TE Vwgh Beschluss 2017/10/18 Ra 2017/13/0047

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Veröffentlicht am 18.10.2017
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §167 Abs2;
BAO §22;
BAO §23 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EStG 1988 §24 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des M in W, vertreten durch die Kerschbaum Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Am Heumarkt 7/91, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 27. Juni 2017, Zl. RV/7102064/2012, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Im vorliegenden Fall erzielte der Revisionswerber im Streitjahr 2003 einen hohen Gewinn aus einer Beteiligungsveräußerung, der durch den Verlust aus der streitgegenständlichen Veräußerung einer Beteiligung an einer GmbH an eine Bank teilweise ausgeglichen wurde. Im Zuge einer Außenprüfung wurde die Anerkennung der verlustbringenden Veräußerung im Zusammenhang mit einer der Bank vom Revisionswerber eingeräumten Rückverkaufsoption bei hoher Verzinsung des Abtretungspreises unter Gesichtspunkten eines Scheingeschäftes, eines Missbrauchs oder einer nicht offengelegten Treuhand in Frage gestellt. Der Revisionswerber legte dazu ein Rechtsgutachten vor, in dem der Möglichkeit eines Scheingeschäftes u.a. die dies ausschließende Annahme eines nicht offengelegten Treuhandverhältnisses durch die Prüferin entgegen gehalten und zur Frage einer Treuhandschaft ausgeführt wurde, dies sei ausschließlich eine Sachverhaltsfrage, die im Rahmen des Gutachtens nicht geklärt werden könne.

5 Das Finanzamt nahm auf der Grundlage des Prüfungsberichtes Missbrauch an, weil die verlustbringende Veräußerung in ihrer konkreten Ausgestaltung nur mit dem erzielten Steuervorteil erklärbar sei. Die Frage eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 22 BAO stand daher auch im Mittelpunkt des dagegen eingebrachten, im Juli 2012 dem unabhängigen Finanzsenat vorgelegten Rechtsmittels.

6 An das im Streitjahr an die Bank gerichtete Rückkaufsanbot war der Revisionswerber bis zum 31. Juli 2008 gebunden gewesen. Am 27. Mai 2008 wurde es durch ein im Wesentlichen inhaltsgleiches ersetzt, an das der Revisionswerber bis zum 31. Juli 2011 gebunden war. Erst im Januar 2013 kam es durch Annahme dieses Anbots zur Rückübertragung der Beteiligung an den Revisionswerber.

7 Das Bundesfinanzgericht richtete an den Revisionswerber im April 2017 einen Vorhalt, in dem es im Zusammenhang mit dem vom Finanzamt angenommenen Missbrauch auch die Frage aufwarf, ob eine "ernst gemeinte" Anteilsübertragung vorliege oder "in Wahrheit" ein anderes Geschäft, nämlich ein Darlehen, gewollt gewesen sei. In seiner Vorhaltsbeantwortung räumte der Revisionswerber "eine gewisse Finanzierungsfunktion" des Geschäftes ein, aber nicht im Sinne einer bloß kurzfristigen Übertragung der Beteiligung ohne Übergang des wirtschaftlichen Eigentums.

8 Im angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesfinanzgericht fest, der Revisionswerber und die Bank hätten die Rückzahlung des Abtretungspreises mit der vereinbarten außerordentlich guten Verzinsung gewollt. Eine ernst gemeinte und nicht nur für steuerliche Zwecke (gemeint: der teilweise Ausgleich des Veräußerungsgewinns im Streitjahr) "vorgeschobene" Anteilsabtretung liege nicht vor, weil ein wirtschaftliches Interesse der Bank am Erwerb der Beteiligung aus näher dargestellten Gründen auszuschließen sei. Die Bank habe die Beteiligung "lediglich pro forma" übernommen. Schon im Streitjahr sei mit Gewissheit festgestanden, dass die Bank den Abtretungspreis mit der hohen Verzinsung zurückbekommen werde. Nur dies sei "von beiden Vertragspartnern gewollt" gewesen. Der geltend gemachte Verlust aus der behaupteten Veräußerung der Beteiligung sei daher nicht zu berücksichtigen.

