TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/18 VGW-151/070/8313/2017

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Veröffentlicht am 18.10.2017
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Entscheidungsdatum

18.10.2017

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

NAG §2 Abs1 Z9
NAG §8 Abs1 Z2
NAG §11 Abs2 Z4
NAG §11 Abs2 Z5
NAG §11 Abs3
NAG §11 Abs5
NAG §20 Abs1
NAG §21 Abs1
NAG §21 Abs2 Z5
NAG §21 Abs6
NAG §21a Abs1
NAG §46 Abs1 Z2 lita
NAG-DV §7
FPG §31 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. KLOPCIC über die Beschwerde des mj. A. J., geboren am ...1999, Staatsangehörigkeit Serbien, vertreten durch RA, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien, Magistratsabteilung 35 vom 17.02.2017, Zl. MA35-9/3129950-01, mit welchem der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gem. § 46 Abs. 1 Z 2 iVm § 11 Abs. 1 Z 5 iVm § 21 Abs. 2 Z 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde, zu Recht:

I. In Erledigung der Beschwerde wird A. J. gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. a iVm § 20 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 84/2017 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ für den Zweck Familienzusammenführung mit einem Drittstaatsangehörigen für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer, ein minderjähriger serbischer Staatsangehöriger, reiste am 29.05.2016 legal visumfrei in das Bundesgebiet ein und stellte vertreten durch seinen Vater am 23.06.2016 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 8 Abs. 1 Z 2 NAG Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zum Zwecke der Familiengemeinschaft mit einem Drittstaatsangehörigen, konkret seinem Vater, der seit 2002 ununterbrochen im Bundesgebiet lebt und seit 30.12.2012 über ein unbefristetes Niederlassungsrecht für das Bundesgebiet verfügt.

Diesem Antrag wurden diverse Unterlagen zum Nachweis der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen im Sinne des § 7 NAG-DV für den beantragten Aufenthaltstitel in Kopie beigefügt.

I.2. Mit Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 23.06.2016 wurde dem Beschwerdeführer zunächst die Einreichung dieses Antrags schriftlich bestätigt und er gleichzeitig sowie ergänzend mit Schreiben vom 04.07.2016 aufgefordert, näher bezeichnete Unterlagen nachzureichen. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer in der Einreichbestätigung im Sinne des § 21 Abs. 3 belehrt.

Diese Unterlangen langten am 04.07.2016 bei der Verwaltungsbehörde ein. Weitere Unterlagen, insbesondere in Bezug auf die Ehefrau des Vaters langten nach Aufforderung an verschiedenen Tagen bis 20.12.2016 ein.

I.3. Mit Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 04.01.2017 wurde der Beschwerdeführer im Wege seines Vaters gem. § 45 Abs. 3 AVG vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

Die belangte Behörde gelangte darin zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr länger als die erlaubte sichtvermerkfreie Zeit im Bundesgebiet aufhalte. Ferner wurde ihm mitgeteilt, dass die Verwaltungsbehörde beabsichtige, gem. § 11 Abs. 2 Z 4 NAG vorzugehen und wurde er diesbzgl. aufgefordert, weitre nähere bezeichnete Unterlagen in Vorlage zu bringen.

I.4. In der von seinem damaligen Rechtsvertreter verfassten Stellungnahme vom 24.01.2017 wurde dazu vorgebracht, dass sich der mj. Beschwerdeführer seit 17.01.2017 bei seinen Großeltern väterlicherseits in Serbien aufhalte. Gleichzeitig wurden weitere Nachweise zu den Einkommensverhältnissen der Familie in Kopie vorgelegt.

I.5. Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien, Magistratsabteilung 35 vom 17.02.2017, Zl. MA 35-9/3129950-01, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23.06.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG) gem. § 46 Abs. 1 Z 2 iVm § § 11 Abs. 1 5 wegen Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerkfreien Aufenthaltes im Zusammenhang mit seiner Inlandsantragstellung abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im vorliegenden Fall zwar eine erlaubte Inlandsantragstellung gem. § 21 Abs. 1 Z 5 NAG vorliege, der Beschwerdeführer sich jedoch im Zeitraum von 29.05.2016 bis kurz vor seiner Wiedereinreise am 11.07.2016 und weiter von 13.09.2016 bis zu seiner letzten Ausreise am 17.01.2017 im Bundesgebiet aufgehalten habe. Auch wenn er nunmehr das Bundesgebiet verlassen habe, liege dennoch eine massive Überschreitung der erlaubten sichtvermerkfreien Aufenthaltsdauer vor, sodass die Ausreise keine wesentliche Änderung der Sachlage darstelle.

Eine Interessenabwägung im Lichte des § 11 Abs. 3 NAG falle zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus, da keine berücksichtigungswürdigen Gründe hervorgekommen seien, die das Abwarten des Ausgangs dieses Verfahrens von seinem Herkunftsstaat aus unzumutbar oder unmöglich machen würden. Ferner könne er sich nicht auf ein aufrechtes Familienleben mit seinem Vater in Österreich berufen, zumal er lediglich zum sichtvermerkfreien Aufenthalt in Österreich berechtigt sei, noch nie über eine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet verfügt habe und enge familiäre Bindungen zu Serbien habe, wo er bislang auch gelebt habe.

