TE Pvak 2017/3/6 A 3-PVAB/17

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Veröffentlicht am 06.03.2017
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Norm

PVG §27 Abs1
PVG §27 Abs2
PVG §27 Abs3
BDG 1979 §38 Abs3 Z5
BDG 1979 §121 Abs1
HDG §78 Abs1

Schlagworte

Antragslegitimation DL an PVAB; Versetzungsschutz von Ersatzmitgliedern bei Vertretung von Mitgliedern; Erfüllung der Voraussetzung von PVG §27 Abs1 zweiter Satz "gesetzliche Vorschriften über die Versetzung aufgrund eines Disziplinarverfahrens bleiben unberührt"; wehr- oder dienstrechtliche Nachteile über eine verhängte Disziplinarstrafe hinaus nur dann unzulässig, wenn gesetzlich nicht anderes vorgesehen ist; bestimmte Dauer der Vertretung für die Auslösung des Versetzungsschutzes für Vertreter/innen von PVO-Mitgliedern

Text

A 3-PVAB/17

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Dr. Wolfgang SETZER als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag des Kommandanten der ***, Oberst A (DL), die Auffassung des Dienststellenausschusses beim Kdo *** (DA), Vzlt B genieße den Versetzungsschutz des § 27 Abs. 3 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 119/2016, weil er seit 4. November 2016 Vzlt C in dessen Funktion als DA-Mitglied vertrete, auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG) entschieden:

Dem Antrag wird stattgegeben und festgestellt, dass Vzlt B dem Versetzungsschutz des § 27 Abs. 3 PVG nicht unterliegt.

Begründung

Mit E-Mail vom 31. Jänner 2017 samt Beilagen beantragt der DL, die Auffassung des DA, B genieße den Versetzungsschutz des § 27 Abs. 3 PVG, weil er seit 4. November 2016 das DA-Mitglied C in dessen Funktion als Personalvertreter vertrete, auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, weil dadurch die vom DL beabsichtigte dienstrechtliche Maßnahme der Versetzung von B verhindert werde.

Dem Antrag liegen zwei disziplinarrechtliche Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) zugrunde, mit denen B rechtskräftig mehrerer Dienstpflichtverletzungen schuldig gesprochen wurde, weshalb der DL beabsichtigt, die amtswegige Versetzung von B einzuleiten.

Dies wurde dem DA am 2. November 2016 per E-Mail mitgeteilt. Der DA öffnete diese Nachricht in seinem Postkorb am selben Tag, also gleichfalls am 2. November 2016.

Mit Schreiben vom 4. November 2016 teilte der DA dem DL mit, dass B – im Wahlvorschlag der Wählergruppe XY an die 10. Stelle gereiht - ab 4. November bis voraussichtlich 20. November 2016 die Vertretung des DA-Mitglieds C aus gesundheitlichen und familiären Gründen übernehme.

Am 15. November 2016 wurde dem DL das Ersuchen des DA um Aufnahme von Beratungen in der Angelegenheit der Versetzung von B vorgelegt.

In der Folge übermittelte der DA dem DL zwei Meldungen (17. November 2016 und 10. Jänner 2017), in denen die Vertretung von C durch B zunächst vom 20. November bis 8. Dezember 2016 erweitert, letztlich jedoch bis auf Widerruf ausgedehnt wurde.

Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2017 wurde dem DA der Antrag samt Anlagen zur Stellungnahme übermittelt. In seiner fristgerecht eingebrachten Stellungnahme vom 13. Februar 2017 bestritt der DA das Antragsvorbringen des DL nicht und führte ergänzend aus, dass C für die Dauer seiner Verhinderung B zum Vertreter ausgewählt habe; weiters bezog sich der DA auf eine beigelegte Stellungnahme des Militärkommando ***, wonach eine Pflichtverletzung über die Disziplinarstrafe hinaus zu keinen wehr- oder dienstrechtlichen Nachteilen führen dürfe (§ 78 Abs. 1 des Heeresdisziplinargesetzes - HDG und § 121 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979), welche Rechtsansicht im – gleichfalls beigelegten – Schreiben der Zentralstelle vom 17. Jänner 2017 dem Grunde nach bestätigt wurde.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit aktenkundig unbestritten fest, weshalb ein Vorgehen nach § 45 Abs. 3 AVG nicht erforderlich war und aus Gründen der Verfahrensökonomie und der gebotenen Raschheit des Verfahrens zu unterbleiben hatte.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 41 Abs. 1 PVG hat die Aufsicht über die Personalvertretungsorgane (PVO) durch die PVAB u.a. auf Antrag einer Person zu erfolgen, die die Verletzung ihrer Rechte durch gesetzwidrige Geschäftsführung des PVO behauptet.

Nach ständiger Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht gehören auch die unmittelbar oder mittelbar zur Dienstaufsicht berufenen Vorgesetzten, die an der Erstattung einer Disziplinaranzeige gehindert sind, weil das PVO seine Zustimmung nach § 28 Abs. 2 PVG verweigert, zu jenen Personen, deren Rechte durch gesetzwidrige Geschäftsführung des zuständigen PVO verletzt sein können (Schragel, PVG, § 41, Rz 21; PVAK vom 17. Februar 1981, A 41-PVAK/80, mwN; PVAB vom 8. März 2016, A 6-PVAB/16, mwN). Diese Rechtslage trifft in gleicher Weise auch auf Dienstvorgesetzte zu, die an der beabsichtigten Versetzung eines Bediensteten durch den vom DA behaupteten Versetzungsschutz dieses Bediensteten verhindert sind. Der Antragsteller ist DL und beabsichtigt, B wegen seiner durch zwei rechtskräftige Erkenntnisse des BVwG festgestellten Dienstpflichtverletzungen der dienstrechtlichen Maßnahme der Versetzung zuzuführen. Die Antragslegitimation des DL ist gegeben.

Nach § 27 Abs. 1 PVG dürfen PV und Mitglieder von Wahlausschüssen während der Dauer ihrer Funktion nur mit ihrem Willen zu einer anderen Dienststelle versetzt oder einer anderen Dienststelle zugeteilt werden, wobei gesetzliche Vorschriften über die Versetzung auf Grund eines Disziplinarverfahrens unberührt bleiben. Nach § 27 Abs. 3 PVG ist u.a. § 27 Abs. 1 PVG für die Dauer der Vertretung eines Mitglieds eines PVO und bis zum Ablauf von drei Monaten nach Beendigung dieser Tätigkeit auf diese Vertretung sinngemäß anzuwenden, wenn die Vertretungstätigkeit mindestens zwei Wochen ununterbrochen gedauert hat und die/der DL von Beginn und Ende der Vertretung ohne unnötigen Aufschub in Kenntnis gesetzt wurde.

Aufgrund dieser Rechtslage stellt sich zunächst die Frage, welche Rechtsfolge aus dem zweiten Satz („Gesetzliche Vorschriften über die Versetzung auf Grund eines Disziplinarverfahrens bleiben unberührt“) in § 27 Abs. 1 PVG bei gegebener Sach- und Rechtslage resultiert. Schragel führt (PVG, § 27, Rz 2) zutreffender Weise dazu aus, dass, da das Versetzungsverbot des § 27 PVG ein absolutes ist, auch dringende dienstliche Erfordernisse eine Versetzung nicht rechtfertigen können: Das Gesetz kennt nur zwei Ausnahmen, den Willen bzw. die Zustimmung der PV und die Versetzung auf Grund eines Disziplinarverfahrens. In diesem Zusammenhang führt Schragel weiter aus, dass § 92 Abs. 1 BDG 1979 die Versetzung unter den Disziplinarstrafen nicht mehr aufzählt. Da eine Versetzung aus „wichtigem dienstlichen Interesse“ iSd § 38 Abs. 1 BDG 1979 nicht auf Grund eines Disziplinarverfahrens erfolge, sei sie bei Mitgliedern von PVO und deren Stellvertreter/innen nach § 27 PVG nicht zulässig. Dieser Rechtansicht von Schragel, dessen PVG-Handkommentar im Jahr 1993 veröffentlicht wurde, ist - bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 38 Abs. 3 Z 4 BDG 1979 mit 1. Jänner 1995 – uneingeschränkt zuzustimmen. Mit Novelle BGBl. Nr. 550/1994 wurde die Regelung über das Vorliegen von „wichtigem dienstlichen Interesse“, das eine Versetzung von Amts wegen zulässt, novelliert und u.a. eine neue Z 4 in § 38 Abs. 3 BDG 1979 aufgenommen, die wie folgt lautet:

„4. wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.“

Durch diese seit 1. Jänner 1995 geltende Regelung sind die rechtlichen Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 zweiter Satz PVG erfüllt, weil es sich dabei ohne jeden Zweifel um „eine gesetzliche Vorschrift über die Versetzung auf Grund eines Disziplinarverfahrens“ handelt. Daraus folgt, dass für davon betroffene Bedienstete eine Versetzung von Amts wegen zulässig ist, weil sie vom Versetzungsschutz des § 27 PVG nicht erfasst sind.

Den Ausführungen des DA in seiner Stellungnahme vom 13. Februar 2017, eine Pflichtverletzung dürfe über die Disziplinarstrafe hinaus zu keinen wehr- oder dienstrechtlichen Nachteilen führen (§ 78 Abs. 1 HDG und § 121 Abs. 1 BDG 1979), ist entgegenzuhalten, dass dies nach der klaren Textierung des § 78 Abs. 1 HDG nur dann gilt, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, und nach Lehre und Judikatur eine Dienstpflichtverletzung ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Versetzung (siehe § 38) oder an einer Verwendungsänderung (siehe § 40) begründen kann (Zach/Koblizek, BDG, Anm. 3 zu § 121). Angesichts dieser eindeutigen Rechtslage geht die Argumentation des DA ins Leere.

Obwohl dieser Frage im gegenständlichen Verfahren auf Grund der unzweifelhaften Rechtslage keine rechtliche Relevanz zukommt, sieht sich die PVAB in diesem Zusammenhang dennoch zu folgenden Klarstellungen veranlasst:

Vertreter/innen von Mitgliedern von PVO iSd § 27 Abs. 3 PVG unterliegen nur dann dem Versetzungsschutz, wenn ihre Vertretungstätigkeit bereits im Zeitpunkt des Eintritts des Versetzungsfalles bzw. der Mitteilung über eine beabsichtigte Versetzung mindestens zwei Wochen ununterbrochen gedauert hat. Eine Nominierung von Vertreter/innen im Nachhinein, also erst nach Information über eine beabsichtigte Versetzung, ist daher nach PVG zwar rechtlich möglich, vermag aber den Versetzungsschutz nicht mehr auszulösen. Dies folgt nicht nur aus der eindeutigen Textierung des § 27 Abs. 3 PVG, sondern auch aus dem Zweck des Versetzungsschutzes, durch den verhindert werden soll, dass PV bzw. ihre Vertreter/innen wegen ihrer Tätigkeit als Personalvertreter/innen ungerechtfertigt versetzt werden. Für B sind zwei disziplinarrechtliche Erkenntnisse des BVwG wirksam, mit denen er rechtskräftig mehrerer Dienstpflichtverletzungen schuldig gesprochen wurde. Daher kommt die Bestimmung des § 38 Abs. 3 Z 5 BDG 1979 (Umnummerierung von Z 4 auf Z 5 durch BDG-Novelle BGBl. I Nr. 35/2012 mit Wirkung vom 1. Juli 2012) zum Tragen, weshalb der Versetzungsschutz des PVG für B nicht gilt (§ 27 Abs. 1 zweiter Satz PVG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 6. März 2017

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2017:A.3.PVAB.17

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2017
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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