TE Lvwg Beschluss 2017/10/9 405-3/279/1/10-2017, 405-3/279/2/3-2017

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Veröffentlicht am 09.10.2017
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Entscheidungsdatum

09.10.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG 2014 §33
ZustG §17 Abs2

Text

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg fasst durch den Richter Mag. Thomas Thaller über

1. die Beschwerde der H. GmbH, …, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M.,…, vom 11.9.2017 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 7.8.2017, Zahl 05/01/67946/2016/009,

2. den Antrag der Beschwerdeführerin vom 2.10.2017 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist

folgenden

B E S C H L U S S:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs 4 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als verspätet zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs 4 iVm Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Bewilligung zur befristeten touristischen Nutzung einer näher angeführten Wohnung in der Stadt Salzburg gemäß § 31 Abs 5 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 ab. Der Bescheid wurde mit RSb-Brief an den Beschwerdeführervertreter adressiert.

Am RSb-Rückschein wurde vom Zustellorgan vermerkt, dass am 10.8.2017 ein Zustellversuch an der Kanzleiadresse des Beschwerdeführervertreters, …, stattgefunden habe. Die Hinterlegungsverständigung (mit Ankündigung der Hinterlegung beim Postamt … mit Beginn der Abholfrist am 11.8.2017) sei dabei in den Briefkasten eingelegt worden.

Die Beschwerde wurde vom Beschwerdeführervertreter erst am 11.9.2017 (Datum der Postaufgabe) eingebracht und langte am 12.9.2017 bei der belangten Behörde ein.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) am 18.9.2017 vor, wobei sie auf eine offensichtliche Verspätung hinwies.

Das Verwaltungsgericht richtete daraufhin mit Email vom 27.9.2017 einen Verspätungsvorhalt an den Beschwerdeführervertreter.

Der Beschwerdeführervertreter antwortete auf den Verspätungsvorhalt mit Email vom 2.10.2017. Die Hinterlegung des angefochtenen Bescheides sei entgegen der Angabe am Rückschein nicht am 10.8.2017, sondern laut handschriftlichem Vermerk des Zustellers auf dem Kuvert am 11.8.2017 (einem Freitag) erfolgt. Die Zustellung sei erst mit Beginn der Abholfrist am 14.8.2017 erfolgt und die Beschwerde daher binnen offener Frist eingebracht worden. Sollte eine Hinterlegung tatsächlich schon am 10.8.2017 erfolgt sein, stelle die Beschwerdeführerin vorsichtshalber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Aufgrund des vom Zustellorgan handschriftlich vermerkten Datums über die erfolgte Hinterlegung, sei der erste Tag der Abholfrist mit 14.8.2017 kalendiert worden, da eine Abholung bei an Freitagen hinterlegten Sendungen immer erst ab darauffolgenden Montag möglich sei. Es sei auf die Richtigkeit des auf dem Zustellkuvert vermerkten Hinterlegungsdatums vertraut worden und sei die falsche Kalendierung jedenfalls nur aufgrund eines auf einem minderen Grad des Versehens beruhenden Irrtums erfolgt. Es werde für diesen Fall die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die inhaltliche Entscheidung über die angehängte Beschwerde beantragt.

Das Verwaltungsgericht holte zum gegenständlichen Zustellvorgang eine Stellungnahme des Zustelldienstes (der Post) ein und ließ sich auch die gegenständliche Hinterlegungsverständigung übermitteln. Die Post teilte dazu mit Email vom 3.10.2017 mit, dass die Sendung in der Postfiliale … am 20.8.2017 an den Empfänger persönlich ausgehändigt worden sei. Sie sei am 10.8.2017 nachmittags von der Postfiliale übernommen worden. Die Abholfrist sei vom Zusteller mit von 11.8. bis 28.8.2017 angegeben worden. Der RS-Brief sei damit ab 11.8.2017, ab Beginn der Öffnungszeit um 7:00 Uhr zur Abholung bereitgestanden. Eine Kopie der beim Beschwerdeführervertreter hinterlassenen Hinterlegungsverständigung und Übernahmebestätigung wurde beigelegt.

Dem Beschwerdeführervertreter wurde zum Antwortmail der Post vom 3.10.2017 Parteiengehör gewährt.