I.6. Gegen diesen Bescheid, zunächst irrtümlich – wegen Abwesenheit - dem damals ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter des mj. Beschwerdeführers durch den Zustelldienst an dessen mittlerweiligen Substituten gem. § 34a Abs. 1 iVm § 14 RAO am 27.02.2017 und nach Rückmittlung und Vollmachtsbekanntgabe am 30.03.2017 seinem nunmehrigen Rechtsvertreter am 20.04.2017 zugestellt, richtete sich die Beschwerde vom 10.05.2017.

In dieser wurde im Wesentlichen kritisiert, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage nicht auf den Zeitpunkt ihrer Entscheidung abgestellt habe. Zumal der Beschwerdeführer das Bundesgebiet bereits am 17.01.2017 nachweislich verlassen habe, liege daher ein Überschreitung des sichtvermerkfreien Aufenthaltes im Zeitpunkt der rechtswirksamen Erlassung des angefochtenen Bescheides am 20.04.2017 nicht mehr vor.

Schließlich wurde der Antrag gestellt, das Verwaltungsgericht Wien möge den beantragten Aufenthaltstitel erteilen, in eventu, den Bescheid aufheben und Rechtssache zur neuerlichen Verfahrensdurchführung und Bescheiderlassung an die Verwaltungsbehörde zurückverweisen, jedenfalls werde aber eine Beschwerdevorentscheidung angeregt.

I.7. Die Verwaltungsbehörde nahm von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 VwGVG Abstand und legte die Beschwerde samt Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 09.06.2017 vor. Gleichzeitig verzichtete die Verwaltungsbehörde in diesem Schreiben gem. § 24 Abs. 5 VwGVG ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die gegenständliche Rechtssache wurde bei dieser Gerichtsabteilung am 13.06.2017 anhängig.

I.8. Nach Aufforderung langten nachfolgend mehrere Konvolute an aktuellen Unterlagen zu den allgemeinen Voraussetzungen im Sinne § 11 Abs. 2 NAG beim Verwaltungsgericht Wien ein.

II. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen

II.1. Folgender für die Entscheidung maßgeblicher Sachverhalt wird festgestellt:

Der Beschwerdeführerwurde am ...1999 in Serbien geboren und ist serbischer Staatsangehöriger; sein Reisepass weist eine Gültigkeit bis 16.08.2027 auf.

Er reiste am 29.05.2016 - nach vorherigem Aufenthalt im Bundesgebiet von 27.09.2015 bis 23.12.2015 - iSd Art. 5 Abs. 1 und 1a der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengen Grenzkodex), idF der Verordnung (EU) Nr. 610/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013, in das Bundesgebiet ein und stellte während seines – iSd § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG 2005 erlaubten - visumfreien Aufenthalts am 23.06.2016 vom Inland aus beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 den gegenständlichen Erstantrag gem. § 46 Abs. 1 NAG auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zum Zwecke der Familiengemeinschaft mit einem Drittstaatsangehörigen, konkret mit seinem serbischen Vater. Dieser lebt seit 2002 ununterbrochen im Bundesgebiet und ist im Besitz eines am 30.12.2012 ausgestellten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EG“.

Der unbescholtene Beschwerdeführer verfügt – im Falle der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels - nach seiner Einreise in das Bundesgebiet in der von seinem Vater befristet bis 31.01.2020 angemieteten Wohnung über eine unentgeltliche Wohnrechtsvereinbarung und ist im Wege der Mitversicherung gem. § 123 ASVG in Österreich krankenversichert. Er verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest auf Niveau A1 des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte zum Vater und zu seinem im gemeinsamen Haushalt lebenden Bruder Ar., geb. ...1998, bei denen er sich auch während seiner bisherigen Aufenthalte aufhielt und zu denen der zuziehen möchte. Dieser verfügt seit 15.04.2015 über einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gem. § 46 Abs. 1 Z 2 NAG und ist selbsterhaltungsfähig. Der gemeinsame Lebensunterhalt wird von beiden anteilig getragen.

Die Ehefrau des Vaters, die er im Dezember 2007 ehelichte, bewohnt weiterhin die frühere eheliche Wohnung. Der Vater mietete aufgrund deren Größe im Juli 2015 seine nunmehrige Mietwohnung an, um für sich und seine beiden Söhne über eine ortsübliche Unterkunft zu verfügen. Sie führt mit dem Vater weiterhin ein Eheleben. Im Bundesgebiet lebt weiters die volljährige Schwester des Beschwerdeführers in einer vom Vater angemieteten Wohnung. Diese ist selbsterhaltungsfähig.

