TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/10 VGW-022/056/11327/2016

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Veröffentlicht am 10.10.2017
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Entscheidungsdatum

10.10.2017

Index

82/05 Lebensmittelrecht
E3R E13301400

Norm

LMSVG §21
LMSVG §90 Abs3 Z1
32004R0852 Lebensmittelhygiene Art 4 Anhang II Kapitel I Z1
32004R0852 Lebensmittelhygiene Art 4 Anhang II Kapitel XI Z4
32004R0852 Lebensmittelhygiene Art 4 Anhang II Kapitel XII Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde der Frau I. L., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 29.7.2016, Zahl: MBA ... – S 3727/16, betreffend Verwaltungsübertretungen der Verordnung (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde gegen Spruchpunkt 3.) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

III. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von insgesamt EUR 200,-- (das sind 20% der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, erließ gegen die Beschwerdeführerin datiert mit 29.07.2016 zur Zahl MBA ... - S 3727/16 ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

„Sie haben als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs.2 VStG 1991 der X. Aktiengesellschaft mit Sitz in W., ... zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Unternehmerin im Sinne des § 21 LMSVG am 16.12.2015 um 17:30 Uhr im Filialbetrieb in Wien, P.-gasse, insoferne gegen die nachstehend angeführten Kapitel der Bestimmungen der Verordnung (EG) über Lebensmittelhygiene verstoßen und dadurch die Lebensmittelsicherheit gefährdet wurde, als folgende Mängel festgestellt wurden:

1.) Entgegen der Bestimmungen des Kapitel I Z.1:

Am Boden unter den Regalen im Verkaufsraum waren massive Verunreinigungen ersichtlich, es wurde sogar eine tote Maus (die aufgrund des Verwesungszustandes offensichtlich schon mehrere Tage bzw. Wochen tot war) vorgefunden! Unter den Regalen waren zerbrochene Flaschen eingetrocknete und klebrige Rückstände von verschütteten Säften, sonstige Lebensmittelreste, Staub und Lurch ersichtlich. Lt. Reinigungs- und Desinfektionsplan sind die Fußböden täglich zu reinigen. Die Reinigung unter den Regalen erfolgte jedoch seit mehreren Wochen nicht.

Im gesamten Lagerbereich waren massive Verunreinigungen mit Lebensmittelresten, Staub, Lurch, zerbrochenen Flaschen und klebrigen Flüssigkeitsrückständen ersichtlich. Allgemein war das Lager unaufgeräumt und chaotisch. Auch an den Wänden und beim Kühlhaus (innen und außen) waren Verunreinigungen vorhanden.

Das Foliergerät und dessen umliegender Arbeitsbereich im Lager wurde offensichtlich seit längerem nicht mehr gereinigt. Dies wird zum Folieren von Lebensmitteln (z.B. geschnittenem Obst) verwendet und ist ein Arbeitsbereich, in dem mit Lebensmitteln umgegangen wird. Rund um das Foliergerät und auf dem daneben befindlichen Schneidbrett wurden private Gegenstände und diverse Lebensmittel (augenscheinlich für den privaten Gebrauch) abgestellt. Direkt auf dem Foliergerät wurden Zigarettenpackungen abgelegt und im Lager war Zigarettengeruch feststellbar. Zigarettenstummel wurden im Aufwaschwasser des abgestellten Waschwagens und beim Abflussgitter im Lager vorgefunden. Offensichtlich wird im Lager geraucht und die Zigaretten werden auch dort entsorgt.

In der Tiefkühltruhe im Lagerbereich war der Boden mit bröseligen Lebensmittelresten verunreinigt. Auch Lebensmittel, wie z.B. Teiglinge, lagen am Boden.

2.) Entgegen der Bestimmungen des Kapitel IX Z.4:

Die Tür vom Lager in den Außenbereich stand zu Beginn der Kontrolle offen. Dadurch besteht die Gefahr, dass Schädlinge in den Betrieb gelangen.

3.) Entgegen der Bestimmungen des Kapitel XII Z.1 i.V.m. § 21 LMSVG:

Aufgrund der vorgefundenen Mängel ist die Hygieneschulung des Personals (inkl. Filialleitung) als unzureichend zu beurteilen. Auch die Kontrolle der Mitarbeiter durch die Filialleitung bzw. Stellvertretung ist unzureichend.

Aufgrund der oben angeführten Mängel ist die Eigenkontrolle als unzureichend beurteilen.

Ein Reinigungs- und Desinfektionsplan war vorhanden, in dem eine tägliche Reinigung der Böden vorgesehen wurde. Die Aufzeichnungen der durchgeführten Reinigung endeten mit 10.12.2015. Eine ausreichende Reinigung des Lagerbereichs und des Bodens unter den Regalen im Verkaufsraum erfolgte jedoch offensichtlich bereits seit längerem nicht mehr.

