RS Vfgh 2017/9/21 G83/2017

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Veröffentlicht am 21.09.2017
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Index

25/01 Strafprozess

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StPO §112 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung einer Regelung der StPO über das Widerspruchsrecht gegen die Sicherstellung von schriftlichen Aufzeichnungen oder Datenträgern als zu eng gefasst

Rechtssatz

Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung der Wortfolge "von der Sicherstellung betroffene oder anwesende" in §112 Abs1 StPO idF BGBl I 29/2012.

Bei systematischer, die unmittelbar vor der (den Widerspruch regelnden) Bestimmung des §112 StPO enthaltene, auf die Mitwirkungspflicht bei der Sicherstellung bezogene Vorschrift des §111 Abs1 StPO mitberücksichtigender Auslegung des um die angefochtene Wortfolge bereinigten §112 Abs1 StPO würde die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt: §111 Abs1 leg cit verpflichtet jene Person zur Herausgabe, welche die sicherzustellenden Gegenstände und Vermögenswerte in ihrer Verfügungsmacht hat. Angesichts dessen wäre selbst im Fall der Aufhebung des bekämpften Teiles des §112 Abs1 leg cit nach der dann verbleibenden Textierung dieser Bestimmung "die Person", der ein Widerspruchsrecht zustünde, (weiterhin) nur jener Geheimnisträger, in dessen Gewahrsame sich die schriftlichen Aufzeichnungen oder Datenträger befinden.

Demgegenüber würde im Fall der Aufhebung der hier angefochtenen Wortfolge der verbleibenden Bestimmung ihrem Wortlaut nach ein Inhalt zukommen, der dem Gesetzgeber nicht zusinnbar wäre: Nach Aufhebung des bekämpften Satzteils "von der Sicherstellung betroffene oder anwesende" würde der verbleibende Wortlaut des §112 Abs1 StPO nämlich dazu führen, dass jeder Person (iS eines Geheimnisträgers bzw jener Person, die das Anwesenheitsrecht des jeweiligen Geheimnisträgers substituiert) - und zwar unabhängig davon, ob diese die schriftlichen Aufzeichnungen oder den Datenträger jemals in ihrer Verfügungsmacht hatte - ein Widerspruchsrecht eingeräumt wäre. Dies gäbe der Vorschrift aber einen vom Gesetzgeber nicht gewollten Sinngehalt und käme einem positiven Akt der Gesetzgebung gleich, der dem VfGH nicht zukommt.

Welcher der beiden Auslegungsvarianten man auch anhängt, erweist sich das Aufhebungsbegehren jedenfalls als zu eng gefasst.

Entscheidungstexte

  • G83/2017
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 21.09.2017 G83/2017

Schlagworte

VfGH / Parteiantrag, VfGH / Prüfungsumfang, Strafprozessrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:G83.2017

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2017
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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