Der mj. Beschwerdeführer selbst brachte für sich keine Einstellungszusage oder einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag über eine eigene zukünftige Erwerbstätigkeit in Österreich vor, beabsichtigt aber, nach seiner Einreise einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Der Vater des Beschwerdeführers ist seit dem Jahre 2004 regelmäßig mit kurzzeitigen Unterbrechungen erwerbstätig und arbeitet seit April 2017 als Fassader im selben Unternehmen, seit 01.08.2017 über eine Leiharbeitsfirma, und bringt aus dieser beruflichen Vollzeiterwerbstätigkeit einen durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn in Höhe von rund EUR 2.500,00 (netto rund EUR 1.750,00) ins Verdienen. Unter Einbeziehung der Sonderzahlungen iSd § 105 ASVG verfügt der Vater über ein Jahresnettoeinkommen von rund EUR 24.900,00 (umgelegt auf einen Monat netto EUR 2.075,00). Zudem verfügt der Vater aktuell über ein Guthaben auf seinem Girokonto, welches aus laufenden Ansparungen resultiert, in Höhe von rund EUR 7.540,00.

Der volljährige Bruder des Beschwerdeführers ist seit dem Januar 2017 regelmäßig erwerbstätig und arbeitet seit 02.05.2017 als Fassader, jeweils bei denselben Arbeitgebern des Vaters und bringt aus dieser beruflichen Vollzeiterwerbstätigkeit in etwa denselben durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn wie sein Vater ins Verdienen. Unter Einbeziehung der Sonderzahlungen iSd § 105 ASVG verfügt der Bruder über ein Jahresnettoeinkommen von EUR 24.900,00 (umgelegt auf einen Monat netto EUR 2.075,00). Er leistet dem Vater einen regelmäßigen Betrag zum gemeinsamen Lebensunterhalt.

Die Ehefrau war in letzter Zeit nicht erwerbstätig und befand sich in einer Weiterbildungsmaßnahme des AMS Wien. Sie bezog Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in Höhe von tägl. EUR 30,66 (monatlich rund EUR 920,00). Seit 01.09.2017 arbeitet sie Teilzeit als Pflegeassistentin im Bereich Hauskrankenpflege beim … zu einem monatlichen Bruttolohn von insgesamt rund EUR 740,00 (netto EUR 628,00). Unter Einbeziehung der Sonderzahlungen iSd § 105 ASVG verfügt die Ehefrau des Vaters über ein Jahresnettoeinkommen von rund EUR 8.808,00 (umgelegt auf einen Monat netto rund EUR 734,00). Sie bezieht keine finanzielle Unterstützung von ihrem Mann und sichert ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch dieses eigene Einkommen.

Das anrechenbare monatliche Familieneinkommen der Kernfamilie des Beschwerdeführers beläuft sich somit - im Falle der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels - auf monatlich brutto rund EUR 5.740,00 (netto EUR 4.128,00). Unter Einbeziehung der Sonderzahlungen iSd § 105 ASVG verfügt die Familie des Beschwerdeführers über ein Jahresnettoeinkommen von rund EUR 58.608,00 (umgelegt auf einen Monat rund EUR 4.884,00). Die derzeitigen monatlichen Mietzahlungen für die vom Vater des Beschwerdeführers angemieteten Wohnungen belaufen sich auf rund EUR 900,00 sowie EUR 280,00- (Wohnung der Schwester) Die derzeitigen monatlichen Mietzahlungen für die von seiner Ehefrau angemieteten Wohnung belaufen sich auf rund EUR 390,00. Kreditverpflichtungen oder Sorgepflichten für nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Angehörige bestehen bei allen Angehörigen keine.

Im Ergebnis stehen der Familie des Beschwerdeführers somit zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt nach Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels an der Beschwerdeführer - unter Berücksichtigung des Wertes der „vollen freien Station“ gem. § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG (dzt. EUR 284,32) - nach Abzug dieser regelmäßigen Aufwendungen monatlich feste und regelmäßige eigene Einkünfte iSd § 11 Abs. 5 NAG von netto EUR 3.598,32 zur Verfügung. Den als Bedarfsgemeinschaft iSd Wiener Mindersicherungsgesetz im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Beschwerdeführers netto rund EUR 3.254,32.

Der Beschwerdeführer reiste vor Erlassung des angefochtenen Bescheids zuletzt am 13.09.2016 in das Bundesgebiet ein und am 17.01.2017 aus und hielt sich somit insgesamt 127 Tage ununterbrochen in Österreich auf. Er hält sich seit seiner letzten Ausreise aus dem Bundesgebiet ununterbrochen in seinem Herkunftsstaat auf, von wo aus er den Abschluss des Verwaltungsverfahrens seinen Antrag auf Erteilung der beantragten Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet betreffend abwartet. Er verfügt in seinem Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte insbesondere zu den Großeltern väterlicherseits, bei denen er weiterhin in Serbien lebt.

Gründe im Sinne des § 11 Abs. 1 NAG, weshalb dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung nicht erteilt werden dürfte, haben sich im Verlauf des gesamten Verfahrens nicht ergeben.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt der belangten Behörde, das Beschwerdevorbringen, durch die seitens des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren in Vorlage gebrachten aktuellen Unterlagen sowie durch eigene Ermittlungen durch das Verwaltungsgericht Wien zur Frage, ob sich aufgrund des Zeitablaufs zwischenzeitlich hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen zur Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels eine entscheidungserhebliche Veränderung der aktuellen Sachlage ergeben hat und durch Anfragen in öffentlichen Registern.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Verfahren vorgelegten aktuellen Reisepass.