9 Eine Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil kein Rechtsproblem, sondern der Fall "auf der Sachverhaltsebene" zu lösen gewesen sei.

10 Das Vorbringen in der Revision zu deren Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) stützt sich auf zwei Gesichtspunkte. Erstens fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der vom Revisionswerber in Anspruch genommenen Dispositionsfreiheit in Bezug auf die ertragsteuerliche Verlustrealisation bei Einkünften aus der Veräußerung von Beteiligungen. Soweit das Bundesfinanzgericht zweitens zum Ergebnis komme, dass eine Anteilsübertragung gar nicht gewollt gewesen sei, träfen seine Tatsachenfeststellungen nicht zu. Sie entbehrten ausreichender Ergebnisse der Beweisaufnahme, widersprächen den logischen Denkgesetzen und seien "überdies fast zur Gänze aktenwidrig".

11 Der erste dieser behaupteten Gründe für die Zulässigkeit der Revision wäre nur unter der Voraussetzung einer Veräußerung und somit in Verbindung mit dem zweiten Grund tragfähig. Die Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes über den Vertragswillen der Parteien - Übertragung der Beteiligung "lediglich pro forma" und somit nicht im Sinne einer einkommensteuerlich wirksamen Veräußerung - sind das Ergebnis seiner beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit den im angefochtenen Erkenntnis umfangreich dargestellten Sachverhaltselementen, die nur in beschränktem Umfang der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegt (vgl. dazu im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision etwa den Beschluss vom 31. Mai 2017, Ro 2014/13/0025). Einen Mangel in der Argumentation des Bundesfinanzgerichtes, der in dieser Hinsicht die Zulässigkeit der Revision begründen könnte, zeigt die Revision nicht auf, weil die Behauptungen eines Verstoßes gegen Denkgesetze und der Aktenwidrigkeit nicht konkret begründet werden. Die Auseinandersetzung mit der Sachverhaltswürdigung des Bundesfinanzgerichtes setzt in weiten Teilen - nämlich insoweit, als die Erfordernisse für einen Übergang wirtschaftlichen Eigentums erörtert werden - schon voraus, dass die vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen dem Parteiwillen entsprachen. Wenn am Schluss dieser Ausführungen der Annahme, gewollt gewesen sei nur die Hingabe von Kapital und dessen Rückzahlung mit hoher Verzinsung, entgegengehalten wird, einer so hohen Verzinsung hätte der Revisionswerber "ohne Anteilstransaktionen niemals" zugestimmt, weshalb die Annahme "an der wirtschaftlichen Realität vollkommen vorbei" gehe, so lässt dies den durch die Vortäuschung einer Transaktion erzielbaren, der hohen Verzinsung gegenüberstehenden und durch sie im Ergebnis beiden Vertragsteilen zugutekommenden Steuervorteil außer Betracht. Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder eine Aktenwidrigkeit wird mit den Ausführungen aber jedenfalls nicht dargetan.

12 Die strittige Abtretung war nach notwendig gewordenen Gesellschafterzuschüssen erfolgt, aus denen sich der Verlust bei der Veräußerung zum Nominale ergab, und der Revisionswerber hatte vorgebracht, er habe sich in einem Liquiditätsengpass befunden. Wenn das Bundesfinanzgericht, wie die Revision geltend macht, an einer Stelle formuliert, das strittige Geschäft zwischen dem Revisionswerber und der Bank habe der GmbH "Fremdmittel verschafft", so begründet auch die darin liegende, für die Beweiswürdigung aber nebensächliche Ungenauigkeit - Bezugnahme auf die Gesellschaft statt auf den Revisionswerber - nicht die Zulässigkeit der Revision.

13 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Oktober 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017130047.L00

Im RIS seit

16.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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