TE OGH 2017/10/12 6Ra55/17f

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Veröffentlicht am 12.10.2017
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Kopf

Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten Dr.Bott (Vorsitz) sowie die Richterin Dr.Kraschowetz-Kandolf und den Richter Dr.Deu als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr.Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch Dr.Hiebler ua, Rechtsanwälte in Leoben, wegen EUR 64.378,50 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 14.Juli 2017, 25 Cga 72/15d-77 (Rekursinteresse EUR 5.500,08), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird bestätigt und abgeändert; sie lautet:

„Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 30.172,42 (darin EUR 8.285,45 Barauslagen und EUR 3.647,82 USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 124,87 (darin EUR 20,81 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

begründung:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten, einem bei ihr als Mechaniker beschäftigten Dienstnehmer, die Bezahlung eines Betrages in Höhe von EUR 64.378,50 sA im Wesentlichen mit der Behauptung, dieser habe am Rennwagen der Klägerin Einstellungs- und Wartungsarbeiten mangelhaft ausgeführt, weshalb es anlässlich eines Renneinsatzes zu einem Unfall mit Sachschaden gekommen sei.

Der Beklagte beantragt Klagsabweisung mit dem Einwand, es würde ihn keinerlei Verschulden am Zustandekommen des genannten Unfalls treffen.

Mit dem nur hinsichtlich der Kostenentscheidung angefochtenen Urteil weist das Erstgericht das gesamte Klagebegehren ab und erlegt der Klägerin die mit EUR 28.235,12 (darin EUR 7.805,45 Barauslagen und EUR 3.404,94 USt) bestimmten Verfahrenskosten zum Ersatz auf.

Es begründet diese Kostenentscheidung zusammengefasst damit, den Einwendungen der Klägerin gegen das Kostenverzeichnis sei weitestgehend, nicht aber in allen Punkten zu folgen. So würden – soweit für das Rekursverfahren noch von Interesse – dem Beklagten die geltend gemachten vorprozessualen Kosten mangels Vorliegens eines außergewöhnlichen umfangreichen Schriftverkehrs vor dem Prozess nicht zustehen. Des weiteren auch nicht die Kosten der Replik vom 9.Dezember 2015 (richtig eigentlich: 23.Dezember 2015/ON 15), des vorbereitenden Schriftsatzes vom 2.Dezember 2016 (richtig: 12.Dezember 2016/ON 46) sowie des Antrags vom 9.Februar 2017 (ON 53), zumal nach Beginn der Verhandlung Schriftsätze grundsätzlich unzulässigen seien und das Vorbringen auch in der Tagsatzung erstattet hätte werden können. Die Dolmetschkosten für die Übersetzung des E-Mails ***** seien anstelle der verzeichneten EUR 153,44 nur mit EUR 143,44 zu berücksichtigen. Die Kosten für das Privatgutachten ***** (gemeint Beilage ./12) würden nicht zustehen, da bereits ein Gerichtsgutachten mit ähnlichen Ergebnissen vorgelegen habe und es demnach nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich gewesen sei. Unter Berücksichtigung der zuerkannten Positionen, welche das Erstgericht im Einzelnen nennt, ergebe sich ein dem Beklagten zuzuerkennender Kostenersatzbetrag von EUR 17.024,75 netto, somit einschließlich USt von EUR 20.429,67 und unter Hinzurechnung der Barauslagen von EUR 7.805,45 der dem Beklagten zuerkannte Betrag.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, sie in Zuerkennung eines Kostenersatzbetrages von insgesamt EUR 33.735,20, jedenfalls aber in Höhe eines Betrages von EUR 29.891,45 abzuändern.