Die Feststellungen zu den allgemeinen und besonderen Voraussetzungen iSd 11 Abs. 1 und 2 sowie § 21a Abs. 1 NAG gründen auf den vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren vorgelegten aktuellen Nachweise und Unterlagen, insbesondere auf den nachgereichten aktuellen Gehaltszetteln aller Familienangehöriger.

Die Feststellungen zum bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, den zwischenzeitlichen Ein- und Ausreise und dem aktuellen Aufenthalt in seinem Herkunftsstaat gründen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes, den im Beschwerdeverfahren in Vorlage gebrachten Dokumenten, insbesondere der Vollkopie seines alten Reisepasses in Zusammenschau mit Anfragen in öffentlichen Registern.

Die Feststellungen zu den familiären und persönlichen Lebensverhältnissen des Beschwerdeführers in Serbien und in Österreich, seinem geplanten gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet an der Hauptwohnsitzadresse seines Vaters sowie zu dem in Österreich bestehenden Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes, den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen, sowie aus aktuellen Anfragen des Verwaltungsgerichtes Wien in den entsprechenden österreichischen öffentlichen Registern.

Die weiteren Feststellungen gründen auf den insoweit unstrittigen und unbedenklichen Inhalt des bezughabenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

Der festgestellte Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer in diesem Beschwerdeverfahren nicht bestritten, auch die Verwaltungsbehörde ist dem Ermittlungsergebnis nicht entgegengetreten.

II.3. Rechtlich ergibt sich daraus:

II.3.1.1. Gemäß Artikel 130 Abs. 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.   gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2.   gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3.   wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4.   gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte regelt das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF. des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 122/2013. Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger), soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen. Sofern die Rechtssache nicht zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gehört, ist in Rechtssachen in den Angelegenheiten, in denen die Vollziehung Landessache ist, das Verwaltungsgericht im Land zuständig.

Soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 17 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. In diesem Rahmen ist das Verwaltungsgericht auch befugt, Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die im Beschwerdeschriftsatz nicht vorgebracht wurden (vgl. etwa VGH 26.03.2015, Ra 2014/07/0077).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht gem. Absatz 2 leg. cit. dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

      1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

      2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Das erkennende Gericht hat aufgrund der Sache- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erkenntnisses zu entscheiden (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).

II.3.1.2. Verfahren zur Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen, sowie die Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind gemäß § 1 Abs. 1 nach den Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. Nr. I 100/2005 in der jeweils anzuwendenden Rechtslage zu führen.

Dieses Bundesgesetz gilt gemäß Absatz 2 nicht für Fremde, die

1.   nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind oder faktischen Abschiebeschutz genießen oder sich nach Stellung eines Folgeantrages (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) im Zulassungsverfahren (§ 28 AsylG 2005) befinden, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt;

2.   nach § 95 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügen oder

3.   nach § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt sind.

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag am 23.06.2016 gestellt. Der angefochtene Bescheid der Verwaltungsbehörde erging am 20.04.2017 und wurde die sich dagegen richtende gegenständliche Beschwerde fristgerecht am 10.05.2017 erhoben. Die Verwaltungsbehörde nahm von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 VwGVG Abstand und legte die Beschwerden samt bezughabenden Verwaltungsakten mit Schreiben vom 09.06.2017 direkt dem Verwaltungsgericht Wien als zuständiger (erstgerichtlicher) Überprüfungsinstanz von Bescheiden der Verwaltungsbehörden iSd Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vor. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren sind daher die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG 2005) idgF, BGBl. I Nr. 84/2017, anzuwenden.

Gemäß § 19 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder auf Ausstellung einer Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts persönlich bei der Behörde zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

Gemäß § 19 Abs. 2 NAG ist im Antrag der Grund des Aufenthalts bekannt zu geben; dieser ist genau zu bezeichnen. Nicht zulässig ist ein Antrag, aus dem sich verschiedene Aufenthaltszwecke ergeben, das gleichzeitige Stellen mehrerer Anträge und das Stellen weiterer Anträge während eines anhängigen Verfahrens nach diesem Bundesgesetz einschließlich jener bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts. Die für einen bestimmten Aufenthaltszweck erforderlichen Berechtigungen sind vor der Erteilung nachzuweisen. Besteht der Aufenthaltszweck in der Ausübung eines Gewerbes, so gilt die von der Gewerbebehörde ausgestellte Bescheinigung, dass die Voraussetzungen für die Gewerbeausübung mit Ausnahme des entsprechenden Aufenthaltstitels vorliegen, als Nachweis der erforderlichen Berechtigung. Der Fremde hat der Behörde die für die zweifelsfreie Feststellung seiner Identität und des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen.

Der Fremde hat gemäß Absatz 6 der Behörde eine Zustelladresse und im Fall ihrer Änderung während des Verfahrens die neue Zustelladresse unverzüglich bekannt zu geben. Bei Erstanträgen, die im Ausland gestellt wurden, ist die Zustelladresse auch der Berufsvertretungsbehörde bekannt zu geben. Ist die persönliche Zustellung einer Ladung oder einer Verfahrensanordnung zum wiederholten Mal nicht möglich, kann das Verfahren eingestellt werden, wenn der Fremde bei Antragstellung über diesen Umstand belehrt wurde.

