Gbk 2016/1/14 GBK II/211/13

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Veröffentlicht am 14.01.2016
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Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit

Text

SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/211/13 gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in der Folge: Antragsteller) wegen Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn B (in der Folge: Erstantragsgegner) und wegen mangelnder Abhilfe gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 GlBG durch die Firma C (in der Folge: Zweitantragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Belästigung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit durch den Erstantragsgegner

l i e g t v o r.

Mangelnde Abhilfe durch die Zweitantragsgegnerin bei Belästigung durch den Erstantragsgegner

l i e g t n i c h t v o r.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Im Antrag wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller polnischer Staatsbürger und von 8.7.2013 bis 30.9.2013 bei der Zweitantragsgegnerin als Chauffeur beschäftigt gewesen sei.

Bei einem Umzug von 22.7.2013 bis 24.7.2013 habe er mit ihm bis dahin unbekannten Kollegen aus Ex-Jugoslawien zusammengearbeitet. Am ersten Tag hätten sie ihn mit den Worten: "Du, Pole, arbeite langsamer!" aufgefordert, langsamer zu arbeiten. Er sei der einzige Mitarbeiter polnischer Herkunft gewesen und sie hätten ihn als Außenseiter behandelt, sich aggressiv verhalten und sich ihm absichtlich in den Weg gestellt.

Am 23.7.2013 habe ihn der Erstantragsgegner in seiner Muttersprache „polnischer Schwanz'' genannt. Am 24.7.2013 habe er einen ihm nicht namentlich bekannten Kollegen am offenen Fenster stehen gesehen, der ihn mit „Hitlergruß" begrüßt habe. Diese verletzenden Vorfälle habe er Herrn D (Projektleiter) und Frau E (Assistentin der Geschäftsleitung) gemeldet.

Am 26.7.2013 habe es ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Zweitantragsgegnerin, Herrn F, Frau E, dem Erstantragsgegner und einem weiteren Mitarbeiter gegeben, bei dem der Erstantragsgegner die diskriminierenden Handlungen abgestritten habe.

Da ihn die Vorfälle sehr belastet hätten, habe er sich ab 14.8.2013 im Krankenstand befunden und sei letztendlich im September 2013 von der Zweitantragsgegnerin gekündigt worden.

Die Zweitantragsgegnerin brachte in ihrer schriftlichen Stellungnahme im Wesentlichen vor, dass der Antragsteller nach einem Arbeitseinsatz im Juli gemeldet habe, dass er von zwei Mitarbeitern der X GmbH während eines gemeinsamen Arbeitseinsatzes beschimpft und mit Bezugnahme auf seine Nationalität diskriminiert und beleidigt worden sei.

Da die Zweitantragsgegnerin keine derartigen Umstände im Unternehmen toleriere, habe der Geschäftsführer ein gemeinsames Gespräch mit dem Erstantragsgegner, einem weiteren Kollegen und dem Antragsteller im Beisein von Frau E geführt.

In diesem Gespräch habe der Antragsteller die Vorwürfe gegen die beiden genannten Personen wiederholt, beide hätten jedoch entschieden die Vorhalte des Antragstellers bestritten, daher habe in dem Gespräch keine Klarheit gefunden werden können.

Um die Sensibilität und Ernsthaftigkeit dieser Angelegenheit entsprechend klarzulegen, habe der Geschäftsführer die beiden Kollegen unmissverständlich darauf hingewiesen, dass keine derartigen Diskriminierungen im Unternehmen geduldet würden und - so sich die Vorwürfe als berechtigt herausstellen - personelle Konsequenzen gezogen würden.

Mangels konkreter Beweise oder Zeugen der Vorfälle habe jedoch auch in weiterer Folge keine Klarheit zum Gesprächshergang gefunden werden können.

Der Antragsteller gab bei seiner Befragung ergänzend an, dass der Erstantragsgegner ihn in seiner Muttersprache als (phonetisch)Polak Kuraz“ bezeichnet habe, er diesen in mutmaßlich serbischer Sprache getätigten Ausspruch verstanden habe.

Zum zweiten von der Zweitantragsgegnerin namhaft gemachten Kollegen gab er an, dass dieser nicht derjenige gewesen sei, der ihm gegenüber den „Hitlergruß“ getätigt habe.

Der Erstantragsgegner erklärte bei seiner Befragung, gegenüber dem Antragsteller keine belästigenden Bemerkungen getätigt zu haben.

Der Vertreter der Zweitantragsgegnerin, Herr F, schilderte dem Senat die dem Antrag an die GBK vorangegangenen Ereignisse dahingehend, dass er nach Kenntnis der Beschwerde des Antragstellers ein Gespräch zur Klärung der Vorwürfe einberufen habe. Aufgrund des Umstandes, dass die damals ausfindig gemachten Kollegen die Vorwürfe abgestritten hätten, hätte sich aus seiner Sicht keine endgültige Klärung, ob tatsächlich etwas vorgefallen sei, herbeiführen lassen. Die beiden Kollegen seien in Gegenwart des Antragstellers verwarnt worden, eine schriftliche Dokumentation gebe es dazu jedoch nicht. Die damalige Geltendmachung einer Beschwerde des Antragstellers wegen eines „Hitlergrußes“ sei ihm jedoch nicht erinnerlich. Bei weiteren Kontakten mit diesem sei es seiner Erinnerung nach nur noch um Fragen der Stundendokumentation gegangen.

Die als Auskunftsperson befragte Mitarbeiterin der Zweitantragsgegnerin, Frau E, bestätigte bei ihrer Befragung die Angaben des Geschäftsführers. Auch sie konnte sich nicht an eine damals geäußerte Beschwerde des Antragstellers wegen des angeblichen Hitlergrußes erinnern.

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor.

„§ 21. (1) Eine Diskriminierung nach § 17 liegt auch vor, wenn eine Person

 

1. vom/von der Arbeitgeber/in selbst belästigt wird,

 

2. durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen,

 

3. durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder

 

4. durch Dritte außerhalb eines Arbeitsverhältnisses (§ 18) belästigt wird.

(2) Belästigung liegt vor, wenn eine unerwünschte Verhaltensweise, die mit einem der Gründe nach § 17 im Zusammenhang steht, gesetzt wird,

1.

die die Würde der betroffenen Person verletzt oder dies bezweckt,

2.

die für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

3.

die ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung zur Belästigung einer Person vor.

Vor der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem im Verfahren vor dem erkennenden Senat erhobenen Sachverhalt bleibt zunächst zu bemerken, dass die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt als eine der wesentlichsten Zielsetzungen des Gleichbehandlungsgesetzes zu betrachten ist.

Im Hinblick auf dieses Ziel wird es daher unerlässlich sein, sich mit allenfalls vorhandenen negativen Stereotypisierungen von Personengruppen auseinanderzusetzen.

Zur Frage der Beweismaßverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 17 oder 18 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 vorliegt.

Gemäß § 21 Abs. 2 GlBG liegt eine Belästigung dann vor, wenn eine unerwünschte Verhaltensweise, die mit einem der Gründe nach § 17 im Zusammenhang steht, gesetzt wird, die die Würde einer Person beeinträchtigt und für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist. Auf die Motivation für eine Belästigung kommt es grundsätzlich nicht an, auch ein allfälliger Vorsatz des/der Belästiger/in zu belästigendem Verhalten ist nicht erforderlich.

Der Antragsteller konnte dem Senat die dem Erstantragsgegner zugeschriebene Belästigung durch seine mündliche Schilderung der Ereignisse und der dabei noch immer spürbaren Betroffenheit durch diesen Vorfall glaubhaft darlegen, wohingegen letzterer bei seiner Befragung durch den Senat den Eindruck hinterlassen hat, sich mit dem Abstreiten der Aussage „polnischer Schwanz“ in eine reine Schutzbehauptung zu flüchten, zumal er auch nicht erklären konnte, warum der Antragsteller, den er an besagtem Tag zum ersten Mal gesehen habe, derartige Beschuldigungen gegen ihn erfinden hätte sollen.

Es ist den Beweismaßregeln des GlBG folgend dem Antragsteller durch seine Schilderung der Ereignisse gelungen, dem Senat die von ihm behauptete Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit durch den Erstantragsgegner glaubhaft zu machen.

Der Senat ist daher zur Auffassung gelangt, dass eine Belästigung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit durch den Erstantragsgegner vorliegt.

Hinsichtlich des vom Antragsteller ebenfalls behaupteten Hitlergrußes durch einen letztlich nicht ausfindig gemachten Kollegen ist festzuhalten, dass dieses Verhalten der Zweitantragsgegnerin damals vom Antragsteller möglicherweise nicht hinreichend deutlich zur Kenntnis gebracht wurde und daher auch keiner weiteren inhaltlichen Überprüfung – vor allem im Hinblick auf den Vorwurf mangelnder Abhilfe durch die Zweitantragsgegnerin - im GBK-Verfahren mehr zugänglich gewesen ist.

Zum Verhalten der Zweitantragsgegnerin nach der vom Antragsteller gemeldeten Belästigung durch den Erstantragsgegner ist zu bemerken, dass diese mit der einberufenen Besprechung samt Verwarnung an die betroffenen Kollegen ihrer gesetzlichen Abhilfeverpflichtung in diesem Punkt Genüge getan hat.

Eine mangelnde Abhilfe bei Belästigung durch einen Dritten i.S.v. § 21 Abs. 1 Z 2 GlBG durch die Zweitantragsgegnerin liegt daher nicht vor.

Da eine weitere Belästigung bzw. der in Rede stehende Hitlergruß vom Antragsteller der Zweitantragsgegnerin gegenüber nicht mehr in einer für den Senat ausreichend nachvollziehbaren Weise vorgebracht wurde, konnte diesbezüglich über allfällige Verletzung der Abhilfeverpflichtung der Zweitantragsgegnerin nicht befunden werden.

Abschließend regt der Senat an, künftig Verwarnungen von Arbeitnehmer/innen wegen behaupteter Belästigung i.S.d. GlBG schriftlich zu dokumentieren und auch den Betriebsrat in das Procedere entsprechend einzubinden.

Vorschlag:

Dem Erstantragsgegner wird die Zahlung eines angemessenen Schadenersatzes an den Antragsteller vorgeschlagen! Binnen 2 Monaten ist schriftlich über die Umsetzung des Vorschlags zu berichten.

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2016
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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