TE Lvwg Erkenntnis 2016/11/8 VGW-001/076/12020/2016/E

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.11.2016
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Entscheidungsdatum

08.11.2016

Index

34 Monopole

Norm

GSpG §2 Abs4
GSpG §52 Abs1 Z1 3. Fall

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

(Ersatzerkenntnis)

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Nussgruber über die Beschwerde der Frau S. M., Wien, W.-gasse, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Landeskriminalamt - Referat 2, Wirtschaftspolizeiliche Angelegenheiten und Vermögenssicherung, vom 24.2.2015, Zahl VStV/915300011942/2015, wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 (3. Fall) iVm § 2 Abs. 4 GSpG, nach Aufhebung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes Wien, vom 04.09.2015, Zahl VGW-001/076/4040/2015-6, durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 06.09.2016, Zahl Ra 2015/09/0133-6,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als der Tatzeitraum auf den 19.11.2014, 13:40 Uhr, eingeschränkt und die Geldstrafe auf 500,- Euro, im Nichteinbringungsfall auf 3 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG wird der Beschwerdeführerin kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

I.1. Der Spruch des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Wien, Landeskriminalamt Wien, Wirtschaftspolizeiliche Angelegenheiten und Vermögenssicherung, vom 24. Februar 2015, Zl VStV/915300011942/2015, lautet wie folgt:

„Sie haben als Betreiberin (und somit als Unternehmerin) des in Wien, H.-Straße, etablierten Lokales „D.“ zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht wurden, indem Sie es gestatteten, dass in der Zeit vom 28.07.2014 bis 19.11.2014, um 13.30 Uhr durch Herrn Ing. W. in den von Ihnen betriebenen Räumlichkeiten ein Glücksspielgerät der Marke/Type:

1.) DI. Casino Games, ohne Seriennummer, sowie 1 Steckschlüssel,

voll funktionsfähig in betriebsbereitem Zustand aufgestellt war, um Glücksspiele in Form von Ausspielungen an diesem Gerät durchzuführen, obwohl eine behördliche Konzession oder Bewilligung nicht erteilt wurde und auch keine Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG gegeben war.

Beim Glücksspielgerät handelt es sich um ein Gerät welches mit Geldeinzugsvorrichtungen bzw. Einwurfsvorrichtungen versehen ist, jeweils mehrere Glücksspiele, darunter insbesondere sogenannte virtuelle Walzenspiele wie „DEVILS Fire (durchgeführtes Testspiel) sowie weitere 31 Spiele, in unterschiedlichen Einsatzhöhen gespielt werden können, der Spieler dabei nur die Möglichkeit hat, die Einsatzhöhe pro Spiel festzulegen und nach Spielauslösung durch Drücken einer Starttaste (diese bewirkt ein Drehen der virtuellen Walzen bzw. ein virtuelles Austeilen der Pokerkarten) den Spielerfolg (das Ergebnis der Walzensymbole nach Stillstand der Walzen bzw. der virtuell ausgeteilten Pokerkarten) nicht gezielt selbst bestimmen kann.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: 

§ 52 Abs. 1 Zif. 1 (3. Fall) i.V.m. § 2 Abs. 4 GSpG, BGBl. Nr.620/1989 i.d.F. BGBl. Nr. 76/2011.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von  falls diese uneinbringlich   Gemäß

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von  

1) € 2.000,00   10 Tage(n) 240 Stunden   § 52 Abs. 1 Z. 1

Glücksspielgesetz

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

1) € 200,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 2.200,00“

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten, mit 16. März 2015 datierten Beschwerde wird die angelastete Tat bestritten, die Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie der Schuldausschließungsgrund nach § 9 Abs. 2 StGB und die bei Weitem überhöhte Strafe sowie Ersatzfreiheitsstrafe eingewendet. Abschließend wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt, da mit einem Straferkenntnis - in unvertretbarer Rechtsansicht - gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG verstoßen werde.

3. Zur Beschwerde führte die Abgabenbehörde (Finanzamt ...) in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2015 mit näherer Begründung aus, dass weder Tatsachen noch nachvollziehbare Argumente schlüssig vorgebracht worden seien, die geeignet wären, die dokumentierten Feststellungen der Finanzpolizei zu widerlegen. Die Vorbringen seien nicht geeignet, den vorliegenden hinreichend substantiierten Verdacht des Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes durch den fortgesetzten Verstoß gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG abzuschwächen oder zu widerlegen. Die Übertretung nach dem Glücksspielgesetz sei als erwiesen anzunehmen und das Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Mit Schriftsatz vom 4. August 2015 erstattete die Beschwerdeführerin ein ergänzendes Vorbringen, in dem sie zusammengefasst die Unvereinbarkeit des Glücksspielgesetzes mit unionsrechtlichen Normen einwendet.

5. Im Hinblick auf das bestreitende Vorbringen der Beschwerdeführerin und dem entsprechenden Antrag wurden am 12. August 2015 und am 31. August 2015 öffentliche mündliche Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführt. Da in der Sache ein Beschlagnahme-/Einziehungsbescheid sowie ein Straferkenntnisse erlassen wurden, die auf demselben Sachverhalt basieren und diese Entscheidungen in Beschwerde gezogen wurden, wurden die öffentlichen mündlichen Verhandlung zu diesen Verfahren in Anbetracht des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam durchgeführt. Zu diesen Verhandlungen wurden die Beschwerdeführerin, ihr Rechtsanwalt, die belangte Behörde, die Abgabenbehörde und die Zeugen Frau H., Herr F. und Herr G. geladen. Die Beschwerdeführerin ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Im Übrigen sind alle geladenen Personen ordnungsgemäß erschienen.

Der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin legte in der mündlichen Verhandlung weitere Unterlagen, insbesondere eine Darstellung der „Erlöse aus Spielbanken und Online Gaming“ (Quelle: Branchenradar Glücksspiel Sportwetten in Österreich 2015) und einen Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 26. August 2015, GZ ..., über die Aussetzung eines dort anhängigen Verfahrens bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes über das Ersuchen dieses Gerichtes, in Ergänzung des bisher erstatteten Vorbringens zur Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes vor.

Die Zeugin, Frau H., gab in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Kontrolle und zum Spielablauf des Gerätes insbesondere Folgendes an:

„Meine Aufgabe im Zuge der durchgeführten Kontrolle am 19.11.2014 war es, auf dem vorhandenen Gerät Testspiele durchzuführen. Ich übe meine Tätigkeit, insbesondere die Durchführung von Testspielen seit 2010 aus. Das gegenständliche Gerät war zum Zeitpunkt der Kontrolle spielbereit aufgestellt. Das Gerät war nach der Bar, die sich auf der rechten Seite der Räumlichkeit des Lokals befand, aufgestellt. Das Gerät war für alle zugänglich. Im Lokal befand sich zum Zeitpunkt der Kontrolle, glaube ich, ein Gast. Das Gerät wurde zu dem Zeitpunkt jedoch nicht bespielt.

Ich habe zumindest das Spiel „Devil’s Fire“ auf dem Gerät gespielt. Super Games und Action Games waren auf diesem Gerät, bei diesem Spiel, nicht möglich. Auf diesem Gerät befand sich jedenfalls eine Geldeinzugsvorrichtung. Das Spiel wurde durch Drücken auf den Touch Screen aufgerufen.

Die Zeugin wird über den Ablauf des Spieles auf dem kontrollierten Gerät befragt (Vorhalt der Fotografien aus dem Verwaltungsakt, AS 29-34), dazu gibt sie Folgendes an:

Zunächst wurde ein Geldschein in der Höhe von EUR 10,00 dem Gerät zugeführt und danach ein Spiel auf dem Gerät durch Drücken auf dem Bildschirm ausgewählt. Nach Aufruf des Spieles stellte sich das Gerät, so wie auf Bild Nr. 2 ersichtlich ist, dar. Danach wird automatisch der Einsatz von EUR 0,25 angezeigt (Bet-Taste) und ein Credit nach Drücken der Start-Taste in der Höhe von EUR 9,75 angezeigt. Danach haben wir mehrfach die Bet-Taste gedrückt um zu sehen wie hoch der höchstmögliche Einsatz ist. Dieser kann mit EUR 12,00 beziffert werden (vgl. Bild 4). Danach haben wir noch eine Banknote zugeführt, in der Höhe von EUR 10,00 und danach haben wir das Spiel mit der Start-Taste ausgelöst. Nach diesem Drücken ist das Walzenspiel in Gang gesetzt worden, d.h. die Walzen haben sich dann angefangen zu drehen. Dem Spieler war es dabei nicht möglich, den Walzenlauf zu stoppen. Und selbst wenn, wäre es nicht möglich gewesen, da sich die Walzen so schnell drehen, dass es nicht möglich ist, zu erkennen, welches Symbol erscheint. Und selbst wenn, müsste ich jede Walze stoppen können. Für das Auge sind die Walzensymbole nicht visuell wahrnehmbar, weil diese sich so rasch drehen. Wir würden dieses Gerät als „offenes“ bezeichnen, da nicht einmal versucht wurde, die mindest- oder höchstzulässigen Einsätze „zu verschleiern“. Diese waren klar ersichtlich. Bei dem von mir getesteten und gerade beschriebenen Spiel handelte es sich um ein Spiel.

Wir haben keinen Schlüssel ausgehändigt bekommen, weshalb wir das kontrollierte Gerät mit der Gerätekassenlade und dem darin befindlichen Geld vorläufig beschlagnahmt haben. […]

Ich habe nicht den Höchsteinsatz erhoben, weil man nur eine Gewinnlinie auswählt. Bei einem Einsatz von EUR 12,00 kann ich nicht mehr sagen, mit wie viel Gewinnlinien ich gespielt habe. Dies kann ich auch nicht unter Zuhilfenahme der Fotodokumentation. Mit einmaligem Betätigen der Start-Taste wurden EUR 12,00 abgezogen.

Über Vorhalt von Bild Nr. 4 wird seitens des BfV nachgefragt, ob die Zeugin darauf die Anzahl der Gewinnlinien ersehen kann? Antwort Zeugin: Ich vermute 5 Gewinnlinien, da hier 5 Gewinnlinien angezeigt werden.

Ich habe nicht erhoben, ob mit einem Einsatz von EUR 12,00 auch eine Gewinnlinie gespielt werden kann. Ich habe die Spielbeschreibung nicht aufgerufen.

BfV: Wie können Sie ohne Spielbeschreibung den Spielablauf erheben? Antwort Zeugin: Dafür benötige ich keine Spielbeschreibung. Der Vorgang besteht darin, dass man Geld dem Gerät zuführt und auf die Start-Taste drückt.

In welcher Reihenfolge die Walzen stehengeblieben sind (also welche zeitlich zuerst zum Stillstand kam), kann ich nicht sagen, da dieser Vorgang sehr schnell ist. Der Kollege F. hat die Dauer des Walzenlaufes zeitlich gemessen.

[…]

Auf Bild 2 ergibt sich der Betrag von EUR 9,75 deshalb, weil bereits ein Walzenspiel abgelaufen ist.“

Der Zeuge, Herr F., gab in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Kontrolle und zum Spielablauf des Gerätes im Wesentlichen Folgendes an:

„Ich gehörte im Zuge der Kontrolle am 19.11.2014 dem Dokumentationsteam an. Meine Aufgabe waren die GSp26-Formulare auszufüllen. Ich war nicht für die Durchführung des Testspieles zuständig. Das GSpG-Formular (vgl. AS 7 und 8 des Verwaltungsaktes): Es ist richtig, dass ich den Walzenlauf gestoppt habe und zu dem Ergebnis gekommen bin, dass dieser 2,31 Sekunden dauert. Ich habe die Zeit mit der Stoppfunktion meines Handys festgehalten. Ich habe zeitgleich mit dem Drücken der Start-Taste die Stoppfunktion meines Handys aktiviert. Als das Bild wieder zur Ruhe kam und ich alle Symbole deutlich sehen konnte, habe ich die Stoppuhr angehalten und gelangte zu dem Ergebnis, das ich zuvor genannt habe. […]

Ich halte zu meiner Dokumentation fest, dass die darin enthaltenen Angaben, so wie ich sie aufgenommen habe, richtig sind. […]

Wenn ich mir das Bild 4 der Fotodokumentation ansehe, gehe ich davon aus, dass man auch Gewinnlinien auswählen konnte. Ich kann mich nicht erinnern, ob die Anzahl der Gewinnlinien mit dem Einsatz korrespondiert. Ich kann mich auch nicht erinnern, ob dies erhoben wurde. Die Bet-Stufen an sich wurden erhoben, das habe ich auch festgehalten. Von mir wurde nicht die elektronische Spielbeschreibung des Gerätes aufgerufen.“

Der Zeuge, Herr G., gab in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Kontrolle und zum Spielablauf des Gerätes Folgendes an:

„Meine Aufgabe in Zuge der durchgeführten Kontrolle am 19.11.2014 war es, nach Anweisungen von Frau H. die Dokumentation GSp 26 auszufüllen. Wenn ich von Anweisungen spreche meine ich, dass Frau H. als Kontrollorgan die Testspiele durchgeführt hat und ich die entsprechenden Eintragungen im GSP 26 durchgeführt habe. Ich selbst habe zu einem späteren Zeitpunkt auch „zu Schulungszwecken“ das gegenständliche Gerät bespielt.

Ich möchte mich korrigieren:

Ich habe nicht die Dokumentation, GSP 26 ausgefüllt. Diese Aufgabe oblag Herrn F.. Ich habe die Fotografien gemacht.

Zum Spielablauf kann ich nur das sagen, was im GSP 26 Formular festgehalten wurde. Ich kann noch ergänzend sagen, dass der Spieler keinen Einfluss auf den Walzenlauf hat. Die Walzen stoppen automatisch, eine Geschicklichkeit des Spielers ist hier nicht erforderlich. Da es unterschiedliche Automaten gibt bzw. unterschiedliche Spiele, hatte ich nach der Durchführung der Testspiele von Frau H. ebenfalls die Möglichkeit, mich mit den Spielen auf diesem Gerät vertraut zu machen.

Ich konnte persönlich wahrnehmen, dass sämtliche Punkte eines illegalen Glückspieles vorlagen. Nämlich die Erforderlichkeit eines Einsatzes (durch einen Banknoteneinzug), dass eine Ausspielung vorliegt (das sah man am Gewinnplan), das Gerät war öffentlich zugänglich (ab 18 Jahren) und unternehmerisch betrieben. Des Weiteren lag keine Genehmigung nach dem Glückspielgesetz vor. Ich vermute, diese Information hatte ich von Einsatzleiterin, dies kann ich jedoch nicht mehr genau sagen.

[…]

Ich weiß, dass ich das Spiel „Devil‘s Fire“ fotografisch festgehalten habe. Ich kann mich jedoch nicht mehr daran erinnern, welches Spiel ich danach gespielt habe. Auch weiß ich nicht mehr, wie dieses funktioniert hat.

Ich glaube, das Spiel „Devil‘s Fire“ hatte 5 Walzen. Diese 5 Walzen stoppten nach in Gangsetzung durch die Starttaste nacheinander. Frau H. hat versucht, den Walzenlauf zu stoppen, in dem sie 2x auf die Starttaste gedrückt hat. Die Walzen ließen sich nicht stoppen. Diese Vorgehensweise (der Versuch den Walzenlauf zu stoppen) ist bei unseren Überprüfungen ein Fixpunkt.

Dieses Gerät verfügte über 2 Bildschirme, ob es sich bei einem dieser Touchscreen handelte, kann ich nicht sagen. Ich weiß nicht, ob jemand versucht hatte, durch berühren des Touchscreens das Spiel zu beeinflussen.“

6.1. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 4. September 2015 wurde die Beschwerdeführerin wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes bestraft.

6.2. Dagegen brachte die Beschwerdeführerin eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof ein.

6.3. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 2016, Zl Ra 2015/09/0133-6, wurde das angefochtene Straferkenntnis sodann wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit nachstehender Begründung aufgehoben:

„Der vorliegende Fall ist in seinen entscheidungswesentlichen Elementen jenem gleichgelagert, welcher dem hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2016, Ra 2015/09/0080 mwN, zugrunde lag. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auf seine frühere Rechtsprechung verwiesen, dass das Verwaltungsgericht zur Ermöglichung der Beurteilung, ob Unionsrecht unmittelbar anwendbar ist, Feststellungen dazu zu treffen habe, ob die gegebene Wettbewerbsbeschränkung den unionsrechtlichen Vorgaben entspreche, und - wie der Revisionswerber aufzeigt - im hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2015, Ro 2014/17/0049, die Auffassung vertreten, dass das Verwaltungsgericht für den Fall der Annahme der Nichtanwendbarkeit von Unionsrecht sich auch mit der Frage verfassungsrechtlicher Bedenken der Anwendung von § 52 GSpG wegen Inländerdiskriminierung auseinandersetzen müsse (vgl. auch die gleichgelagerten Erkenntnisse vom 24. Mai 2016, Ra 2015/09/0064, und vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0036).

Auf dem Boden der angeführten hg. Rechtsprechung war daher auch das im vorliegenden Fall angefochtene Erkenntnis aufzuheben, weil es nach der Rechtsprechungspraxis des Verwaltungsgerichtshofes für ein Verwaltungsgericht, das in einer Verwaltungsstrafsache in der Sache selbst zu entscheiden hat, zur Beurteilung der Unionsrechtskonformität im vorliegenden Zusammenhang nicht ausreicht, allein auf die Entscheidungen anderer Gerichte in anderen Fällen zu verweisen, sondern vielmehr in jedem einzelnen Fall eine nähere Beurteilung der Erforderlichkeit der durch das GSpG bewirkten Einschränkung der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit zur Erreichung legitimer Zielsetzungen verlangt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126, und vom 29. Mai 2015, Ro 2014/17/0049, sowie zur Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände das hg. Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022).“

7.1. Es steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest und wird als erwiesen angenommen:

Am 19. November 2014, 13:40 Uhr, führten Organe der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) in Wien, H.- Straße, im dort situierten Lokal „Cafe D.“ eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch. Im Zuge dieser Kontrolle wurde ein Glücksspielgerät in betriebsbereitem Zustand vorgefunden, das in der Räumlichkeit des Lokals, nach der Bar, für Kunden aufgestellt war. Dabei handelte es sich um jenes im Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides näher bezeichneten Spielgerätes.

Die Beschwerdeführerin, Frau S. M., ist Inhaberin des in Rede stehenden Lokals, betreibt darin das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar und ist Inhaberin des gegenständlichen Gerätes. Herr W., ist Eigentümer des beschlagnahmten bzw. eingezogenen Gerätes. Das gegenständliche Gerät war weder zur Vergnügungssteuer angemeldet, noch lag eine Konzession zum Betrieb eines Münz- oder Unterhaltungsspielapparates nach dem Wiener Veranstaltungsgesetz vor.

Bei dem gegenständlichen Glücksspielgerät handelte es sich um einen Glücksspielautomaten mit jedenfalls einer Geldeinzugsvorrichtung, bei dem die Spielentscheidung in diesem Gerät selbst stattfindet. Auf diesem Gerät konnte virtuelle Walzenspiele gespielt werden. Von einem Organ der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) wurde auf diesem Gerät ein virtuelles Walzenspiel ausgewählt und Probespiele durchgeführt. Nachdem das Walzenspiel ausgewählt und eine Banknote dem Gerät durch die Einzugsvorrichtung zugeführt wurde, konnten durch die Betätigung der Start-Taste die Walzen in Gang gesetzt werden. Dabei wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den Walzen in ihrer Lage verändert und die dargestellten neuen Symbolkombinationen führten dann zu einem Gewinn oder Verlust des Einsatzes. Dem Spieler war es nach dem Start des Walzenlaufes nicht mehr möglich, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Der Gewinn oder Verlust des Spieleinsatzes hing vorwiegend vom Zufall ab.

Ein allfälliger Gewinn wurde vom Personal des Gastgewerbebetriebes, höhere Gewinne auch von der Beschwerdeführerin ausbezahlt.

Das Gerät wurde gemäß § 53 Abs. 2 GSpG von den Organen der Abgabenbehörde (Finanzamt Wien 3/6/7/11/15/Schwechat/Gerasdorf) vorläufig beschlagnahmt und die Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme vor Ort hinterlassen sowie eine weitere Kopie der Bescheinigung der im Lokal anwesenden Kellnerin übergeben.

Zudem wurde der, in der Gerätekassenlade des vorläufig beschlagnahmten Gerätes befindlicher Geldbetrag in Verwahrung genommen.

7.2. Diese Feststellungen gründen sich auf nachstehende Beweiswürdigung:

Die Beweisergebnisse ergeben sich zunächst aus dem vorliegenden, unbedenklichen Verwaltungsakt und aus den durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Wien. Dem Verwaltungsakt kann ein Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 27. November 2014 entnommen werden, wonach in Beantwortung einer Anfrage der belangten Behörde bestätigt wurde, dass für den in Rede stehenden Standort keine Konzession zum Betrieb von Münz- oder Unterhaltungsspielapparaten vorliegt. Dieser Umstand wurde zudem seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Demgegenüber wurde die Richtigkeit der ebenfalls im Verwaltungsakt inne liegenden schriftlichen Mitteilung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom 24. November 2014, wonach das beschlagnahmte und eingezogene Gerät nicht zur Vergnügungssteuer angemeldet worden sei, mit der Begründung in Frage gestellt, dass es in Wien sein könne, dass Spielapparate nicht standortgebunden gemeldet gewesen seien, sondern zum Teil auch anhand anderer Individualisierungsmerkmale zur Vergnügungssteuer angemeldet werden. Dazu ist auszuführen, dass an der Richtigkeit der Mitteilung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom 24. November 2014, keine Zweifel bestehen, zumal in diesem Zusammenhang auch nicht vorgebracht wurde, dass die von der Beschwerdeführerin aufgestellte Vermutung im gegenständlichen Fall zutreffen würde und entgegen der Anfragebeantwortung der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, die Anmeldung zur Vergnügungssteuer erfolgt sei; dieser Umstand wurde nicht einmal behauptet.

