TE Pvak 2017/8/29 A 12-PVAB/17

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Veröffentlicht am 29.08.2017
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Norm

PVG §28 Abs1
PVG §28 Abs2
PVG §41 Abs1
PVG §41 Abs2

Schlagworte

Antragslegitimation von DG-Organen (Vorgesetzten); dienstrechtliche Verfolgung von PV nur mit Zustimmung des PVO; Ausübung der PV-Funktion; untrennbarer Zusammenhang mit PV-Funktion; Zuständigkeit der PVAB; Bindung der PVO an rechtskräftige Rechtsansicht der PVAB

Text

A 12-PVAB/17-7

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag des Gruppenleiters Ministerialrat Mag. A, einen im Antrag näher bezeichneten Beschluss des Dienststellenausschusses für die Bediensteten der Exekutive der Justizanstalt (JA) *** (DA) wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, entschieden:

Dem Antrag wird gemäß § 41 Abs. 1 und 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 119/2016, stattgegeben und der Beschluss des Dienststellenausschusses vom 10. Juli 2017, mit dem die Zustimmung zur disziplinären Verfolgung seines Mitglieds GInsp B verweigert wurde, als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2017, GZ BMJ-XYZ-2017, eingelangt in der PVAB am 24. Juli 2017, beantragt der Antragsteller, den Beschluss des DA vom 10. Juli 2017, mit dem die Zustimmung zur disziplinären Verfolgung des DA-Mitglieds B iSd § 28 Abs. 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG) verweigert wurde, als gesetzwidrig aufzuheben.

Dem Antrag liegt der Verdacht auf eine Dienstpflichtverletzung durch B wegen einer von ihm am 19. Jänner 2016 durchgeführten Abfrage in der Integrierten Vollzugsverwaltung (IVV) betreffend UG C, HNR.: ***, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein, zu Grunde. Als Grund für die Abfrage ohne dienstlichen Auftrag gab B an, dass der Zugriff in der IVV auf Insassen der JA *** zu seinen dienstlichen Aufgaben im Vollzug gehöre und er als Personalvertreter nachvollziehen habe wollen, ob durch Zeitungsberichte falsche Informationen in Umlauf seien, welche ein schlechtes Licht auf die JA *** werfen würden.

Der DA beschloss in seiner Sitzung vom 10. Juli 2017, die Zustimmung zur disziplinären Verfolgung zu verweigern, da die B zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung in Ausübung der Funktion als Mitglied des DA erfolgt wäre, weil Personalvertreter/innen die Interessen der Bediensteten zu wahren und zu fördern haben und überdies zur Verschwiegenheit verpflichtet seien. Die Verweigerung seiner Zustimmung wurde der DL der JA vom DA mit Schreiben vom 11. Juli 2017 mitgeteilt.

Dem DA wurde mit Schriftsatz vom 26. Juli 2017, GZ A 12-PVAB/17-2, Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antragsvorbringen gegeben. In seiner Stellungnahme vom 1. August 2017, in der PVAB eingelangt am 10. August 2017, bestritt der DA das Antragsvorbringen zu der B zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung nicht und teilte überdies mit, dass der DA nunmehr zum Ergebnis gekommen sei, dass nach den Vorgaben des PVG die Zustimmung zur disziplinären Verfolgung von B vom DA zu erteilen gewesen wäre.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit unbestritten aktenkundig fest, weshalb ein Vorgehen der PVAB nach § 45 Abs. 3 AVG nicht erforderlich war und daher aus Gründen der Verfahrensökonomie zu unterbleiben hatte.

Mit E-Mail vom 11. August 2017 wurde der Antragsteller von der PVAB befragt, ob aufgrund der nunmehr vorliegenden Zustimmung des DA der Antrag zurückgezogen werde, was mit E-Mail vom 17. August 2017 verneint wurde, weil der Beschluss des DA, mit dem die Zustimmung zur disziplinären Verfolgung von B erteilt wird, noch nicht im BMJ einlangte. Sollte die Freigabe erteilt werden, werde der Antrag zurückgezogen werden.

Bis zum 29. August 2017, 14:30 Uhr, wurde der Antrag nicht zurückgezogen, weshalb über ihn bescheidmäßig abzusprechen war.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 41 Abs. 1 PVG hat die Aufsicht über die Personalvertretungsorgane (PVO) durch die PVAB u.a. auf Antrag einer Person zu erfolgen, die die Verletzung ihrer Rechte durch gesetzwidrige Geschäftsführung des PVO behauptet.

Nach ständiger Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht gehören auch die unmittelbar oder mittelbar zur Dienstaufsicht berufenen Vorgesetzten, die an der Erstattung einer Disziplinaranzeige gehindert sind, weil das PVO seine Zustimmung nach § 28 Abs. 2 PVG verweigert, zu jenen Personen, deren Rechte durch gesetzwidrige Geschäftsführung des zuständigen PVO verletzt sein können (Schragel, PVG, § 41, Rz 21; PVAK vom 17. Februar 1981, A 41-PVAK/80, mwN; PVAB vom 8. März 2016, A 6-PVAB/16, mwN; PVAB vom 30. Jänner 2017, A 1-PVAB/17, mwN). B ist Bediensteter im Bereich Justizanstalten und ein leitender Mitarbeiter der Dienstbehörde im BMJ (Dienstvorgesetzter) beabsichtigt, eine Disziplinarverfügung in Form eines Verweises gegen ihn wegen der zuvor dargestellten Dienstpflichtverletzung zu erteilen. Die Antragslegitimation des Antragstellers ist gegeben.