Erteilt ein Verwaltungsgericht des Landes einen Aufenthaltstitel, so hat die Behörde gemäß Absatz 10 die Herstellung einer Aufenthaltskarte zu beauftragen und diese auszufolgen.

Sofern nicht anderes bestimmt ist, sind befristete Aufenthaltstitel gem. § 20 Abs. 1 NAG für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen, es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer der Aufenthaltstitel beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9, 10 oder 11 sind gemäß Absatz 1a für die Dauer von drei Jahren auszustellen, wenn der Fremde

1.  das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 14a) erfüllt hat und

2.  in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war,

es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt gemäß Absatz 2 mit dem Ausstellungsdatum, die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

Erstanträge sind gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:

1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

2. Fremde bis längstens sechs Monate nach Ende ihrer rechtmäßigen Niederlassung im Bundesgebiet, wenn sie für diese Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben;

3. Fremde bis längstens sechs Monate nach Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, oder der Staatsangehörigkeit der Schweiz oder eines EWR-Staates;

4. Kinder im Fall der Familienzusammenführung binnen sechs Monaten nach der Geburt, soweit der Zusammenführende, dem die Pflege und Erziehung zukommt, rechtmäßig aufhältig ist;

5. Fremde, die zur visumfreien Einreise berechtigt sind, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

6. Fremde, die eine Niederlassungsbewilligung – Forscher“ (§ 43c) beantragen, und deren Familienangehörige jeweils nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

7. Drittstaatsangehörige, die einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 beantragen, während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet mit einem Visum gemäß § 24a FPG;

8. Drittstaatsangehörige, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. i oder j AuslBG oder § 1 Z 5, 7 oder 9 AuslBVO vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen sind oder die unter § 1 Z 4 Personengruppenverordnung 2014 – PersGV 2014, BGBl. II Nr. 340/2013, fallen und die eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, eine Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ oder eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ beantragen, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

9. Drittstaatsangehörige, die über ein österreichisches Reife-, Reifeprüfungs- oder Diplomprüfungszeugnis einer in- oder ausländischen Schule verfügen, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts und

10. Drittstaatsangehörige, die über einen gültigen Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaates (§ 58a) verfügen.

Eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 9, Abs. 3 und 5 schafft gemäß Absatz 6 kein über den erlaubten visumfreien oder visumspflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Absatz 2 bis 6 gelten gemäß Absatz 7 nicht für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (§ 58) beantragen. Der Bundesminister für Inneres ist gemäß Absatz 5 ermächtigt, Staatsangehörige bestimmter Staaten durch Verordnung zur Inlandsantragsstellung zuzulassen, soweit Gegenseitigkeit gegeben ist oder dies im öffentlichen Interesse liegt.

Nach Ablauf des erlaubten visumfreien oder visumspflichtigen Aufenthalts ist somit die Ausreise erforderlich und das Verfahren im Ausland abzuwarten (in diesem Sinne etwa VwGH 16.12.2014, 2012/22/0206).

Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Fremde für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel oder eine andere Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts benötigt, so ist er gem. § 23 Abs. 1 NAG über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

Gemäß § 29 Abs. 1 NAG hat der Fremde am Verfahren mitzuwirken. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels erfüllt.

II.3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 NAG werden Aufenthaltstitel als Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt, erteilt.

Gemäß § 46 Abs. 1 NAG ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

1.  der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte” gemäß § 41 oder einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder

2.  ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

a.  einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU” innehat,

b.  einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus”, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder

c.  Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt.

Soll im Fall einer Familienzusammenführung gemäß Abs. 1 Z 2 oder Abs. 4 ein Aufenthaltstitel quotenfrei erteilt werden, hat die Behörde gemäß Absatz 2 auch über einen gesonderten Antrag als Vorfrage zur Prüfung der Gründe nach § 11 Abs. 3 zu entscheiden und gesondert über diesen abzusprechen, wenn dem Antrag nicht Rechnung getragen wird. Ein solcher Antrag ist nur zulässig, wenn gleichzeitig ein Antrag in der Hauptfrage auf Familienzusammenführung eingebracht wird oder ein solcher bereits anhängig ist.

Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG ist, wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels.