Mit Schriftsatz vom 3.10.2017 (eingelangt am 6.10.2017) stellte der Beschwerdeführervertreter neuerlich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wobei er zur Rechtzeitigkeit ausführte, dass er erst durch die Übersendung der Hinterlegungsverständigung ("gelber Zettel") durch das Verwaltungsgericht am 3.10.2017 erstmals Kenntnis davon erlangt habe, dass der angefochtene Bescheid schon am 10.8.2017 und nicht wie auf dem Kuvert des Bescheides handschriftlich vom Zustellorgan angegeben, am Freitag den 11.8.2017 hinterlegt worden sein soll. Sollte tatsächlich das vom Zustellorgan auf dem "gelben Zettel" bzw. dem Rückschein angegebenen Datum über die erfolgte Hinterlegung für den Beginn der Frist maßgeblich sein und nicht der ebenfalls vom Zustellorgan auf der zuzustellenden Sendung handschriftlich angebrachte Vermerk "Hinterlegt 11/08/2017", dann wäre tatsächlich die Frist für die Einbringung der Beschwerde am Tag der Einbringung bereits abgelaufen gewesen. Die Beschwerdeführerin wäre in diesem Fall wegen eines unvorhergesehenen bzw. unabwendbaren Ereignisses ohne ihr Verschulden (bzw. ohne Verschulden ihres Rechtsvertreters) an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen. Dem Datum auf der Hinterlegungsverständigung könne in der Regel deshalb keine besondere Bedeutung beigemessen werden, weil das Datum kein verlässlicher Hinweis darauf sei, dass das zuzustellenden Schriftstück tatsächlich auch an dem auf der Verständigung angegebenen Datum zur Abholung hinterlegt worden sei. Es falle bei näherer Betrachtung auf, dass die Datumsangabe bei der Tagesangabe offensichtlich bereits vom Zustellorgan korrigiert worden sei. Entscheidend sei, dass die Verständigung bei Abholung der zuzustellenden Sendung beim Postamt verbleibe und der einzige Nachweis über das Datum der Hinterlegung, über den die Beschwerdeführerin daher verfügt habe, der vom Zustellorgan auf der zuzustellenden Sendung selbst angebrachte handschriftliche Hinweis, im Konkreten der 11.8.2017, gewesen sei. Der Beschwerdeführervertreter habe daher zu Recht davon ausgehen können, dass an diesen Tag der Bescheid hinterlegt worden sei und damit der erste Tag der Abholfrist der darauf folgenden Montag gewesen sei. Ihm sei in den fast 20 Jahren seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt noch kein Fall untergekommen, in welchem das Datum auf der Verständigung nicht mit dem auf dem Kuvert zuzustellenden Schriftstück angebrachten Datum übereingestimmt habe. Aus diesem Grund sei auch noch niemals eine Frist versäumt worden, weshalb es bisher in der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters auch nicht üblich gewesen sei, die Verständigung vor Abholung einer Sendung vom Postamt zu kopieren und danach die Datumsangaben auf der Verständigung mit jenen auf dem Kuvert der hinterlegten Sendung zu vergleichen. Es könne ihm daher auch kein Organisationsverschulden vorgeworfen werden, auf keinen Fall aber ein allfälliges Verschulden über leichte Fahrlässigkeit bzw. den minderen Grad des Versehens hinaus.

Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren wird als erwiesen angenommen, dass der an den bevollmächtigten Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin adressierte angefochtene Bescheid nach einem erfolglosen Zustellversuch an dessen Kanzleiadresse am 10.8.2017 unter Zurücklassen einer Hinterlegungsverständigung im Briefkasten (siehe die Abbildung unten) mit Bekanntgabe des Beginns der Abholfrist ab 11.8.2017 bei der Postfiliale AE AF hinterlegt wurde.

Abbildung

Der Beschwerdeführervertreter behob die Sendung am 20.8.2017. Auf dem Kuvert der RSb Sendung wurde vom Zusteller handschriftlich das Wort "Hinterlegt" und das Datum "11/08/2017" vermerkt.

Die Sachverhaltsfeststellungen zum Beginn der Abholfrist des am Postamt AE AF hinterlegten angefochtenen Bescheides stützen sich auf die im Verfahrensakt aufliegenden (RSb-Rückschein) und vom Verwaltungsgericht beigeschafften (Hinterlegungsverständigung - siehe die Abbildung oben) öffentlichen Urkunden, die zur Zustellung vollen Beweis liefern. Ein Gegenbeweis wurde von der Beschwerdeführerin nicht erbracht. Die Beschwerdeführerin stellt schlussendlich durch Einbringung ihres Wiedereinsetzungsantrags am 2.10 bzw. 3.10.2017 auch nicht mehr in Abrede, dass der 11.8.2017 der Beginn der Abholfrist der hinterlegten Sendung war.

Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs 4 iVm § 12 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ist die Beschwerde binnen vier Wochen bei der belangten Behörde einzubringen. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

Im Fall der Hinterlegung beginnt gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz (ZustG) der Lauf der Frist mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Im vorliegenden Fall ist somit von der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 11.8.2017 auszugehen, sodass die vierwöchige Beschwerdefrist mit Ablauf des 8.9.2017 geendet hat.

Die vorliegende am 11.9.2017 zur Post gegebene Beschwerde wurde somit verspätet eingebracht, weshalb sie zurückzuweisen ist. In diesem Fall ist daher auch nicht auf den Inhalt des Beschwerdeschreibens einzugehen.

Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ist auf Antrag einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist gemäß § 33 Abs 3 VwGVG bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Gemäß § 33 Abs 4 VwGVG hat über den Antrag bis zur Vorlage der Beschwerde die Behörde mit Bescheid und ab Vorlage der Beschwerde das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Der Wiedereinsetzungsgrund (Irrtum über den Beginn der Beschwerdefrist) wurde der Beschwerdeführerin spätestens am 27.9.2017 mit der Zusendung des Verspätungsvorhalts durch das Verwaltungsgericht an ihren Rechtsvertreter bekannt, sodass der zunächst per Email am 2.10.2017 und ausführlicher mit Schriftsatz vom 3.10.2017 eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtzeitig ist. Er ist aber nicht begründet.

Der Beschwerdeführerin wäre der geltend gemachte Irrtum über den Beginn der Beschwerdefrist nicht unterlaufen, wenn ihr Rechtsvertreter die Angaben in der an seiner Abgabestelle zurückgelassenen ordnungsgemäßen Hinterlegungsverständigung, ab wann die hinterlegte Sendung beim Postamt abholbereit gewesen wäre, gelesen und seiner Terminisierung zu Grunde gelegt hätte. Der Beschwerdeführervertreter handelte damit in einem Maße sorglos, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht (vgl. VwGH 31.8.1999, 99/05/0140)

Ihrer Rechtsansicht, dass dem Datum auf der Hinterlegungsverständigung in der Regel deshalb keine besondere Bedeutung beigemessen werden könne, weil das Datum kein verlässlicher Hinweis darauf sei, dass das zuzustellenden Schriftstück tatsächlich auch an dem auf der Verständigung angegebenen Datum zur Abholung hinterlegt worden sei, wird unter Hinweis auf § 17 Abs 2 ZustG nicht beigepflichtet.

Die in § 17 Abs 2 ZustG genannte ordnungsgemäße Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsverständigung) ist unabdingbare Voraussetzung einer Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs 3 ZustG und macht als öffentliche Urkunde Beweis über die Zustellung, wobei der Gegenbeweis möglich ist (VwGH 30.3.2017, Fr 2015/07/0001 mwN). Ein Gegenbeweis wurde im vorliegenden Sachverhalt von der Beschwerdeführerin nicht erbracht.

Mit ihrem Verweis auf das am Kuvert der zugestellten Sendung handschriftlich vom Zusteller angebrachte Wort "Hinterlegt" und den Datumsvermerk "11/08/2017" kann die Beschwerdeführerin schon deshalb keinen minderen Grad des Versehens am Irrtum darlegen, da sich daraus der vorgebrachte spätere Beginn der Abholfrist nicht zwangsläufig ergibt. So ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine Sendung bereits am Tag der Hinterlegung schon zur Abholung bereit liegen kann (siehe auch die diesbezüglich vorgesehene Rubrik am Formular der Hinterlegungsverständigung). Ihr Rechtsvertreter hätte vielmehr die Angaben zur Abholbereitschaft auf der vom Zusteller an seiner Abgabestelle zurückgelassenen (im Briefkasten eingelegten) ordnungsgemäßen Hinterlegungsverständigung als maßgeblich erkennen müssen. Im Übrigen deckt sich das handschriftlich am Kuvert der RSb-Sendung vermerkte Datum mit dem sich aus der Hinterlegungsverständigung ergebenden maßgeblichen Zustelldatum.

Die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung liegen somit nicht vor und ist der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand daher abzuweisen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. Fr 2015/07/0001, 99/05/0140) und liegen auch sonst keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beweiskraft Hinterlegungsverständigung, öffentliche Urkunde, minderer Grad des Versehens

Anmerkung

ao Revision, VwGH vom 25.1.2018, Ra 2017/06/0262-3, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2017:405.3.279.1.10.2017..405.3.279.2.3.2017

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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