TE Vwgh Erkenntnis 2000/8/10 2000/07/0038

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Veröffentlicht am 10.08.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/04 Wettbewerbsrecht;

Norm

AVG §2;
AVG §57 Abs3;
DMG 1994 §14 Abs2;
SaatG 1997 §3 Abs1;
SaatG 1997 §3 Abs2;
SaatG 1997 §42 Abs1;
SaatG 1997 §42 Abs3;
SaatG 1997 §42 Abs4;
SaatG 1997 §42 Abs5;
SaatG 1997 §42;
VStG §39 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des S W in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Prader und Mag. Eva Plaz, Rechtsanwälte in Wien VII, Seidengasse 28, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Jänner 2000, Zl. MA 58-AB 13/1999, betreffend Beschlagnahme nach dem Saatgutgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Rahmen einer Saatgutverkehrskontrolle durch das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft (BFL) wurden am 10. Juni 1998 in den Betriebs- und Lagerräumen der Firma B., deren Geschäftsführer und Inhaber der Beschwerdeführer ist, mehrere Partien Hanfsamen und Werbebroschüren gemäß § 42 Abs. 1 des Saatgutgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 72, (SaatG 1997) vorläufig beschlagnahmt.

Das BFL zeigte diese vorläufige Beschlagnahme mit Schreiben vom 18. Juni 1998 dem Magistrat Wien - Magistratisches Bezirksamt für den 6. und 7. Bezirk (MBA) an. Diese Anzeige langte beim MBA am 19. Juni 1998 ein.

Mit Bescheid vom 29. Juni 1998 ordnete das MBA an, dass zur Sicherung der "Strafe" des Verfalls die in der Aufnahmeschrift zur Saatgutverkehrskontrolle detailliert angeführten Partien von Saatgut und Werbematerial gemäß § 39 VStG in Verbindung mit § 42 Abs. 4 SaatG 1997 in Beschlag genommen werden.

In der Begründung heißt es, liege der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als "Strafe" vorgesehen sei, könne die Behörde gemäß § 39 VStG zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen. Ein solcher Verfall sei im § 72 Abs. 1 SaatG 1997 vorgesehen. Die bei der am 10. Juni 1998 von den Aufsichtsorganen des BFL durchgeführten Saatgutverkehrskontrolle in den Räumlichkeiten des Gewerbebetriebes in W. vorgefundenen Partien von Saatgut und Werbebroschüren, welche nicht den Bestimmungen der §§ 7 Z. 1, 15 Abs. 1 bis 3 und 70 Abs. 1 und 2 SaatG 1997 entsprochen hätten und entgegen diesen Bestimmungen in Verkehr gebracht worden seien, seien gemäß § 42 Abs. 4 SaatG 1997 zu beschlagnahmen gewesen.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 6. Juli 1998 zugestellt.

Auf der im Verwaltungsakt erliegenden Ausfertigung dieses Bescheides findet sich der Vermerk: "Befördert am: 3. Juli 1998".

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte geltend, die von ihm in Verkehr gebrachten Hanfsamen seien kein Saatgut nach dem SaatG 1997, sondern dienten ausschließlich zur Züchtung von Zierpflanzen. Außerdem sei der erstinstanzliche Bescheid verfristet, weil das MBA nicht binnen zwei Wochen nach Einlangen der Anzeige die Beschlagnahme des Saatgutes mit Bescheid angeordnet habe.

Mit Bescheid vom 20. August 1999 gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge.