Dass ein Gerät am Tag der finanzpolizeilichen Kontrolle und zumindest seit drei bis vier Monaten im Lokal „Cafe D.“ aufgestellt war und während der Öffnungszeiten des Lokals zugänglich gemacht wurde, ergibt sich aus der, mit der Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin aufgenommenen Niederschrift vom 19. November 2014. Diese Aussage wurde von der Beschwerdeführerin gleichfalls nicht bestritten bzw. in Frage gestellt. Die Feststellung der Betriebsbereitschaft und Funktionstauglichkeit des Gerätes gründet sich auf die Anzeige vom 30. Dezember 2014 gegen die Beschwerdeführerin und wurden diese Sachverhalte von den in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen bestätigt. Aus der Anzeige lässt sich weiters entnehmen, dass mit diesem Eingriffsgegenstand Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen veranstaltet wurden, deren Spielergebnis (Gewinn oder Verlust des Einsatzes) vom Zufall abhängt, weil es dem Spieler dabei nicht möglich ist, auf das Spielergebnis Einfluss zu nehmen. Aus der Anzeige ergeben sich ebenso die Art sowie Bezeichnung des durchgeführten Spieles auf dem gegenständlichen Gerät und die Darstellung des Spielablaufes des hier in Rede stehenden virtuellen Walzenspieles. Die einzelnen Spielschritte wurden zudem fotografisch dokumentiert und liegen gleichfalls dem Verwaltungsakt inne. Darüber hinaus schilderten die Zeugen im Detail glaubhaft und schlüssig den Spielverlauf des getesteten Gerätes, teils anhand der angefertigten Fotografien. Der Darstellung des Spielverlaufs wurde in der mündlichen Verhandlung vom rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin nicht weiter entgegen getreten. Auf Nachfragen des Rechtsanwaltes der Beschwerdeführerin wurde vom zuletzt einvernommenen Zeugen ausgesagt, dass er glaube, das getestete Walzenspeil „Devil‘s Fire“ hatte 5 Walzen, die nach der Betätigung der Starttaste nacheinander stoppten. Diese Aussage steht den Fotodokumentationen im Verwaltungsakt nicht entgegen, weshalb auch in diesem Zusammenhang der Zeugenaussage zu glauben war. Dass die Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme der im Lokal während der Kontrolle anwesenden Mitarbeiterin übergeben respektive vor Ort hinterlassen wurde, wurde nicht bestritten und ergibt sich zudem aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

II. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 60/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 105/2014, lauten:

„Glücksspiele

§ 1.

(1) Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Ausspielungen

§ 2.

(1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

1.

die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.

bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.

bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

(3) Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, durch Verordnung bau- und spieltechnische Merkmale von Glücksspielautomaten näher zu regeln sowie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten festzulegen. Glücksspielautomaten gemäß § 5 sind verpflichtend an die Bundesrechenzentrum GmbH elektronisch anzubinden. Der Bundesminister für Finanzen kann im Wege einer Verordnung den Zeitpunkt dieser Anbindung festlegen. Darüber hinaus kann der Bundesminister für Finanzen zu den Details der elektronischen Anbindung und den zu übermittelnden Datensätzen in dieser Verordnung Mindeststandards festsetzen, wobei auch der Zugriff der Behörden auf einzelne Glücksspielautomaten (§ 5) zu regeln ist. Die auf 10 Jahre verteilten Kosten für die Errichtung eines Datenrechenzentrums bei der Bundesrechenzentrum GmbH sowie die Kosten für dessen laufenden Betrieb sind durch die konzessions- und bewilligungserteilenden Behörden den Konzessionären und Bewilligungsinhabern auf Grundlage einer von der Bundesrechenzentrum GmbH durchzuführenden Abrechnung über die durch die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber verursachten Kosten jährlich bescheidmäßig vorzuschreiben und für die Bewilligungsinhaber von Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten (§ 5) dem Bund zu erstatten. Im Rahmen des laufenden Betriebs des Datenrechenzentrums kann der Bundesminister für Finanzen ferner jederzeit eine technische Überprüfung von Glücksspielautomaten, der auf diesen befindlichen Software sowie einer allfälligen zentralen Vernetzung vornehmen oder die Vorlage eines unabhängigen technischen Gutachtens über die Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen verlangen. Mit der Errichtung des Datenrechenzentrums und der elektronischen Anbindung sind dem Bundesminister für Finanzen Quellcodes oder Referenzprogramme der Spielprogramme der daran anzubindenden Glücksspielautomaten gesondert vorab zu hinterlegen.

(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

Glücksspielmonopol

§ 3.

Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol

§ 4. (1) Glücksspiele unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes, wenn sie

1.

nicht in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 1 und

2.

a) bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge oder

b)

nur einmalig zur Veräußerung eines körperlichen Vermögensgegenstandes durchgeführt werden.

(2) Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nach Maßgabe des § 5 unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes.

Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten

§ 5.

(1) Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten sind Ausspielungen nach § 2 Abs. 3 an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebsstätten unter Einhaltung ordnungspolitischer Mindestanforderungen an Bewilligungswerber (Abs. 2) sowie besonderer Begleitmaßnahmen der Spielsuchtvorbeugung (Abs. 3 bis 5), der Geldwäschevorbeugung (Abs. 6) und der Aufsicht (Abs. 7)

1.

in Automatensalons mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten oder

2.

in Einzelaufstellung mit höchstens drei Glücksspielautomaten.

Dabei darf ein höchstzulässiges Verhältnis von einem Glücksspielautomat pro 1 200 Einwohner insgesamt im Bundesland nicht überschritten werden und die Anzahl der aufrechten Bewilligungen zum Betrieb von Glücksspielautomaten ist mit höchstens drei pro Bundesland beschränkt. Im Bundesland Wien beträgt das höchstzulässige Verhältnis ein Glücksspielautomat pro 600 Einwohner. Die Einwohnerzahl eines Bundeslandes bestimmt sich nach dem für den jeweiligen Finanzausgleich von der Bundesanstalt Statistik Österreich zuletzt festgestellten und kundgemachten Ergebnis der Statistik des Bevölkerungsstandes oder der Volkszählung zum Stichtag 31. Oktober, wobei das zuletzt kundgemachte Ergebnis im Zeitpunkt der Erteilung von Bewilligungen maßgeblich ist.

Behörden und Verfahren

§ 50.

(1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.

(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.

(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

(5) Die Abgabenbehörde hat in Verwaltungsverfahren nach §§ 52, 53 und 54 dann, wenn zu der Verwaltungsübertretung eine von ihr stammende Anzeige vorliegt, Parteistellung und kann Beschwerde gegen Bescheide sowie Einspruch gegen Strafverfügungen erheben.

(6) Eine von der Bezirksverwaltungsbehörde oder von der Landespolizeidirektion beabsichtigte Aufhebung einer Beschlagnahme oder die Einstellung eines Strafverfahrens ist im Falle des Vorliegens einer Anzeige einer Abgabenbehörde dieser zuvor unverzüglich zur Stellungnahme zu übermitteln.

(7) Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte der Länder Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Verwaltungsgerichte der Länder haben Ausfertigungen glücksspielrechtlicher Entscheidungen unverzüglich dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

(8) Wird das Ermittlungsverfahren, dem eine Anzeige einer Abgabenbehörde zugrunde liegt, von der Staatsanwaltschaft eingestellt, so ist die anzeigende Abgabenbehörde davon unter Darlegung der Gründe unmittelbar zu verständigen. Zur Erfüllung der glücksspielrechtlichen Überwachungsaufgaben haben die Strafgerichte den Bundesminister für Finanzen über den Ausgang von Strafverfahren nach § 168 StGB zu verständigen und ihm unmittelbar nach Rechtskraft eine Urteilsausfertigung zu übermitteln.

Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52.

(1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1.

wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

2.

wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3.

wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4.

wer die Auflagen des § 5 nicht einhält oder ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5.

wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs. 3, § 12a Abs. 4 und § 21 Abs. 10 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs. 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 verstößt;

6.

wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht;

7.

wer technische Hilfsmittel (z. B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;

8.

wer die Pflichten der Geldwäschevorbeugung gemäß § 25 Abs. 6 und 7 oder § 25a verletzt;

9.

wer verbotene Ausspielungen (§ 2 Abs. 4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs. 2 vor;

10.

wer als Kreditinstitut wissentlich die vermögenswerte Leistung eines Spielers an den Veranstalter oder Anbieter verbotener Ausspielungen weiterleitet, wenn dies im vorsätzlichen unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11.

wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.

(3) Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

(4) Werden Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

(5) Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1 500 Euro geahndet.

Beschlagnahmen

§ 53.

(1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1.

der Verdacht besteht, dass

a)

mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder

b)

durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird oder

2.

fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Z 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder

3.

fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird.

(2) Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, daß die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber außer im Falle des § 52 Abs. 1 Z 7 dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen oder, wenn ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten. In der Bescheinigung sind der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter und der Inhaber aufzufordern, sich binnen vier Wochen bei der Behörde zu melden; außerdem ist auf die Möglichkeit einer selbständigen Beschlagnahme (Abs. 3) hinzuweisen. Tritt bei dieser Amtshandlung der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter oder der Inhaber auf, so sind ihm die Gründe der Beschlagnahme bekanntzugeben.

(3) Die Behörde hat in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(4) Die beschlagnahmten Gegenstände sind amtlich zu verwahren. Bereitet die amtliche Verwahrung Schwierigkeiten, so sind die Gegenstände einer dritten Person in Verwahrung zu geben; sie können aber auch dem bisherigen Inhaber belassen werden, wenn hierdurch der Zweck der Beschlagnahme nicht gefährdet wird. In solchen Fällen ist ein Verbot zu erlassen, über die Gegenstände zu verfügen, wobei hinsichtlich der Benützung, Pflege und Wertsicherung der Gegenstände die erforderlichen Bedingungen und Auflagen festzulegen sind. Die Gegenstände können auch durch amtliche Verschlüsse gesichert werden.

Einziehung

§ 54.

(1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

(2) Die Einziehung ist mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von ihnen mit Beschwerde angefochten werden. Kann keine solche Person ermittelt werden, so hat die Zustellung solcher Bescheide durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.

(3) Eingezogene Gegenstände sind nach Rechtskraft des Einziehungsbescheides binnen Jahresfrist von der Behörde nachweislich zu vernichten.

(4) § 54 Abs. 1 gilt auch für vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes beschlagnahmte Gegenstände.

§ 60.

(1) bis (24) …

(25) Nach erfolgter Notifikation im Sinne der RL 98/34/EG (Nr. 2010/228/A) und nach am 16. Juli 2010 abgelaufener Sperrfirst des Art. 8 RL 98/34/EG treten die Änderungen jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, am Tag nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, im Bundesgesetzblatt in Kraft. Dabei gelten jedoch folgende Sonderbestimmungen:

1.

….

2.

Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, dürfen längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 betrieben werden (Übergangszeit). Wenn in einem Bundesland die nach § 5 Abs. 1 höchstzulässige Anzahl an Glücksspielautomaten zum 31. Dezember 2009 um mehr als das Doppelte überschritten worden ist, dürfen in diesem Bundesland Glücksspielautomaten, die aufgrund landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2015 betrieben und bis dahin an bereits bestehenden Standorten und im bestehenden Ausmaß auch verlängert werden.

…“

III. 1. Aufgrund des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin seit drei bis vier Monaten, zumindest am 19. November 2014 fortlaufend verbotene Ausspielungen im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 erster Fall GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht hat. Dies aus den nachstehenden Gründen:

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG macht sich strafbar, wer "zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht".

Herr W. ist Eigentümer und Aufsteller dieses Gerätes. Die Beschwerdeführerin, Frau S. M., ist die Lokalinhaberin sowie Inhaberin des Gerätes.

Die Beschwerdeführerin hat es als Gewerbeinhaberin des Lokales „Cafe D.“ zugelassen bzw. gestattet, dass in ihrem Lokal ein Glücksspielgerät von Herrn W. aufgestellt („unternehmerisch zugänglich gemacht“) wurde, mit dem Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG durchgeführt wurden. Das im Zuge der Kontrolle durchgeführte Probespiel hat weiters gezeigt, dass die Entscheidung über das Spielergebnis des gegenständlichen Glücksspiels ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Bei diesem Glücksspiel handelt es sich auch um Ausspielungen iSd § 2 Abs. 1 GSpG, da sie – wie bereits erwähnt -unternehmerisch zugänglich gemacht wurden, die Spieler an den Glücksspielen nur durch Erbringung eines Einsatzes teilnehmen konnten und den Spielern ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde. Eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG lag nicht vor.

Ergänzend ist festzuhalten, dass den Einsatz- und Gewinnhöhen keine Bedeutung mehr zukommt (vgl. VwGH vom 28.10.2014, Zl Ro 2014/17/0038), weshalb darauf nicht näher einzugehen war.

2. Zum Vorbringen der Unzuständigkeit:

Der Verfassungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 10.3.2015, Zl G 203/2014 u.a.). zur Frage der Zuständigkeit Folgendes aus:

„Der Gesetzgeber hat nämlich mit der Novellierung der Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 GSpG durch BGBl I 13/2014 das Konzept einer ziffernmäßigen betragsmäßigen Trennung der Zuständigkeit der Strafgerichte einerseits und der Verwaltungsstrafbehörden andererseits aufgegeben. Der Gesetzgeber hat nun das - bei einer Scheinkonkurrenz von gerichtlichem Strafrecht und Verwaltungsstrafrecht häufig verwendete - Konzept der (ausdrücklichen oder formellen) Subsidiarität der einen gegenüber der anderen Strafbestimmung verwirklicht. Die Besonderheit besteht hier (lediglich) darin, dass der Gesetzgeber in § 52 Abs. 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 nicht den Vorrang der gerichtlichen Strafbestimmung, sondern der Verwaltungsstrafbestimmung vorsieht. Der Straftatbestand des § 168 StGB ist demgemäß nur dann anwendbar, wenn die Handlung nicht schon nach § 52 Abs. 1 GSpG idF BGBl I 13/2014 mit Strafe bedroht ist.

Mit der Subsidiaritätsregelung des § 52 Abs. 3 GSpG hat der Gesetzgeber in klarer, dem Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B-VG entsprechender Weise zunächst festgelegt, dass die Anwendung des § 168 StGB gegenüber den Verwaltungsstraftatbeständen des § 52 Abs. 1 GSpG subsidiär ist.

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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