Es konnten keine Aufzeichnungen über ein durchgeführtes Schädlingsmonitoring vorgezeigt werden. Unter den Regalen in den Verkaufsräumlichkeiten wurden zwar Köderboxen vorgefunden, lt. Angabe der Anwesenden arbeitet sie seit ca. drei Jahren in der Filiale und die Fallen liegen seitdem dort und wurden auch nie ausgetauscht. Schädlingsmonitoring war der stellvertretenden Filialleiterin ein eher unbekannter Begriff.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Art.4 der Verordnung (EG) 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über Lebensmittelhygiene Anhang II, 1.) Kapitel I.Z.1, 2.) Kapitel IX Z.4 und ad 3.) Kapitel XII Z.1 i.V.m. § 21 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), BGBl. I Nr. 13/2006 idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

3 Geldstrafen von je € 500,00, falls diese uneinbringlich sind,

3 Ersatzfreiheitsstrafen von je 1 Tag und 6 Stunden

Summe der Geldstrafen: € 1.500,00

Summe der Ersatzfreiheitsstrafen: 3 Tage und 18 Stunden

gemäß § 90 Abs.3 erster Strafsatz LMSVG.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 150,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 1.650,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Die X. Aktiengesellschaft haftet für die mit diesem Bescheid über die verantwortliche Beauftragte, Frau I. L. verhängte Geldstrafe von € 1.500,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 150,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“

2.) Mit Schriftsatz vom 22.08.2016 erhob die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Rechtsvertreter binnen offener Frist Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde.

2.1.1) Darin führte sie zum ersten Spruchpunkt des Straferkenntnisses aus, sie führe zusammen mit erfahrenen Mitarbeitern Schulungen durch und kontrolliere regelmäßig deren Fertigkeiten. Angesichts der Mitarbeiterzahl und der Aufgabenvielfalt sei es ihr jedoch nicht zumutbar, jeden einzelnen Arbeitsschritt zu kontrollieren. Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätten sich einige Mitarbeiter im Krankenstand befunden und die Frequentierung der Filiale sei aufgrund der bevorstehenden Weihnachtszeit außerordentlich hoch gewesen, weshalb die Belastung der Beschwerdeführerin und deren Mitarbeitern besonders hoch gewesen sei. Einen wesentlichen Teil ihrer zeitlichen Kapazitäten habe auch die Einschulung kürzlich eingestellter Mitarbeiter beansprucht. Zudem sei es aufgrund der Witterungsbedingungen zum Zeitpunkt der Kontrolle unvermeidlich gewesen, dass durch Kunden Straßenschmutz in der Filiale verteilt wurde.

2.1.2.) Hinsichtlich der klebrigen Rückstände unter den Regalen brachte sie vor, dies liege nicht zur Gänze in ihrem Einflussbereich, weil es aufgrund der hohen Kundenfrequenz vorkomme, dass geöffnete Flaschen, die auf den Boden fallen, auslaufen würden. Der Beschwerdeführerin sei es jedoch nicht zuzumuten, sofort einzuschreiten. Dass unter den Regalen seit Wochen keine Reinigung stattgefunden habe, sei nicht erwiesen und lasse sich mangels Befragung der Mitarbeiter nicht feststellen. Ebenso sei die Formulierung „Allgemein war das Lager unaufgeräumt und chaotisch“ nicht konkret genug, um unter eine Rechtsvorschrift subsumiert werden zu können.

2.1.3.) Die Beschwerdeführerin gab außerdem an, dass ausnahmslos im Freien und nicht im Lagerraum geraucht werde. Der im Lagerraum festgestellte Zigarettengeruch ergebe sich daraus, dass der Geruch an der Kleidung der Mitarbeiter anhafte. Dass einzelne Mitarbeiter rauchen, sei dem Einflussbereich der Beschwerdeführerin entzogen.

2.1.4.) Das Abwaschwasser, in dem Zigarettenstummel vorgefunden worden seien, werde nicht zum Aufwischen der Bodenflächen verwendet. Vielmehr habe es sich dabei offensichtlich um gebrauchtes Abwaschwasser gehandelt, woraus sich auch schließen lasse, dass die Böden regelmäßig gereinigt würden. Die Zigarettenstummel seien nicht durch rauchende Mitarbeiter in das Abwaschwasser gelangt, sondern aufgrund der Reinigung der Verkaufsfläche, auf die Kunden die Stummel durch ihre Schuhe befördert hätten.

2.1.5.) Bestritten wurde auch, dass Teiglinge auf dem Boden gefunden worden seien. Diesbezüglich finde sich kein Beweis in den vorgelegten Fotografien. Nicht bestritten werde hingegen, dass ein Stück von einem Kuchen im Lagerbereich gefunden wurde, der einer Mitarbeiterin auf den Boden gefallen sei. Der Kuchen habe jedoch unter keinen Umständen in den Verkehr kommen können.