Die Klägerin, die eine Rekursbeantwortung erstattet, beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekursgegnerin ist zuzustimmen, dass die Anfechtungserklärung im Rechtsmittel mit dem geltend gemachten Rekursinteresse von EUR 5.500,08 nicht übereinstimmt, zumal die einzelnen Positionen, deren Zuspruch der Beklagte mit seinem Rekurs anstrebt, schon ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer einen Betrag von EUR 7.054,21 ergeben und demnach das Rekursinteresse bei weitem übersteigen. Daraus folgt aber entgegen der Ansicht der Rekursgegnerin nicht die Unschlüssigkeit des Kostenrekurses, zumal es völlig klar ist, welche Positionen aus seinem Kostenverzeichnis der Beklagte ersetzt erhalten möchte, und andererseits das Rekursgericht an den Rechtsmittelantrag auch in betraglicher Hinsicht ohnehin gebunden ist (§ 405 ZPO).

Das Rekursgericht hat schon mehrfach ausgesprochen, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe von Rechtsmittelgerichten ist, (erstgerichtliche) Kostenentscheidungen zu fällen, sondern vielmehr bereits gefällte Kostenentscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Es geht auch nicht an, dass Rechtsmittelgerichte Überlegungen darüber anzustellen haben, von welchen Erwägungen sich das Erstgericht bei der Abfassung seiner Kostenentscheidung allenfalls leiten ließ bzw hätte leiten lassen können. Zutreffend zeigt der Rekurswerber auf, dass sich in der angefochtenen Kostenentscheidung mehrere, nicht unerhebliche Unvollständigkeiten finden, die jedoch noch kein solches Ausmaß erreichen, um die Kostenentscheidung überhaupt nicht nachvollziehbar zu machen. Da die angefochtene Kostenentscheidung gerade noch als überprüfbar anzusehen ist, kann auf das Rechtsmittel des Beklagten inhaltlich eingegangen werden, ohne mit einer Aufhebung der Kostenentscheidung als nichtig vorgehen zu müssen.

Aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung geht mit der erforderlichen Deutlichkeit hervor, welche Positionen des Kostenverzeichnisses des Beklagten das Erstgericht einerseits jedenfalls nicht zuerkennen wollte und andererseits jedenfalls als gerechtfertigt angesehen hat. Es trifft zu, dass – wie der Beklagte ausführt – das Erstgericht in der Begründung seiner Entscheidung die Äußerung vom 6.Juni 2016 (ON 32) ebensowenig erwähnt, wie die Kosten der Streitverhandlung vom 23.November 2016 (ON 41). Unrichtig ist jedoch, dass das Erstgericht über die beiden genannten Positionen nicht abgesprochen habe. Einerseits lässt sich durch die in dem seitens des Beklagten gelegten Kostenverzeichnis in der Tagsatzung vom 14.Juli 2017 vorhandenen Durchstreichungen ersehen, dass diesbezüglich keine Aberkennung erfolgen sollte (wofür es zumindest hinsichtlich der Tagsatzung vom 23.November 2016 auch kein vernünftiges Argument gäbe), andererseits wird durch die – im Folgenden noch anzustellende – Berechnung deutlich, dass das Erstgericht diese Positionen ohnehin zuerkennen wollte und auch zuerkannt hat.

Unter Einschluss dieser beiden Positionen lässt sich – ohne vorerst auf die weiteren Argumente des Rechtsmittels einzugehen – der jedenfalls berechtigte Kostenersatzanspruch des Beklagten wie folgt ermitteln:

Einspruch  EUR                                                                               753,80

100 % ES EUR                                                                               753,80

vorb. SS 4.8.2015 EUR                                                                               753,80

50 % ES EUR                                                                               376,90

MSV 23.9.2015 EUR                                                                               1.507,60

50 % ES EUR                                                                               753,80

Streitverhandlung (richtig:) Befundaufnahme mit SV 14.12.2015 EUR                                                                               1.507,60

50 % ES EUR                                                                               753,80

Erörterungsantrag 3.3.2016 EUR                                                                               842,50

50 % ES EUR                                                                               421,25

Äußerung 17.5.2016 TP 2 EUR                                                                               427,00

50 % ES EUR                                                                               213,50

ergänzende Äußerung 6.6.2016 TP 1 EUR                                                                               95,00