Die Voraussetzungen des 1. Teils dieses Gesetzes sind gem. § 11 Abs. 1 NAG erfüllt, wenn

1. gegen ihn kein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder kein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn keine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. keine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. keine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten nicht wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

und der Antragsteller gemäß Absatz 2 nachweist, dass

1.  der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.  der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.  der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.  der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.  durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.  der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat und

7.  in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet gemäß Absatz 4 dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.  sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.  der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

Der Aufenthalt eines Fremden führt gemäß §§ 11 Abs. 5 NAG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, (dzt. EUR 889,84 bzw. bei Ehegatten EUR 1.334,17) entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe (dzt. EUR 284,32) unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, (dzt. EUR 889,84) übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, wie insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage. Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 bis 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

Der Zweck des Verweises des § 11 Abs. 5 auf § 293 ASVG ist, einen ziffernmäßig bestimmten Betrag zu fixieren, bei dessen Erreichung von einer Deckung der üblicherweise notwendigen Kosten der Lebensführung ausgegangen werden kann. Heranzuziehen ist der je nach der zugrundeliegenden Familiensituation in Betracht kommende Richtsatz für Alleinstehende oder für Ehepaare, mit oder ohne Erhöhung des Satzes für Kinder etc. Dabei handelt es sich um einen Referenzwert, nicht jedoch müssen die Betreffenden bezugsberechtigt für den ASVG-Richtsatz sein. Bei der Festlegung des Betrages gem. § 293 ASVG sind die Kosten der tatsächlichen Lebensführung als relevanter Faktor in Abzug zu bringen, wobei einmalig ein Betrag bis zur der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt zu bleiben hat. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass der Betrag des § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG die notwendigen Unterhaltsmittel in Höhe der in Betracht kommenden Richtsätze des § 293 ASVG dann schmälert, wenn diese regelmäßigen Aufwendungen diesen Betrag unterschreiten. Durch die demonstrative Aufzählung der im § 11 Abs. 5 NAG angeführten regelmäßigen Aufwendungen soll verdeutlicht werden, dass die individuelle Situation des Antragstellers oder des im Falle einer Familienzusammenführung für ihn Aufkommenden, die Höhe des erforderlichen Unterhalts beeinflusst, weshalb die tatsächliche Höhe der gesamten Lebensführungskosten als relevanter Faktor mit zu berücksichtigen ist. Damit soll gewährleistet werden, dass sich der Antragsteller bzw. im Falle einer Familienzusammenführung die Familiengemeinschaft insgesamt die von ihnen beabsichtigte Lebensführung im Hinblick auf ihr Einkommen auch tatsächlich leisten können (vgl. RV zu BGBl. 122/2009).

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen sich Fremde weiters bei erstmaligem Zuzug nach Österreich nicht auf soziale Leistungen berufen dürfen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde. Für die Beurteilung, ob der Aufenthalt eines Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt, ist daher im Hinblick auf die Berücksichtigung öffentlicher Mittel in Verfahren bei Erstanträgen jene finanzielle Situation des Fremden maßgebend, wie sie sich vor Zuzug des Fremden nach Österreich darstellt. Ein Fremder muss daher bei Erstantragstellung nachweislich im Stande sein, seinen Lebensunterhalt in Österreich auch ohne Inanspruchnahme öffentlicher Gelder bestreiten zu können und darf sich somit nicht auf den zukünftigen Erhalt von Leistungen der öffentlichen Hand (wie zB. Ausgleichszulage, Kinderbetreuungsgeld oder Familienbeihilfe) berufen (vgl. RV BGBl. I 11/2010).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der gemäß § 11 Abs. 5 NAG 2005 geforderte Unterhalt grundsätzlich durch Einkommen aus selbstständiger oder unselbstständiger Arbeit nachzuweisen, kann aber auch durch Sparguthaben gedeckt werden (vgl. VwGH 09.09.2010, 2008/22/0470), wobei dieses Guthaben aber nicht aus illegalen Quellen stammen darf (VwGH 18.10.2012, 2011/23/0129). Gleiches gilt für jederzeit verfügbare Guthaben aus Wertpapierdepots, die Erträgen aus Vermögen, Spareinlagen und Unternehmensbeteiligungen vergleichbar sind (vgl. VwGH 19.09.2012, 2008/22/0322). Alleine der Umstand, dass die Herkunft des Geldes unbekannt bleibt, ist nicht geeignet, diesen Beträgen die Eigenschaft abzusprechen, zum Unterhalt herangezogen werden zu können (so VwGH 18.10.2012, 2011/12/0129). Bei der Berechnung des vorhandenen Einkommens iSd § 11 Abs. 5 NAG 2005 sind auch die anteiligen Sonderzahlungen zu berücksichtigen und muss der nach § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG zu fordernde Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts des Fremden gesichert sein, wobei diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (VwGH 15.04.2010, 2008/22/0835). Auch ein Bezug von Kinderbetreuungsgeld ist im Rahmen des aufzubringenden Haushaltseinkommen gem. § 11 Abs. 5 NAG iVm § 293 ASVG zu berücksichtigen, nicht jedoch die Familienbeihilfe (vgl. VwGH 22.09.2011, 2009/18/0121). Aus § 11 Abs. 5 NAG 2005 ergibt sich nach der diesbezüglichen Judikaturlinie des Höchstgerichtes weiters, dass der Nachweis des Vorhandenseins der für einen Fremden notwendigen Unterhaltsmittel auch durch das Bestehen von Unterhaltsansprüchen erbracht werden kann. Der Unterhaltsanspruch kann sowohl aus einem gesetzlichen, etwa familienrechtlichen, als auch aus einem vertraglichen Titel herrühren (vgl. VwGH 12.10.2010, 2007/21/0091; 15.04.2010, 2008/22/0835).