Diesen Bescheid hob der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit Bescheid vom 20. September 1999 gemäß § 52a VStG vom Amts wegen auf. Begründet wurde diese Entscheidung damit, aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juli 1999, 99/07/0083, ergebe sich, dass zur Entscheidung über eine Berufung gegen eine Beschlagnahme nach dem SaatG 1997 nicht der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. Jänner 2000 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des MBA vom 29. Juni 1998 als unbegründet ab, wobei der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides neu formuliert wurde. In der Begründung heißt es, Hanf (Cannabis sativa) sei gemäß § 4 SaatG 1997 im Zusammenhang mit Artencode 1.3.6 der Anlage zur Saatgutverordnung, BGBl. II Nr. 299/1997, eine Art, die dem SaatG 1997 unterliege. Bereits auf Grund dieser Tatsache sei die Ansicht des Beschwerdeführers, die gegenständlichen Hanfsamen unterlägen deshalb nicht dem SaatG 1997, weil sie ausschließlich zur Züchtung bzw. zur Erzeugung von Zierpflanzen dienten, nicht zutreffend. Zudem sei Hanf ausschließlich im SaatG 1997 und nicht im Pflanzgutgesetz, BGBl. I Nr. 73/1997, und der Pflanzgutverordnung, BGBl. II Nr. 425/1997, geregelt. Ergänzend lasse sich noch anführen, dass die in der Werbebroschüre "Samen - Seeds-Zaaden" beworbenen Eigenschaften betreffend Geschmack, Ertrag, Inhaltsstoffe und Qualität der Hanfsamen, wie sich aus der Stellungnahme des BFL ergebe, keinerlei Relevanz im Zusammenhang mit Zierpflanzen gemäß dem Pflanzgutgesetz 1997 aufwiesen, weshalb von einem den Zielen des SaatG 1997 entsprechenden Verwendungszweck auszugehen sei.

Zum Vorwurf des Beschwerdeführers, dass die Bezirksverwaltungsbehörde nicht zeitgerecht über die vorläufige Beschlagnahme durch das BFL entschieden habe und diese daher ex lege außer Kraft getreten sei, sei auszuführen, dass nach dem Akteninhalt die Anzeige des BFL vom 18. Juni 1998 beim MBA am 19. Juni 1998 eingelangt sei. Der erstinstanzliche Beschlagnahmebescheid sei am 3. Juli 1998 befördert worden. Sohin sei die zweiwöchige Frist nach § 42 Abs. 4 SaatG 1997 gewahrt.

Bezüglich des Antrages des Beschwerdeführers auf Aufhebung der Beschlagnahme im Hinblick darauf, dass nicht mehr beabsichtigt sei, das beschlagnahmte Saatgut in Verkehr zu bringen und somit kein Anlass mehr für die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme bestehe und die Behörde daher verpflichtet sei, diese aufzuheben, um einen weiteren wirtschaftlichen Nachteil des Beschwerdeführers zu vermeiden, sei auszuführen, dass die Behörde im gegenständlichen Verfahren lediglich über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme, nicht aber über alternative Maßnahmen zu erkennen gehabt habe. Inwieweit dem diesbezüglichen Antrag des Beschwerdeführers entsprochen werden könne, sei in dem gesondert geführten Verfahren nach § 72 SaatG 1997, in welchem über einen etwaigen Verfall des beschlagnahmten Saatgutes entschieden werde, auszusprechen. Auch der Hinweis auf das eingestellte (gerichtliche) Strafverfahren und die Zurücklegung der erstatteten Anzeige sei in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, da eine Beschlagnahme nach dem SaatG 1997 keine Beschlagnahme im Sinne des § 39 VStG darstelle und somit unabhängig von der Durchführung eines Strafverfahrens erfolgen könne.

Die Annahme des Beschwerdeführers, dass der Verkauf des gegenständlichen Saatgutes in Österreich legal sei, da der Import aus einem Staat im EU-Raum erfolgt sei und dem Beschwerdeführer weder gesetzliche Vorschriften über ein Verkaufsverbot des importierten Hanfsamens noch die Bestimmungen des SaatG 1997 bekannt gewesen seien, könne ebenfalls nicht als Rechtfertigung angesehen werden. Der Beschwerdeführer hätte sich über die einschlägigen Bestimmungen vorher hinreichend informieren müssen.