50 % ES EUR                                                                               47,50

MSV 23.11.2016 EUR                                                                               1.685,00

50 % ES EUR                                                                               842,50

Erörterungsantrag 4.5.2017 TP 3 EUR                                                                               842,50

50 % ES EUR                                                                               421,25

MSV 14.7.2017 EUR                                                                               2.527,50

50 % ES EUR                                                                               1.263,75

                                                                                      EUR            16.790,35

20 % USt EUR                                                                               3.358,07

                                                                                      EUR            20.148,42

Dieser Betrag entspricht zwar nicht dem vom Erstgericht ermittelten von EUR 20.429,67 inklusive USt, jedoch ergibt sich daraus zwingend, dass das Erstgericht die genannten Positionen entgegen der Darstellung im Rechtsmittel berücksichtigt hat. Da dem Rekursgericht – mangels Erhebung eines Rechtsmittels durch die Klägerin – ein Eingriff in die Rechtskraft verwehrt ist, ist dem Beklagten der vom Erstgericht errechnete Betrag für diese Leistungen jedenfalls zuzuerkennen.

Gleiches gilt für die vom Erstgericht errechneten Barauslagen in Höhe von EUR 7.805,45, die sich aus EUR 7.000,00 an „erlegtem“ Kostenvorschuss, EUR 500,00 an Gebühr des Zeugen *****, EUR 9,50 an ERV-Kosten, EUR 152,51 an Fahrtkosten des Beklagten und EUR 143,44 an Übersetzungskosten (Mail des Zeugen *****) ergeben. Überlegungen dazu, ob der zuerkannte Kostenvorschuss von EUR 7.000,00 auch verbraucht wurde, sind ebenfalls mangels Rechtsmittels der Klägerin nicht anzustellen.

In diesem Zusammenhang zeigt der Beklagte zutreffend auf, dass das Erstgericht die Kosten der Dolmetscherin für die tschechische Sprache ***** für ihre Tätigkeit in der Tagsatzung vom 14.Juli 2017 offensichtlich nicht berücksichtigt hat. Auf Seite 13 des Protokolls/AS 39 oben bestimmte das Erstgericht die Gebühren der Dolmetscherin mit EUR 480,00 inklusive Mehrwertsteuer im Einvernehmen mit den Parteien und sprach aus, dass diese aus einem noch zu erlegenden Kostenvorschuss des Beklagten zur Auszahlung gelangen wird. Dieser Kostenvorschuss wurde vom Beklagten in der Folge erlegt (ON 75). Somit ist davon auszugehen, dass der Beklagte in diesem Umfang Anspruch auf Ersatz dieser Kosten hat. Aus welchen Erwägungen ihm, wie er im Rechtsmittel ausführt, hiefür EUR 500,00 zustehen sollen, erschließt sich dem Rekursgericht nicht. Allenfalls liegt diesbezüglich eine Verwechslung mit den Zeugengebühren ***** im Betrag von EUR 500,00 vor.

Des Weiteren rügt der Beklagte in seinem Rechtsmittel den nicht erfolgten Kostenzuspruch für das von ihm eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen ***** „im Gesamtbetrag von EUR 2.896,01“ sowie für die Schriftsätze vom 9.Dezember 2015, 2.Dezember 2016 und 9.Februar 2017.

Auf diese Positionen ist im Einzelnen wie folgt einzugehen:

Unrichtig ist, dass die Kosten des Privatgutachtens ***** insgesamt EUR 2.896,01 ausmachen würden, belaufen sich diese doch, wie sich aus der in der Tagsatzung vom 14.Juli 2017 vorgelegten Kostennote entnehmen lässt, auf insgesamt EUR 2.000,00. Der Beklagte bezieht in die von ihm genannte Position offensichtlich die von ihm ebenfalls geltend gemachten (vgl Schriftsatz vom 6.Juni 2016 [ON 32]) und vom Erstgericht nicht zuerkannten vorprozessualen Vertretungskosten im Gesamtbetrag von EUR 896,01 ein. Ein Zuspruch derselben kann schon deshalb nicht erfolgen, da sich hiezu im Rechtsmittel keinerlei Ausführungen finden und auch die diesbezüglich vorgelegten drei Honorarnoten einer Wiener Rechtsanwaltskanzlei (Beilage ./4) in keiner Weise erkennen lassen, um welche Vertretungsleistungen es sich dabei handeln soll und in welcher Weise ein Bezug zum streitgegenständlichen Verfahren herzustellen wäre. Damit fehlt es an einer für einen Zuspruch tauglichen Grundlage.

Das Erstgericht hat auch die Kosten des Privatgutachtens des Sachverständigen ***** vom 5.Juli 2017 zu Recht nicht zuerkannt.

Die Judikatur erachtet grundsätzlich Kosten von für die Prozessvorbereitung dienenden Privatgutachten im Einzelfall als gesondert ersatzfähig. Dies wird vor allem dann der Fall sein, wenn das Gutachten dazu dient, dem Auftraggeber eine Grundlage zur Ermittlung seiner Ansprüche bzw seiner Rechtsposition zu verschaffen, obwohl noch gar nicht feststeht, ob es zu einem Rechtsstreit überhaupt kommen wird. Es muss also ein besonderes Interesse an der Sachverhaltsermittlung unabhängig von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Prozess bestehen (vgl RIS-Justiz RS0122795, RS0117340; 1 Ob 42/62 ua). Der Hauptanwendungsfall wird diesbezüglich wohl bei der Ermittlung von Schmerzengeldansprüchen liegen, um eine kostenschädliche Überklagung in einem allfälligen Gerichtsstreit zu vermeiden.

In Einzelfällen sieht die Judikatur aber auch die Einholung von Privatgutachten in Form einer prozessbegleitenden Kontrolle und Beratung durch den Sachverständigen als notwendig und zweckmäßig und damit auch als ersatzfähig an (vgl dazu Obermaier, Handbuch2 Rz 391 mwN).

Der Beklagte kann diesbezüglich aber nicht mit Erfolg die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 25.Februar 2010 zu 2 R 22/10h für sich ins Treffen führen, hat dieses Gericht doch deutlich ausgesprochen, „dass es besonderer einzelfallbezogener Gründe bedürfte, um während des Prozesses die Durchsicht eines bereits vorliegenden gerichtlichen Gutachtens als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sowie -verteidigung notwendig ansehen zu können. Andernfalls müsste man es immer billigen, dass die Parteien Privatsachverständige zur Überprüfung und Erörterung gerichtlicher Gutachten beiziehen und die damit verbundenen Kosten im Ausmaß ihres Obsiegens auf den Gegner überwälzen. Dies hätte über kurz oder lang eine erhebliche Verteuerung des Sachverständigenbeweises zur Folge, weil die Möglichkeit, dafür ohne weitere Voraussetzungen (also lediglich abhängig vom Prozesserfolg) Kostenersatz zu erlangen, es rasch zur gängigen Praxis werden ließe, gerichtliche Gutachten von Privatsachverständigen überprüfen und/oder sich bei der Gutachtenserörterung von einschlägigen Experten beraten und unterstützen zu lassen“.

Das Rekursgericht schließt sich dieser Auffassung vollinhaltlich an.

Nach dem Inhalt der Beilage ./12 erhielt der Privatgutachter den Auftrag zur Abgabe einer gutachterlichen Stellungnahme zu den angeführten Unterlagen erst am 27.Juni 2017, somit nach bereits zweijähriger Verfahrensdauer und unmittelbar vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz. Welchem Zweck das Gutachten dienlich sein sollte, ergibt sich aus dem Auftrag nicht. Jedenfalls kein solcher zur Ermittlung der Unfallsursache wie bei dem bereits bestellten gerichtlichen Sachverständigen, wozu schon ein Hauptgutachten und vier weitere Ergänzungsgutachten vorlagen. Zu welchen weitergehenden Erkenntnissen das Privatgutachten geführt haben soll, erschließt sich dem Rekursgericht nicht. Auch nicht, welchen Einfluss es auf den Verfahrensgang genommen haben soll. Zu verweisen ist darauf, dass in der Tagsatzung vom 14.Juli 2017 noch eine ganze Reihe maßgeblicher Zeugen vernommen wurden, zu deren Aussagen der gerichtlich bestellte Sachverständige noch in dieser Tagsatzung Stellung nehmen konnte. Wie sich aus dem Protokoll unschwer entnehmen lässt, hat sich der Sachverständige mit dem Privatgutachten auseinandergesetzt und ist im Gegensatz zu diesem zum Ergebnis gelangt, dass aus dem Fehlen von Unfallspuren nicht der Rückschluss gezogen werden kann, dass der vorgelegte Bremssattel nicht im Klagsfahrzeug eingebaut gewesen sein könne (Seite 17 des Protokolls/AS 43 Mitte). Wie sich aus der Entscheidung in der Hauptsache ergibt, konnte eine Unfallsursache nicht festgestellt werden und beruhte die Klagsabweisung auf dem Umstand, dass dem Beklagten das von der Klägerin behauptete Fehlverhalten nicht nachgewiesen werden konnte. In welcher Weise das Privatgutachten bei dieser Sachlage zum Prozesserfolg des Beklagten beitragen konnte, ist nicht erkennbar. Es wurde bereits ausgeführt, dass die Kosten von während des Verfahrens eingeholten Privatgutachten nur ganz ausnahmsweise ersatzfähig sind. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Das Rekursgericht vertritt schon grundsätzlich die Auffassung, dass es jeder Partei unbenommen bleibt, sich vor und insbesonders während des Verfahrens außergerichtliche Expertisen von Sachverständigen zu beschaffen, jedoch führt dies nicht automatisch dazu, dass die dafür anerlaufenen Kosten im Falle des Prozesserfolgs dem Gegner zum Ersatz aufzuerlegen sind.

Damit verbleibt die Prüfung, ob die vom Beklagten eingebrachten Schriftsätze ON 15, 46 und 53 der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienten. Das Erstgericht hat deren Abgeltung pauschal mit der Begründung verneint, dass deren Einbringung nach Beginn der Verhandlung unzulässig sei und das Vorbringen auch in der Tagsatzung (welcher ?) erstattet hätte werden können. Die Klägerin schließt sich dieser Auffassung unter Hinweis auf die Streitverhandlung vom 14.Dezember 2015 an.

Diese Begründung ist schon deshalb nicht tragfähig, da eine solche Streitverhandlung gar nicht stattgefunden hat. Vielmehr ergibt sich aus dem Gutachten ON 16, dass der Sachverständige an diesem Tag eine Befundaufnahme durchgeführt hat, was jedoch keinesfalls einer mündlichen Streitverhandlung entspricht, womit zwar eine Übergabe der Urkunden an den Sachverständigen hätte erfolgen können, nicht aber eine förmliche Vorlage mit allfälligen Urkundenerklärungen durch den Prozessgegner und auch kein Prozessvorbringen im Sinne der ZPO. Der Beklagte hat in diesem Schriftsatz auf die vorangegangene Urkundenvorlage der Klägerin zum Unfallshergang (ON 14) Bezug genommen und selbst Urkunden vorgelegt, weshalb nach Auffassung des Rekursgerichts dieser Schriftsatz nach TP 2 RATG abzugelten ist.

