TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/18 W134 2163782-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W134 2163782-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas Gruber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2017, Zahl 1089371807-151456323, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.10.2017 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: "BF" genannt) stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 29.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016.

2. Am 30.09.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Dabei führte er zunächst an, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem zu sein. Zu seinem Fluchtgrund befragt brachte der BF vor, dass sein Vater Polizeibeamter in Afghanistan gewesen sei. Vor ungefähr 8 Monaten seien Leute zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihm mitgeteilt, dass sein Vater getötet worden sei. Man werde sie auch umbringen. Daraufhin seien seine Mutter, seine Geschwister und er geflüchtet.

3. Am 06.06.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (im Folgenden: "BFA" genannt), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er zunächst an, aus der Provinz Baghlan zu stammen. Er habe 6 Jahre die Schule besucht.

Zu seinem Fluchtgrund befragt brachte der BF vor, dass sein Vater für die Regierung gearbeitet habe. Die Taliban sei aber dagegen gewesen, dass ein Hazara für die Regierung arbeite und an die Macht kommen könne. Aus diesem Grund sei sein Vater getötet worden. Ihm sei es gelungen zu flüchten, nachdem die Taliban ihn einige Zeit davor mit einem Schal geknebelt hätten. Er habe von den Nachbarn einen Drohbrief von den Taliban erhalten, in dem gestanden sei, dass sein Vater die Regierung verlassen solle und er auch nie beitreten dürfe. Sein Vater werde bestraft und getötet. Gemeinsam mit diesem Brief hätten die Nachbarn ihm mitgeteilt, dass sein Vater getötet worden sei.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde in Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass das Fluchtvorbringen des BF widersprüchlich gewesen sei. Hazara seien keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religions- bzw. Volksgruppenzugehörigkeit ausgesetzt.

5. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, (in der Folge: AVG) vom 13.06.2017 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

6. Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die im Wege seiner Rechtsvertretung am 03.07.2017 erhobene Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid, welche fristgerecht beim BFA einlangte. In dieser wird u.a. ausgeführt, dass der Drohbrief von dem Verteidigungsministerium der Taliban und nicht dem der Regierung stamme. Der BF werde aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie verfolgt. Es sei der Taliban möglich den BF überall ausfindig zu machen. Die Situation in Afghanistan und von afghanischen Rückkehrern sei prekär. Die Aussagen des BF seien nicht widersprüchlich gewesen.

7. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 05.07.2017 vom BFA vorgelegt.

8. Dem BF wurde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 02.03.2017 (zuletzt aktualisiert am 27.06.2017), sowie das Ländergutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Mag. Karl Mahringer vom 05.03.2017 (Aktualisierung 15.05.2017) im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben vom 14.08.2017 zur Kenntnis gebracht.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 12.10.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF im Beisein seiner bevollmächtigten Vertretung persönlich teilnahm.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1 Zur Person des BF:

Der BF wurde am 01.01.1999 geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, schiitischer Moslem und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Die Muttersprache des BF ist Dari. Er besuchte 6 Jahre die Schule. Der BF stammt aus der Provinz Baghlan.

Der BF besucht aktuell Deutschkurse. Er ist strafrechtlich unbescholten, jung, gesund und arbeitsfähig.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht, vor den Taliban oder einer anderen konkreten individuellen Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der BF bei einer allfälligen Rückkehr nach Kabul, Herat und Mazar-e Sharif mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:

1.2.1. Auszug Gutachten von Mag. Karl MAHRINGER vom 05.03.2017:

II. Wie stellen sich die Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte in diesen Städte, differenziert anhand folgender Kriterien, dar?

a) erwerbsfähige Rückkehrer ohne relevante Schul- und/ oder Berufsausbildung

b) erwerbsfähige Rückkehrer mit grundlegender Schul- und/ oder Berufsausbildung

c) erwerbsfähige Rückkehrer mit fundierter Schul- und/ oder Berufsausbildung

Die afghanische Verfassung sieht ein Grundrecht auf kostenfreie Ausbildung inklusive Internate und Verpflegung vor (Grundschule) bis zum BA vor, aber es gibt keine Berufsschule; es gibt jedoch Berufsgymnasien vergleichbar unseren berufsbildenden Höheren Schulen. Es ist aber davon auszugehen, dass dieser Verfassungsgrundsatz zurzeit nur in den Städten wirksam ist. In allen Gesprächen konnte kein Unterschied hinsichtlich der Schul- und oder Berufsausbildung in Fragen der Arbeitsmarktchancen festgestellt werden, unabhängig ob Schul- und oder Berufsausbildung, es hängt vom Einsatz des Arbeitssuchenden oder seiner Kontakte ab ob er Arbeit findet.

In vielen Handwerksberufen herrscht noch eine zunftähnliche Struktur vor. In allen Bereichen fehlt es an qualifizietren Bewerbern. Die berufliche Ausbildung in Handwerksbetrieben erfolgt in diesen Zünften.

Afghanistan hat auch ein Gesetz für einen Mindestlohn. Dieser beträgt zurzeit Afghani 5000 (entspricht am 2/20/2017 ca. 75$) monatlich und gilt nur für Arbeiter im öffentlichen Sektor, der private Sektor hat keinen Mindestlohn, wobei aber im Arbeitsrecht vorgesehen, ist das der Lohn für Arbeiter im privaten Sektor nicht kleiner sein soll als für Arbeiter im öffentlichen Sektor.

Viele Organisationen bieten bereits Arbeitsplätze über das Internet an. Fast alle Arbeitsplätze, der internationalen Gemeinschaft, für Afghanen werden öffentlich übers Internet angeboten.

Die Unterscheidung der Verdienstmöglichkeiten erfolgt in der Regel nicht über die berufliche oder schulische Ausbildung sondern über die Arbeitgeber. In den Städten Kabul (besonders bemerkbar), Herat und Mazar-e Sharif gibt es einen Drang der Arbeitssuchenden zu den internationalen Organisationen, internationalen Firmen und ausländischen NGO¿s da diese sehr oft ein Mehrfaches des vergleichbaren Lohnes im afghanischen, privaten Sektor bezahlen (Anzahl der NGO¿s Anlage 5).

d) Fragestellung a) bis c), wenn bereits Arbeitserfahrung (in oder außerhalb Afghanistans) gesammelt wurde (etwa: Landwirtschaft, handwerkliche Tätigkeit, Fabrikarbeit, Verkaufstätigkeit, Gelegenheitsarbeit)?

Arbeitserfahrungen sind auch in Afghanistan ein Vorteil bei der Arbeitssuche wobei, viele Unternehmen die Erfahrung machen, das Rückkehrer zu hohe Erwartungen hinsichtlich des Einkommens und ihrer Kenntnisse haben. Mehrere Gesprächspartner aus der Wirtschaft berichteten von Erfahrungen mit Rückkehrern. Deren Erfahrung ist, dass Rückkehrer ihre Unterstützung im Ausland ohne Arbeit, vergleichen mit den afghanischen Lohn und damit argumentieren warum sie für einen so geringen Lohn (afghanischer Standard) arbeiten sollten, wenn sie im Ausland ein mehrfaches ohne Arbeit bekommen.

e) Besteht die Möglichkeit der Verrichtung allenfalls minderqualifizierter Tätigkeit auch für jene Rückkehrer, die über keine hinreichende Schul- und/oder Berufsausbildung oder Arbeitserfahrung verfügen?

Es gibt auch die Möglichkeit für Rückkehrer ohne Ausbildung, die staatlichen Behörden stellen viele Mitarbeiter mit geringer oder keiner Qualifikation zum Mindestlohn an. Des Weiteren gibt es eine Vielzahl von Arbeitsmöglichkeiten im privaten Sektor. Arbeitsmöglichkeiten für minderqualifizierte Rückkehrer bedarf besonderer Anstrengungen der Arbeitsuchenden.

[ ]

b) ist die Sicherung existenzieller Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit (differenziert nach den Gruppen II.a) bis c)) realistisch?

Bei entsprechenden Anstrengungen des Rückkehrers ist dies ohne Einschränkungen möglich. Die Arbeitssuche ist in den Städten einfacher als auf dem Land. Eine Unterstützung öffentlicher Institutionen (Vergleichbar mit dem AMS in Österreich) gibt es nicht. Eine Differenzierung nach Gruppen ist nicht notwendig und für alle Gruppen sind Möglichkeiten der Existenzsicherung gegeben.

[ ]

d) Erscheint es realistisch, auch von Verwandten Unterstützung zu bekommen, zu denen seit langem oder bisher noch gar kein Kontakt bestand?

Grundsätzlich möglich, allerdings im Bereich der Sachleistungen wie Unterkunft, Essen und nur für eine beschränkten Zeitraum. Festgestellt konnte in diesen Zusammenhang in Gesprächen werden, das der Kontakt zwischen Familienmitgliedern und Verwanden nie abreißt. Mit großer Überzeugung konnten in Afghanistan verbleibente Familien immer erklären wo deren Verwandte und Familienmitglieder in Ausland gerade sind, welchen Status im Asylverfahren diese gerade haben etc. Viele Afghanen sind mit ihren sich im Ausland aufhaltenden Familienmitgliedern und Verwandten im permanenten Kontakt.

VI. a) Inwiefern unterscheidet sich die Lebenssituation aus dem Ausland zurückkehrender Afghanen von der in Kabul ansässigen Bevölkerung?

Es kann kein Unterschied der Lebensumstände festgestellt werden. In Gesprächen mit freiwilligen, allein reisenden, männlichen Rückkehrern konnte allerdings entnommen werden, dass je länger die Abwesenheit von Afghanistan dauerte, desto schwieriger war die Rückintegration. Die Gesprächspartner erwähnten wiederholt wie schwierig es war nach der Rückkehr nach Afghanistan sich an die unterschiedlichen Standards der Infrastruktur zu gewöhnen. Rückkehrer in Herat und Mazar e Sharif sahen ihre Rückkehr einfacher als in Kabul. Alle Gesprächspartner bemängelten das Fehlen von Informationen über Ansprechpartner in den Zielstädten. Für alle war die Einreise am Flughafen problemlos.

b) Verunmöglicht die Unkenntnis der örtlichen/infrastrukturellen Gegebenheiten (etwa Rückkehrer, die sich noch nie zuvor in afghanischen Großstädten aufgehalten haben; lange Abwesenheit aus Afghanistan) eine Existenzsicherung?

Auch wenn die Rückkehrer noch nie zuvor in einer afghanischen Großstadt länger gelebt hatten ergab sich aus der Rückkehr in eine afghanische Großstadt kein Problem. Die Tatsache noch nie in einer afghanischen Großstadt gelebt zu haben hatte keinen Einfluss auf die Existenzsicherung.

Aus den Gesprächen mit Rückkehrer konnte festgestellt werden, dass die Arbeitssuche in der Großstadt einfacher war als in ländlichen Gebieten, die soziale Integration in den ländlichen Gebieten einfacher war. Die Aneignung von Kenntnissen der örtlichen Gegebenheiten und der vorhandenen Infrastruktur erfolgte innerhalb kürzester Zeit. Für die Rückkehrer war die Ankunft in einer afghanischen Großstadt, auch wenn diese ursprünglich aus ländlichen Gebieten kamen, keine besondere Erschwernis. In diesem Zusammenhang sei auf die afghanische Binnenmigration verwiesen. Binnenmigration, ländliche Gebiete nach nächster größerer Stadt gefolgt von Distriktstadt und über Provinzhauptstadt nach Kabul.

VII. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Rückkehrsituation je nach Zugehörigkeit zu bestimmten Volksgruppen (Paschtunen/ Hazara/Tadschiken/Usbeken/Aimaken/ Turkmenen/Belutschen) variiert bzw. die Existenzsicherung für Angehörige einer bestimmten Volksgruppe ungleich schwieriger ist?

Übereinstimmend haben die Gesprächspartner diese Frage verneint. Obwohl sich die die verbindliche Akzeptanz des Paschtu Wali in der Auflösung befindet und nur noch in den ländlichen Gebieten seine volle Wirkung entfaltet kann, wirkt der Familienzusammenhalt bei den Pashtunen noch immer. Bei den Hazara kann man ein verstärktes "Wir" Gefühl feststellen. Obwohl sich die Hazara als Einheit sehen und der Unterschied zwischen Zwölfer und Siebener Schia in Afghanistan nicht wahrnehmbar ist, so muss festgestellt werden, das die Siebener Schia – Ismailiten des Agha Khan, auf allen Eben bestens organisiert und vernetzt sind. Es ist allgemeines Verständnis, sich zuerst innerhalb der eigenen Ethnie zu helfen.

Gemäß der afghanischen Verfassung sind alle Afghanen gleich und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie ist kein Grund zur Benachteiligung. In der Praxis allerdings ist der Zusammenhalt zuerst zwischen den Ethnien gegeben. Am Beispiel der Ministerien soll dies veranschaulicht werden. Der Minister des MoRR ist Hazara, folglich sind die meisten Mitarbeiter im MoRR Hazara. Dies ist aber nicht gleichbedeutend dass, das Ministerium nicht nur Hazara Rückkehrer betreuen würde. Pashtunische Minister haben hauptsächlich pashthunische Mitarbeiter etc. (Ein System vergleichbar mit dem ehemaligen Proporzsystem der verstaatlichen Industrie in Österreich).Die afghanischen Gesprächspartner sahen dies nicht als generelle Benachteiligung.

[ ]

Gutachten

[ ]

II. Wie stellen sich die Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte in diesen Städte, differenziert anhand folgender Kriterien, dar?

a) erwerbsfähige Rückkehrer ohne relevante Schul- und/ oder Berufsausbildung

b) erwerbsfähige Rückkehrer mit grundlegender Schul- und/ oder Berufsausbildung

c) erwerbsfähige Rückkehrer mit fundierter Schul- und/ oder Berufsausbildung

Eine differenzierte Beantwortung von a) bis c) ist nicht möglich und hat keine Auswirkung auf die Möglichkeiten. Die Verdienstmöglichkeiten für männliche Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte sind ohne Einschränkung in den Punkten a) bis c) gegeben.

1.2.2. Auszug Staatendokumentation (Stand 02.03.2017):

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Im Zeitraum 1.9.2015. – 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

[ ]

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran – speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

[ ]

Baghlan

Baghlan liegt in Nordostafghanistan und wird als eine der industriellen Provinzen Afghanistans gesehen. Sie ist von strategischer Bedeutung, da sie an sieben weitere Provinzen, inklusive Kabul, grenzt. Baghlan hat folgende administrative Bezirke, inklusive der Provinzhauptstadt Puli Khumri: Kinjan, Dushi, Banu, Dih Salah, Puli Hisar, Jilgah, Khost, Talawa Barfak, Farang, Guzargah-a-Noor, Nahrin, Burkah und Dahana-i-Ghori. Im Nordosten grenzt sie an die Provinzen Panjsher, Takhar und Kunduz, im Westen an Samangan und Bamyan, im Süden grenzt sie an die Provinz Parwan (Pajhwok o.D.h). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 926.969 geschätzt (CSO 2016).

Gewalt gegen Einzelpersonen

31

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

174

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

65

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

71

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

12

Andere Vorfälle

1

Insgesamt

354

Im Zeitraum 1.1. –

31.8.2015 wurden in der Provinz Baghlan 354 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Baghlan zählt zu den relativ volatilen Provinzen Nordafghanistans; die Taliban sind in einer Anzahl von abgelegenen Bezirken aktiv (Khaama Press 5.9.2016). In den letzten Monaten war die einst relativ friedliche Region - die Provinzen Baghlan, Kunduz und Takhar - von heftigen Zusammenstößen zwischen Taliban und Regierungskräften betroffen (Khaama Press 24.1.2017; Khaama Press 15.5.2016; Global Times China 15.1.2017; vgl. auch: News Ghana 30.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 10.1.2017; Pajhwok 9.1.2017; Khaama Press 8.1.2017; Khaama Press 5.1.2016; Bakhtar News 22.8.2016). Bei diesen Militäroperationen hatten Aufständische Verluste zu verzeichnen (Pajhwok 9.1.2017; Bakhtar News 22.8.2016). In manchen Fällen wurden Talibankommandanten getötet (Tolonews 23.12.2016; Pajhwok 23.12.2016; Khaama Press 5.1.2016; Independent 27.2.2016).

Quellen:

-

Bakhtar News (22.8.2016): 59 Taliban Killed, 35 Wounded During Military Operations Across The Country, http://www.bakhtarnews.com.af/eng/security/item/24454-59-taliban-killed-35-wounded-during-military-operations-across-the-country.html, Zugriff 3.2.2017

-

CSO – Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (2016):

Afghanistan - Estimated Population 2016/2017, https://data.humdata.org/dataset/estimated-population-of-afghanistan-2016-2017, Zugriff 22.2.2017

-

EASO – European Asylum Support Office (11.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1479191564_2016-11-09-easo-afghanistan-security-situation.pdf, Zugriff 30.1.2017

-

Global Times China (15.1.2017): Four militants, one policeman killed in N. Afghan checkpoint attack, http://www.globaltimes.cn/content/1028861.shtml, Zugriff 6.2.2017

-

Independent (27.2.2016): Afghan Taliban commander shot dead by woman 'for invading her privacy', http://www.independent.co.uk/news/world/asia/afghan-taliban-commander-shot-dead-by-woman-in-baghlan-region-a6900051.html, Zugriff 6.2.2017

-

Khaama Press (24.1.2017): Kidnapped Afghan policemen kill 5 Taliban militants in Baghlan,

http://www.khaama.com/kidnapped-afghan-policemen-kill-5-taliban-militants-in-baghlan-02741, Zugriff 6.2.2017

-

Khaama Press (18.1.2017): MoD confirms ISIS militants among 34 killed in latest operations,

http://www.khaama.com/mod-confirms-isis-militants-among-34-killed-in-latest-operations-02701, Zugriff 6.2.2017

-

Khaama Press (10.1.2017): 43 militants killed in 17 provinces in past 24 hours, MoI claims,

http://www.khaama.com/43-militants-killed-in-17-provinces-in-past-24-hours-moi-claims-02645, Zugriff 6.2.2017

-

Khaama Press (5.10.2016): Top Taliban leader in charge of Baghlan war killed by Afghan forces,

http://www.khaama.com/top-taliban-leader-in-charge-of-baghlan-war-killed-by-afghan-forces-02013, Zugriff 6.2.2017

-

Khaama Press (5.9.2016): Taliban attack on military base repulsed in Baghlan after 4 hours of clash, http://www.khaama.com/taliban-attack-on-military-base-repulsed-in-baghlan-after-4-hours-of-clash-01839, Zugriff 6.2.2017

-

Khaama Press (16.8.2016): Afghan forces prepare to retake lost district in Baghlan province,

http://www.khaama.com/afghan-forces-prepare-to-retake-lost-district-in-baghlan-province-01703, Zugriff 6.2.2017

-

Khaama Press (15.5.2016): Heavy clash erupts in Baghlan as police claims 28 insurgents killed or wounded, http://www.khaama.com/heavy-clash-erupts-in-baghlan-as-police-claims-28-insurgents-killed-or-wounded-0938, Zugriff 6.2.2017

-

News Ghana (30.1.2017): Afghan air force kills 3 militants in N. province,

https://www.newsghana.com.gh/afghan-air-force-kills-3-militants-in-n-province/, Zugriff 6.2.2017

-

Pajhwok (9.1.2017): 6 rebels dead in Badakhshan; Taliban purged of 17 Baghlan villages,

http://www.pajhwok.com/en/2017/01/09/6-rebels-dead-badakhshan-taliban-purged-17-baghlan-villages, Zugriff 6.2.2017

-

Pajhwok (23.12.2016): 18 insurgents eliminated in security operations: MoD,

http://www.pajhwok.com/en/2016/12/23/18-insurgents-eliminated-security-operations-mod, Zugriff 6.2.2017

-

Pajhwok (oD.h): Background profile of Baghlan province, http://www.elections.pajhwok.com/en/content/background-profile-baghlan, Zugriff 15.10.2014

-

Tolonews (8.1.2017): 77 Insurgents Killed, Wounded In Operations in 16 Provinces,

http://www.tolonews.com/afghanistan/77-insurgents-killed-wounded-operations-16-provinces, Zugriff 6.2.2017

-

Tolonews (23.12.2016): Taliban Commander Killed In Baghlan Clash, http://www.tolonews.com/afghanistan/taliban-commander-killed-baghlan-clash, Zugriff 6.2.2017

UN OCHA – United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (26.8.2015): Afghanistan: Population Estimate for 2015, https://www.humanitarianresponse.info/en/system/files/documents/files/afg_mm_population_aug2015_a3.pdf, Zugriff 2.2.2017

Erreichbarkeit

Verkehrswesen

Das Verkehrswesen in Afghanistan ist eigentlich recht gut. Es gibt einige angemessene Busverbindungen in die wichtigsten Großstädte. Die Kernfrage bleibt nach wie vor die Sicherheit. Busverbindungen existieren auf der Kabul/Herat Straße nach Kandahar; Ausländern ist es nicht erlaubt, in den Bus einzusteigen. Es gibt aber Ausnahmen – in der Verbindung Mazar-e Sharif nach Kabul, war es erlaubt, ohne dass Fragen gestellt wurden (Uncharted Backpacker 3.2016).

In den Provinzen Balkh, Samangan und Panjshir konnte ein Taxi gemietet werden. Die Taximietung ist eine gute Option, da man sein Fahrziel frei wählen kann und die Fahrer wissen, wie man es sicher erreichen kann. Gleichzeitig ist es auch relativ kostengünstig (Uncharted Backpacker 3.2016).

Beispiele für Taxiverbindungen

Kabul

In Kabul gibt es mehr als 40.000 Taxis. Der Fahrpreis wird noch vor dem Einsteigen mit dem Fahrer ausverhandelt (Afghan Embassy Washington D.C. o.D.). Bis zu 80% der Taxis in Kabul sind Toyota Corolla (Khaama Press 29.11.2013).

Mazar-e Sharif & Herat

Private Taxis stehen hier so wie in der Hauptstadt Kabul ebenso zur Verfügung, aber zu höheren Preisen (BAMF 10.2014).

[ ]

Beispiele für Busverbindungen

Kabul

In Kabul stehen viele Busse für Fahrten innerhalb Kabuls und die angrenzenden Außenbezirke zur Verfügung (Afghan Embassy Washington D.C. o.D.; vgl. auch: Tolonews 26.7.2015). Der sogenannten "Afghan Milli Bus Enterprise", dem staatlich betriebenen Busunternehmen, wurden in den vergangenen 14 Jahren bereits 900 Busse zur Verfügung gestellt. Im Juli 2015 wurde verlautbart, dass weitere 1.000 Busse von Indien gespendet werden würden (Tolonews 26.7.2015).

Mazar-e Sharif & Herat

Öffentliche Busse verkehren für AFA 2 – 5 bis an den Stadtrand. Private Busse stehen ebenso zur Verfügung, allerdings zu höheren Preisen (BAMF 10.2014).

[ ]

Flugverbindungen

Laut dem World Factbook existieren in Afghanistan 23 Flughäfen mit asphaltierten Landebahnen und 29 Flughäfen, die nicht über asphaltierte Landebahnen verfügen (The World Factbook 25.2.2016).

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan

Internationaler Flughafen Kabul

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (NYT 4.1.2016; vgl. auch: Hamid Karzai Airport 2015). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (Hamid Karzai Airport 2015).

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh eröffnet (Pajhwok 9.6.2013).

[ ]

Internationaler Flughafen Herat

Im Jahr 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet (Pajhwok 13.2.2012; vgl. auch: DW 10.4.2013).

[ ]

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane‘ wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."

(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9.2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016)

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Herkunft des BF, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zu seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, sowie zu seiner familiären Situation in Afghanistan und in Österreich ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des BF im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ("BFA") und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ("BVwG").

Dass der BF strafgerichtlich unbescholten ist, Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt, besucht und in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgeht, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins österreichische Strafregister und ins Grundversorgungssystem und den Angaben des BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 12.10.2017.

Die Länderfeststellungen gründen auf dem Länderinformationsblatt des BFA, Stand 02.03.2017 (zuletzt aktualisiert am 27.06.2017), dem Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Mag. Karl Mahringer (im Folgenden: "Mahringer" oder der "Sachverständige" genannt) vom 05.03.2017, zuletzt aktualisiert am 15.05.2017 (im Folgenden: "GA Mahringer" genannt) und den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Afghanistan kommt den Aussagen von Mahringer besondere Glaubwürdigkeit zu.

Dass der BF nicht aus einem asylrelevanten Grund verfolgt wird ergibt sich aus seinem nicht glaubhaften Vorbringen vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 12.10.2017. Der BF brachte vor, dass sein Vater als Lehrer tätig gewesen sei und anschließend als einfacher Soldat in der afghanischen Armee gedient habe und deshalb von den Taliban verfolgt und getötet worden sei. Der BF gab an, dass er auf Grund der Tätigkeit seines Vaters und seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara von den Taliban verfolgt werden würde. Da den Länderberichten zufolge Hazara, wenn auch nur unterrepräsentiert, Positionen in der Verwaltung einnehmen, ist nicht ersichtlich warum der BF ohne Hinzukommen weiterer Umstände von den Taliban verfolgt werden sollte. Selbst wenn der Vater aufgrund seiner Tätigkeit getötet worden sein sollte, ist nicht ersichtlich, warum der BF von den Taliban verfolgt werden sollte, wenn der Vater bereits Tod ist und der BF nicht vorhat für die Regierung zu arbeiten. Es ist zudem nicht ersichtlich, warum dem BF in Städten, wie Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat, die größtenteils von der Regierung kontrolliert werden, eine Verfolgung durch die Taliban drohen sollte. Darüber hinaus war der Vater des BF nach eigenen Angaben des BF ein einfacher Soldat und hat keine Führungsposition eingenommen. Auch aus diesem Umstand kann kein besonderes Interesse an dem Vater des BF bzw. dem BF oder ein Mordmotiv für die Taliban erkannt werden. Der BF war sich in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG selbst nicht sicher, ob der Drohbrief bzw. die Verfolgung noch aktuell ist. Darüber hinaus ist nicht glaubhaft, dass die Taliban den BF am Weg zur Moschee mitnehmen, ihn nur mit einem Schal fesseln und ihn dann als der Ruf zum Gebet ertönt einfach ohne Beaufsichtigung liegen lassen würden. Auch der Umstand, dass der BF dann auf einen nur 20 Meter entfernten, nicht stark mit Laub bewachsenen Baum geklettert sein soll, ohne dass die Taliban ihn dort entdecken, erscheint nicht glaubhaft.

Dass der BF bei einer allfälligen Rückkehr nach Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ergibt sich aus einer Zusammenschau der wiedergegebenen Länderberichte zu Kabul, Mazar-e Sharif und Herat insbesondere dem GA Mahringer und den festgestellten persönlichen Umständen und familiären (finanziellen) Verhältnissen des BF. Bei dem BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Im Übrigen hat der BF, wie der BF in dem Verfahren vor dem BFA vorbrachte, 6 Jahre die Schule besucht. Mit diesem Bildungsstand ist es dem BF den Länderberichten zufolge durchaus möglich, zumindest Hilfstätigkeiten in Städten, wie Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat, zu verrichten.

Auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz (www.sv.justiz.gv.at) werden folgende Fachgebiete des länderkundigen Sachverständigen Mahringer für Afghanistan aufgelistet:

"Flüchtlingswesen: Ein umfassender Ansatz ist hier erforderlich. Ausgehend aus der klassischen Länderkunde (inkl. Recherche in den Herkunftsländern - Schwerpunkt Afghanistan, Irak, Syrien), der Risikoanalyse, der Betreuung der Flüchtlinge entlang der "Supply Chain" bis zu den Zielländern, der Asylprozess und die Rückführung der abgelehnten Asylanten sowie deren Reinintegrierung in den Herkunftsländern sowie der Integration in den Zielländern. Die Risikoanalyse umfasst sowohl die Bewertung des Herkunftslandes als auch die Risiken während der Flucht (inkl. Schlepperwesen) bis hin zum Bedrohungspotenzial im Zielland. Das Leistungsangebot umfasst sowohl Evaluierung stattgefundener Vorgänge als auch Lösungsvorschläge. Überprüfung von Standards, Mittelverwendung etc.

Entwicklungshilfe: Evaluierung von Entwicklungshilfeprojekte vor Projektbeginn als auch nach Projektabschluss, Benchmark Analyse, Effizientsanalysen, Studien zur Entwicklungshilfe. Analyse und Kontrolle der Mittelverwendung als auch der auftragsgemäße Verwendung. Nachhaltige Entwicklungshilfe-Konzepte. Finanzmanagement. Krisen- und Katastropenmanagement. Bewertung von Zusammenarbeit mit anderen Entwicklungsorganisationen und NGO¿s. Internationale Vernetzung von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, Ökonomische und rechtliche Bewertung"

Aufgrund dieser Angaben auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz besteht kein Zweifel daran, dass Mahringer die notwendigen bzw. angegebenen Qualifikationen hat und daher für das Verfassen des GA Mahringer befähigt ist.

Die Erhebungen, Befragungen und Recherchen wurden nach den glaubwürdigen Angaben des Sachverständigen persönlich unter Zuhilfenahme je eines erfahrenen und absolut verlässlichen Mitarbeiters für Kabul, Mazar- e Sharif und Herat durchgeführt.

Es wurde auf umfangreiche Dokumente und Studien diverser Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen zurückgegriffen. Der Sachverständige kann zudem auf langjährige Erfahrung (seit 1976) in Afghanistan verweisen, sowohl im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Entwicklungshilfe, des Flüchtlingswesens als auch dem privatwirtschaftlichen Sektor. Außerdem wurden in Afghanistan durch den Sachverständigen umfangreiche Befragungen und Erhebungen (600 Afghanen wurden im Rahmen eines über einen Monat dauernden Aufenthaltes in Afghanistan in Kabul, Mazare-e-Sharif und Herat (je 200 Personen) mittels Fragebogen zu ihrer subjektiven Sicht der Situation in Afghanistan sowohl aus der Sicht der Rückkehrer als auch der in Afghanistan Lebenden befragt) durchgeführt und dokumentiert. Der Sachverständige führt wohl zu Recht aus, dass es einen großen Unterschied der Bewertung aus subjektiver Sicht der Afghanen und den Erhebungen und Berichten der internationalen Gemeinschaft, welche in der Regel von westlichen Standards ausgeht, gibt. Es besteht kein Grund an den Angaben und Schlussfolgerungen im GA Mahringer zu zweifeln.

Selbst wenn bei dem GA Mahringer die Anforderungen an ein Gutachten nicht gegeben sein sollten (wovon das BVwG nicht ausgeht), würde es sich bei dem GA Mahringer um ein sonstiges Beweismittel handeln, welches aufgrund der Expertise des Sachverständigen und den durchgeführten umfangreichen Befragungen und Erhebungen vor Ort als glaubwürdig erachtet wird. Aus dem GA Mahringer ergibt sich jedenfalls zweifelsfrei, dass derzeit keine exzeptionellen Umstände in Kabul, Mazare-e-Sharif und Herat anzunehmen sind die annehmen lassen würden, dass der BF dort keine Lebensgrundlage vorfindet und von ihm die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können.

Im Übrigen handelt es sich bei den Feststellungen von Thomas Ruttig um einen Kommentar und nicht um ein Gutachten und ist Ruttig, aufgrund seiner eigenen Angaben in dem Kommentar, kein gerichtlich beeideter Sachverständiger in Österreich. Dem Kommentar von Ruttig kommt daher insbesondere im Fall von Widersprüchen zu dem GA Mahringer ein ger

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten