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 31.10.2017, bei welche der Beschwerdeführer selbst sowie der Zeuge FF einvernommen wurden.

Aufgrund dieser Beweismittel steht folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Beschwerdeführer ist seit 1988 bei der Firma EE GmbH & Co KG mit Sitz in W, Adresse 3, beschäftigt. Der Beschwerdeführer selbst ist verantwortlicher Beauftragter im Bereich Hochbau. Diesbezüglich wurde vom Beschwerdeführer eine Meldung gemäß § 23 Abs 1 ArbIG am 05.02.2015 unterfertigt und dem Arbeitsinspektorat V übermittelt. Beim Arbeitsinspektorat V landet diese Beauftragung für den Beschwerdeführer für die Abteilung Hochbau am 02.03.2015 ein.

Beim gegenständlichen Bauvorhaben wurde eine Aufstockung und Dacherneuerung beim Einfamilienhaus JJ in U, Adresse 4, durch die Firma EE GmbH & Co KG durchgeführt.

Die Abteilung Hochbau hatte für die gegenständliche Baustelle lediglich untergeordnete Arbeiten durchzuführen. Es wurde durch die Abteilung Hochbau eine Liftunterfahrt außerhalb des Hauses errichtet, weiters wurde bei der früheren Dachbodentreppe die bestehende Geschoßdecke betoniert und wurden weiters Zwischenwände von der Abteilung Hochbau geändert. Den Hauptanteil für die Dachgeschoßerneuerung wurde von der Abteilung Zimmerei vorgenommen. Das Beweisverfahren hat ergeben, dass für die Absicherung dieser gegenständlichen Öffnung die Abteilung Zimmerei der Firma EE GmbH & Co KG zuständig gewesen wäre.

Festgehalten wird in diesem Zusammenhang, dass für eine eventuelle Absturzsicherung nicht der Beschwerdeführer als verantwortlicher Beauftragter nach § 23 ArbIG für den Bereich Hochbau zuständig gewesen wäre, sondern wäre, wie bereits ausgeführt, der verantwortliche Beauftragte für die Zimmerei für eine eventuelle Absicherung dieser Öffnung verantwortlich gewesen.

Unabhängig davon, dass der Beschwerdeführer für eine eventuelle mangelhafte Absicherung nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, da dies Aufgabe der Abteilung Zimmerei gewesen wäre, ist der Verunfallte nicht durch dies Öffnung gefallen, sondern hat der Verunfallte die dort befindliche Plane selbst weggezogen, um die Leier durch diese Öffnung aufzustellen bzw einzustellen, um so auf das Dach zu steigen. Erst beim Abstieg vom Dach auf das 1. Obergeschoss ist die Leiter im unteren Bereich weggerutscht und kam es zum gegenständlichen Unfall.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Tatvorwurf im Straferkenntnis, der Verunfallte wäre aufgrund einer nicht abgedeckten Öffnung in der Geschoßdecke im 2.OG auf den darunter befindlichen Balkonboden im 1.OG gefallen und hätte sich dadurch verletzt, nicht den Tatsachen entspricht.

Insgesamt war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Bettina Weißgatterer

(Richterin)

Schlagworte

Verantwortlicher Beauftragter; falscher Tatvorwurf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.28.2097.4

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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