Den weiteren Schriftsatz des Beklagten vom 12.Dezember 2016 (ON 46) hat das Erstgericht zutreffend nicht honoriert. In der Streitverhandlung vom 23.November 2016 wurde das Verfahren gemäß § 193 Abs 3 ZPO geschlossen und der Klägerin nur noch der Auftrag erteilt, das Schreiben des Zeugen ***** vorzulegen, welchem Auftrag diese mit ihrer Eingabe vom 30.November 2016 (ON 42) auch nachkam. Wie die Rekursgegnerin zutreffend aufzeigt, wurde dem Beklagten vom Erstgericht keine Möglichkeit eröffnet, zu dieser Urkundenvorlage noch ergänzend Stellung zu nehmen. Damit ist diese Eingabe nach Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz erfolgt. Dazu kommt noch, dass das Erstgericht zwar mit Beschluss vom 23.November 2016 (ON 46) eine Wiedereröffnung des Verfahrens verfügte, die Zustellung dieses Beschlusses an die Parteien jedoch erst am 22.Dezember 2016, also nach der Eingabe des Beklagten erfolgte. Der seitens der Klägerin gestellte Zurückweisungsantrag ON 45 erweist sich demnach als zutreffend, weshalb dem Beklagten ein Kostenersatz nicht zusteht. Letztlich hätte er das im Schriftsatz ON 46 enthaltene Vorbringen auch mit dem nachfolgenden Schriftsatz ON 53 – dazu gleich – erstatten können.

Das Erstgericht hat diesbezüglich zu Unrecht von einer Honorierung Abstand genommen. Mit diesem Schriftsatz vom 9.Februar 2017 (ON 53) hat der Beklagte nach Wiedereröffnung eine Erörterung des Gutachtens mit konkreten Fragestellungen beantragt und gleichzeitig Urkunden vorgelegt. Diesbezüglich ist zu beachten, dass das Erstgericht das dritte Ergänzungsgutachten ON 51 den Parteien zur allfälligen Äußerung binnen 14 Tagen zugestellt hat (AS 411), womit der Beklagte gleichsam mit seiner Eingabe einem gerichtlichen Auftrag nachgekommen ist. Jedenfalls erweist sich dieser Schriftsatz aber nicht als unzulässig. Nach ständiger Judikatur auch des Rekursgerichtes sind Anträge auf Gutachtenserörterung mit konkreten Fragestellungen an den Sachverständigen nach TP 2 RATG zu honorieren (Obermaier aaO Rz 682 mwN aus der Rechtsprechung; hg 6 Rs 25/17v mzwN).

Der Kostenersatzanspruch für die beiden Schriftsätze lässt sich somit wie folgt ermitteln:

vorb. SS (richtig:) 23.12.2015 TP 2  EUR                                                                               382,61

50 % ES EUR                                                                               191,30

Erörterungsantrag 10.2.2017 TP 2 EUR                                                                               427,01

50 % ES EUR                                                                               213,50

                                                                                      EUR            1.214,42

20 % USt EUR                                                                               242,88

                                                                                      EUR            1.457,30

                                                                                                   

Unter Hinzurechnung des bereits vom Erstgericht zuerkannten Betrages von EUR 20.429,67 ergibt sich somit einschließlich USt eine Verdienstsumme von EUR 21.886,97.

Zu den vom Erstgericht bereits rechtskräftig zuerkannten Barauslagen von insgesamt EUR 7.805,45 kommen – wie ausgeführt – noch die Kosten der Dolmetscherin im Betrag von EUR 480,00, womit sich der gesamte Barauslagenanspruch des Beklagten mit EUR 8.285,45 errechnet.

Der gesamte Kostenersatzanspruch des Beklagten für das erstinstanzliche Verfahren ergibt somit einen Betrag von EUR 30.172,42 (darin EUR 3.647,82 USt und EUR 8.285,45 Barauslagen).

Dieser Betrag ist daher dem Beklagten in teilweiser Abänderung der angefochtenen Kostenentscheidung zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung für das Rekursverfahren gründet sich auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG und § 11 RATG. Der Beklagte hat im Rekursverfahren mit EUR 1.937,30 obsiegt, was bei einer Bemessungsgrundlage von EUR 5.500,08 einem Prozesserfolg von rund 35 % entspricht. Demgemäß hat er der Klägerin 30 % der Kosten der Rekursbeantwortung von EUR 416,26 inklusive USt zu ersetzen; dies ergibt einen Betrag von EUR 124,87 (darin EUR 20,81 USt).

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

Oberlandesgericht Graz, Abteilung 6

Textnummer

EG00142

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0639:2017:0060RA00055.17F.1012.000

Im RIS seit

20.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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