TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/3 LVwG-2017/34/2174-5

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Veröffentlicht am 03.11.2017
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Entscheidungsdatum

03.11.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag. Dr. Barbara Besler über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 01.08.2017, Zahl ****, betreffend eine Angelegenheit nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) (sonstige Partei: CC, vertreten durch DD, Rechtsanwälte in **** X, Adresse 2)

zu Recht:

1.   Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Beschwerdeführer ist grundbücherlicher Alleineigentümer des Gst-Nr **1 in EZ ** GB **** Z.

Die sonstige Partei ist grundbücherlicher Alleineigentümer des Gst-Nr **2 in EZ ** GB **** Z.

FF ist grundbücherlicher Alleineigentümer des Gst-Nr **3 in EZ ** GB **** Z.

Die auf dem Gst-Nr **1 befindliche Brücke gilt gemäß Artikel II Abs 3 WRG 1959 als bewilligt, wobei dem Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.08.2005, Zahl ****, eine Änderung wasserrechtlich bewilligt wurde.

Mit E-Mail vom 24.06.2017 beantragte die sonstige Partei die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die neuerliche Abänderung der Brücke gemäß dem Technischen Bericht mit dem Titel „Erweiterung einer privaten Brücke auf Gst. Nr. **1 der KG **** Z Gemeinde Z“, erstellt von der EE GmbH, datiert mit 14.06.2017.

Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde der sonstigen Partei gemäß § 38 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Abänderung der Brücke gemäß dem vorerwähnten Technischen Bericht. Durch die Abänderungen werden die vorangeführten Grundstücke berührt.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er als grundbücherlicher Alleineigentümer des Gst-Nr **1 der Inanspruchnahme dieses Grundstückes nicht zugestimmt habe. Er beantragte die Behebung des angefochtenen Bescheides.

Mit Schriftsatz vom 02.11.2017 zog die sonstige Partei den verfahrenseinleitenden Antrag zurück (vgl OZ 4).

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die oben angeführten Dokumente. Die öffentliche mündliche Verhandlung konnte entfallen (vgl § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG).

Der obige unstrittige Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Aus § 103 Abs 1 WRG 1959 geht hervor, dass es sich bei der Erteilung bzw Versagung einer wasserrechtlichen Bewilligung um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt.

Wenn die Verwaltungsvorschriften vorsehen, dass ein Bescheid ausschließlich auf Antrag eines dazu Legitimierten erlassen werden darf, verhält der Antrag die Behörde nicht nur zur Einleitung des Verwaltungsverfahrens, sondern ist er gleichzeitig Voraussetzung für die Entscheidung (vgl VwGH 29.03.2001, 2000/20/0473). Dementsprechend konstituiert und begrenzt der Inhalt eines solchen Antrags den Prozessgegenstand des Verwaltungsverfahrens. Die Erlassung eines antragsbedürftigen Bescheides von Amts wegen, also ohne einen diesbezüglichen Antrag, belastet diesen Bescheid jedenfalls mit Rechtswidrigkeit. Auf verfassungsgesetzlicher Ebene verstößt die Behörde bei amtswegiger Erlassung eines antragsbedürftigen Bescheides gegen das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art 83 Abs 2 B-VG, weil sie damit eine Zuständigkeit in Anspruch nimmt, die ihr nicht zukommt.

Anbringen können jedoch in jeder Lage des Verfahrens, sohin auch im Beschwerdeverfahren bis zur Erlassung des Beschlusses / Erkenntnisses, zurückgezogen werden (vgl § 13 Abs 7 AVG; VwGH 16.08.2017, Ro 2017/22/0005).

Die Zurückziehung eines Antrages ist als prozessuale Willenserklärung empfangs-, jedoch nicht annahmebedürftig. Sie wird mit Einlangen bei der zuständigen Behörde wirksam. Damit wird sie auch unwiderruflich (vgl VwGH 23.07.2009, 2008/05/0241). Eine rechtzeitige Zurückziehung eines Antrages bewirkt das Erlöschen der Entscheidungspflicht sowie bei antragsbedürftigen Bescheiden auch der Entscheidungskompetenz der Behörde, sodass über den Antrag nicht mehr abgesprochen werden darf (vgl VwGH 23.07.2009, 2008/05/0241).

Wird im Beschwerdeverfahren der Antrag, der Rechtsgrundlage für das Erlassen des angefochtenen Bescheides war, zurückgezogen, dann bewirkt das nicht die Beseitigung des Bescheides. Es fehlt jedoch ab der Zurückziehung des ursprünglich gestellten Antrages für den Bescheid eine für einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt notwendige Voraussetzung, nämlich der Antrag selbst. Für das Verwaltungsgericht besteht daher die Verpflichtung, den angefochtenen Bescheid aufzuheben (vgl VwGH 16.08.2017, Ro 2017/22/0005).

Im Ergebnis ist der angefochtene Bescheid aufgrund der im Beschwerdeverfahren erfolgten Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ersatzlos zu beheben.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass eine Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages im Beschwerdeverfahren möglich und der Bescheid in diesem Fall ersatzlos zu beheben ist, ergibt sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 16.08.2017, Ro 2017/22/0005). Insofern liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vor und war auszusprechen, dass die ordentliche Revision unzulässig ist.

Landesverwaltungsgericht Tirol

MMag. Dr. Barbara Besler

(Richterin)

Schlagworte

Antragszurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.34.2174.5

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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