TE Vwgh Erkenntnis 2017/9/7 Ra 2016/06/0148

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Veröffentlicht am 07.09.2017
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Index

L85006 Straßen Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58;
AVG §60;
LStVwG Stmk 1964 §48;
LStVwG Stmk 1964 §49;
LStVwG Stmk 1964 §50;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGVG 2014 §29;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des Dr. F S in G, vertreten durch die Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Karmeliterplatz 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 7. Juli 2016, LVwG 41.24- 3858/2014-13, betreffend ein Verfahren nach dem Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Land Steiermark, Landesstraßenverwaltung, Abteilung 16 - Verkehr und Landeshochbau in 8010 Graz, Stempfergasse 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 24. April 2014 erklärte die Steiermärkische Landesregierung - soweit für das vorliegende Verfahren relevant - die Ausführung eines näher bezeichneten Straßenbauvorhabens (Errichtung eines Gehsteigs) der mitbeteiligten Partei für zulässig (Spruchpunkt I) und enteignete gemäß den §§ 48 bis 50 Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1964, LGBl. Nr. 154/1964 (LStVG), für die Ausführung des Straßenbauvorhabens die im Projekt näher dargestellten Teilflächen und sonstigen Anlagen des im Eigentum des Revisionswerbers stehenden Gst. Nr. X KG W (Spruchpunkt II).

2 Das Grundstück des Revisionswerbers grenzt an den vom Bauvorhaben betroffenen Teil der Straße und es befindet sich die Einfahrt zum Grundstück an dieser Straße. Das Projekt sah eine Reduzierung der Einfahrtsbreite vor.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) unter Richtigstellung des Projektdatums die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

4 In den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses werden zunächst unter "I. Beschwerdegegenstand und Verfahrensgang" der Bescheid vom 24. April 2014 und die dagegen erhobene Beschwerde sowie die Verfahrensschritte des LVwG (Einholung eines Ergänzungsgutachtens, Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Zusammenfassung des Standpunktes des Revisionswerbers sowie Einräumung des Parteiengehörs und Wiedergabe der einzelnen Stellungnahmen) und sodann unter "II. Sachverhalt" chronologisch das Verfahren vor der Steiermärkischen Landesregierung, der Inhalt der Sachverständigengutachten einschließlich des vom LVwG eingeholten Ergänzungsgutachtens wiedergegeben und die Passagen aus den Einreichunterlagen angeführt, die die zu enteignenden Flächen des Revisionswerbers betreffen. Sodann erfolgt die Darstellung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ("III. Rechtsgrundlagen"), der rechtlichen Erwägungen des LVwG ("IV. Erwägungen") und der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision ("V.").

5 Zum Einwand betreffend die Reduzierung der Einfahrtsbreite zum Grundstück des Revisionswerbers führte das LVwG aus, die Argumente des Revisionswerbers, er erleide durch die Verschmälerung seiner jetzigen Einfahrt auf das Grundstück Wirtschaftserschwernisse, seien nicht nachvollziehbar. Zum einen habe der Revisionswerber selbst vorgebracht, dass die jetzige Einfahrt die für LKW erforderliche Breite von 2,20 m aufweise, andererseits habe er in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG vorgebracht, dass bei einer Einfahrtsbreite von 3,20 m auch Traktoren durchfahren könnten. Angesichts der schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des Amtssachverständigen für Straßenbautechnik, wonach die bestehende Zufahrt zum unbebauten Grundstück des Revisionswerbers nur mit geländegängigen und wendigen Fahrzeugen benützbar sei, könne dahingestellt bleiben, ob der LKW des Entsorgungsunternehmens für Grünschnitt durch die Stadt Graz eine gesicherte Durchfahrt von mindestens 3,20 m benötige, wie dies der Revisionswerber behaupte.

6 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 23. September 2016, E 2041/2016-7, die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

7 In der vorliegenden außerordentlichen Revision beantragt der Revisionswerber, das angefochtene Erkenntnis kostenpflichtig aufzuheben.

8 Das LVwG legte die Revision unter Anschluss der Verfahrensakten vor. Sowohl die mitbeteiligte Partei als auch die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstatteten eine Revisionsbeantwortung. Der Revisionswerber replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

9 Die Revision, die (u.a.) geltend macht, das angefochtene Erkenntnis widerspreche der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht, ist zulässig und begründet.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Begründung einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts auf dem Boden des § 29 VwGVG mit Blick auf § 17 leg. cit. den Anforderungen zu entsprechen, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die bloße Zitierung von Beweisergebnissen - wie vorliegend die Äußerungen der Sachverständigen - nicht hinreichend ist, um den Anforderungen an die Begründungspflicht gerecht zu werden. Auch die Darstellung des Verwaltungsgeschehens vermag die fehlende Begründung der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts nicht zu ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2015, Ra 2014/03/0045, mwN).

11 Das angefochtene Erkenntnis genügt den dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung nicht und entzieht sich dadurch der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes. Das Erkenntnis erschöpft sich weitgehend in der Wiedergabe der einzelnen Verfahrensschritte, der Sachverständigengutachten und sonstiger Stellungnahmen, was jedoch - wie oben dargelegt - für eine ordnungsgemäße Begründung nicht hinreichend ist. Eine konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts - sowohl hinsichtlich der Notwendigkeit des Straßenbauvorhabens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2003, 2002/06/0079) als auch hinsichtlich der daraus folgenden Notwendigkeit der Enteignung - fehlt gänzlich, ebenso eine Beweiswürdigung.

12 Da der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall mangels ordnungsgemäßer Begründung des angefochtenen Erkenntnisses gehindert ist, seine Rechtskontrollaufgabe im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG wahrzunehmen, war das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

13 Angesichts dessen konnte die Durchführung der vom Revisionswerber beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG unterbleiben.

14 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 7. September 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016060148.L00

Im RIS seit

14.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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