TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/30 VGW-151/086/6707/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.08.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AVG §69 Abs1 Z1
AVG §69 Abs3
NAG §11 Abs1 Z4
NAG §11 Abs3
NAG §30 Abs1
NAG §41a
NAG §46
FPG §117

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Wostri über die Beschwerde der mj. L. I., geb. am ...2009, StA: Mazedonien, vertreten durch Rechtsanwalt, vom 30.4.2017 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, Niederlassungsbewilligungen und Ausländergrunderwerb, vom 29.3.2017, Zahl MA35-9/3060570-02, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:

I.   Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird hinsichtlich Spruchpunkt 1)a) und 1)b) des Bescheides vom 29.3.2017 die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird der Spruchpunkt 2)a) und 2)b) des Bescheides vom 29.3.2017 dahingehend abgeändert, dass dieser wie folgt lautet:

„2) Ihr Antrag vom 17.2.2015 (Einlangen bei der Behörde) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot – Karte plus und ihr Antrag vom 12.5.2016 auf Verlängerung des Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot – Karte plus werden gem. §§ 41a und 46 NAG abgewiesen.“

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über die Anträge der Beschwerdeführerin entschieden wie folgt:

„1)

a) Das aufgrund Ihres Antrages vom 17.02.2015 auf Ersterteilung einer Bewilligung „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ gemäß § 46/1/2 NAG geführte und rechtskräftig abgeschlossene Verfahren wird gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF. von Amts wegen wiederaufgenommen. Das Verfahren tritt in den Stand zurück, in dem es sich vor Erteilung der Bewilligung vom 01.06.2015 befunden hat.

b) Das aufgrund Ihres Antrages vom 12.05.2016 auf Verlängerung der Bewilligung geführte und rechtskräftig abgeschlossene Verfahren wird gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF. von Amts wegen wiederaufgenommen. Das Verfahren tritt in den Stand zurück, in dem es sich vor Erteilung der Bewilligung vom 02.06.2016 befunden hat.

2)

a) Gemäß §§ 30, 30a NAG iVm § 25 Abs. 3 NAG und § 24 NAG wird gleichzeitig Ihr Antrag vom 17.02.2015 auf Erteilung einer Erstbewilligung nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Neiderlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG 2005, BGBl. 100/2005) aufgrund des Vorliegens einer Aufenthaltsehe Ihres zusammenführenden Vaters und Ihrer Stiefmutter gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG abgewiesen.

b) Ihr eingebrachte Verlängerungsantrag auf Erteilung einer weiteren Bewilligungen für den Zweck „Rot-Weiß-Rot-Karte (plus)“ wird mangels Vorliegens eines gültigen Aufenthaltstitels für Österreich gemäß § 24 NAG abgewiesen.“

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 30.4.2017.

Am 2.8.2017 führte das Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen zuständigen Richter erwogen:

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, welcher als erwiesen festgestellt wird:

Die Beschwerdeführerin, L. I., wurde am ...2009 geboren und ist mazedonische Staatsangehörige. Laut Zentralem Melderegister hatte sie von 8.7.2009 bis 29.6.2012 und seit 16.6.2015 in Wien ihren Hauptwohnsitz. Weitere Meldungen im ZMR scheinen nicht auf.

Die Beschwerdeführerin stellte, vertreten durch ihren gesetzlichen Vertreter S. I., im Wege der Österreichischen Botschaft in Skopje einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot – Karte plus. Dieser Antrag langte bei der belangten Behörde am 17.2.2015 ein. Der Beschwerdeführerin wurde daraufhin für die Dauer 1.6.2015 – 1.6.2016 der Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot – Karte plus gem. § 46 Abs. 1 Z 1 NAG erteilt. Mit Antrag vom 12.5.2016 stellte sie, vertreten durch ihren gesetzlichen Vertreter S. I., einen Verlängerungsantrag, welchem entsprochen wurde und ihr für die Dauer 2.6.2016 – 2.6.2017 ebenso der Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot – Karte plus (§ 46 Abs. 1 Z 1 NAG) erteilt wurde.

