TE OGH 1997/9/16 3R290/97p

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Veröffentlicht am 16.09.1997
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Kopf

Beschluß

Das Landesgericht Feldkirch hat als Rekursgericht durch den Richter Dr. Künz als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Müller und Dr. Mähr als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred S***** vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Silvia M*****, wegen Besitzstörung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 13.8.1997, 4 C 1311/97 a-2, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

1. Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die Einleitung des Verfahrens aufgetragen.

2. Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

3. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Der Kläger behauptete, die Beklagte habe am 22.7.1997 ihr Fahrzeug in unzulässiger Weise auf dem dem Kläger gehörenden Gästeparkplatz des Hotel Post in Feldkirch geparkt. Dadurch habe sie den ruhigen Besitz des Klägers an diesem Parkplatz gestört. Hinsichtlich der Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Feldkirch berief sich der Kläger auf § 81 Abs 1 JN.

Mit dem bekämpften Beschluß hat das Erstgericht die Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit a limine zurückgewiesen. Es vertrat die Auffassung, daß im Hinblick auf den Wohnsitz der Beklagten in der Schweiz das Luganer Abkommen, dem sowohl die Schweiz als auch Österreich beigetreten seien, Anwendung finde. Nach Artikel 2 dieses Abkommens seien Personen, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben, grundsätzlich bei den Gerichten dieses Staates zu klagen, sofern die Artikel 5 bis 18 des Übereinkommens nichts anderes bestimmen würden. Für eine andere Regelung komme einmal Artikel 5 Z 3 des Lugano-Abkommens in Frage, wonach bei einer unerlaubten Handlung, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, am Gericht jenes Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, geklagte werden könne. Bei einer Besitzstörung könne allerdings von einer solchen Schadenshaftung nicht gesprochen werden, da es in diesem Verfahren nicht um Schadenersatz gehe.

Auch Artikel 16 Z 1 lit a des genannten Übereinkommens komme nicht zum Tragen. Für die Anwendbarkeit dieses Anknüpfungspunktes reiche es nicht aus, daß ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache von der Klage berührt werde. Vielmehr müsse die Klage auf ein dingliches Recht und nicht auf ein persönliches Recht gestützt sein.

Es lasse sich daher ein Ausnahmetatbestand von der Generalklausel des Artikel 2 des Lugano-Übereinkommens nicht finden, weshalb die Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit zurückzuweisen sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den bekämpften Beschluß dahin abzuändern, daß das BG Feldkirch für örtlich zuständig erklärt und dem BG Feldkirch die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen wird.

Der Rekurs ist im Sinne einer Aufhebung der bekämpften Entscheidung begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der Begriff des dinglichen Rechts wurde vom EuGH vertragsautonom ausgelegt. Artikel 16 Z 1 des Lugano-Abkommens umfaßt demnach nur Klagen, die darauf gerichtet sind, Umfang oder Bestand einer unbeweglichen Sache, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen anderer dinglicher Rechte hieran zu bestimmen und den Inhabern dieser Rechte den Schutz der mit ihrer Rechtsstellung verbundenen Vorrechte zu sichern (EuGH Slg 1990 I, 27, 41, Nr. 11/Reichert/Dresdner Bank I).

Im besonderen fallen unter Art 16 Zahl 1 des genannten Abkommens somit neben der Eigentumsklage (§ 366 ABGB) auch die Eigentumsfreiheitsklage (§ 523 ABGB), die Teilungsklage (§§ 830, 841 ABGB) bzw Grenzberichtigungsklage (§§ 850 f ABGB), die Löschungsklage (§§ 61 ff GBG) und auch die Besitzstörungsklage im Sinne der §§ 454 ff ZPO (Czernich/Tiefenthaler, Die Übereinkommen von Lugano und Brüssel, Kurzkommentar, Rz 11 zu Art 16).

Die Verneinung der inländischen Gerichtsbarkeit hätte auch einen unbefriedigenden Zustand zur Folge, da der Besitzerschutz des im Inland in seinem Besitz durch einen Ausländer Gestörten nicht mehr durch die österreichischen Gerichte gewahrt wäre.

Dem Rekurs war daher Folge zu geben und der angefochtene Zurückweisungsbeschluß aufzuheben. Das Erstgericht wird das gesetzmäßige Verfahren einzuleiten haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO, da es sich hier nicht um einen Zwischenstreit handelt.

Textnummer

EFE0100037

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:1997:00300R00290.97P.0916.000

Im RIS seit

17.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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