TE Dsk BescheidBeschwerde 2014/1/24 DSB-K121.998/0001-DSB/2014

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Veröffentlicht am 24.01.2014
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Norm

DSG 2000 §1 Abs1
DSG 2000 §1 Abs2
DSG 2000 §4 Z4
DSG 2000 §7 Abs1
DSG 2000 §7 Abs2
DSG 2000 §8 Abs4 Z1
DSG 2000 §31 Abs2
DSG 2000 §31 Abs7
DSG 2000 §61 Abs9
StVO 1960 §94a Abs1
StVO 1960 §94a Abs2 lita
StVO 1960 §94b Abs1 lita
StVO 1960 §98b
StVO 1960 §98c

Text

GZ: DSB-K121.998/0001-DSB/2014 vom 24. Jänner 2014

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet-)Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

Spruch:

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde des Dr. Ulrich G*** (Beschwerdeführer) vom 19. Juli 2013 gegen 1. die Bezirkshauptmannschaft Hallein (Erstbeschwerdegegnerin) und 2. die Landespolizeidirektion Salzburg (Zweitbeschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge automatischer Überwachung (Geschwindigkeits- und Abstandsmessung am 26. Jänner 2013 auf der Autobahn A10, Kilometer 13,825, sowie Videoaufnahme des Beschwerdeführers und seines Kraftfahrzeugs) wie folgt:

?              Die Beschwerde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 1 und 2, § 4 Z 4, § 7 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 4 Z 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 51/2012, und § 31 Abs. 2 und 7 und § 61 Abs. 9 DSG 2000 idgF, iVm § 94a Abs. 1 und Abs. 2 lit a), § 94b Abs. 1 lit a), § 98b und § 98c der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960 idF BGBl. I Nr. 50/2012 

Begründung:

A. Vorbringen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner vom 19. Juli 2013 datierenden und am 26. Juli 2013 bei der früheren Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass die Zweitbeschwerdegegnerin laufende Videoaufzeichnungen erstellt und aufbewahrt und die Erstbeschwerdegegnerin auf Grundlage dieser rechtswidrigen Videoaufzeichnungen gegen ihn das Straferkenntnis vom 10. Juni 2013, Zl. **5*1-*74/**8*1-2013, erlassen habe. Am 26. Jänner 2013 hätten Beamte der Zweitbeschwerdegegnerin, Landesverkehrsabteilung, auf der Bundesstraße (Autobahn) A 10 mittels eines stationären Verkehrskontrollsystems (Typ VKS 3.1. der Firma VIDIT) seine Vorbeifahrt als Lenker des Kraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen *-2*4*5-R* als Videoaufnahme aufgezeichnet. Sodann sei gegen ihn, gestützt u.a. auf die aufbewahrte Videoaufzeichnung, Anzeige bei der Zweitbeschwerdegegnerin erstattet worden (Verdacht der Übertretung gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960). Diese videogestützte Überwachung verstoße gegen sein Grundrecht auf Datenschutz (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 9. 12. 2008, B 1944/07-9). Die im Beschwerdefall durchgeführte Form der Überwachung sei auch durch die 22. StVO-Novelle, BGBl. I Nr. 16/2009, noch nicht legalisiert worden, da die hier vorgenommene permanente, anlasslose Überwachung des Verkehrs auch nach § 98c StVO 1960 nicht zulässig sei. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Feststellung, dass er durch diese „Erstellung von laufenden Videoaufzeichnungen“ durch die Zweitbeschwerdegegnerin im Auftrag der Erstbeschwerdegegnerin in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden sei.

Die Datenschutzkommission hat eine Überprüfung des von ihr geführten Datenverarbeitungsregisters (DVR) vorgenommen, und hat dem Beschwerdeführer u.a. die Eintragung der Datenanwendung „Abstandsmessung gemäß § 98c StVO samt Auswertungssystem“, DVR: 0078182, Auftraggeber: Amt der Salzburger Landesregierung vorgehalten, und hat ihm Gehör (Schreiben vom 29. Juli 2013, GZ: DSK-K121.998/0002-DSK/2013) zu der Frage gewährt, ob die beschwerdegegenständliche verkehrspolizeiliche Überwachung nach Gesetz und Rechtsprechung (Hinweis auf mehrere Bescheide der Datenschutzkommission) den Beschwerdegegnerinnen zugerechnet werden könne.

Der Beschwerdeführer hat nach Erhalt letzteren Schreibens (Zustellung durch Hinterlegung am 5. August 2013 ausgewiesen) keine Stellungnahme mehr abgegeben.