Dem Argument des Beschwerdeführers, wenn es ein Verbot betreffend das Inverkehrbringen des gegenständlichen Samens gebe, dann könne ihm nicht gleichzeitig zur Last gelegt werden, dass er diese Samen nicht richtig bezeichnet bzw. dafür geworben habe, sei insofern nicht zu folgen, als ungeachtet einer Übertretung des § 7 SaatG 1997, wonach nicht gemäß den gesetzlichen Bestimmungen anerkanntes Saatgut in Verkehr gebracht worden sei, darüber hinaus auch ein Verstoss gegen die Bestimmung des § 70 Abs. 1 und 2 SaatG 1997 vorliegen könne, indem das entgegen dem gesetzlichen Verbot in Verkehr gebrachte Saatgut zusätzlich umworben bzw. falsch gekennzeichnet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde sei im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass die Anzeige erst am 18. Juni 1998 (richtig: 19. Juni 1998) bei der Bezirksverwaltungsbehörde eingelangt sei. Der Beschwerdeführer habe keine Gelegenheit gehabt, zu dieser Sachverhaltsannahme Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer vertritt weiters den Standpunkt, auf den von ihm in Verkehr gebrachten Hanfsamen sei das SaatG 1997 nicht anzuwenden. Diese Hanfsamen dienten nämlich ausschließlich zur Verwendung als Zierpflanzen bzw. zum Anbau von Marihuana. Die Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich der beworbenen Eigenschaften der Samen in der Werbebroschüre seien eine reine Wiederholung der Stellungnahme des BFL. Wie der Beschwerdeführer bereits in seinen Ausführungen zu dieser Stellungnahme eingewendet habe, sei die Darstellung von Geschmack, Ertrag, Inhaltsstoffen und Qualität keineswegs irrelevant für den Käufer einer Zierpflanze. Die Konsumenten würden darüber informiert, dass man aus diesen Samen gut wachsende Zierpflanzen mit gutem Geruch ziehen könne, die widerstandsfähig seien und sich schnell vervielfältigten.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, der Zweck der Beschlagnahme, nämlich die Verhinderung des Inverkehrbringens, sei weggefallen, weil der Beschwerdeführer bereits mit Antrag vom 4. November 1998 den Reexport nach Holland in Absprache mit den Behörden vorgeschlagen habe. Die Beschlagnahme hätte daher aufgehoben werden müssen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1985, 85/04/0025). Die Einstellung des eingeleiteten Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft sei ebenfalls von Bedeutung. Dadurch sei nämlich der Zweck der Beschlagnahme, Beweismaterial zu sichern, weggefallen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 42 Abs. 1 SaatG 1997 haben die Aufsichtsorgane Partien von Saatgut, einschließlich Behältnisse, Verpackung, Etiketten und Werbematerial vorläufig zu beschlagnahmen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass

1.

das Saatgut entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in Verkehr gebracht wird oder

2.

wesentliche Mängel vorliegen, die eine nutzungsgerechte Verwendung des Saatgutes nicht gewährleisten.

Nach Abs. 3 leg. cit. haben die Aufsichtsorgane die vorläufige Beschlagnahme der Saatgutanerkennungsbehörde zu melden. Diese hat die vorläufige Beschlagnahme unter Beilage der Niederschrift der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, es sei denn, die Gründe für die vorläufige Beschlagnahme liegen nicht mehr vor. In diesem Fall hat die Saatgutanerkennungsbehörde die vorläufige Beschlagnahme aufzuheben.

Nach § 42 Abs. 4 SaatG 1997 hat die Bezirksverwaltungsbehörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Anzeige die Beschlagnahme des Saatgutes mit Bescheid anzuordnen. Anderenfalls tritt die vorläufige Beschlagnahme außer Kraft.

§ 42 Abs. 4 SaatG 1997 beruft die Bezirksverwaltungsbehörde zur Anordnung der Beschlagnahme. Bestimmungen darüber, welche Behörde über Berufungen gegen eine solche Beschlagnahme zu entscheiden hat, enthält das SaatG 1997 nicht.

Nach § 3 Abs. 1 SaatG 1997 sind die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden, soweit nicht anderes bestimmt ist,

              1.       als Saatgutanerkennungsbehörde für die Bundesländer

a)

Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft (BFL) und

b)

Oberösterreich, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg das Bundesamt für Agrarbiologie (BAB);

              2.       als Sortenzulassungsbehörde das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft (BFL).

Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft über Berufungen gegen Entscheidungen der Behörden zu entscheiden.

Nach § 3 Abs. 3 SaatG 1997 ist der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gegenüber den Behörden erster Instanz die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des AVG.

§ 3 Abs. 2 SaatG 1997 beruft zwar den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zur Entscheidung über Berufungen gegen Entscheidungen "der Behörden" und könnte nach seinem Wortlaut daher so gedeutet werden, dass er den Bundesminister als Berufungsbehörde gegenüber allen nach dem SaatG in Betracht kommenden Behörden beruft. Eine solche Deutung der Bestimmung verbietet sich aber schon deswegen, weil zu den Behörden, die das SaatG 1997 zu vollziehen haben, auch die Bezirksverwaltungsbehörden als Strafbehörden zählen und über Berufungen gegen solche Entscheidungen der unabhängige Verwaltungssenat zu entscheiden hat.

§ 3 Abs. 2 SaatG 1997 kann daher schon aus diesem Grund nicht als umfassende Regelung der Berufungszuständigkeit gedeutet werden. Auch die systematische Stellung dieser Bestimmung im Anschluss an den die Saatgutanerkennungsbehörden und die Sortenzulassungsbehörde regelnden § 3 Abs. 1 SaatG 1997 legt den Schluss nahe, dass sich

§ 3 Abs. 2 leg. cit. nur auf Entscheidungen der im Abs. 1 genannten Behörden bezieht. Bestätigt wird diese Auffassung durch die Regierungsvorlage zum SaatG 1997, wo davon die Rede ist, dass über Berufungen "gegen Entscheidungen der Saatgutanerkennungsbehörden und der Sortenzulassungsbehörde" der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft als Behörde zweiter Instanz entscheidet (580 Blg. NR XX. GP, 35).

Da das SaatG 1997 demnach keine Bestimmung darüber enthält, welche Behörde über Beschlagnahmebescheide der Bezirksverwaltungsbehörden zu entscheiden hat, hatte nach § 2 AVG in zweiter Instanz der Landeshauptmann einzuschreiten.

Eine der Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 42 SaatG 1997 ist das Vorliegen von Saatgut im Sinne dieses Gesetzes.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 1 sind unter "Saatgut" im Sinne dieses Bundesgesetzes Samen zu verstehen, die zur Erzeugung von Pflanzen bestimmt sind.

Nach § 1 Abs. 2 Z. 1 SaatG 1997 gilt dieses Bundesgesetz nicht für Vermehrungsmaterial von Obstarten und Zierpflanzen.

Nach § 4 SaatG hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft durch Verordnung zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung, zur Förderung der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion und zur Förderung der wirtschaftlichen Erzeugung von Saatgut in einem Artenverzeichnis festzulegen:

1.

die Arten, die diesem Bundesgesetz unterliegen,

2.

für jede Art die für das in Verkehr bringen vorgesehenen

Saatgutkategorien und

              3.       die Arten, bei denen

              a)       Basissaatgut nur aus anerkanntem Vorstufensaatgut erwachsen sein darf,

b)

Basissaatgut auch aus Basissaatgut erwachsen sein darf oder

c)

zertifiziertes Saatgut unmittelbar aus zertifiziertem

Saatgut erwachsen sein darf, das unmittelbar aus Basissaatgut oder anerkanntem Vorstufensaatgut erwachsen ist.

Auf Grund des § 4 SaatG 1997 wurde die Saatgutverordnung, BGBl. II Nr. 299/1997, erlassen.

Nach § 1 Abs. 1 dieser Verordnung unterliegen dem SaatG 1997 die in Anlage-Spalte 2 genannten Arten in Form der in der Anlage Spalte 3 genannten Saatgutkategorien.

In der Anlage zur Saatgutverordnung ist in der Spalte 2 (Art) auch der Hanf angeführt (Artencode 1.3.6). Dieser unterliegt somit dem SaatG 1997.

Die Saatgutverordnung spricht allerdings davon, dass die in der Anlagespalte 2 genannten Arten "in Form der in der Anlagespalte 3 genannten Saatgutkategorien" dem SaatG 1997 unterliegen. Tatsächlich wird damit aber nur, wie sich aus § 4 Z. 2 ergibt, die für das Inverkehrbringen vorgesehene Saatgutkategorie festgelegt.

Die Auffassung des Beschwerdeführers, beschlagnahmte Hanfsamen fallen nicht unter das SaatG 1997, erweist sich als unzutreffend.

Der Beschwerdeführer meint, durch seinen Vorschlag, den Hanfsamen nach Holland zu reexportieren, sei der Zweck der Beschlagnahme weggefallen, desgleichen durch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens.

§ 42 Abs. 3 SaatG 1997 sieht vor, dass die Saatgutanerkennungsbehörde die vorläufige Beschlagnahme aufzuheben hat, wenn die Gründe für die vorläufige Beschlagnahme nicht mehr vorliegen.

Wenn selbst in einem dem Ausspruch der Beschlagnahme durch die Bezirksverwaltungsbehörde vorgelagerten Stadium die vorläufige Beschlagnahme aufzuheben ist, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, dann ist daraus zu folgern, dass auch die Bezirksverwaltungsbehörde die Beschlagnahme nicht mehr aussprechen darf, wenn zwischenzeitlich die Voraussetzungen für die Beschlagnahme weggefallen sind. Gleiches gilt für die Berufungsbehörde, wenn der Wegfall der Beschlagnahmevoraussetzungen im Zuge des Berufungsverfahrens eintritt.

Von einem Wegfall der Beschlagnahmevoraussetzungen kann im Beschwerdefall aber keine Rede sein.

Der zur Beschlagnahme führende Sachverhalt begründet den Verdacht einer Verwaltungsübertretung. Die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens ist daher ohne Belang.

Eine der (alternativen) Voraussetzungen für den Ausspruch der Beschlagnahme ist das Vorliegen des Verdachtes eines Inverkehrbringens von Saatgut entgegen den Bestimmungen des SaatG 1997. Entscheidend ist dabei, dass bis zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides ein Sachverhalt verwirklicht wurde, der einen solchen Verdacht begründet und dass der dadurch begründete Verdacht zum Zeitpunkt der Erlassung des Beschlagnahmebescheides noch andauert. Hingegen ist nicht erforderlich, dass der den Verdacht begründende Sachverhalt zum Zeitpunkt der Erlassung des Beschlagnahmebescheides noch andauert. Das ergibt sich schon daraus, dass mit der vorläufigen Beschlagnahme die Möglichkeit der (weiteren) Verwirklichung eines solchen Sachverhaltes ja gerade ausgeschlossen werden soll.

Dass der Verdacht eines Inverkehrbringens des in Rede stehenden Saatgutes zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch bestand, hat die belangte Behörde dargetan.

Aus diesen Gründen ist auch der Hinweis auf das beabsichtigte Reexportieren des Saatgutes nach Holland ohne Belang. Abgesehen davon würde ein solches Reexportieren des Saatgutes in dem zur Beschlagnahme führenden Zustand neuerlich eine Übertretung des SaatG 1997 darstellen, da auch ein Exportieren in ein Mitgliedsland der Europäischen Gemeinschaft ein Inverkehrbringen im Sinne des § 2 Abs. 2 SaatG 1997 ist. Unter einem "Inverkehrbringen" ist nämlich nach dieser Gesetzesstelle das Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen im geschäftlichen Verkehr zu verstehen. Eine Ausfuhr ist lediglich dann nicht als "Inverkehrbringen" zu verstehen, wenn es sich um eine nachweisliche Ausfuhr in Drittstaaten handelt (§ 2 Abs. 3 Z. 1 SaatG 1997).

Ob das beschlagnahmte Saatgut freigegeben oder für verfallen erklärt wird, ist in dem von der Bezirksverwaltungsbehörde durchzuführenden Verfahren nach § 72 SaatG 1997 zu entscheiden.

Ob die im angefochtenen Bescheid angeführten Bestimmungen, gegen die das Inverkehrbringen des Hanfsamens möglicherweise verstoßen hat, einander ausschließen, ist ohne Belang. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass das Inverkehrbringen des Hanfsamens gegen alle diese angeführten Bestimmungen verstoßen hat.

Die Anzeige des BFL ist beim MBA am 19. Juni 1998 eingelangt. Innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen dieser Anzeige hatte das MBA die Beschlagnahme des Saatgutes gemäß § 42 Abs. 4 SaatG 1997 mit Bescheid anzuordnen, widrigenfalls die vorläufige Beschlagnahme außer Kraft trat.

Unter der "Anordnung" der Beschlagnahme des Saatgutes ist die Erlassung des Bescheides zu verstehen, da ein Bescheid erst mit seiner Erlassung, also mit der Zustellung an den Bescheidadressaten wirksam wird.

Die Vorschrift des § 42 Abs. 4 SaatG 1997 ist gleich lautend mit § 14 Abs. 2 des Düngemittelgesetzes, BGBl. Nr. 513/1994. Zu dieser Bestimmung heißt es in der Regierungsvorlage (1463 Blg NR. XVIII. GP, 13):

"Zum Schutz der Mitkonkurrenten und der Verbraucher, aber besonders im Interesse eines geordneten Naturhaushaltes (Bodenschutz) ist es unbedingt erforderlich, sicherzustellen, dass Düngemittel, Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel, die nicht den Voraussetzungen des Gesetzes entsprechen, nicht in Verkehr gebracht werden.