Gemäß § 28 Abs. 1 PVG dürfen Personalvertreter/innen wegen Äußerungen oder Handlungen nur mit Zustimmung des Ausschusses, dem sie angehören, dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Gemäß § 28 Abs. 2 PVG hat der Ausschuss die Zustimmung zu erteilen, wenn er zum Ergebnis kommt, dass die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung der Funktion als Personalvertreter/in erfolgt sind.

Die Prüfung durch das zuständige PVO hat sich auf die Frage zu beschränken, ob das dem/der Personalvertreter/in vorgeworfene Verhalten, die Wahrheit des jeweiligen Vorwurfs vorausgesetzt, in Ausübung seiner/ihrer Funktion als Personalvertreter/in gesetzt wurde oder nicht. Die anderen Umstände zu beurteilen ist allein Aufgabe der zuständigen Dienstgeberorgane (PVAK vom 17. April 2001, A 21-PVAK/01; PVAB vom 26. August 2014, A 11-PVAB/14, mwN; PVAB vom 8. März 2016, A 6-PVAB/16, mwN).

Es liegt im Wesen der im § 28 PVG den Personalvertreter/innen eingeräumten echten beruflichen Immunität, dass auch gewisse Pflichtverletzungen sanktionslos zu bleiben haben, wenn sie in Ausübung der Funktion als Personalvertreter erfolgten. Keine Abgrenzungsprobleme ergeben sich bei Verhaltensweisen, die schon vom Sachverhalt her nicht Funktionsausübung als Personalvertreter sein können (Schragel, PVG, § 28 Rz 5, mwN). Für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit in Ausübung der Personalvertretungsfunktion gesetzt wurde oder nicht, ist einzig und allein entscheidend, ob diese Tätigkeit im weitesten Sinn als Personalvertretungstätigkeit i.S. einer Vertretung der Interessen der Bediensteten gegenüber dem Dienstgeber oder als eine einer solchen Vertretungstätigkeit dienliche Vorbereitungs- oder Hilfstätigkeit zu werten ist (PVAK vom 15. Oktober 2009, A 22-PVAK/08). Die Handlungen, die eine Verweigerung der Zustimmung zur dienstrechtlichen Verfolgung nach PVG rechtfertigen, müssen aber jedenfalls in untrennbarem Zusammenhang mit der Personalvertretungstätigkeit stehen. Handlungen, die sich trennen lassen, sind zu trennen und gesondert rechtlich zu beurteilen (Schragel, PVG, § 28 Rz 8, mwN).

Von einer solchen Trennung und gesonderten Beurteilung ist im vorliegenden Fall auszugehen, denn die DA-Mitglied B von der Dienstbehörde vorgeworfene Handlung steht in keinem untrennbaren Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Personalvertreter. Die B vorgeworfene Handlung der unbefugten Datenabfrage, die Richtigkeit des Vorwurfs vorausgesetzt, widerspricht der korrekten Erfüllung von Dienstpflichten der Bediensteten im Vollzug der Justizanstalten des BMJ entsprechend den Vorgaben der Dienstbehörde. Sie steht daher mit den Tätigkeiten von B in Ausübung seiner Funktion als Personalvertreter nicht nur in keinem untrennbaren, sondern in überhaupt keinem Zusammenhang.

Dazu tritt weiter, dass nach ständiger Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht Datenabfragen, die ohne dienstliche Notwendigkeit unbefugt vorgenommen werden, keinesfalls als Ausübung der Personalvertretungsfunktion anzusehen sind (PVAK vom 3. Dezember 2012, A 31-PVAK/12; PVAB vom 14. April 2016, A 12-PVAB/16).

Über die Zustimmung zur dienstrechtlichen Verfolgung oder deren Verweigerung haben allein die PVO Beschluss zu fassen, denen der/die Personalvertreter/in angehört. Verweigern diese Ausschüsse die Zustimmung und hält der/die zuständige Mitarbeiter/in der Dienstbehörde diese Weigerung für gesetzwidrig, kann er/sie die Aufhebung des Beschlusses durch die PVAB beantragen.

Die PVAB kann einen gesetzwidrigen Beschluss beheben, nicht aber die gesetzwidrige Verweigerung der Zustimmung ersetzen.

An die rechtskräftige Rechtsansicht der PVAB ist das PVO aber gebunden; es hat sodann umgehend einen Beschluss in diesem Sinn zu fassen und der Dienststellenleitung mitzuteilen. Das PVO verhält sich gesetzwidrig, wenn es einen solchen Beschluss nicht fasst (Schragel, PVG, § 41 Rz 28; PVAK vom 17. April 2001, A 21-PVAK/01; PVAB vom 26. August 2014, A 11-PVAB/14, mwN; PVAB vom 8. März 2016, A 6-PVAB/16, mwN).

Die Begründung des DA für die Verweigerung seiner Zustimmung zur dienstrechtlichen Verfolgung von B durch Beschluss vom 10. Juli 2017, weil dieser in seiner Funktion als Personalvertreter gehandelt habe, findet aus den genannten Gründen im PVG keine Deckung, weshalb der Beschluss des DA mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 29. August 2017

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2017:A.12.PVAB.17

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2017
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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