Die Erteilung des Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot – Karte plus gem. § 46 Abs. 1 Z 1 NAG, die zur Voraussetzung hat, dass der Zusammenführende bereits über einen bestimmten Aufenthaltstitel verfügt, erfolgte auf Grund des Aufenthaltstitels ihres Vaters S. I.. Dieser ist mazedonischer Staatsangehöriger und wurde am ...1975 geboren. Laut IZR-Auszug verfügte er in folgenden Zeiträumen über folgende Aufenthaltstitel:

•        28.9.11-28.9.12 „Familienangehöriger“

•        29.9.12-29.9.13 „Familienangehöriger“

•        30.9.13-30.9.14 „Familienangehöriger“

•        12.9.14-12.9.17 Rot-Weiß-Rot Karte plus

S. I. heiratete am 16.9.1997 M. I.. Am 9.11.2010 folgte die Scheidung. Am 7.1.2011 heiratete er die österreichische Staatsangehörige D. St., von welcher er in weiterer Folge seine Aufenthaltstitel Familienangehöriger und auf diesen aufbauend den Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte plus ableitete. Diese Ehe wurde mit 14.4.2014 geschieden. Am 8.7.2016 heiratete er ein weiteres Mal seine vorhergehende Ehefrau M. I..

Die Eheschließung zwischen S. I. und D. St. hatte lediglich den Zweck S. I. einen Aufenthaltstitel in Österreich zu verschaffen. Es war zwischen ihnen nicht beabsichtigt ein gemeinsames Familienleben (iS des Art. 8 MRK) zu führen und wurde ein solches in weiterer Folge auch nicht geführt.

Mit Urteil des BG ... vom 1.10.2014, Zl. ..., wurden S. I. und D. St. für schuldig befunden folgendes Vergehen gem. § 12 3. Fall StGB iVm § 117 Abs. 1 und 4 FPG begangen zu haben:

„Die Angeklagten D. St. und S. I. sind schuldig im Sinne des Strafantrages der Staatsanwaltschaft Wien vom 28. Jänner 2014 und haben

1.) D. St. als Österreicherin am 7. Jänner 2011 am Standesamt ... Wien mit dem Fremden S. I. die Ehe geschlossen, ohne ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK führen zu wollen, obwohl sie wissen musste, dass sich der Fremde für die Erteilung, oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels oder für den Erwerb der Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe berufen will.

2.) S. I. zu der unter Punkt 1.) geschilderten Tat beigetragen, indem er die Ehe am 7. Jänner 2001 am Standesamt ... Wien mit D. St. schloss und sich in der Folge auf diese Ehe am 11. Jänner 2011 berief und einen Antrag auf Niederlassungsbewilligung als Familienangehöriger stellte.“

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 29.3.2017, Zahl MA35-9/2895482-05, wurden alle Verfahren mit denen S. I. bislang Aufenthaltstitel erteilt wurden, wiederaufgenommen und seine Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9.8.2017, Zl. VGW-151/086/6709/2017, als unbegründet abgewiesen.

Die Mutter der Beschwerdeführerin, M. I., ist mazedonische Staatsangehörige. Sie verfügt über keinen Aufenthaltstitel für Österreich.

Die Feststellungen gründen sich auf den diesbezüglich unbedenklichen Akteninhalt (MA 35- und VGW-Akt sowie den Akt des VGW Zl. VGW-151/086/6709/2017 betreffend S. I.).

Rechtlich folgt daraus:

§ 11 NAG lautet:

„§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.

gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.

gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.

gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.

eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.

eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.

er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.

der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.

der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.

der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.

der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.

durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6.

der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.

der Grad der Integration;

5.

die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.

die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.

sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.

der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 bis 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.“

§ 30 Abs. 1 NAG lautet:

„(1) Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe eingetragene Partnerschaft berufen.“

§ 41a NAG lautet:

„Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus

§ 41a. (1) Drittstaatsangehörigen kann in einem Verfahren gemäß § 24 Abs. 4 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden, wenn

1.

sie bereits zwölf Monate einen Aufenthaltstitel gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 besitzen,

2.

sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

3.

eine Mitteilung gemäß § 20e Abs. 1 Z 2 AuslBG vorliegt.

(2) Drittstaatsangehörigen kann in einem Verfahren gemäß § 24 Abs. 4 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden, wenn

1.

sie bereits zwei Jahre einen Aufenthaltstitel gemäß § 42 besitzen,

2.

sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

3.

eine Mitteilung gemäß § 20e Abs. 1 Z 3 AuslBG vorliegt.

(3) Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn eine Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 vorliegt. Der Aufenthaltstitel ist unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen ab Zustellung der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, zu erteilen. § 20 Abs. 2 gilt sinngemäß.

(4) Drittstaatsangehörigen kann in einem Verfahren gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden, wenn sie

1.

die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2.

mindestens zwei Jahre über eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 67 verfügt haben.

(5) Der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ ist an Drittstaatsangehörige im Fall der Rückstufung gemäß § 28 zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllt sind.

(6) Drittstaatsangehörigen kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden, wenn sie

1.

die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2.

