TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/16 W207 2115468-1

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Veröffentlicht am 16.10.2017
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Entscheidungsdatum

16.10.2017

Norm

AVG 1950 §32 Abs2
AVG 1950 §33 Abs2
AVG 1950 §63
B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs2
MOG 2007 §19 Abs7
MOG 2007 §6
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1
ZustG §26 Abs2

Spruch

W207 2115468-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER über die Beschwerde von XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 26.09.2013, AZ XXXX, nach Beschwerdevorentscheidung vom 30.07.2015, AZ XXXX, betreffend die Einheitliche Betriebsprämie 2012

A)

I. zu Recht erkannt:

Die Beschwerdevorentscheidung vom 30.07.2015, AZ XXXX, wird aufgehoben.

II. beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.09.2013, XXXX wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte für das Antragsjahr 2012 einen Mehrfachantrag-Flächen und beantragte u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für das Antragsjahr 2012 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen. Der Beschwerdeführer ist Auftreiber auf die XXXX mit der BNr. XXXX, die XXXX mit der BNr. XXXX und die XXXX mit der BNr. XXXX, für die ebenfalls Mehrfachanträge-Flächen gestellt wurden. Dabei wurden in der Beilage Flächennutzung für die erstgenannte Alm 45,18 ha, für die zweitgenannte Alm 467,98 ha und für die drittgenannte Alm 700,89 ha Almfutterfläche angegeben.

Am 11.12.2012 beantragten die Almbewirtschafter/Obmänner der XXXX mit der BNr. XXXX bei der zuständigen Bezirksbauernkammer eine rückwirkende Korrektur der Almfutterfläche (MFA 2012) dahingehend, dass die Futterfläche nicht wie beantragt 700,89 ha, sondern nur 494,75 ha betrage. Am 27.06.2013 wurde eine weitere Korrektur vorgenommen und angegeben, dass die Futterfläche nunmehr nur 387,55 ha betrage. Diese Korrekturen wurden von der Agrarmarkt Austria (AMA) berücksichtigt.

Am 13.12.2012 beantragte der Almbewirtschafter/Obmann der XXXX mit der BNr. XXXX bei der zuständigen Bezirksbauernkammer eine rückwirkende Korrektur der Almfutterfläche (MFA 2012) dahingehend, dass die Futterfläche nicht wie beantragt 45,18 ha, sondern nur 41,22 ha betrage. Am 24.06.2013 wurde eine weitere Korrektur vorgenommen und angegeben, dass die Futterfläche nunmehr nur 13,06 ha betrage. Diese Korrekturen wurden von der AMA berücksichtigt.

Mit Bescheid der AMA vom 28.12.2012 wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2012 eine EBP in Höhe von EUR 262,32 gewährt. Die Futterflächen der XXXX mit der BNr. XXXX, der XXXX mit der BNr. XXXX und der XXXX mit der BNr. XXXX konnten in diesem Bescheid vorerst noch nicht berücksichtigt werden. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

Mit dem angefochtenen, auf der Rechtsgrundlage des § 19 Abs. 2 MOG erlassenen Abänderungsbescheid vom 26.09.2013 wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2009 eine Betriebsprämie in Höhe von EUR 684,26 gewährt, es erfolgte somit eine weitere Zahlung in Höhe von EUR 421,94. EUR 173,20 wurden als Flächensanktion in Abzug gebracht. Die Futterflächen der XXXX mit der BNr. XXXX, der XXXX mit der BNr. XXXX und der XXXX mit der BNr. XXXX wurden in diesem Bescheid nunmehr berücksichtigt. Im Rahmen einer Verwaltungskontrolle seien Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden, daher müsse der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden.

Gegen den Bescheid vom 26.09.2013 erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.10.2013, zur Post gegeben am 18.10.2013, Berufung (nunmehr Beschwerde).

Mit "Abänderungsbescheid" (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG) vom 30.07.2015 wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2012 eine Betriebsprämie in Höhe von nur mehr EUR 661,61 gewährt und eine Rückforderung in Höhe von EUR 22,65 ausgesprochen. Aufgrund der durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle seien Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden, daher müsse der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Entscheidung um eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG handelt.

Gegen diesen als "Abänderungsbescheid" bezeichneten, laut Begründung dieses Bescheides als Beschwerdevorentscheidung erlassenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.07.2015, wendet sich der rechtzeitig eingebrachte Vorlageantrag des Beschwerdeführers vom 03.08.2015.

Die belangte Behörde legte den Vorlageantrag mit der Beschwerde und dem Verwaltungsakt am 07.10.2015 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Mit als "Nachreichung zur Beschwerdevorlage vom 07.10.2015" bezeichnetem Begleitschreiben vom 14.09.2017 übermittelte die belangte Behörde einen so genannten "Report - Einheitliche Betriebsprämie 2012 Berechnungsstand: 14.07.2017", aus dem hervorgeht, dass sich eine Änderung der Zahlungsansprüche und der Flächendaten ergeben habe und einen Kontrollbericht zur Vor-Ort-Kontrolle vom 07.09.2016 auf der XXXX mit der BNr. XXXX. Aus dem Begleitschreiben vom 14.09.2017 geht hervor, dass sich die Aktenlage dahingehend geändert habe, dass auf der Alm XXXX im Zuge der Vor-Ort-Kontrolle vom 07.09.2016 eine Flächenabweichung ermittelt worden sei.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.09.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach sich die gegenständliche Beschwerde vom 17.10.2013 nach der Aktenlage als verspätet darstelle, verständigt. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens gewährt. Das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer entsprechend der im Akt einliegenden Übernahmebestätigung am 19.09.2017 zugestellt.

Der Beschwerdeführer erstattete keine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) I. (Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung vom 30.07.2015)

Die Behörde hat den angefochtenen Bescheid vom 26.09.2013 nach - verspätet eingebrachter - Berufung (nunmehr Beschwerde) vom 17.10.2013, zur Post gegeben am 18.10.2013, mit Bescheid vom 30.07.2015 abgeändert. Aus der Nennung der Rechtsgrundlage des § 14 VwGVG (Beschwerdevorentscheidung) in der Begründung des mit 30.07.2015 datierten "Abänderungsbescheides" sowie aus der Rechtsmittelbelehrung des "Abänderungsbescheides", in der auf die Möglichkeit eines Vorlageantrages hingewiesen wird, ergibt sich, dass die Behörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen wollte und erlassen hat.

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG iVm § 19 Abs. 7 MOG 2007 steht es der Behörde nach der Rechtslage ab 01.01.2014 frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von vier Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

Aus der Entstehung der den Vorlageantrag regelnden Gesetzesbestimmung des § 15 VwGVG und den Gesetzesmaterialien ist zu schließen, dass nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft tritt (vgl. dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, § 15 Rz 9). Die Beschwerdevorentscheidung bildet vielmehr den Beschwerdegegenstand und ersetzt den ursprünglichen Bescheid (vgl. VwGH 20.05.2015, Ra 2015/09/0025).

Der gegenständliche Vorlageantrag ist zulässig und rechtzeitig. Zunächst ist festzustellen, dass die Zuständigkeit der AMA bereits mit Ablauf der Frist von vier Monaten zur Erlassung der Vorentscheidung - die verspätete Beschwerde ist am 21.10.2013 bei der belangten Behörde eingelangt - untergegangen ist (vgl. dazu VwGH 04.11.1996, 96/10/0109; Hengstschläger/Leeb, AVG § 64a Rz 8). Der Änderungsbescheid vom 30.07.2015 in Form einer Beschwerdevorentscheidung wurde daher verspätet und damit von einer unzuständigen Behörde erlassen und war schon aus diesem Grund als rechtswidrig zu beheben (vgl. § 27 VwGVG).

Die Unzuständigkeit ist von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen (VwGH 21.01.1992, 91/11/0076). Da die als "Abänderungsbescheid" bezeichnete Beschwerdevorentscheidung vom 30.07.2015 nicht von der zuständigen Behörde erlassen wurde, erwies sich diese als rechtswidrig und war daher - mithin vor einer inhaltlichen Prüfung - spruchgemäß von Amts wegen zu beheben. Folglich lebt der ursprüngliche, abgeänderte Bescheid, nämlich jener vom 26.09.2013, wieder auf (VwGH 17.11.2014, 2013/17/0113) und war die dagegen erhobene Berufung (nunmehr Beschwerde) vom 18.10.2013 zu behandeln (vgl. auch VwGH 17.12.2015, 2015/08/0026).

Zu A) II. (Zurückweisung der Beschwerde)

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Karfreitag fällt, der nächste Werktag der letzte Tag der Frist. Eine nach Wochen bestimmte Frist endet demnach um Mitternacht (24.00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH 18.10.1996, 96/09/0153 mwN im Erkenntnis).

Der mit 26.09.2013 datierte Bescheid der belangten Behörde wurde am selben Tag zur Versendung bereitgestellt.

Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustellG) gilt eine Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt.

Ausgehend davon endete die damals noch geltende Berufungsfrist von zwei Wochen gemäß § 63 AVG idF BGBl. I 158/1998 mit Ablauf des 15.10.2013. Die mit 17.10.2013 datierte Berufung bzw. nunmehr Beschwerde weist am Poststempel den 18.10.2013 als Postaufgabedatum auf.

Demnach ist die Beschwerde - selbst wenn man von einem Ablauf der Rechtsmittelfrist erst am 16.10.2013 ausgehen sollte - verspätet eingebracht worden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Beschwerdeführer diese Verspätung entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgehalten (siehe dazu VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050). Diese ist unbestritten geblieben.

Ausgehend von der Aktenlage erweist sich daher die mit 17.10.2013 datierte und vom Beschwerdeführer am 18.10.2013 zur Post gegebene Beschwerde als verspätet und ist somit zurückzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich abgesehen werden, da das Verfahren ausschließlich verfahrensrechtliche Fragen betrifft und eine inhaltliche Entscheidung nicht ergeht. Das Gericht konnte so - nach Einräumung des Parteiengehörs zur Frage der Verspätung - aufgrund der Aktenlage entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Schlagworte

Antragsänderung, Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche,
Beihilfefähigkeit, Bescheidabänderung, Beschwerdefrist,
Beschwerdevorentscheidung, Direktzahlung, Einbringung, einheitliche
Betriebsprämie, Entscheidungsfrist, ersatzlose Behebung,
Flächenabweichung, Fristablauf, Fristüberschreitung,
Fristversäumung, Kassation, Kontrolle, Kürzung,
Mehrfachantrag-Flächen, Prämienfähigkeit, Prämiengewährung,
Rechtsmittelfrist, Rechtzeitigkeit, Rückforderung, unzuständige
Behörde, Unzuständigkeit, Verschulden, verspätete Beschwerde,
Verspätung, Vorhalt, Vorlageantrag, Zahlungsansprüche,
Zurückweisung, Zuständigkeit, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W207.2115468.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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