Aufgrund der nach Ansicht der Datenschutzbehörde bereits auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel klaren Sachlage und der zu Gunsten von Erst- und Zweitbeschwerdegegnerin sprechenden Rechtslage wurde auf eine Einbeziehung dieser Amtsparteien in das Verfahren verzichtet.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Bezirkshauptmannschaft Hallein (Erstbeschwerdegegnerin) oder die Landespolizeidirektion Salzburg (Zweitbeschwerdegegnerin) am 26. Jänner 2013 durch eine automatische Verkehrsüberwachung mit Bilddatenaufzeichnung auf der Autobahn A 10 in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Beamte der Verkehrsabteilung der Landespolizeidirektion Salzburg führten am 26. Jänner 2013 im Gemeindegebiet von Oberalm, politischer Bezirk Hallein, Bundesland Salzburg, auf der Bundesstraße Autobahn A 10, Kilometer 13,825, eine verkehrspolizeiliche Abstands- und Geschwindigkeitsüberwachung durch.

Dabei kam das in einem Dienstfahrzeug der Bundespolizei eingebaute Verkehrs-Kontroll-System (VKS) 3.1. der Firma VIDIT, das die Geschwindigkeit und den Abstand von Kraftfahrzeugen messtechnisch auf Grundlage von digital aufgezeichneten Videobildern feststellt, zum Einsatz. Um 13:52 Uhr wurden dabei Bilddaten des Beschwerdeführers als Lenker des Kraftfahrzeugs mit dem österreichischen Kennzeichen *-2*4*5-R* ermittelt und verarbeitet, nämlich gespeichert und für Zwecke der Feststellung des Verdachts der straßenpolizeilichen Verwaltungsübertretung der Nicht-Einhaltung des gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960 gebotenen Mindestabstands verwendet. Nach einer entsprechenden Anzeige (vom 28. Jänner 2013, Zl. A*/00**94*56/0*/2013 der Zweitbeschwerdegegnerin) und der Übermittlung der Daten leitete die Erstbeschwerdegegnerin zu Zl. **5*1-*74/**8*1-2013 ein Verwaltungsstrafverfahren ein und erließ am 13. Februar 2013 eine Strafverfügung und am 19. Juni 2013, nach einem Einspruch, ein Straferkenntnis gegen den Beschwerdeführer (Übertretung gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960, verhängte Strafe gemäß § 99 Abs. 2c Z 4 StVO 1960: 220 Euro plus 22 Euro Kosten, Ersatzfreiheitsstrafe 73 Stunden).

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der vom Beschwerdeführer als Beilagen zur Beschwerde vom 19. Juli 2013 vorgelegten Kopien aus dem gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren, insbesondere dem Straferkenntnis vom 10. Juni 2013, Zl. **5*1-*74/**8*1-2013 der Bezirkshauptmannschaft Hallein, und der diesem angeschlossenen Stellungnahme des Meldungslegers der Landesverkehrsabteilung der Landespolizeidirektion Salzburg vom 1. April 2013, RevInsp. Emil T***, GZ: **41/2*/2013-T*, samt Ausdruck der Bild- und Messdaten vom 26. Jänner 2013.

Sowohl die Erstbeschwerdegegnerin (DVR: 0085111) als auch das Amt der Salzburger Landesregierung (DVR: 0078182) haben bei der Datenschutzbehörde (bzw. der Datenschutzkommission als Vorgängerbehörde bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013) eine Datenanwendung mit der Bezeichnung „ABSTANDSMESSUNG gemäß § 98c StVO samt AUSWERTUNGSSYSTEM“ (Großbuchstaben im Original) gemeldet, welche registriert wurde und aus dem DVR öffentlich hervorgeht. In beiden Fällen ist die Verwendung von Bilddaten des Fahrzeuglenkers (Betroffenengruppe B01 – Zulassungsbesitzer und Lenker beanstandeter Fahrzeug, Datenart: „elektronisches Abbild des Fahrzeugs samt Lenker“) vorgesehen. Ebenfalls offengelegt ist im DVR in beiden Fällen die Übermittlung der Daten an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen stützen sich auf das offene DVR; die DVR-Eintragungen sind dem Beschwerdeführer (mit Stand 29. Juli 2013) ausdrücklich schriftlich vorgehalten worden.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet (und lautete vom 26. bis 28. Jänner 2013) samt Überschrift:

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 7 DSG 2000 lautet (und lautete am 26. und 28. Jänner 2013) samt Überschrift:

Zulässigkeit der Verwendung von Daten

§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn

1.              sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und

2.              der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und

3.              durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.

(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“

§ 8 Abs. 4 DSG 2000 lautet (und lautete am 26. und 28. Jänner 2013) samt Überschrift:

Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung

nicht-sensibler Daten

§ 8. (1) [...] (3) [...]

(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn

1.              eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung solcher Daten besteht oder

2.              die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder

3.              sich sonst die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten aus gesetzlichen Sorgfaltspflichten oder sonstigen, die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegenden berechtigten Interessen des Auftraggebers ergibt und die Art und Weise, in der die Datenanwendung vorgenommen wird, die Wahrung der Interessen der Betroffenen nach diesem Bundesgesetz gewährleistet oder

4.              die Datenweitergabe zum Zweck der Erstattung einer Anzeige an eine zur Verfolgung der angezeigten strafbaren Handlungen (Unterlassungen) zuständige Behörde erfolgt.“

§ 31 Abs. 2 und 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift (seit 1. Jänner 2014):

Beschwerde an die Datenschutzbehörde

§ 31. (1) [...]

(2) Die Datenschutzbehörde erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.

(3) [...] (6) [...]

(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.“

§ 61 Abs. 9 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Übergangsbestimmungen

§ 61. (1) [...] (8) [...]

(9) Mit Ablauf des 31. Dezember 2013 tritt die Datenschutzbehörde an die Stelle der Datenschutzkommission. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 83/2013 bei der Datenschutzkommission anhängige Verfahren sind nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 83/2013 von der Datenschutzbehörde fortzuführen. Erledigungen der Datenschutzkommission gelten als entsprechende Erledigungen der Datenschutzbehörde. Die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes, BGBl. I Nr. 83/2013, bleiben unberührt. Nach Beendigung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend den Bescheid oder die Säumnis der Datenschutzkommission oder vor dem Verfassungsgerichtshof betreffend den Bescheid der Datenschutzkommission ist das Verfahren von der Datenschutzbehörde fortzusetzen.“

§ 94 a und § 94b Abs. 1 lit a) StVO 1960 lauten (und lauteten am 26. und 28. Jänner 2013) samt Überschriften:

§ 94a. Zuständigkeit der Landesregierung

(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern sich nicht eine andere Zuständigkeit ergibt, die Landesregierung. Diese ist jedenfalls für die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b Abs. 1 lit. a) auf Autobahnen zuständig.

(2) Die Landesregierung kann Organe, die der Landespolizeidirektion angehören oder dieser zugeteilt sind und in Angelegenheiten des Straßenverkehrs besonders geschult sind, zur Handhabung der Verkehrspolizei einsetzen:

a)              auf der Autobahn,

b)              auf verkehrsreichen Straßenzügen,

c)              wenn die Verkehrsverhältnisse diesen Einsatz erfordern,

d)              wenn auf Grund von Verkehrsbeobachtungen, Verkehrszählungen oder Verkehrserfahrungen aus Anlaß vorhersehbarer Ereignisse dieser Einsatz notwendig ist,

e)              zur Hintanhaltung von schweren Verwaltungsübertretungen, insbesondere solchen nach § 5, § 99 Abs. 1 bis 2 und Überschreitungen von erlaubten Höchstgeschwindigkeiten, oder wenn ein über den Bereich einer Bezirksverwaltungsbehörde hinausgehendes Einschreiten erforderlich ist.

(3) Abs. 2 lit. b bis e gilt nicht für das Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist.

(4) Die Landesregierung kann sich im Gebiet einer Gemeinde, für das eine Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist zur Vollziehung des Abs. 1 zweiter Satz auch der Angehörigen des Wachkörpers Bundespolizei dieser Behörden bedienen.

§ 94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde

(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder – im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist – der Landespolizeidirektion ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde

a)              für die Verkehrspolizei, das ist die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen, nicht jedoch für die Verkehrspolizei auf der Autobahn, [...]“

§ 98b und § 98c StVO 1960 lauten (und lauteten am 26. und 28. Jänner 2013) samt Überschriften:

Punktuelle Geschwindigkeitsmessung

§ 98b. (1) Die Behörden dürfen zur automationsunterstützten Feststellung einer Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit bildverarbeitende technische Einrichtungen verwenden, mit denen die Fahrgeschwindigkeit eines Fahrzeuges an einem Punkt gemessen werden kann. Diese technischen Einrichtungen umfassen jeweils alle Anlagenteile, die dem vorgenannten Zweck dienen. Ihr Einsatz hat dort zu erfolgen, wo dies aus Gründen der Erhöhung oder Gewährleistung der Verkehrssicherheit oder zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe und zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich erscheint.