über einen Aufenthaltstitel gemäß § 45 verfügt haben und dieser gemäß § 20 Abs. 4 oder 4a erloschen ist oder gemäß § 10 Abs. 3 Z 3 oder Z 4 gegenstandslos wurde.

(7) Drittstaatsangehörigen kann in einem Verfahren gemäß § 24 Abs. 4 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden, wenn

1.

sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,

2.

sie über eine „Niederlassungsbewilligung“ verfügen und

3.

eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20e Abs. 1 Z 1 AuslBG vorliegt.

(8) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist auf Antrag ohne weiteres ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn ein Fall des § 59 Abs. 2 StbG vorliegt und ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 Abs. 10) nicht zu erteilen ist.

(9) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie

1.

für einen Zeitraum von zwölf Monaten über eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß §§ 55 Abs. 1 oder 56 Abs. 1 AsylG 2005,

2.

für einen Zeitraum von zwölf Monaten über eine „Aufenthaltsberechtigung“ gemäß §§ 55 Abs. 2 oder 56 Abs. 2 AsylG 2005 oder

3.

über eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3

verfügen und das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt haben oder zum Entscheidungszeitpunkt eine Erwerbstätigkeit ausüben, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(10) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 bis 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn

1.

es sich um einen unbegleiteten minderjährigen Fremden, der sich nicht in Begleitung eines für ihn gesetzlich verantwortlichen Volljährigen befindet, handelt, oder

2.

für einen Minderjährigen ein Aufenthaltsrecht nicht gemäß § 23 Abs. 4 NAG abgeleitet werden kann

und sich der Minderjährige auf Grund eines Gerichtsbeschlusses, kraft Gesetzes oder einer Vereinbarung der leiblichen Eltern mit dem Jugendwohlfahrtsträger zum Schutz des Kindeswohles nicht bloß vorübergehend in Obhut von Pflegeeltern oder des Jugendwohlfahrtsträgers befindet. Die Pflegeeltern gelten diesfalls als gesetzliche Vertreter im Sinne des § 19. Dieser Aufenthaltstitel ist gebührenfrei zu erteilen.

(11) In den Fällen der Abs. 1 und 7 ist von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice abzusehen, wenn der Antrag

1.

wegen eines Formmangels oder Fehlens einer Voraussetzung gemäß §§ 19 bis 24 zurück- oder abzuweisen ist oder

2.

wegen zwingender Erteilungshindernisse gemäß § 11 Abs. 1 abzuweisen ist.

Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung in den Fällen des § 20e Abs. 1 AuslBG in Rechtskraft, ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen.“

§ 46 NAG lautet:

„Bestimmungen über die Familienzusammenführung

§ 46. (1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

1.

der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 oder einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder

2.

ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

a)

einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ innehat,

b)

einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder

c)

Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt.

(2) Soll im Fall einer Familienzusammenführung gemäß Abs. 1 Z 2 oder Abs. 4 ein Aufenthaltstitel quotenfrei erteilt werden, hat die Behörde auch über einen gesonderten Antrag als Vorfrage zur Prüfung der Gründe nach § 11 Abs. 3 zu entscheiden und gesondert über diesen abzusprechen, wenn dem Antrag nicht Rechnung getragen wird. Ein solcher Antrag ist nur zulässig, wenn gleichzeitig ein Antrag in der Hauptfrage auf Familienzusammenführung eingebracht wird oder ein solcher bereits anhängig ist.

(3) Familienangehörigen von Inhabern eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ ausgestellt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen. Gleiches gilt, wenn der nunmehrige Inhaber eines Aufenthaltstitels ursprünglich einen Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ innehatte. Bei Familienangehörigen von Inhabern eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ richtet sich die Geltungsdauer des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ nach der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels des Zusammenführenden.

(4) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist eine „Niederlassungsbewilligung“ zu erteilen, wenn

1.

sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,

2.

ein Quotenplatz vorhanden ist und

3.

der Zusammenführende eine „Niederlassungsbewilligung“ oder eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ innehat.

(5) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen gemäß §§ 43 Abs. 2 oder 44 kann eine „Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“ erteilt werden, wenn

1.

sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2.

im Fall von Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen im Sinne des § 44 Abs. 1 ein Quotenplatz vorhanden ist.“

A.  Zur Wiederaufnahme des Verfahrens (Spruchpunkt I)

§ 117 FPG lautet:

„Eingehen und Vermittlung von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften

§ 117. (1) Ein Österreicher oder ein zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigter Fremder, der eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft mit einem Fremden eingeht, ohne ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führen zu wollen und weiß oder wissen musste, dass sich der Fremde für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen will, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ein Österreicher oder ein zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigter Fremder, der mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft mit einem Fremden eingeht, ohne ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führen zu wollen und weiß oder wissen musste, dass sich der Fremde für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen will, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(3) Wer gewerbsmäßig Ehen oder eingetragene Partnerschaften vermittelt oder anbahnt, obwohl er weiß oder wissen musste, dass sich die Betroffenen für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber kein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führen wollen, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(4) Der Fremde, der sich im Sinne dieser Bestimmung auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen will, ist als Beteiligter zu bestrafen.

(5) Nach Abs. 1 ist nicht zu bestrafen, wer freiwillig, bevor eine zur Strafverfolgung berufene Behörde von seinem Verschulden erfahren hat, an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirkt.“

Gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG ist die amtswegige Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ohne zeitliche Einschränkung zulässig, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.

Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens kann nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG sein, dass der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt wurde. Das Gesetz verlangt nur, dass der Bescheid durch die strafbare Handlung herbeigeführt worden ist, und nicht, dass die Straftat von der betroffenen Partei gesetzt wurde. Wer die strafbare Handlung begangen hat, ist für die Wiederaufnahme des Verfahrens ohne Bedeutung. Der Wiederaufnahmegrund liegt folglich auch vor, wenn die gerichtlich strafbare Handlung von der Behörde selbst oder einem Dritten verübt wurde. Auch setzt die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG nicht voraus, dass die Person, zu deren Gunsten sich die eine Wiederaufnahme rechtfertigende gerichtlich strafbare Handlung (zB Urkundenfälschung) ausgewirkt hat, diese Tat gesetzt, veranlasst oder (zumindest) Kenntnis davon gehabt hat. Es kommt nach Ansicht des VwGH nicht darauf an, ob und gegebenenfalls welche Rolle die begünstigte Partei bei der gerichtlich strafbaren Handlung gespielt hat, insb. auch nicht, ob sie in „Irreführungsabsicht“ gehandelt hat und der Bescheid „erschlichen“ wurde (Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 9 [Stand 1.4.2009, rdb.at], mwN).

Unter einem Erschleichen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ist ein vorsätzliches - nicht bloß kausales oder bloß fahrlässiges - Verhalten der Partei im Zuge des Verfahrens zu verstehen, das darauf abzielt, einen für sie günstigen Bescheid zu erlangen, wobei es sich um die Aufstellung unrichtiger Behauptungen oder um das Verschweigen relevanter Umstände handeln kann. Das Verschweigen wesentlicher Umstände ist dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen (VwGH vom 26.2.2013, Zl. 2009/22/0081). Eine "Erschleichung" kann von einer Partei oder ihrem Vertreter vorgenommen werden (VwGH vom 19.2.1992, Zl. 91/12/0296).

Die Beschwerdeführerin stützte sich bei ihren Anträgen auf Erteilung des Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot – Karte plus auf den Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte plus ihres Vaters. Dieser Aufenthaltstitel wurde durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe erschlichen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9.8.2017, Zl. VGW-151/086/6709/2017). Beim Eingehen einer Aufenthaltsehe handelt es sich um eine gerichtlich strafbare Handlung (§ 117 FPG). Auf Grund der Aufenthaltsehe zwischen S. I. und D. St. wurden S. I. mehrfach Aufenthaltstitel erteilt, und zwar Aufenthaltstitel als Familienangehöriger und zuletzt eine Rot-Weiß-Rot Karte plus, die aber seine zuvor bestehenden Aufenthaltstitel zur Voraussetzung hatte.

Weiters wurde auf Grund des Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Karte plus von S. I., der durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt wurde, auch der Beschwerdeführerin der Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte plus erteilt. Somit wurde auch dieser Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt und liegt somit ein Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG vor. Dies gilt ebenso für den Verlängerungsantrag vom 12.5.2016.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass selbst dann, wenn die Erwirkung der Aufenthaltstitel durch die Beschwerdeführerin nicht unter „gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt“ subsumiert werden sollte, die Aufenthaltstitel jedenfalls „sonstwie erschlichen“ iS § 69 Abs. 1 Z 1 AVG wurden (vgl. VwGH vom 26.2.2013, Zl. 2009/22/0081). Im Hinblick darauf, dass sich der bei den Antragstellungen einschreitende gesetzliche Vertreter S. I., dem im Übrigen das Vorliegen einer Aufenthaltsehe bekannt war, bei der Antragstellung für die Beschwerdeführerin auf seinen durch eine strafbare Handlung herbeigeführten bzw erschlichenen Aufenthaltstitel stützte, hat auch die Beschwerdeführerin ihre Aufenthaltstitel erschlichen.

Wenngleich im Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung durch die Beschwerdeführerin die Aufenthaltsehe nicht mehr bestand bzw die Beschwerdeführerin nicht selbst eine Aufenthaltsehe eingegangen war, liegen dennoch die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme vor, da der Aufenthaltstitel des Vaters, der Voraussetzung für die Erteilung ihrer Aufenthaltstitel war, durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt (erschlichen) wurde. Durch das Stützen auf die Aufenthaltsehe wurde nämlich die positive Erledigung des Erstantrages (und weiterer Verlängerungsanträge) des S. I. erwirkt und war dies Voraussetzung für die Beurteilung der Anträge der Beschwerdeführerin und für deren Erfolg. Daraus folgt aber auch, dass auch die Verfahren des Erst- und des Verlängerungsantrages der Beschwerdeführerin wieder aufgenommen werden können (vgl. VwGH vom 19.1.2012, Zl. 2010/22/0031 hinsichtlich der Auswirkung eines erschlichenen Aufenthaltstitels auf Verlängerungsanträge).

Da die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG vorliegen, können die Verfahren hinsichtlich der Anträge vom 17.2.2017 und vom 12.5.2016 wieder aufgenommen werden.

B.   Anträge auf Erteilung der Aufenthaltstitel (Spruchpunkt II.)

Maßgeblich für die neue Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung (Erlassung des Bescheides bzw Erkenntnisses) im wieder aufgenommenen Verfahren (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 70, Stand 1.4.2009, rdb.at).

Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Anträge der Beschwerdeführerin vom 17.2.2015 und vom 12.5.2016 auf Grund des absoluten Versagungsgrundes des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG abzuweisen wären.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsehe (§ 30 Abs. 1 NAG) vorliegt. Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen (§ 30 Abs. 1 NAG). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der von der belangten Behörde herangezogene Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG in Verbindung mit § 30 Abs. 1 NAG nur den Vater der Beschwerdeführerin, nicht jedoch die Beschwerdeführerin selbst betreffen kann (arg.: "Ehegatten" in § 30 Abs. 1 NAG; VwGH vom 21.6.2012, Zl. 2011/23/0175).

Darüber hinaus kann § 11 Abs. 1 Z 4 NAG nach seinem Wortlaut nur während des Bestehens einer Aufenthaltsehe herangezogen werden. Liegt in dem für das wiederaufgenommene Aufenthaltsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt (dh Erlassung des Bescheides bzw Erkenntnisses) keine Aufenthaltsehe mehr vor, kann § 11 Abs. 1 Z 4 NAG für die Versagung des Aufenthaltstitels nicht herangezogen werden (VwGH vom 26.2.2013, Zl. 2009/22/0081).

Den Anträgen der Beschwerdeführerin vom 17.2.2015 und vom 12.5.2016 steht daher der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG nicht entgegen. Die Anträge der Beschwerdeführerin sind jedoch mangels Vorliegens der besonderen Erteilungsvoraussetzungen für die beantragten Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot – Karte plus abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin stützte sich bei ihren Anträgen auf Erteilung des Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot – Karte plus darauf, dass ihr Vater als Zusammenführender über den Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte plus verfügt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29.3.2017, Zahl MA35-9/2895482-05, wurden jedoch alle Verfahren mit denen S. I. bislang Aufenthaltstitel erteilt wurden, auf Grund des Vorliegens einer Aufenthaltsehe wiederaufgenommen und seine Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9.8.2017, Zl. VGW-151/086/6709/2017, als unbegründet abgewiesen.

Hinsichtlich des beantragten Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erfüllt daher die Beschwerdeführerin die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 41a bzw § 46 NAG nicht und sind ihre Anträge vom 17.2.2015 und vom 12.5.2016 daher abzuweisen.

Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Ermangelung bestimmter Erteilungsvoraussetzungen bzw. trotz des Vorliegens bestimmter Erteilungshindernisse erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in diesem Zusammenhang aus, dass der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 NAG nicht Fälle erfasst, in denen eine besondere Erteilungsvoraussetzung fehlt (vgl. hierzu auch VwGH vom 14.5.2009, Zl. 2008/22/0209).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtswegige Wiederaufnahme, strafbare Handlung, Erschleichung, Aufenthaltsehe, Kausalität, absoluter Versagungsgrund, besondere Erteilungsvoraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.151.086.6707.2017

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten