Gbk 2016/1/27 GBK I/496/13

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Veröffentlicht am 27.01.2016
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 7/2011)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 27. Jänner 2016 über den am 13. März 2013 eingelangten Antrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte … (AK ...) für Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 7/2011; alle weiteren Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) durch das X e.U. (Antragsgegner), nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 102/2011), zu GZ GBK I/496/13, zu folgendem

Prüfungsergebnis

Frau A ist aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch das X e.U. gemäß § 3 Z 7 GlBG diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche und mündliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie die mündliche Befragung der Auskunftspersonen Frau B, Frau C und Frau D. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf den Dienstvertrag vom 17. Dezember 2012 sowie Zeitbestätigungen der …GKK und von Herrn MR Dr. E vom 28. Dezember 2012. Dem Senat I der GBK lag zudem die Bestätigung der …GKK über die Anmeldung der Antragstellerin vom 17. Dezember 2012 vor.

Vorbringen und Aussagen

Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei beim Antragsgegner seit 17. Dezember 2012 als Feinkostverkäuferin im Angestelltenverhältnis beschäftigt gewesen. Am 7. Jänner 2013 habe sich die Antragstellerin nicht wohl gefühlt und dem Antragsgegner mitgeteilt, dass sie einen Arzt aufsuchen werde. Aufgrund gesundheitlicher Probleme sei die Antragstellerin an diesem Tag krankgeschrieben worden und habe dies dem Antragsgegner noch am selben Tag telefonisch mitgeteilt. Auf Nachfragen, was der Antragstellerin fehle, habe diese dem Antragsgegner mitgeteilt, dass sie aufgrund einer bestehenden Schwangerschaft, von der sie erst seit Anfang Jänner 2013 wüsste, Beschwerden hätte und deswegen auch vom Arzt krankgeschrieben worden sei. Daraufhin habe der Antragsgegner ihr mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis wegen dieser Schwangerschaft mit sofortiger Wirkung beendet sei. Sie habe am folgenden Tag ihr Kind verloren. Der Krankenstand der Antragstellerin habe bis 17. Jänner 2013 gedauert.

In der auf Ersuchen des Senats I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung für den Antragsgegner übermittelten Stellungnahme bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Zutreffend in der Darstellung der Antragstellerin sei, dass diese seit 17. Dezember 2012 als Feinkostverkäuferin im Angestelltenverhältnis beschäftigt gewesen sei. Zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner sei ausdrücklich eine Probezeit von einem Monat vereinbart gewesen, in welchem das Dienstverhältnis von beiden Seiten jederzeit ohne Angabe von Gründen gelöst werden könnte. Bereits kurze Zeit nach Aufnahme des Dienstverhältnisses hätten sich die weiteren Dienstnehmerinnen des Antragsgegners, die ebenfalls in der Feinkostabteilung beschäftigt gewesen seien, über die Arbeitsleistung der Antragstellerin beschwert. Gegenstand der Beschwerden sei gewesen, dass mit der Antragstellerin mehrmals Arbeitsabläufe in der Feinkostabteilung durchgegangen worden seien, sie diese Arbeitsabläufe jedoch nicht verinnerlichen habe wollen oder können und sohin immer wieder für bereits bekannte Tätigkeiten erneut eingeschult werden habe müssen. Dennoch sei keine Verbesserung der Arbeitsleistung der Antragstellerin eingetreten. Aus diesem Grund sei die Mitarbeiterin C Ende Dezember 2012 an den Antragsgegner herangetreten und habe von sich aus eine Auflösung des Dienstverhältnisses mit der Antragstellerin empfohlen.

Weiters sei festzuhalten, dass die Antragstellerin bereits im Dezember 2012 der Mitarbeiterin D mitgeteilt habe, dass sie schwanger sei, aber diesen Umstand ihrem Dienstgeber erst nach Ablauf des Probemonats mitteilen werde. Frau D habe diesen Umstand noch im Dezember 2012 dem Dienstgeber mitgeteilt. Die Antragstellerin habe den Antragsgegner jedoch nicht informiert.

Wenngleich der Antragsgegner somit durch die weiteren Mitarbeiterinnen schon im Vorfeld von der Schwangerschaft der Antragstellerin informiert gewesen sei, habe er dennoch ihren Arbeitswillen und ihre Arbeitsleistung beurteilen wollen. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang auch, dass die Antragstellerin am 28. Dezember 2012 zum Zwecke eines Termins beim Gynäkologen Dr. E dienstfrei erhalten habe. Vor diesem Hintergrund sei objektivierbar, dass der Antragsgegner – wenngleich auch nicht aufgrund der Erklärung der Antragstellerin – von deren Schwangerschaft informiert gewesen sei.

Am 7. Jänner 2013 habe die Antragstellerin um ca. 10:15 Uhr den Betrieb des Antragsgegners verlassen, nachdem sie über Unterleibsschmerzen geklagt habe. Der Antragsgegner habe die Antragstellerin aufgefordert, unmittelbar nach Kenntnis eines Ergebnisses der ärztlichen Untersuchung mit dem Antragsgegner in Kontakt zu treten, um für die weiteren Tage hinsichtlich der Dienstnehmer rechtzeitig disponieren zu können. Entgegen der Vereinbarung mit dem Antragsgegner habe sich die Antragstellerin – statt wie vereinbart schon mittags – erst im Zeitraum zwischen 17:00 und 18:00 Uhr beim Antragsgegner telefonisch gemeldet. Bis dorthin habe sie ihre Arbeitsstelle nicht mehr aufgesucht und auch keine anderweitige Nachricht hinterlassen.

Festzuhalten sei, dass erst während dieses Telefonates am 7. Jänner 2013 die Antragstellerin den Antragsgegner über den Umstand ihrer Schwangerschaft informiert habe. Festzuhalten sei darüber hinaus, dass die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt, weder vor noch nach diesem Telefonat, dem Antragsgegner irgendeine Bestätigung über ihre Schwangerschaft ausgehändigt habe.

Da schon bisher die Arbeitsleistung der Antragstellerin nicht den Anforderungen entsprochen habe, und sich die Antragstellerin darüber hinaus nicht an die Vereinbarung mit dem Antragsgegner gehalten habe, wonach sie sich zum Zwecke der Disposition der weiteren Mitarbeiter unverzüglich nach dem Arztbesuch beim Antragsgegner melde, sondern ohne irgendeine Mitteilung am 7. Jänner 2013 vom Dienst ferngeblieben sei, habe der Antragsgegner in diesem Telefonat das Dienstverhältnis entsprechend der Vereinbarung über das Probemonat einseitig aufgelöst.

Betont müsse werden, dass der Antragsgegner schon längere Zeit über den Umstand der Schwangerschaft der Antragstellerin informiert gewesen sei und – obwohl die Antragstellerin ihn hierüber entgegen ihrer Verpflichtung nicht informiert habe – sie dennoch weiter beschäftigt worden sei. Auch beschäftige der Antragsgegner mehrere Dienstnehmerinnen und seien bis zum gegenständlichen Fall keine Beschwerden über irgendeine Art der Diskriminierung vorgelegen.

In der mündlichen Befragung brachte die Antragstellerin zur Dauer des Dienstverhältnisses ergänzend vor, dass der erste Monat als Probemonat und anschließend eine Befristung von zwei Monaten vereinbart gewesen seien.

Bei den Terminen beim Arzt und der …GKK am 28. Dezember 2012 sei noch nicht sicher gewesen, ob sie schwanger sei. Sie sei wegen Bauchschmerzen zum Arzt gegangen und habe sich wegen einer möglichen Schwangerschaft absichern wollen. Der Arzt habe aber nichts Sicheres dazu sagen können. Welcher der beiden Kolleginnen sie davon erzählt habe, war der Antragstellerin nicht mehr erinnerlich. Sie habe vermutet, dass sie schwanger sei. Wenn sie sicher gewesen wäre, hätte sie es dem Arbeitgeber gesagt. Auf Nachfrage, ob Frau C berechtigt gewesen sei, den Arbeitgeber zu informieren, führte die Antragstellerin aus, dass sie nicht gesagt habe, dass es geheim sei, sie allerdings auch nicht damit gerechnet habe, dass Frau C es gleich weitererzähle. Sie habe ihr gesagt, dass diese Schwangerschaft nicht 100-prozentig sicher sei.

Am 7. Jänner 2013 habe sie Herrn F darüber informiert, dass sie aufgrund von Schmerzen zum Arzt gehe. Sie habe Bauchschmerzen und extrem starke Blutungen gehabt. Ihr Arzt habe ihr nicht helfen können, aus diesem Grund sei sie am selben Tag ins Krankenhaus gegangen. Dort sei festgestellt worden, dass sie schwanger sei. Es sei nicht sicher gewesen, ob das Kind überlebe. Nach ihrem Spitalsbesuch habe sie Herrn F angerufen. Eigentlich hätte sie am selben Tag noch bei Herrn F vorbeischauen müssen, es sei allerdings schon sehr spät gewesen. Während dieses Telefonats sei eine Bekannte, Frau B, anwesend gewesen. Die Antragstellerin habe Herrn F darüber informiert, dass der Arzt ihr mitgeteilt habe, dass sie schwanger sei. Herr F habe daraufhin gemeint, dass, wenn es so sei, man das Dienstverhältnis beenden müsse. Das habe er allerdings nicht weiter begründet.

Ihr sei nicht aufgefallen, dass Herr F vor der Bekanntgabe der Schwangerschaft mit ihrer Arbeitsleistung unzufrieden gewesen wäre. Er sei ihr direkter Vorgesetzter gewesen. Wenn Beschwerden und dergleichen vorgefallen wären, hätte er ihr das sicher selber gesagt. Sie habe auch von Frau C nie irgendwelche Beschwerden gehört. Dass diese sich angeblich über sie beschwert habe, sei für sie überraschend. Zum Vorbringen des Antragsgegners, sie habe Tätigkeiten nie aus eigenem Antrieb verrichtet, entgegnete die Antragstellerin, sobald sie es gewusst habe, habe sie es von selbst gemacht. Wenn sie sich nicht sicher gewesen sei, habe sie natürlich nachgefragt, bevor sie etwas falsch mache.

Herr F sagte aus, dass er Ende Dezember 2012 von Frau C und Frau D erfahren habe, dass die Antragstellerin ihnen in der Feinkost erzählt habe, dass sie schwanger sei. Von der Antragstellerin habe er es erst im Zuge des Telefonates am 7 Jänner 2013 erfahren. Es sei mit der Antragstellerin vereinbart gewesen, dass sie sich direkt nach dem Arztbesuch bei ihm melde. Sie habe erst um ca. 17 Uhr angerufen und ihm mitgeteilt, dass sie sich krank melden möchte. Er habe darauf gesagt, dass er das Dienstverhältnis beenden wolle. Daraufhin habe die Antragstellerin gemeint, dass das eigentlich nicht gehe, weil sie schwanger sei. Sie habe mitgeteilt, dass sie über längere Zeit ausfalle. Einen Grund, wieso er das Dienstverhältnis beende, habe er der Antragstellerin nicht genannt. Der Grund sei jedoch ein anderer gewesen – ihre Qualifikation. Frau C sei für die Feinkost zuständig. Sie habe schon Ende Dezember zu ihm gesagt, wie lange er sich denn das mit der Antragstellerin noch anschauen werde. Die Antragstellerin sei bei der Arbeit nicht wirklich einsetzbar gewesen. Das sei möglicherweise das Gespräch gewesen, als Frau C ihm mitgeteilt habe, dass die Antragstellerin schwanger sei. Er habe zu Frau C gemeint, dass sie sich beruhigen solle, es sei kein Meister vom Himmel gefallen. Sie würden sich das noch eine Zeit lang weiter anschauen. Er habe gewusst, dass die Antragstellerin nicht direkt vom Fach sei. Der Antragstellerin habe er nie etwas von diesen Beschwerden gesagt.

Die zwei Arztbesuche nachher seien ein bisschen zu viel gewesen. Zudem sei die Rückmeldung nicht sofort erfolgt. Die Antragstellerin sei erst drei Wochen beschäftigt gewesen. Wenn eine Mitarbeiterin zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses sofort ausfalle, gehe er nicht davon aus, dass das später besser werde.

Auf Vorhalt, dass er aufgrund der Aussage von Frau C gewusst haben müsse, dass die Arztbesuche mit einer möglichen Schwangerschaft zu tun haben könnten, entgegnete Herr F, dass er sich nicht auf das verlassen müsse, was seine Abteilungsleiterin ihm mitgeteilt habe. Er habe nie etwas am Tisch gehabt, dass eine Schwangerschaft vorhanden sei. Am 28. Dezember sei die Antragstellerin zum Gynäkologen gegangen. Das müsse nicht unbedingt wegen einer Schwangerschaft sein.

Er habe bereits am Nachmittag vor dem Telefonat mit der Antragstellerin die Beendigung aufgrund der fehlenden Qualifikation beschlossen. Gefragt nach den Problemen bezüglich der Qualifikation führte Herr F aus, dass die Antragstellerin in der Anfangszeit immer zum Frühdienst eingeteilt gewesen sei. Das sei so lange angedacht gewesen, bis der Lernprozess abgeschlossen sei und sie bedienen könne. Dazu gehöre auch, dass man von sich aus die Vitrine anschaue, ob alles passe. Das sei immer wieder erwähnt worden, dass das zu machen sei. Die Antragstellerin habe immer erst auf Aufforderung entsprechend gearbeitet und Dinge hingelegt oder erneuert. Sie habe es nicht laufend von selbst gemacht. Frau C habe ihr das sicherlich gesagt, da diese sehr großen Wert darauf gelegt habe.

Frau B führte aus, mit der Antragstellerin befreundet zu sein und sie zum Arzt begleitet zu haben. Ob sie mit ihr anschließend auch im Spital gewesen sei, war der befragten Auskunftsperson nicht erinnerlich. Bei dem Telefonat zwischen der Antragstellerin und Herrn F am 7. Jänner 2013 sei sie anwesend gewesen. Die Antragstellerin habe während des Telefonats auf Lautsprecher geschaltet gehabt. Die Antragstellerin habe Herrn F angerufen und ihm mitgeteilt, dass sie beim Arzt gewesen sei und ihr dieser bestätigt habe, dass sie schwanger sei. Daraufhin sei Herr F gleich „wild“ geworden und habe gesagt, er müsse das Dienstverhältnis beenden, und habe aufgelegt. Sie habe zur Antragstellerin gesagt, dass sie noch einmal anrufen müssten, weil er nicht so einfach auflegen könne. Sie hätten noch einmal mit ihm darüber reden wollen, dass er die Antragstellerin nicht wegen der Schwangerschaft kündigen könne. Er habe dann gemeint, dass die Beendigung andere Gründe habe, das hätte nichts damit zu tun. Vorher habe Herr F immer gesagt gehabt, dass sie eine brave, tüchtige Arbeiterin sei, weshalb die Antragstellerin entgegnet habe, dass vorher alles ok gewesen sei und dann von einem Tag auf den anderen alles schlecht wäre. Er habe dann gemeint, dass sie nichts mehr miteinander zu reden hätten, und aufgelegt. Aus Sicht der befragten Auskunftsperson sei die Kündigung der Antragstellerin aufgrund ihrer Schwangerschaft erfolgt.

Frau C gab an, nicht gewusst zu haben, dass die Antragstellerin schwanger sei. Am 7. Jänner 2013 habe die Antragstellerin ihr gesagt, sie habe Schmerzen und die Menstruation. Ihr tue der Unterbauch so weh. Der Chef habe gesagt, dass sie zum Arzt gehen und sich bei ihm melden solle. Sie sollte sagen, ob sie krank sei und was sie denn habe.

Hinsichtlich der Arbeitsleistung der Antragstellerin habe sie zu dieser und Frau G, der rechten Hand von Herrn F, gesagt, dass es nicht gehe, dass die Antragstellerin bei den Regalen telefoniere. Sie müsse das Handy in die Lade legen. Sie habe nicht den Eindruck gehabt, dass das zu der Beendigung geführt haben könnte, da es der Chef nicht gewusst habe. Sie habe ihm erst nach der Auflösung des Dienstverhältnisses gesagt, dass sie mit so manchem nicht zufrieden gewesen sei.

Frau D gab an, dass es immer ein Gerücht gewesen sei, dass die Antragstellerin möglicherweise schwanger sein könnte. Sie habe es von Kollegen gehört, könne sich aber nicht mehr erinnern, an wen die Antragstellerin sich gewandt habe. Definitiv gewusst, dass die Antragstellerin schwanger sei, habe sie erst kurz vor der Beendigung. Sie habe Herrn F nicht von diesem Gerücht erzählt. Sie habe keine Ahnung, ob die Schwangerschaft der Grund für die Auflösung gewesen sei. Sie habe sich nie über die Arbeitsleistung der Antragstellerin bei Herrn F beschwert. Sie habe mit ihr immer gut zusammengearbeitet. Ihr sei auch nichts darüber bekannt gewesen, dass es Beschwerden von anderen Mitarbeitern aus der Feinkost gegeben habe. Gefragt, ob sie sich dann nicht gewundert habe, dass das Probearbeitsverhältnis aufgelöst worden sei, erwiderte die befragte Auskunftsperson, dass immer wieder Leute gekommen und gegangen seien. Sie habe Herrn F nur gesagt, dass es schade sei, dass die Antragstellerin nicht mehr im Unternehmen arbeite.

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 3 Z 7 GlBG darf aufgrund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

In der Novelle 2004 wurde in § 3 GlBG die Wortfolge „insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- und Familienstand“ aufgenommen. Dadurch wurde unter anderem klargestellt, dass der Umstand, ob man Kinder hat, bei Maßnahmen im Anwendungsbereich des GlBG nicht zum Anlass für Benachteiligungen genommen werden darf.

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt.

Wird das Arbeitsverhältnis einer schwangeren Arbeitnehmerin in der Probezeit aufgelöst und liegen keine sachlichen Gründe für diese Auflösung vor, ist dies unter den Tatbestand der Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG zu subsumieren.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin ein Ermittlungsverfahren iSd GBK/GAW-Gesetzes durch.

Der Antragsgegner argumentierte, dass das Arbeitsverhältnis der Antragstellerin in der Probezeit aufgelöst worden sei, weil die Qualifikation für die Tätigkeit in der Feinkost gefehlt habe (vgl. Aussage von Herrn F vom 27. Jänner 2016). Zwar bestritt Herr F einen kausalen Zusammenhang zwischen der Schwangerschaft der Antragstellerin und der Auflösung des Probearbeitsverhältnisses, doch erscheint dieser gerade vor dem Hintergrund, dass die Auflösung am selben Tag, an dem die Antragstellerin zum zweiten Mal innerhalb von zehn Tagen aufgrund von Unterleibsschmerzen einen Arzt aufsuchen musste und Herr F zudem nach eigenen Angaben – von wem die Information gekommen ist, konnte im Verfahren nicht mehr verifiziert werden – bereits über eine mögliche Schwangerschaft informiert gewesen ist, sehr wahrscheinlich. Der Antragsgegner gab in der mündlichen Befragung außerdem selbst an, dass die wiederholten Arztbesuche in der Probezeit für seine Entscheidung, das Dienstverhältnis aufzulösen, ausschlaggebend waren.

Auch der von der Antragstellerin vorgebrachte Ablauf des Telefonates vom 7. Jänner 2013, wonach die Antragstellerin zuerst ihre Schwangerschaft bekanntgegeben und Herr F erst danach die Auflösung des Probearbeitsverhältnisses ausgesprochen habe, wurde von der hierbei anwesenden Auskunftsperson B glaubwürdig bestätigt (vgl. Aussage von Frau B vom 27. Jänner 2016).

Hingegen konnten die befragten Auskunftspersonen C und D nicht bestätigen, Herrn F gegenüber vor der Beendigung Beschwerden über die Arbeitsleistung der Antragstellerin getätigt zu haben. Im Gegenteil dazu äußerte Frau D sogar ihr Bedauern über das Ausscheiden der Antragstellerin (vgl. Aussagen von Frau C und Frau D vom 27. Jänner 2016). Es wurden im Laufe des Arbeitsverhältnisses auch keine Beschwerden von Herrn F an die Antragstellerin weitergeleitet.

Für den Senat ist zudem nachvollziehbar, dass die Antragstellerin sich nicht bereits nach dem Arztbesuch gemeldet, sondern erst die Untersuchung im Krankenhaus abgewartet hat. Entgegen der Sicht des Antragsgegners konnte der Senat hierin keine Verfehlung der Antragstellerin erblicken.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der erkennen-de Senat sohin zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass die Schwangerschaft der Antragstellerin für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in der Probezeit nicht ursächlich war.

Es liegt somit eine Diskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG vor.

Vorschlag

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird seitens des erkennenden Senates gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz der Antragsgegner, X e.U., aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und werden folgende Vorschläge zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

1.   Leistung eines angemessenen Schadenersatzes,

2.   Einholung von Informationen und Rechtsberatung zum Mutterschutzgesetz und Gleichbehandlungsgesetz durch rechtskundige Auskunft (z.B. Wirtschaftkammer …).

Wien, 27. Jänner 2016

Ass.-Prof.in Dr.in Barbara Beclin

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2016
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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