(2) Die Ermittlung von Daten, die zur Identifizierung von Fahrzeugen oder Fahrzeuglenkern geeignet sind, mittels Einrichtungen gemäß Abs. 1 ist jeweils auf den Fall einer festgestellten Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu beschränken. Soweit die bildgebende Erfassung von Personen außer dem Fahrzeuglenker technisch nicht ausgeschlossen werden kann, sind diese Personen ohne unnötigen Verzug in nicht rückführbarer Weise unkenntlich zu machen.

(3) Die bei einer Messung gemäß Abs. 1 ermittelten Daten dürfen ausschließlich für die Identifizierung des Fahrzeuges oder des Fahrzeuglenkers und nur für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit verwendet werden.

Abstandsmessung

§ 98c. (1) Für Zwecke der automationsunterstützten Feststellung einer Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstands beim Hintereinanderfahren gemäß § 18 dürfen die Behörden jeweils räumlich und zeitlich begrenzt bildverarbeitende technische Einrichtungen verwenden. Diese technischen Einrichtungen umfassen jeweils alle Anlagenteile, die diesem Zweck dienen. Die Ermittlung von Daten mittels dieser Einrichtungen hat sich auf Fälle des begründeten Verdachtes von Unterschreitungen des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu beschränken.

(2) Wird mittels einer technischen Einrichtung gemäß Abs. 1 eine Unterschreitung eines notwendigen Sicherheitsabstands beim Hintereinanderfahren gemäß § 18 festgestellt, dürfen über den Zeitpunkt der Feststellung der Unterschreitung hinaus ausschließlich die Daten verwendet werden, die zur Identifizierung des auffahrenden Fahrzeuges oder des betreffenden Fahrzeuglenkers erforderlich sind, und zwar ausschließlich für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer solchen Unterschreitung sowie wegen einer allenfalls gleichzeitig festgestellten Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

(3) Soweit die bildgebende Erfassung von Personen außer dem Fahrzeuglenker technisch nicht ausgeschlossen werden kann, sind diese Personen ohne unnötigen Verzug in nicht rückführbarer Weise unkenntlich zu machen. Dasselbe gilt für Kennzeichen von anderen Fahrzeugen als des auffahrenden Fahrzeuges, soweit ein solches Kennzeichen nicht für Zwecke des Ermittlungsverfahrens zwingend erforderlich ist.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Gemäß § 61 Abs. 9 DSG 2000 ist dieses von der seit 1. Jänner 2014 nicht mehr bestehenden Datenschutzkommission eingeleitete Beschwerdeverfahren von der Datenschutzbehörde abzuschließen.

Die Beschwerde hat sich als unbegründet erwiesen, weil der erfolgte Eingriff in das Geheimhaltungsrecht des Beschwerdeführers weder der Erst- noch der Zweitbeschwerdegegnerin als datenschutzrechtlicher Auftraggeberin verantwortlich zuzurechnen ist.

Der Beschwerdeführer ist im Irrtum, wenn er meint, dass sich die entsprechende Zurechnung aus der Zuständigkeit als Verwaltungsstrafbehörde (Erstbeschwerdegegnerin) bzw. aus der organisatorischen Zuordnung der handelnden Beamten (zur Zweitbeschwerdegegnerin) ergeben würde.

Gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 bedarf es zur Zurechnung hier einer gesetzlichen Zuständigkeit zur Setzung des datenschutzrechtlichen Eingriffs.

Der Beschwerdeführer wurde mit seinem Fahrzeug von einer automatischen Kontroll- und Messvorrichtung erfasst und seine Daten wurden, zusammen mit weiteren Messdaten, im Kontext einer digitalen Bildaufzeichnung gespeichert. Die entsprechende Eingriffshandlung wurde im Zuge der Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften (Geschwindigkeits- und Abstandsmessung gemäß StVO 1960) gesetzt. Dabei handelte es sich um die Vollziehung einer verkehrspolizeilichen Aufgabe (siehe § 94b Abs. 1 lit a) StVO 1960).

Die entsprechende Überwachung fand auf einer Autobahn, der Bundesstraße A 10, statt. Gemäß § 94a Abs. 1 StVO 1960 fällt die Verkehrspolizei auf Autobahnen in die behördliche Zuständigkeit der Landesregierung. Dies bedeutet, dass es hier Sache der Salzburger Landesregierung bzw. des zuständigen Regierungsmitglieds war, generelle oder konkrete Anordnungen zu treffen, wo und in welcher Weise im Rahmen der Gesetze entsprechende Überwachungshandlungen gesetzt werden. Das Gesetz (§ 94a Abs. 2 StVO 1960) sieht für diesen Zweck vor, dass die Landesregierung dafür speziell geschulte Organe der für das jeweilige Bundesland zuständigen Sicherheitsbehörde einsetzen kann, hier eben die Beamten der Landesverkehrsabteilung der Zweitbeschwerdegegnerin. Die datenschutzrechtliche (auftraggeberische) Verantwortung kam demnach der Salzburger Landesregierung bzw. dem Amt der Salzburger Landesregierung zu.

Dies wurde in der Rechtsprechung der Datenschutzkommission als Vorgängerbehörde der nunmehr entscheidenden Datenschutzbehörde bereits einmal deutlich klargestellt:

Die Überwachung der Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf einer Autobahn (Verkehrspolizei auf der Autobahn) fällt unter die Zuständigkeit gemäß § 94a Abs. 1 und § 94b Abs. 1 lit. a StVO 1960. Das verantwortliche Staatsorgan wäre demnach die niederösterreichische Landesregierung, in deren Kompetenz es fiel, den funktionell hier als Landesorganen eingesetzten Beamten der Autobahnpolizeiinspektion V***dorf (vgl. § 94a Abs. 2 StVO 1960) Weisungen betreffend u.a. die Art, Häufigkeit und den Ort von derartigen Messungen zu erteilen bzw. vorzugeben, welche gesetzmäßig vorgesehenen technischen Mittel dabei zum Einsatz kommen sollen.

Für alle anderen Straßen läge diese Zuständigkeit gemäß § 94b Abs. 1 lit a) StVO 1960 bei der Bezirksverwaltungsbehörde [...] (Bescheid der Datenschutzkommission vom 25. April 2012, K121.780/0004-DSK/2012, RIS).

Siehe dazu auch die Erwägungen der Datenschutzkommission zur Frage der auftraggeberischen Verantwortung für die Datenverarbeitung mit Hilfe einer auf einer Gemeindestraße aufgestellten sogenannten „Radar-Box“ in den Bescheiden vom 11. Juli 2008, K121.359/0016-DSK/2008, und vom 30. Juni 2010, K121.359/0009-DSK/2010, beide im RIS).

Die Datenschutzbehörde sieht keinen Grund, von dieser Gesetzesauslegung abzugehen.

Die Landesregierung (bzw. deren Amt als Geschäftsapparat, siehe § 4 Z 4 DSG 2000) hat durch Eintragung einer entsprechenden Datenanwendung ins DVR die auftraggeberische Verantwortung dem Gesetz entsprechend offengelegt.

Sowohl für die verkehrspolizeiliche punktuelle Geschwindigkeitsmessung wie auch für die Abstandsmessung bestehen inzwischen in den §§ 98b und 98c StVO 1960 ausdrückliche gesetzliche Regelungen im Sinne von § 8 Abs. 4 Z 1 DSG 2000, beinhaltend auch eine Ermächtigung zur Bilddatenverarbeitung.

Da aber keine datenschutzrechtlich relevante Handlung vorliegt, die rechtlich den Beschwerdegegnerinnen zuzurechnen ist, können diese den Beschwerdeführer auch nicht im Recht auf Geheimhaltung verletzt haben. Bei diesem Ergebnis muss auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, das die aus seiner Sicht fehlende Übereinstimmung der eingesetzten Mess- und Datenverarbeitungsanlage mit dem Gesetz (Unzulässigkeit der ständigen, anlasslosen Bildaufzeichnung) betrifft, nicht näher eingegangen werden.

Dem Beschwerdeführer wurden entsprechende Verfahrensergebnisse (DVR-Eintragungen) zusammen mit rechtlichen Bedenken hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Zurechnung und Hinweisen auf die Rechtsprechung der Datenschutzkommission im Hinblick auf den Grundsatz der Fairness des Verfahrens vorgehalten (Schreiben der Datenschutzkommission vom 29. Juli 2013, GZ: DSK-K121.998/0002-DSK/2013). Er hat dazu keine Stellungnahme abgegeben aber seine Beschwerde unverändert anhängig gelassen.

Diese war daher nunmehr spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Geheimhaltung, strafrechtlich relevante Daten, Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens, Verkehrspolizei, Autobahn, punktuelle Geschwindigkeitsmessung, punktuelle Abstandsmessung, gesetzliche Zuständigkeit, rechtliche Befugnis, verantwortlicher Auftraggeber

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:DSB:2014:DSB.K121.998.0001.DSB.2014

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2014
Quelle: Datenschutzbehörde Dsb, https://www.dsb.gv.at
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