2.2.) Zum zweiten Spruchpunkt gab die Beschwerdeführerin an, die offene Lagertüre lasse sich darauf zurückführen, dass zum Kontrollzeitpunkt für gewöhnlich der Müll im dort befindlichen Außenbereich entsorgt werde. Offenbar habe der Mitarbeiter, der den Müll entsorgt habe, keine Hand zum Schließen der Türe frei gehabt. Außerdem verursache das Hinaustragen des Mülls viel Lärm, weshalb keine erhöhte Gefahr für das Eindringen von Schädlingen in das Lager bestanden habe. Zudem stelle Anhang II Kapitel I Z 4 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 auf die Bekämpfung von Schädlingen ab. Das kurzzeitige Offenhalten der Türe sei nicht vom Tatbestand der „Schädlingsbekämpfung“ umfasst, selbst wenn dadurch die Gefahr eines Eindringens von Schädlingen eintreten würde. Das Offenhalten der Türe sei jedenfalls nicht unter Kapitel I Z 4 zu subsumieren.

2.3.1.) Im dritten Spruchpunkt würden großteils dieselben Mängel beanstandet, die bereits in Spruchpunkt 1.) beanstandet worden seien. Diese Vorgehensweise sei im Lichte des verfassungsrechtlich verankerten Verbotes der Doppelbestrafung fragwürdig. Anhang II Kapitel I Z 1 EG-VO 852/2004 bestimme eine generelle Pflicht zur Sauberkeit und Instandhaltung der Filiale. Fraglich sei, ob damit dem Bestimmtheitsgebot entsprochen werde. Durch diese Unbestimmtheit könne beinahe jeder Sachverhalt auch als Verstoß gegen die ebenso allgemein gefasste Pflicht zur Eigenkontrolle verstanden werden, obwohl beide Fälle dasselbe Unrecht, nämlich die Verabsäumung von hygienischen Maßnahmen, beinhalten würden.

2.3.2.) Aus dem Umstand, dass keine Aufzeichnungen zum Schädlingsmonitoring vorgelegt worden seien, könne nicht geschlossen werden, dass keine diesbezüglichen Maßnahmen gesetzt wurden. Die entsprechenden Unterlagen hätten sich vielmehr beim zuständigen Regionalmanager befunden und seien der Behörde am 11.04.2016 vorgelegt worden. In der Filiale seien ausreichend Fallen zur Schädlingsbekämpfung aufgestellt. Diese seien im vorgelegten Plan aus dem Jahr 2013 eingezeichnet. Zudem führe das Unternehmen „R.“ in der Filiale regelmäßig Überprüfungen der Fallen durch. Die Handlungsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin sind in diesem Bereich deutlich eingeschränkt, sodass nicht von einem Verschulden auszugehen sei.

2.4.) Zur Höhe der Strafe führte die Beschwerdeführerin aus, dass diese im Falle einer Bestrafung herabzusetzen sei. Die Beschwerdeführerin habe intern sämtliche ihr zur Verfügung stehende Maßnahmen ergriffen, sodass keine spezialpräventiven Gründe für die Verhängung einer Strafe in dieser Höhe vorlägen. Bis dato sei es trotz einer neuerlichen Kontrolle zu keinen weiteren Verwaltungsübertretungen gekommen, was strafmildernd zu berücksichtigen sei. Außerdem stünden die drei verhängten Geldstrafen in keinem Verhältnis zueinander. Während in Spruchpunkt 1.) mehrere Taten vorgeworfen würden, werden in Spruchpunkt 2.) lediglich eine offene Tür beanstandet. Im Hinblick auf die Strafe zu Spruchpunkt 3.) seien lediglich Aufzeichnungsmängel vorgelegen, jedoch keine tatsächlichen Hygiene- bzw. Kontrollmängel. Die belangte Behörde habe daher bei den Strafen zu Spruchpunkt 2.) und 3.) die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes außer Acht gelassen, weshalb diese Strafen im Sinne der gesetzlichen Strafbemessungsgründe an die Strafe zu Spruchpunkt 1.) angeglichen werden müssten.

