TE Lvwg Erkenntnis 2017/3/3 LVwG-2016/13/1663-2

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Veröffentlicht am 03.03.2017
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Entscheidungsdatum

03.03.2017

Index

90/02 Führerscheingesetz

Norm

FSG §4 Abs3
FSG §6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Dr. Martina Strele über die Beschwerde der AA vertreten durch Rechtsanwalt1, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.06.2016, Zl ****

zu Recht erkannt:

1.       Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 BV-G unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 12.05.2016, Zl ****, wurde der Beschwerdeführerin die Absolvierung einer Nachschulung angeordnet, die innerhalb von vier Monaten ab Bescheidzustellung zu absolvieren ist. Weiters wurde die Beschwerdeführerin in diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass sie ihren Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft X zur Eintragung der Verlängerung der Probefrist abzugeben hat.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.06.2016, Zl ***, wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht nachfolgende Beschwerde ein:

„In umseits bezeichneter Verwaltungssache hat die Beschwerdeführerin Herrn Rechtsanwalt1, mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung(auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol) bevollmächtigt und beauftragt.

Die ausgewiesene Vertretung beruft sich ausdrücklich auch auf § 8 Abs 1 RAO und
§ 17VwGVG iVm § 10 Abs 1 AVG erteilte Bevollmächtigung und Beauftragung.

1. Beschwerdegegenstand:

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.06.2016, ****, zugestellt am 21.06.2016, erhebt die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 und Art 132 Abs 1 Z 1 PVG innerhalb offener Frist nachstehende an das Landesverwaltungsgericht Tirol, wobei der Bescheid vollumfänglich angefochten wird.

2. Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin lenkte ihren PKW, Kennzeichen ***, am 05.01.2015, gegen15.15 Uhr, auf der Abfahrtsrampe der B***2 in Richtung B***1 in Fahrtrichtung Norden. Vor der Kreuzung mit der B***1 blieb die Beschwerdeführerin an der dortigen Haltelinie bzw an der Stopp-Tafel stehen. Sie beabsichtigte nach links, also in Fahrtrichtung Westen, in die B***1 einzubiegen. Die Beschwerdeführerin nahm einen von links auf der B***1 herannahenden PKW, welcher in Fahrtrichtung Osten fuhr, wahr, war jedoch der Meinung, dass dieser noch weit genug entfernt sei, um gefahrlos nach links auf die B***1 einbiegen zu können. Beim Einbiegen ereignete sich sodann der Verkehrsunfall bzw kollidierte das herannahende, von der Beschwerdeführerin grundsätzlich wahrgenommene Fahrzeug in das Fahrzeug der Beschwerdeführerin.

In weiterer Folge wurde sodann seitens der BH X mit Schreiben vom 23.03.2016 die

Beschwerdeführerin hinsichtlich Vorschreibung einer Nachschulung zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Seitens der Beschwerdeführerin wurde sodann nachstehende Stellungnahme erstattet:

„Wie im aktengegenständlichen Abschluss-Bericht der Landespolizeidirektion Tirol vom 21.01.2016 dargelegt, lenkte Frau AA ihr Fahrzeug au f der Abfahrtsrampe der B***2 in Richtung B***1. Frau AA blieb an der STOPP-Tafel stehen und vergewisserte sich, dass ein Einfahren in die B***1 gefahrlos möglich ist. Dabei nahm sie auch das Fahrzeug von Frau BB wahr, war zu diesem Zeitpunkt jedoch der Meinung, dass ein Einfahren gefahrlos möglich ist. In weiterer Folge kam es sodann zum Unfall bzw kollidierte das Fahrzeug von Frau BB in die linke Fahrzeugseite von Frau AA.

Frau AA geht davon aus, dass Frau BB eine überhöhte Geschwindigkeit einhielt und dies auch Grund für den Unfall war. Nach Ansicht von Frau AA hätte sich bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von Frau BB der gegenständliche Unfall nicht ereignet. In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass Frau BB zudem keine adäquate Reaktion auf das Einfahren von Frau AA gesetzt hat, zumal laut Frau AA diese nicht mit einer Bremsung reagierte bzw das Fahrzeug nicht auslenkte, um unfallvermeidend zu reagieren.

Zusammengefasst geht Frau AA sohin vom Alleinverschulden von FrauBB am Zustandekommen des Unfalls aus.“

Mittels Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 12,05.2016 wurde sodann eine Nachschulung angeordnet, welche innerhalb von vier Monaten ab Bescheidzustellung zu absolvieren ist, Zudem wurde angeordnet, dass der Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft X zur Eintragung der Verlängerung der Probefrist abzugeben ist. Begründet wurde dieser Bescheid grundsätzlich damit, dass von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen sei, wenn der Besitz einer Lenkerberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß gern § 4 Abs 6 FSG oder gern § 4 Abs 7 FSG (Alkoholbestimmungen} begeht.

Darauf wurde seitens der nunmehrigen Beschwerdeführerin die Vorstellung vom 08.06.2016 fristgerecht eingebracht und grundsätzlich vorgebracht wie in der bereits erfolgten schriftlichen Stellungnahme.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wird die Vorstellung als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung gern § 64 Abs 2 AVG ausgeschlossen. Die belangte Behörde führt in diesem Bescheid zusammengefasst aus, dass offensichtlich das eingeleitete Strafverfahren diversionell erledigt wurde und grundsätzlich Voraussetzung für eine solche diversionelle Erledigung ein hinreichend geklärter Sachverhalt und eine das Unrechte Verhalten akzeptierende Schuldeinsicht Voraussetzung ist und sei sohin das Vorbringen der Beschwerdeführerin, nämlich, dass das Alleinverschulden am Verkehrsunfall die Zweitbeteiligte BB trifft, als bloße Schutzbehauptung zu werten. Die nunmehr belangte Behörde habe sohin keinerlei Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin den Verkehrsunfall durch eine Vorrangverletzung mitverschuldet und damit einhergehend die Zweitbeteiligte BB fahrlässig am Körper verletzt hat. Die Beschwerdeführerin hat somit innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß gern § 4 Abs 3 iVm Abs 6 FSG begangen. Es sei sohin von der nunmehr belangten Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei der Anordnung der Nachschulung keine aufschiebende Wirkung zukommt. Zudem verlängere sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr.

3. Zulässigkeit der Beschwerde:

Gegen den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.06.2016, Geschäftszahl: ****, ist die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol zulässig.

Ebenso ist die vorliegende Beschwerde rechtzeitig gern § 7 Abs 4 Satz 1 VwGVG.

4. Beschwerdebehauptung und Beschwerdegründe:

Der nunmehr angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.06.2016, Geschäftszahl: ****, verletzt die Beschwerdeführerin in ihren subjektiven (öffentlichen) Rechten.

Diese Rechtsverletzung ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Im vorliegenden Fall der Diversion (Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft infolge Zahlung eines Geldbetrages) hat keineswegs festzustehen, dass der Verdächtige die Tat begangen hat, geschweige denn, dass diese gerichtsordnungsmäßig festgestellt sein muss; Voraussetzung für die Diversion ist ebenso nicht, dass nicht (relativ) klar ist, dass der Verdächtige die Tat nicht begangen hat (vgl dazu auch Bertel - Venier, Strafprozessrecht, Rz 558, wonach die Diversion auch dann anzuwenden ist, wenn der Vorwurf "haltlos" (!) ist.) Somit wird der Verdächtige mit einer Art Strafe belegt, weil er die Tat begangen haben könnte (Verdachtsstrafe).

Vielmehr ist nach Ansicht der Beschwerdeführerin eine Diversion ausgeschlossen, wenn die Begehung einer Tat feststeht bzw die (zumindest) erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit hiefür gegeben ist. In diesem Falle wäre - Verschulden vorausgesetzt - eine Verurteilung auszusprechen.

Wie in der schriftlichen Stellungnahme der Beschwerdeführerin bereits dargelegt, ist sohin davon auszugehen, dass die Unfallgegnerin eine überhöhte Geschwindigkeit einhielt bzw nicht rechtzeitig Unfall vermeidend reagierte und diese sohin das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls trägt.

Schließlich ist zusammengefasst festzuhalten, dass durch die gegenständliche Diversion kein

Schuldanerkenntnis oder Ähnliches gegeben ist.

Beweis:   Einvernahme Beschwerdeführerin

           Augenschein

           Befund und Gutachten eines Sachverständigen Fachgebiet Verkehrsunfall

           Straßenverkehr, Unfallanalyse

5. Antrag auf aufschiebende Wirkung:

Der angefochtene Bescheid ist grundsätzlich einem Vollzug und damit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zugänglich.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X wurde einer anfälligen Beschwerde gern § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Zwingende öffentliche Interessen gebieten jedoch nicht die sofortige Vollstreckung des Bescheides und würde vielmehr die Beschwerdeführerin dadurch einen nicht wieder gutzumachenden Schaden erleiden, konkret müsste die Beschwerdeführerin die Kosten für die Nachschulung von ca EUR 1.000,00 tragen, obwohl allenfalls der nunmehr bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben wird.

6. Beschwerdeanträge:

Aus den vorstehend genannten Gründen w erden an das Landesverwaltungsgericht Tirol höflich gestellt die

A N T R Ä G E ,

1. Gem § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in deren Rahmen die angebotenen Beweise aufzunehmen sind;

und

2. den angefochtenen Bescheid vom 16.06.2016, Geschäftszahl: ****, ersatzlos

aufzuheben und das Verfahren einzustellen;

in eventu

den angefochtenen Bescheid vom 16.06,2016, Geschäftszahl: ****, aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft X zurückzuverweisen;

3. der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Rechtsanwalt1

für

AA

Fügen, am 19.07.2016“

Aufgrund dieser Beschwerde wurde der behördliche Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt, in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol sowie insbesondere in den vom Landesverwaltungsgericht Tirol eingeholten Akt der Staatsanwaltschaft Z,
Zl ****.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:

Der Beschwerdeführerin wurde am 11.08.2014 von der Bezirkshauptmannschaft X unter der Zl ****, der Führerschein für die Klassen AM und B ausgestellt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 12.05.2016 zu Zl ****, wurde der Beschwerdeführerin die Teilnahme an einer Nachschulung angeordnet.

Gleichzeitig mit dieser Anordnung wurde die Probezeit um ein Jahr verlängert.

Diese bescheidmäßige Anordnung der Nachschulung erfolgte aufgrund des Abschlussberichtes der Polizeiinspektion Strass im Zillertal vom 21.01.2016,
Zl ****. Demnach habe die Beschwerdeführerin den Pkw der Marke *** mit dem Kennzeichen **** gegen 15:15 Uhr auf der Abfahrtsrampe der B **2 in Richtung B**1 also in Fahrtrichtung Norden gelenkt. Vor der Kreuzung mit der B**1 sei die Beschwerdeführerin an der dortigen Haltelinie bzw an der Stopp-Tafel stehengeblieben. Sie habe beabsichtigt nach links, also in Fahrtrichtung Westen in die B**1 einzubiegen. Sie habe einen von links auf der B**1 herannahenden Pkw, welcher in Fahrtrichtung Osten gefahren sei, wahrgenommen, sei jedoch der Meinung gewesen, dass dieser noch weit weg genug sei, um gefahrlos nach links auf die B**1 einbiegen zu können. Sie dürfte die Entfernung des sich von links herannahenden Pkws jedoch falsch eingeschätzt haben und sei es zu einer rechtwinkligen Kollision mit diesem Pkw der Marke **** mit dem Kennzeichen *** gelenkt von BB gekommen. BB sei auf der B**1 von Westen kommend in Fahrtrichtung Osten gefahren und habe sich im Vorrang befunden. Bei diesem Verkehrsunfall wurde die BB leicht verletzt. Sie erlitt eine Prellung des Brustbeines sowie eine Zerrung der Wirbelsäule und befand sich einschließlich bis 13.01.2016 im Krankenstand. Seit 18.01.2016 war für BB eine Physiotherapie zur Mobilisierung der Brust- und Halswirbelsäule erforderlich, ihr wurden 8 Physiotherapiesitzungen verordnet.

Seitens der Staatsanwaltschaft Z wurde zu diesem Verkehrsunfall unter der Zl ****, ein Ermittlungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin geführt.

Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Z vom 15.06.2016 an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin sowie laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Z vom 14.011.2016 an das Landesverwaltungsgericht Tirol (beide Zl ****) wurde von der Verfolgung der Beschwerdeführerin gemäß § 200 Abs 5 StPO zurückgetreten, weil die Voraussetzungen des § 198 StPO vorliegen und die Beschwerdeführerin einen Geldbetrag zu Gunsten des Bundes geleistet hat.

Gemäß § 198 Abs 1 Z 1 StPO (Allgemeines) hat die Staatsanwaltschaft Z nach diesem Hauptstück vorzugehen und von der Verfolgung einer Straftat zurückzutreten, wenn aufgrund hinreichend geklärten Sachverhalts feststeht, dass eine Einstellung des Verfahrens nach den §§ 190 bis 192 nicht in Betracht kommt, eine Bestrafung jedoch in Hinblick auf die Zahlung eines Geldbetrages (§ 200) nicht geboten erscheint, um den Beschuldigten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Die Bestimmung des § 200 StPO (Zahlung eines Geldbetrages) lautet wie folgt:

„(1) Unter den Voraussetzungen des § 198 kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer Straftat zurücktreten, wenn der Beschuldigte einen Geldbetrag zu Gunsten des Bundes entrichtet.

(2) Der Geldbetrag darf den Betrag nicht übersteigen, der einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zuzüglich der im Fall einer Verurteilung zu ersetzenden Kosten des Strafverfahrens (§§ 389 Abs. 2 und 3, 391 Abs. 1) entspricht. Er ist innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Mitteilung nach Abs. 4 zu bezahlen. Sofern dies den Beschuldigten unbillig hart träfe, kann ihm jedoch ein Zahlungsaufschub für längstens sechs Monate gewährt oder die Zahlung von Teilbeträgen innerhalb dieses Zeitraums gestattet werden.

(3) Soweit nicht aus besonderen Gründen darauf verzichtet werden kann, ist der Rücktritt von der Verfolgung nach Zahlung eines Geldbetrages überdies davon abhängig zu machen, dass der Beschuldigte binnen einer zu bestimmenden Frist von höchstens sechs Monaten den aus der Tat entstandenen Schaden gutmacht und dies unverzüglich nachweist.

(4) Die Staatsanwaltschaft hat dem Beschuldigten mitzuteilen, dass Anklage gegen ihn wegen einer bestimmten Straftat beabsichtigt sei, aber unterbleiben werde, wenn er einen festgesetzten Geldbetrag und gegebenenfalls Schadensgutmachung in bestimmter Höhe leiste. Des Weiteren hat die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten im Sinne des § 207 sowie über die Möglichkeit eines Zahlungsaufschubs (Abs. 2) zu informieren, soweit sie ihm einen solchen nicht von Amts wegen in Aussicht stellt.

(5) Nach Leistung des Geldbetrages und allfälliger Schadensgutmachung hat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung zurückzutreten, sofern das Verfahren nicht gemäß
§ 205 nachträglich fortzusetzen ist.“

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass Grundvoraussetzung für den Rücktritt von der Verfolgung bzw die diversionelle Erledigung eines Strafverfahrens unter anderem ein hinreichend geklärter Sachverhalt ist. Es muss zunächst feststehen, dass eine Einstellung des Verfahrens nach den §§ 190 bis 192 StPO nicht in Betracht kommt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts darf also kein vernünftiger Zweifel an schuldentscheidenden Tatsachen bestehen. Als tragfähige Grundlage dieser Beurteilung müssen die zur Verfügung stehenden Beweismittel in einer Weise ausgeschöpft sein, die eine – wenn auch nicht abschließende, so doch zu hoher Verurteilungswahrscheinlichkeit führende prognostische – umfassende Bewertung der Beweislage ermöglicht. Darüber hinaus ist die Übernahme der Verantwortung für die vorgeworfene Tat erforderlich. Darunter versteht man eine – bei allen Diversionsformen spätestens zum Zeitpunkt der Diversionsentscheidung erforderliche – das Unrecht des Verhaltens akzeptierende Schuldeinsicht, die auch die (innere) Bereitschaft zur Schadensgutmachung bzw zum Tatfolgenausgleich umfasst, welche wiederum nur bei entsprechendem Unrechtsbewusstsein möglich ist.

Aufgrund dieser Ausführungen ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, dass das Alleinverschulden am Verkehrsunfall die Zweitbeteiligte BB treffe, völlig haltlos und ist diese Verantwortung nunmehr eine völlig andere, als im Ermittlungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft Z.

Der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Z vom 14.11.2016, ****, an das Landesverwaltungsgericht Tirol ist zu entnehmen, dass das dort geführte Strafverfahren wegen des Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung (§ 88 StGB) gemäß §§ 198, 200 Abs 5 StPO diversionell erledigt wurde. Es kann somit kein Zweifel daran bestehen, dass die Beschwerdeführerin den Verkehrsunfall durch eine Vorrangverletzung zumindest jedenfalls mitverschuldet und damit einhergehend die Zweitbeteiligte BB fahrlässig am Körper verletzt hat.

Die Beschwerdeführerin hat somit innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß gemäß § 4 Abs 3 iVm Abs 6 FSG begangen.

Gemäß § 4 Abs 3 FSG ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, falls der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs 6) begeht oder falls er gegen die Bestimmung des Abs 7 verstößt, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung der Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheins hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs 6 in die Wege zu leiten.

Die Bestimmung des § 4 Abs 6 FSG normiert, dass folgende Verhaltensweisen als schwerer Verstoß gemäß Abs 3 gelten:

„1. Übertretungen folgender Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960, BGBl. Nr. 159:

a) § 4 Abs. 1 lit. a (Fahrerflucht),

b) § 7 Abs. 5 (Fahren gegen die zulässige Fahrtrichtung),

c) § 16 Abs. 1 (Überholen unter gefährlichen Umständen), Bundesrecht konsolidiert
d) § 16 Abs. 2 lit. a (Nichtbefolgen von gemäß § 52 lit. a Z 4a und Z 4c kundgemachten Überholverboten),

e) § 19 Abs. 7 (Vorrangverletzung),

f) §§ 37 Abs. 3, 38 Abs. 2a, 38 Abs. 5 (Überfahren von „Halt“-Zeichen bei geregelten Kreuzungen),

g) § 46 Abs. 4 lit. a und b (Fahren auf der falschen Richtungsfahrbahn auf Autobahnen);

2. mit technischen Hilfsmitteln festgestellte Überschreitungen einer ziffernmäßig fest-gesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von

a) mehr als 20 km/h im Ortsgebiet oder

b) mehr als 40 km/h auf Freilandstraßen;

3. strafbare Handlungen gemäß den §§ 80, 81 oder 88 Strafgesetzbuch – StGB, BGBl. Nr. 60/1974, die beim Lenken eines Kraftfahrzeuges begangen wurden.“

Gemäß § 4 Abs 8 FSG sind die Kosten der Nachschulung vom Nachzuschulenden zu tragen. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung zur Nachschulung nicht innerhalb von 4 Monaten nach, so ist gemäß § 24 Abs 3 7. Satz (Entziehung der Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung) vorzugehen.

Alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Nachschulung waren somit im Gegenstandsfall gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden zu war.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dr. Martina Strele

(Richterin)

Schlagworte

Anordnung einer Nachschulung; Diversion; fahrlässige Körperverletzung;

Anmerkung

Aufgrund der außerordentlichen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18.10.2017, Z Ra 2017/11/0145-5, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 03.03.2017, Z LVwG-2016/13/1663-2 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2016.13.1663.2

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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