Das sich so ergebende Einkommen muss geeignet sein, den Unterhalt während der Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes zu sichern. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn das sich aus der Summe sämtlicher Einkünfte ergebende regelmäßige monatliche Einkommen hochgerechnet auf die Aufenthaltsdauer die jeweils anzuwendenden Richtsätze übersteigt (vgl. VwGH 18.10.2012, 2011/23/0129). Bei der Beurteilung, ob ausreichende Unterhaltsmittel vorliegen, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung (vgl. VwGH 31.05.2011, 2009/22/0278). Für die Berechnung ist daher jenes Einkommen maßgebend, das erzielt wird, wenn der Familiennachzug vollzogen wird (so etwa VwGH 11.11.2013, 2012/22/0017). Fremde müssen jedoch im Falle von behaupteter geplanter Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach Titelerteilung nachweisen, dass hinreichend konkrete Aussicht besteht, diese aufzunehmen. Dies etwa durch die Vorlage eines arbeitsrechtlichen Vorvertrags oder einer Einstellungszusage; nur der bloße Hinweis, eine Arbeitsstelle finden zu können, ist aber nicht ausreichend (vgl. VwGH vom 15.12.2011, 2008/21/0002 und 2010/21/0535). Ob der Fremde eine solche Tätigkeit bis dahin unberechtigt nachgegangen ist, ist für die Beurteilung ohne Belang (vgl. etwa VwGH 20.10.2011, 2009/18/0122).

Gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung können Mitgliedsstaaten bei Einreichung eines Antrags auf Familienzusammenführung vom Antragsteller den Nachweis verlangen, dass der Zusammenführende über feste und regelmäßige Einkünfte, die ohne Inanspruchnahme der Sozialleistungen des betreffenden Mitgliedsstaates für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreicht. Die Mitgliedsstaaten beurteilen diese Einkünfte anhand ihrer Art und Regelmäßigkeit und können die Höhe der Mindestlöhne und -renten sowie die Anzahl der Familienangehörigen berücksichtigen.

Die Richtlinie 2003/86/EG hat nur die Familienzusammenführung durch Drittstaatsangehörige zum Gegenstand, es kann aber schon aus gleichheitsrechtlichen Gründen keinem Zweifel unterliegen, dass ihre Grundsätze auf die Familienzusammenführung durch Österreicher jedenfalls insofern „ausstrahlen“, als es um von den Mitgliedsstaaten zu beachtende Mindeststandards geht. Dies kann insbesondere bei einer nur geringfügigen Unterschreitung des nach der österreichischen Rechtslage maßgeblichen Richtsatzes nach § 293 ASVG bzw. bei einer langen Ehedauer von Bedeutung sein (VwGH 21.12.2010, 2009/21/0002).

Wie der EuGH in seinem Urteil vom 04.03.2010 in der Rechtssache „Chakroun“ (C-578/08) ausgesprochen hat, ist der Begriff der „Sozialhilfeleistungen des … Mitgliedstaates“ ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der nicht anhand von Begriffen des nationalen Rechts ausgelegt werden kann. In Anbetracht, insbesondere der Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten bei der Handhabung der Sozialhilfe ist dieser Begriff dahin zu verstehen, dass damit eine Sozialhilfe gemeint ist, die von öffentlichen Behörden auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene gewährt wird. Sozialhilfe in diesem Sinne bezieht sich auf eine Hilfe, die einen Mangel an ausreichenden festen und regelmäßigen Einkünften ausgleicht, nicht aber eine Hilfe, die es erlauben würde, außergewöhnliche oder unvorhergesehene Bedürfnisse zu befriedigen. Da der Umfang der Bedürfnisse sehr individuell sein kann, ist, so der EuGH weiter, die sich aus Art. 7 Abs. 1 lit. c Satz 2 der „Familienzusammenführungs-Richtlinie“ erwachsene Befugnis der Mitgliedstaaten dahin auszulegen, dass die Mitgliedsstaaten einen bestimmten Betrag als Richtbetrag angeben können, jedoch ist sie nicht dahin zu verstehen, dass die Mitgliedsstaaten ein Mindesteinkommen vorgeben können, unterhalb dessen jede Familienzusammenführung ohne eine konkrete Prüfung der Situation des einzelnen Antragstellers abgelehnt würde.

Die Wendung „Inanspruchnahme der Sozialleistung“ in Art. 7 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 ist somit dahingehend auszulegen, dass sie einem Mitgliedstaat nicht erlaubt, eine Regelung für die Familienzusammenführung zu treffen, die dazu führt, dass die Familienzusammenführung einem Zusammenführenden nicht gestattet wird, der nachgewiesen hat, dass er über ausreichende feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, um die allgemein notwendigen Kosten des Lebensunterhalts für sich und seine Familienangehörigen zu bestreiten, jedoch wegen der Höhe seiner Einkünfte die besondere Sozialhilfe zur Bestreitung besonderer, individuell bestimmter notwendiger Kosten des Lebensunterhalts, einkommensabhängige Befreiungen von Abgaben nachgeordneter Gebietskörperschaften oder einkommensunterstützende Maßnahmen im Rahmen der gemeindlichen Politik für Einkommensschwache („minimabeleid“) in Anspruch nehmen kann (vgl. EuGH Rs. Rhimou Chakroun vs. Minister van Buitenlandse Zaken, C-578/08, vom 04.03.2010).

Die Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (Richtlinie 2003/86/EG vom 22.09.2003) erfolgt zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt durch das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Im Lichte der dargestellten Judikatur des Europäischen Gerichtshofes, der vorrangig auf die individuellen Bedürfnisse abstellt und die vom Zusammenführenden nachzuweisenden „Mindesteinkünfte“ entsprechend der Höhe nationaler Mindestlöhne und –renten lediglich als Richtwerte und nicht als absolut wirkende Mindesteinkommen interpretiert, bedeutet dies nunmehr, dass hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung der Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm. § 11 Abs. 5 NAG des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes im Falle einer Familienzusammenführung die tatsächliche finanzielle Leistungsfähigkeit des Zusammenführenden und des Antragstellers im geforderten Ausmaß jeweils im konkreten Einzelfall zu beurteilen ist (vgl. EuGH Rs. Charkoun, C-578/08, Rz 48).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang wiederholt ausgesprochen, dass im Rahmen der Einzelfallprüfung eine nur geringfügige Unterschreitung der nach österreichischen Rechtslage maßgeblichen Richtsatzes nach § 293 ASVG im Rahmen einer individuellen Prüfung, ob aufgrund der spezifischen Umstände des Einzelfalls der Lebensunterhalt trotz Unterschreitens der gesetzlich normierten Richtsätze gesichert ist, von Bedeutung sein kann (so etwa VwGH vom 21.12.2010, 2009/21/002; 19.11.2014, 2013/22/009).

Daraus ergibt sich, dass in einem Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels für das Bundesgebiet zunächst das Vorhandensein von festen und regelmäßigen eigenen Einkünften des Antragstellers sowie im Falle einer Familienzusammenführung des Zusammenführenden im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG zu prüfen ist. In jenen Fällen, in denen ein Drittstaatsangehöriger keine hinreichenden festen und regelmäßigen eigenen Einkünfte unter Berücksichtigung der Berechnungsmethode nach § 11 Abs. 5 NAG nachweisen kann, die ihm iSd des Wortlautes des § 11 Abs. 5 erster Satz leg. cit. jedenfalls eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen, hat die Aufenthaltsbehörde in einem weiteren Schritt die finanzielle Leistungsfähigkeit des Antragstellers bzw. seines Familienverbandes durch konkrete ergänzende Ermittlungen jeweils auf den Einzelfall bezogen zu prüfen. Als Maßstab zur Klärung dieser Fragen können in erster Linie die gesetzlichen Bestimmungen über die Berechnung einer Anspruchsberechtigung auf „Sozialhilfe“ – in concreto für den Bezug einer Ausgleichszulage oder von Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach dem WMG – herangezogen werden. Kann ein Antragsteller im Verfahren seine finanzielle Leistungsfähigkeit in Höhe des Richtsatzes gem. § 293 ASVG nach der in § 11 Abs. 5 NAG definierten Berechnungsmethode nicht nachweisen, ist daher insbesondere zu prüfen, ob die ihm bzw. dem Zusammenführenden zur Verfügung stehenden festen und regelmäßigen monatlichen Einkünfte eine Höhe erreichen, die den Anspruch auf staatliche Leistungen aus der Sozialhilfe ausschließen.

Im Ergebnis kann gesagt werden, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Fremden in der Regel dann zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft iSd § 11 Abs. 2 Z 4 NAG führen kann, wenn dem Fremden monatlich jedenfalls ein frei verfügbares (Netto-)Einkommen zumindest in Höhe der Richtsätze nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz von zumindest EUR 837,76 bzw. bei Ehepaaren der Familiengemeinschaft EUR 1.256,64 bzw. in Fällen einer Anspruchsberechtigung auf eine Pensionsleistung nach dem ASVG feste und regelmäßige (Brutto-)Einkünfte von monatlich zumindest EUR 889,84 bzw. bei Ehepaaren von EUR 1.334,17 - jeweils vor Abzug der regelmäßigen Aufwendungen iSd § 11 Abs. 5 NAG - zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse zur Verfügung stehen. Dieser Richtsatz erhöht sich nach den Regelungen der Wiener Mindestsicherung um EUR 226,20 bzw. sonst um EUR 137,30 für jedes Kind (§ 252 ASVG), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

Bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Fremden im Lichte des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienzusammenführung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht eine notwendige Voraussetzung dafür darstellt, dass ein Familienleben möglich ist. Sie trägt zur Schaffung soziokultureller Stabilität bei, die die Integration Drittstaatsangehöriger in dem Mitgliedsstaat erleichtert, und fördert auch den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, der als grundlegendes Ziel der Gemeinschaft im Vertrag aufgeführt wird (vgl. Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2003/86).

Gemäß § 21a Abs. 1 NAG haben Drittstaatsangehörige mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms oder Kurszeugnisses einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom oder das Kurszeugnis darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein. Absatz 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8 im Zuge eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 stellen.

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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