3.) Am 11.01.2017 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdeführerin, deren anwaltlicher Rechtsvertreter und die Zeugin Ing. B. ladungsgemäß erschienen. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Am 16.12.2015 fand um 17:30 Uhr in der Filiale der X. Aktiengesellschaft (in der Folge: X.) in Wien, P.-gasse, eine Kontrolle durch die Magistratsabteilung 59 statt. Die Filiale war zu diesem Zeitpunkt geöffnet und für jedermann zugänglich. Die Beschwerdeführerin war jedoch bei der Kontrolle nicht im Betrieb anwesend.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle lagen im Verkaufsraum der X.-Filiale unter einem Getränkeregal mehrere tote Insekten und eine tote Maus. Zudem befanden sich unter den Regalen mehrere Bierdosen, eingetrocknete und klebrige Rückstände von verschütteten Säften, eine Plastikflasche, eine zerbrochene Glasflasche sowie Staub und Lurch. Die tote Maus, die in einer eingetrockneten Flüssigkeit klebte, lag bereits mehrere Tage unter dem Regal. Es waren weitere massive Verunreinigungen sichtbar, auch sonstige Lebensmittelreste, Staub und Lurch.

Im Lagerraum der Filiale (wo mit Lebensmitteln umgegangen wurde und in dem auch Lebensmittel gelagert wurden) befanden sich auf einem Foliergerät für Lebensmittel und auf einem daneben befindlichen Schneidebrett private Gegenstände, insbesondere Trinkflaschen und – teilweise geöffnete – Zigarettenpackungen. Rund um das Foliergerät – welches selbst seit längerem nicht gereinigt worden war - und am Boden sowie auf den Wänden des Lagerraums fanden sich starke bröselige und schmierige Verschmutzungen. Der gesamte Lagerbereich war massiv verunreinigt, ebenso waren Verunreinigungen im Kühlhaus vorhanden.

Im Aufwaschwasser eines im Lagerraum abgestellten Waschwagens schwammen zahlreiche Zigarettenstummel. Zum Zeitpunkt der Kontrolle lag außerdem auch Zigarettengeruch in der Luft, obwohl sich abgesehen vom Kontrollorgan der Magistratsabteilung 59 keine weitere Person im Lagerraum aufhielt. Auch in der TK-Truhe im Lagerbereich lagen die im Spruch angeführten Übelstände vor. Zudem stand die Lagertüre, die in den Innenhof des Gebäudes führt, über zumindest 15 Minuten offen.

Hingegen ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen, dass die Überwachung oder Hygieneschulung des Personals durch die Beschwerdeführerin unzureichend war.

Bei der Beweiswürdigung waren folgende Erwägungen maßgeblich:

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes der belangten Behörde, auf die Beschwerde vom 22.08.2016 und auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien am 11.01.2017.

Zu Spruchpunkt 1.):

Betreffend den Vorwurf der Verletzung von Kapitel I Z 1 der EG-VO 852/2004 ist das Vorliegen der beanstandeten Verunreinigungen insbesondere aufgrund der der Anzeige beigelegten Fotos und den Angaben der Zeugin, welche die Kontrolle durchgeführt hatte als erwiesen anzusehen.

Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass die Frequentierung der Filiale aufgrund der Vorweihnachtszeit ungewöhnlich hoch gewesen und es ihr nicht zuzumuten gewesen sei, bei jeder auftretenden Verunreinigung sofort einzuschreiten. Dem hielt die Zeugin B. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien entgegen, dass jene Stellen, an denen Verschmutzungen vorgefunden wurden, bereits seit mehreren Tagen nicht gereinigt worden seien. Dies betreffe insbesondere die in einer getrockneten Flüssigkeit klebende tote Maus unter einem Verkaufsregal sowie die dort liegenden Insekten und Behältnisse. Zwar sei es möglich, dass einzelne Dosen noch nicht lange unter dem Regal gelegen seien, im Gesamteindruck seien die Verschmutzungen jedoch schon älter gewesen. Die Kontrollorgane seien geschult und würden erkennen, ob es sich um kürzlich verursachten Schmutz handle oder ob dieser bereits seit längerer Zeit bestehe. Zudem hätten Kunden keinen Zugang zum Lagerbereich, in dem ebenfalls Verschmutzungen festgestellt worden seien. Auch der Reinigungsplan war nicht aktuell, sondern es fehlten einige Tage der Dokumentation, wie die Zeugin auch glaubhaft darlegen konnte.

Auf den von der Zeugin B. in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Farbfotos, die den Verkaufs- und Lagerraum zum Zeitpunkt der Kontrolle ablichten, sind, abgesehen von den Teiglingen und dem Zigarettengeruch, die beanstandeten Verschmutzungen zweifelsfrei erkennbar. Neben dem Abwaschwasserkübel, der mit dunkelfärbigem Abwaschwasser und Zigarettenstummeln gefüllt war, zeigen die Fotos bröselige und schmierige Verschmutzungen an mehreren Stellen an den Wänden und Böden des Lagerbereiches sowie an dort befindlichen Möbelstücken und Geräten sowie den weiters angelasteten Übelständen. Zudem sind auf den Lichtbildern persönliche Gegenstände wie Zigarettenpackungen und Trinkflaschen, die um das Foliergerät abgestellt waren, sichtbar.

Angesichts der Fotos, auf denen massive Verschmutzungen (auch in großen Teilen des Lagerbereiches) sichtbar sind und die auch deutlich erkennbar die in getrockneten Flüssigkeitsresten klebende Maus zeigen, erachtet das erkennende Gericht das Vorbringen der Zeugin B., wonach die im Straferkenntnis angeführten Verschmutzungen bereits länger bestanden hätten, für glaubwürdiger als das Vorbringen der Beschwerdeführerin. Im Übrigen gestand auch die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung zu, dass sich immer wieder Verschmutzungen unter den Regalen und im Lagerraum „sammeln“ würden.

Die Zeugin B. machte bei ihrer Einvernahme in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien einen glaubwürdigen und an der Wahrheitsfindung interessierten Eindruck. Ihre Ausführungen waren in sich schlüssig und von Widersprüchen frei. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin B., die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Wahrheitspflicht unterliegt und eine Missachtung dieser Verpflichtung strafrechtliche Sanktionen nach sich zöge, eine ihr unbekannte Person wahrheitswidrig belasten würde, sind keine hervorgetreten.

Zum Vorbringen betreffend der Zigarettenstummel ist ergänzend auszuführen, dass es zum einen nachvollziehbar ist, dass sich die Zeugin nach der seither vergangenen Zeit nunmehr nicht mehr an Details, wie Geruch, erinnern konnte. Aus ihrer Anzeige geht hervor, dass nicht nur Zigarettenpackungen im Arbeitsbereich des Lagers (wo auch die Stummeln im Abwaschwasser gefunden wurden) vorgefunden wurden, sondern auch Zigarettengeruch wahrnehmbar war. Die Beschwerdeführerin hat darüber hinaus auch selbst in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Zigarettenstummel wohl von Mitarbeitern hineingekippt worden sind. Umso mehr wirkt das Vorbringen ihres rechtlichen Vertreters konstruiert und ist als Schutzbehauptung zu werten. Dass grundsätzlich ein Vorgang, wie vom Vertreter dargelegt, möglich wäre, wie die Zeugin auch angegeben hat, mag zutreffen. Aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin selbst und den Anmerkungen der Zeugin in der von ihr gelegten Anzeige ist dem Vorbringen des Vertreters nicht zu folgen, sondern der Sachverhalt, wie aus dem Straferkenntnis hervorgeht, als erwiesen festzustellen.

Im Ergebnis bestehen für das Verwaltungsgericht Wien keine Zweifel daran, dass die im Straferkenntnis der belangten Behörde angeführten Verschmutzungen im Verkaufs- und Lagerraum zum Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle vorgelegen sind.

Zu Spruchpunkt 2.):

Die Beschwerdeführerin bestritt in ihrer Beschwerde nicht, dass die Lagertüre zum Zeitpunkt der Kontrolle offen gestanden ist. Das Offenlassen der Türe begründete sie damit, dass der Müll im hinter der Lagertüre befindlichen Außenbereich entsorgt werde. Offenbar habe der Mitarbeiter, der den Müll hinausgetragen habe, keine Hand zum Schließen der Türe frei gehabt. Das Hinaustragen des Mülls verursache ohnedies viel Lärm, weshalb keine erhöhte Gefahr des Eindringens von Schädlingen bestanden habe.

Die Zeugin B. brachte in der mündlichen Verhandlung demgegenüber glaubhaft vor, sie habe bei der Kontrolle etwa 15 Minuten im Lagerraum verbracht. In dieser Zeit habe sie keine Vorgänge wie das Hinaustragen von Müll wahrgenommen, die das Öffnen der Türe notwendig gemacht hätten.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Zeugin B. erachtet das erkennende Gericht die nachträgliche Rechtfertigung der Beschwerdeführerin als Schutzbehauptung. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Türe tatsächlich aus dem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Grund offen gestanden ist. Es entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass das Hinaustragen von Müll einen Zeitraum von über 15 Minuten in Anspruch nimmt, zumal sich der Mitarbeiter diesfalls ebenso zu überzeugen gehabt hätte, dass die Lagertüre unmittelbar danach wieder geschlossen wird, um die Gefahr des Eindringens von Schädlingen hintanzuhalten. Insofern muss auch nicht näher auf die Behauptung der Beschwerdeführerin eingegangen werden, dass der durch den Abtransport von Müll verursachte Lärm Schädlinge von der Lagertüre fernhält.

Zu Spruchpunkt 3.):

Im Hinblick auf den Vorwurf der Übertretung des Kapitel XII Z 1 EG-VO 852/2004 iVm § 21 LMSVG ist der Anzeige zunächst lediglich zu entnehmen, dass die Hygieneschulung des Personals und die Kontrolle der Mitarbeiter durch die Beschwerdeführerin aufgrund der vorgefundenen Mängel als unzureichend zu beurteilen sei. Nach der genannten Bestimmung sind Schulungen durchzuführen. Eine Befragung eines Mitarbeiters diesbezüglich durch die Meldungslegerin geht aus der Anzeige nicht hervor. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien gab die Zeugin B. an, bei der Kontrolle nicht nach konkreten Schulungsunterlagen gefragt zu haben. Weil aufgrund des Vorliegens von Mängeln bei der Reinigung nicht auch ohne Weiteres auf eine mangelnde Hygieneschulung geschlossen werden kann und sonst keinerlei Nachweis seitens der belangten Behörde für die Annahme einer mangelnden Schulung erbracht wurde, bestehen für das erkennende Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Überwachung oder Hygieneschulung des Personals unzureichend war.

Rechtlich war dieser Sachverhalt folgendermaßen zu würdigen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 21 LMSVG haben Unternehmer hinsichtlich Lebensmittel im Sinne des Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und hinsichtlich Gebrauchsgegenstände und kosmetischer Mittel im Sinne des § 7 Abs. 3 des Produktsicherheitsgesetzes 2004 – PSG 2004, BGBl. I Nr. 16/2005, die lebensmittelrechtlichen Vorschriften einzuhalten, deren Einhaltung durch Eigenkontrollen zu überprüfen und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikominderung zu setzen.

Gemäß § 90 Abs. 3 Z 1 LMSVG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu EUR 50.000, im Wiederholungsfall bis zu EUR 100.000, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Union samt Änderungsrechtsakten, delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs. 3 oder § 15 zuwiderhandelt.

Teil 2 Z 1 der Anlage des LMSVG lautet: „Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. Nr. L 139 vom 30. April 2004 in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 226 vom 25. Juni 2004);

Zu Spruchpunkt 1.):

Gemäß Anhang II Kapitel I Z 1 EG-VO 852/2004 müssen Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, sauber und stets instand gehalten sein.

Es wird als erwiesen angesehen, dass im gegenständlichen Fall massive Verschmutzungen sowohl im Verkaufsraum als auch im Lagerraum der angeführten X.-Filiale vorgelegen haben. In beiden genannten Räumlichkeiten wird mit Lebensmitteln umgegangen. Die Verschmutzungen bestanden überdies bereits seit mehreren Tagen und ist daher evident, dass die Betriebsstätte nicht im Sinne der genannten Bestimmung sauber gehalten wurde. Der objektive Tatbestand von Anhang II Kapitel I Z 1 EG-VO 852/2004 ist daher erfüllt.

Weil zum Tatbestand der Übertretung nach Anhang II Kapitel I Z 1 EG-VO 852/2004 weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt (§ 5 Abs. 1 VStG). Bei diesem besteht von Vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war.

Die Beschwerdeführerin gab an, es hätten sich zum Zeitpunkt der Kontrolle einige Mitarbeiter im Krankenstand befunden und sei die Frequentierung der Filiale aufgrund der bevorstehenden Weihnachtszeit außerordentlich hoch gewesen, weshalb die Belastung der Beschwerdeführerin und deren Mitarbeitern besonders hoch gewesen sei. Zudem sei es aufgrund der Witterungsbedingungen unvermeidlich, dass durch Kunden Straßenschmutz in der Filiale verteilt wird.

Ein mangelndes Verschulden konnte von der Beschwerdeführerin dadurch jedoch nicht dargelegt werden. Selbst für den nicht nachgewiesenen Fall, dass sich mehrere Mitarbeiter im Krankenstand befunden hätten, oblag es der Beschwerdeführerin, als verantwortliches Organ für die betreffende X.-Filiale für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen. Davon, dass es ihr ohne Verschulden unmöglich war, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, kann keine Rede sein, weil die Verschmutzungen bereits mehrere Tage vorgelegen sind. Es war daher auch der subjektive Tatbestand erfüllt.

Zu Spruchpunkt 2.):

Gemäß Anhang II Kapitel IX Z 4 EG-VO 852/2004 sind geeignete Verfahren zur Bekämpfung von Schädlingen vorzusehen. Auch sind geeignete Verfahren vorzusehen, um zu vermeiden, dass Haustiere Zugang zu den Räumen haben, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder gelagert werden (oder, sofern die zuständige Behörde dies in Sonderfällen gestattet, um zu vermeiden, dass ein solcher Zugang zu einer Kontamination führt).

Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer Beschwerde vor, Anhang II Kapitel I (gemeint wohl: Kapitel IX) Z 4 EG-VO 852/2004 stelle auf die Bekämpfung von Schädlingen ab. Das kurzzeitige Offenhalten der Türe sei nicht vom Tatbestand der „Schädlingsbekämpfung“ umfasst, selbst wenn dadurch die Gefahr eines Eindringens von Schädlingen eintreten würde. Das Offenhalten der Türe sei daher nicht unter Kapitel IX Z 4 zu subsumieren.

Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Nach dem Wortlaut der genannten Bestimmung sind auch geeignete Verfahren vorzusehen, um zu vermeiden, dass Haustiere Zugang zu den Räumen haben, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder gelagert werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die in den Innenhof des Gebäudes führende Lagertüre, welche für zumindest 15 Minuten offen stand, sich Haustiere (oder eben hier Schädlinge) Zugang zum Lager der X.-Filiale, in dem auch Lebensmittel gelagert waren, verschaffen könnten. Ziel und Zweck der Bestimmung ist daher eindeutig umfassender als etwa bloße Maßnahmen der Schädlingsbekämpfung durch Fallen (was im Übrigen gegenständlich ebenso nicht vorlag, wie die tote Maus im Verkaufsbereich klar zeigt). Es fehlte hier daher auch an Maßnahmen, die z.B. ein automatisches Schließen der Außentüren vorsehen würden, um gerade Schädlinge zu bekämpfen oder entsprechendes Verhalten der Mitarbeiter. Es wäre aufgrund der vorgefundenen Zigarettenstummel sowie Geruch eher nachvollziehbar, dass nach dem Rauchen die Türe bewusst offen gelassen worden ist. Es war somit der objektive Tatbestand von Anhang II Kapitel IX Z 4 EG-VO 852/2004 erfüllt.

Weil zum Tatbestand der Übertretung nach Anhang II Kapitel IX Z 4 EG-VO 852/2004 weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt (§ 5 Abs. 1 VStG). Bei diesem besteht von Vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war.

Die Beschwerdeführerin hat ihr mangelndes Verschulden an der Übertretung weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Auch aus dem Akteninhalt haben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, dass sie an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Es war daher auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen.

Zu Spruchpunkt 3.):

Gemäß Anhang II Kapitel XII Z 1 EG-VO 852/2004 haben Lebensmittelunternehmer zu gewährleisten, dass Betriebsangestellte, die mit Lebensmitteln umgehen, entsprechend ihrer Tätigkeit überwacht und in Fragen der Lebensmittelhygiene unterwiesen und/oder geschult werden.

Der Beschwerdeführerin wurde mit angefochtenem Straferkenntnis vorgeworfen, die Hygieneschulung sei aufgrund der vorgefundenen Mängel des Personals als unzureichend zu beurteilen. Ebenso seien die Kontrolle der Mitarbeiter und die Eigenkontrolle gemäß § 21 LMSVG unzureichend. Es sei zwar ein Reinigungs- und Desinfektionsplan vorhanden, die Aufzeichnungen der durchgeführten Reinigungen hätten jedoch mit 10.12.2015 geendet. Ebenso seien keine Aufzeichnungen über ein durchgeführtes Schädlingsmonitoring vorgezeigt werden.

Dazu ist auszuführen, dass sich der Vorwurf der mangelnden Hygieneschulung alleine darauf gründet, dass bei der behördlichen Kontrolle am 16.12.2015 Verunreinigungen in der X.-Filiale festgestellt wurden. Eine Befragung der Beschwerdeführerin oder von Mitarbeitern der Betriebsstätte ist nicht erfolgt. Ebenso wenig lassen Lücken im Reinigungs- und Desinfektionsplan oder fehlende Aufzeichnungen über ein durchgeführtes Schädlingsmonitoring Rückschlüsse auf die Durchführung von Hygieneschulungen zu.

