TE Vwgh Beschluss 2017/10/23 Ro 2016/08/0019

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §351c Abs10 Z1;
ASVG §351f;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der S GmbH in K, vertreten durch die Gillhofer & Plank Rechtsanwälte GesBR in 1010 Wien, Herrengasse 6- 8/3/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. März 2016, W118 2112367-1/10E, betreffend Streichung von Arzneispezialitäten aus dem Erstattungskodex (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Universitätsring 12; weitere Partei: Bundesministerin für Gesundheit und Frauen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht die Streichung der von der Revisionswerberin vertriebenen Arzneispezialität Amlodipin "Sandoz" (in drei Wirkstoffstärken) durch die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht (im Folgenden: Hauptverband) aus dem grünen Bereich des Erstattungskodex. Es handle sich um ein wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt (Generikum) des Originalprodukts Norvasc, wobei in der Vergangenheit im Zuge der Aufnahme von Generika in den Erstattungskodex gemäß § 351c Abs. 10 Z 1 ASVG bereits drei Preissenkungen stattgefunden hätten. Amlodipin "Sandoz" werde zu einem Fabriksabgabepreis von EUR 5,03 angeboten und sei daher um EUR 1,89 bzw. 60,19 % teurer als das preisgünstigste wirkstoffgleiche Produkt (EUR 3,14) im Erstattungskodex.

§ 351c Abs. 10 Z 1 ASVG stehe der Streichung eines Generikums nach § 351f ASVG beim Eintritt neuer gesundheitsökonomischer Umstände, wozu auch die Preisentwicklung im Gefolge der Aufnahme weiterer Generika zu zählen sei, nicht entgegen. Zwar seien dem ASVG und der Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex in Bezug auf die gesundheitsökonomische Evaluation keine konkreten Regelungen zur Bestimmung der zulässigen Breite des Preisbands der im Erstattungskodex befindlichen Generika zu entnehmen. Dies bedeute aber nicht, dass es dem Hauptverband verwehrt wäre, im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens im Fall von unangemessenen Preisunterschieden einzuschreiten. Eine Preisdifferenz im Ausmaß von rund 60 % gegenüber dem günstigsten wirkstoffgleichen Produkt berechtige bzw. verpflichte den Hauptverband jedenfalls zum Einschreiten.

2.2. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Zwar erscheine die Rechtslage zur Anwendbarkeit des § 351f ASVG klar, im Hinblick auf die Beurteilung des Preisbands sei jedoch eine höchstgerichtliche Klärung geboten.

3. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. Der Hauptverband erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist - entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts - nicht zulässig.

4.1. Das Verwaltungsgericht hat (auch schon) in einem anderen - gleichfalls an den Verwaltungsgerichtshof herangetragenen - Verfahren die Streichung einer bestimmten Arzneispezialität (Amlodilan), bei der es sich ebenso um ein Generikum des Originalprodukts Norvasc handelte, durch den Hauptverband aus dem grünen Bereich des Erstattungskodex unter nahezu identischen tatsächlichen Voraussetzungen (ein nennenswerter Unterschied bestand lediglich in Bezug auf die Preisdifferenz von dort rund 80 %) bestätigt. Das vertreibende Unternehmen hat gegen jenes Erkenntnis des Verwaltungsgerichts ordentliche Revision erhoben, wobei es - abgesehen von fallbezogenen Modifikationen - völlig identische Rechtsmittelausführungen wie die Revisionswerberin im hier gegenständlichen Verfahren getätigt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision in jenem anderen Verfahren mit Erkenntnis vom 28. März 2017, Ro 2016/08/0023, entschieden, indem er - unter eingehender Auseinandersetzung mit den geltend gemachten Gründen und Klärung sämtlicher aufgeworfenen Rechtsfragen - die Revision als unbegründet abgewiesen hat. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird verwiesen (§ 43 Abs. 2 und 9 VwGG). Davon ausgehend wurden aber die von der Revisionswerberin (auch) im hier gegenständlichen Verfahren aufgeworfenen identischen Rechtsfragen bereits geklärt.

4.2. Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht aus der in der "Äußerung" der Revisionswerberin vom 26. August 2016 ergänzend angeführten Rechtsprechung abzuleiten. Die dort erörterte Literatur wurde bereits in der Revision im (vorhin genannten) anderen Verfahren zitiert und daher im Rahmen der hg. Entscheidung Ro 2016/08/0023 mitberücksichtigt.

Im Hinblick auf die Rechtsausführungen im hg. Erkenntnis Ro 2016/08/0023 war bei einem Preisunterschied zwischen Amlodipin "Sandoz" und dem günstigsten im Erstattungskodex enthaltenen wirkstoffgleichen Produkt im Ausmaß von 60 % die Streichung aus dem Erstattungskodex aus gesundheitsökonomischen Gründen jedenfalls gerechtfertigt. Allfällige Gründe, die ausnahmsweise für einen Verbleib der Arzneispezialität im Erstattungskodex hätten sprechen können, wurden nicht vorgebracht

5.1. Die Revision hängt daher von keiner Rechtsfrage (mehr) ab, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (siehe zur Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs für das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung etwa den hg. Beschluss vom 26. Juni 2014, Ra 2014/03/0005). Die Revision war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

5.2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 23. Oktober 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016080019.J00

Im RIS seit

16.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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