Das Aufsichtsorgan hat in diesen Fällen die Ware vorläufig zu beschlagnahmen (verfahrensfreier Verwaltungsakt).

Die Bezirksverwaltungsbehörde hat innerhalb von zwei Wochen nach der vorläufigen Beschlagnahme einen Bescheid zu erlassen, sonst tritt die vorläufige Beschlagnahme außer Kraft. Der verfahrensfreie Verwaltungsakt und der Bescheid sind voneinander unabhängig."

Diese Erläuterungen zeigen also auch, dass der Gesetzgeber mit dem Wort "anordnen" die Erlassung des Bescheides meint.

Der Beschlagnahmebescheid der Bezirksverwaltungsbehörde erging außerhalb der zweiwöchigen Frist des § 42 Abs. 4 SaatG 1997. Das hatte aber nur zur Folge, dass die vorläufige Beschlagnahme außer Kraft trat. Hingegen ist dem SaatG 1997 nicht zu entnehmen, dass nach Ablauf dieser zweiwöchigen Frist ein Beschlagnahmebescheid überhaupt nicht mehr ergehen darf. § 42 Abs. 4 SaatG 1997 sieht nämlich nicht eine Bestätigung der vorläufigen Beschlagnahme vor - eine solche wäre nach dem Außerkrafttreten der vorläufigen Beschlagnahme infolge Versäumung der zweiwöchigen Frist nicht mehr möglich -, sondern einen von der vorläufigen Beschlagnahme unabhängigen Ausspruch über die Beschlagnahme. Dies wird auch durch die Aussage in den Materialien zu der mit § 42 Abs. 4 SaatG 1997 gleich lautenden Bestimmung des § 14 Abs. 2 des Düngemittelgesetzes 1994 bestätigt, wonach der verfahrensfreie Verwaltungsakt (der vorläufigen Beschlagnahme) und der Beschlagnahmebescheid voneinander unabhängig sind. Auch § 42 Abs. 5 SaatG 1997, der für die vorläufige Beschlagnahme auf der einen und die bescheidmäßige Beschlagnahme auf der anderen Seite jeweils ein gesondertes Beschlagnahmeprotokoll fordert, spricht für diese Auslegung.

Die Beschlagnahmebestimmungen des § 42 SaatG 1997 dienen dem Schutz der durch das SaatG 1997 geschützten Interessen. Es soll verhindert werden, dass Saatgut, welches den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entspricht, in Verkehr kommt. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, er habe im Falle einer Versäumung der zweiwöchigen Frist des § 42 Abs. 4 SaatG 1997 auf diesen Schutz gänzlich verzichten wollen. Vielmehr soll durch die Anordnung, dass die vorläufige Beschlagnahme außer Kraft tritt, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen der Beschlagnahmebescheid ergeht, erreicht werden, dass eine vorläufige Beschlagnahme durch Verstreichen einer zu langen Zeit zwischen ihrer Vornahme und dem Ausspruch der Beschlagnahme rechtswidrig wird, wie dies nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts im Falle einer nach § 39 VStG vorgenommenen vorläufigen Beschlagnahme der Fall ist, die nicht unverzüglich durch einen nachträglichen Bescheid sanktioniert wird (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11.650, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1991, 89/01/0442).

Bestätigt wird diese Auffassung noch durch einen Blick auf mit § 42 Abs. 4 vergleichbare Bestimmungen.

Eine dem § 42 SaatG 1997 vergleichbare Struktur weist § 57 AVG auf. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Es ist unbestritten, dass das Außerkrafttreten des mit Vorstellung bekämpften Bescheides infolge ungenützten Verstreichens der zweiwöchigen Frist für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens nicht dazu führt, dass die Behörde die im Mandatsbescheid angeordnete Maßnahme nicht (neuerlich) anordnen darf (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 937, Anm. 16 zu § 57 AVG).

Es ist daher davon auszugehen, dass mit dem ungenützten Verstreichen der zweiwöchigen Frist des § 42 Abs. 4 SaatG 1997 zwar die vorläufige Beschlagnahme außer Kraft tritt, dass damit aber nicht der Bezirksverwaltungsbehörde die Anordnung der Beschlagnahme verwehrt ist.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. August 2000

Schlagworte

Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4VwRallg7 Anordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000070038.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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