Der Vorwurf der mangelnden Eigenkontrolle im Sinne des § 21 LMSVG bezieht sich im konkreten Fall auf die Einhaltung von Anhang II Kapitel XII Z 1 EG-VO 852/2004. Weil jedoch eine Verletzung der genannten Vorschrift (des Kapitel XII Z. 1) von der belangten Behörde nicht dargelegt werden konnte, geht auch der Vorwurf der mangelnden Eigenkontrolle ins Leere, da dieser nicht getrennt angelastet wurde, sondern nur in Verbindung mit der vorgeworfenen Übertretung nach Kapitel XII Z. 1. Im Ergebnis gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin Anhang II Kapitel XII Z 1 EG-VO 852/2004 verletzt hat. Aus der getrennt gelegten Anzeige geht zwar hervor, dass eine Übertretung nach § 90 Abs. 4 Z. 2 LMSVG zur Anzeige gebracht werde, eine korrekte Anlastung fand jedoch im weiteren Verfahren nicht statt (und wurde auch im Laufe der Verfolgungsverjährungsfrist keine Akteneinsicht gewährt): so wurde unter Spruchpunkt 3) eine Übertretung des „Kapitel XII Z. 1 iVm § 21 LMSVG“ verfolgt und die vorgeworfenen Tatbestände in diesem Spruchpunkt zusammengefasst. Es blieb unklar, ob die Behörde nunmehr beide Tatbestände getrennt strafen wollte (wo mit Aufteilung einer Gesamtstrafe hätte vorgegangen werden können) oder aber eine einzelne Anlastung („iVm“ sowie einheitlicher Strafsatz nach „ § 90 Abs. 3 LMSVG“) intendiert war. Die Strafnorm für Übertretungen der VO (EG) 852/2004 ist zu Recht § 90 Abs. 3 LMSVG. Die Strafnorm für Übertretungen nach § 21 LMSVG ist jedoch § 90 Abs. 4 Z. 2 LMSVG. Diese Strafnorm ist wiederum nicht angeführt, sondern wird die gesamte Übertretung nur dem § 90 Abs. 3 LMSVG unterstellt. Es blieb daher auch deswegen unklar, welche konkrete Anlastung die Behörde damit vornehmen wollte. Beide Anlastungen zu verbinden ist ebenso wenig möglich. Es blieb daher unklar und es war nunmehr in diesem Punkt das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches – StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die vorliegenden Übertretungen sind gemäß § 90 Abs. 3 Z 1 LMSVG mit Geldstrafen bis zu jeweils EUR 50.000,--, im Wiederholungsfall mit bis zu jeweils EUR 100.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu jeweils sechs Wochen bedroht. Weil eine rechtskräftige Bestrafung nach derselben Übertretungsnorm zum Tatzeitpunkt nicht vorlag, war für die vorliegenden Verwaltungsübertretungen jeweils vom bis zu EUR 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen auszugehen.

Bei der innerhalb dieses gesetzlichen Strafrahmens vorzunehmenden Strafzumessung (§ 19 Abs. 1 und 2 VStG) ist vorerst grundsätzlich festzustellen, dass die gegenständliche gesetzliche Strafdrohung dem Interesse an der Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung über Lebensmittelhygiene dient. Aufgrund der gegebenen Beweislage ist davon auszugehen, dass der objektive Unrechtsgehalt der vorliegenden Tat hinsichtlich Spruchpunkt 1.) im Vergleich zu jenem an sich mit derartigen Übertretungen verbundenen Unrechtsgehalt überdurchschnittlich ist, weil besonders gravierende Verschmutzungen festgestellt wurden. Der Unrechtsgehalt der Übertretung nach Spruchpunkt 2.) ist als durchschnittlich zu beurteilen.

Das Verschulden der Beschwerdeführerin konnte nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Nach der vorliegenden Aktenlage kam der Beschwerdeführerin der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute, weil zum Tatzeitpunkt zwei rechtskräftige Vormerkungen, welche als erschwerend zu werten sind, vorlagen. Mildernd war jedoch zu werten, dass sich die Beschwerdeführerin ernstlich darum bemüht hat, weitere nachteilige Folgen zu verhindern, indem sie unmittelbar nach der behördlichen Kontrolle betriebliche Verbesserungen vorgenommen hat. Bei einer nachfolgenden Kontrolle der Behörde wurden keine weiteren Übertretungen festgestellt. Milderungsgrund war ebenso die überlange Verfahrensdauer.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse betreffend gab die Beschwerdeführerin an, über kein Vermögen zu verfügen und keine Sorgepflichten zu haben. Zu ihrem Einkommen machte sie keine Angaben. Es war daher von durchschnittlichen allseitigen Verhältnissen auszugehen.

Unter Bedachtnahme auf den bis EUR 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen und die dargestellten Strafzumessungsgründe erweisen sich die von der Behörde verhängten Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 500,-- nach Ansicht des erkennenden Gerichtes als tatangemessen. Betreffend Spruchpunkt 1) ist auszuführen, dass aufgrund des massiven Unrechtsgehaltes (Ausmaß der Verunreinigung, u.a. eine tote Maus im Verkaufsbereich) eine höhere Strafe zu bemessen wäre. Alleine das Verbot der reformatio in peius verbietet nunmehr diese Vorgehensweise. Eine Herabsetzung der Geldstrafen kam trotz der genannten Milderungsgründe hinsichtlich Spruchpunkt 1.) daher insbesondere deshalb nicht in Betracht, weil der Unrechtsgehalt der Tathandlung überdurchschnittlich hoch war und die Erschwerungsgründe ebenso zu berücksichtigen waren. Hinsichtlich Spruchpunkt 2.) kam eine Herabsetzung nicht in Betracht, weil die Geldstrafe ohnedies bereits im unteren Bereich des Strafrahmens angesetzt wurde und die erschwerenden Vormerkungen vorliegen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

Zum Revisionsausspruch:

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Kontrolle; Verkaufsraum; tote Maus; massive Verschmutzungen; Lebensmittelreste; Lagerraum; Hygieneschulung; Schädlinge; reformatio in peius

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.022.056.11327.2016

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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