Gbk 2016/2/18 B-GBK I/176/16

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Veröffentlicht am 18.02.2016
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Beruflicher Aufstieg

Text

Die Gleichbehandlungskommission des Bundes

Senat I

hat in der Sitzung am ... über den Antrag von A (=Antragsteller), in einem Gutachten nach § 23a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), BGBI. I Nr. 65/2004 i.d.g.F., festzustellen, dass er durch die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung um die Leitung der Abteilung X „...“ im Bundesministerium für Europa Integration und Äußeres (BMEIA) aufgrund des Geschlechtes und der Weltanschauung diskriminiert worden sei, folgendes

G u t a c h t e n

beschlossen:

Die Nichtberücksichtigung der Bewerbung von A bei der Besetzung der Funktion „Leiterin/Leiter der Abteilung X“ im BMEIA stellt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und der Weltanschauung des Antragstellers gemäß §§ 4 Z 5  bzw. 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG dar.

B e g r ü n d u n g

Der Antrag von A langte am ... bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK) ein. Der Antragsteller führte aus, er leite derzeit das Referat X im BMEIA. Zuvor sei er Botschafter in ... gewesen. Es sei zwar nicht unüblich, dass Beamte und Beamtinnen, die aus dem Ausland zurückkommen, übergangsmäßig niedriger bewertete Arbeitsplätze erhalten, sie würden aber in der Regel aufrücken. Im ... sei die Leitung der Abteilung X (A1/6) ausgeschrieben worden. Er habe sich beworben, da er sich sowohl als Ökonom als auch als Jurist auf … spezialisiert und bereits ... in der ausgeschriebenen Abteilung - u.a. als stellvertretender Leiter - gearbeitet habe. Er habe im … dissertiert und sich im Rahmen seiner Forschungsarbeit und seiner Publikationen mit einem wichtigen Thema dieser Abteilung, nämlich mit der … ..., befasst. Schließlich habe er ... Jahre in ... verbracht, zuletzt als Missionschef (A1/6) einer mittelgroßen Botschaft. Die Begutachtungskommission habe jedoch B als höchst qualifiziert für die Funktion und alle anderen Bewerberinnen und Bewerber als hochqualifiziert eingestuft. Dem Personalverzeichnis sei zu entnehmen, dass B`s (=Mitbewerberin) letzte Auslandsposition in ... gewesen sei, einer mit A1/5 bewerteten „Kleinbotschaft“ mit drei entsandten BMEIA-Bediensteten. Die Bewerberin habe sich im Rahmen einer Veranstaltung im ... selbst als „relativ neu in der ganzen Thematik" bezeichnet.

Der Antragsteller führte weiters aus, dass kein Hearing veranstaltet worden sei und dass auch sonst keine Kontaktnahme der Entscheidungsträger betreffend seine Bewerbung erfolgt sei, sodass er auch nicht die Möglichkeit gehabt habe, seine Qualifikationen darzulegen. Während er sich mit der vorübergehenden Betrauung mit einer niedrigeren Position einverstanden erklärt habe - zumal man ihm die Betrauung mit der Leitung einer Abteilung in Aussicht gestellt habe - habe B unmittelbar nach ihrem Auslandsaufenthalt eine Abteilung bekommen, was eine zusätzliche Bevorzugung darstelle. Der hausinternen Übung folgend wäre er aufgrund seiner längeren Inlandsverwendung (bereits mehr als 5 Jahre) eher zu berücksichtigen gewesen.

Im ... habe er den Leiter der Begutachtungskommission, ..., nach den bei Bestellungen anzulegenden Kriterien gefragt. Dieser habe ihm folgende Kriterien aufgezählt: fachliche Eignung, Karriereverlauf, Inlandsverwendung, persönliche Eignung und Gender und bemerkt, dass man gar nicht genügend Frauen finde, um die „angestrebten 50 %" zu erreichen. Mit Ausnahme des Geschlechts erfülle er alle diese Kriterien in höchstem Maße. Wenngleich er aus politischer Überzeugung die Förderung von Frauen als unterstützenswert erachte, so habe dies im Rahmen der Gesetze zu erfolgen. Das Gesetz gebe vor, dass bei gleicher Qualifikation Frauen vorrangig berücksichtigt werden sollen. Hier könne jedoch von gleicher Qualifikation keine Rede sein.

Nachdem die letzten Postenbesetzungen sehr deutlich erkennen haben lassen, dass Sympathisanten der … bevorzugt behandelt werden, könne er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er als Spitzenkandidat der „…“ bei den Bundes-Personalvertretungswahlen im ... hintangestellt worden sei.

Aus den genannten Gründen fühle er sich durch die Ernennung von B zur Leiterin der Abteilung X im BMEIA aufgrund des Geschlechts und der Weltanschauung diskriminiert.

Dem Antrag waren folgende Unterlagen angeschlossen: Bewerbung inkl. Lebenslauf, die Ausschreibung sowie der Runderlass des BMEIA betreffend die Betrauung von B mit der gegenständlichen Funktion.

Die Ausschreibung des BMEIA vom ... lautete:

„…

Aufgabenbereich der Abteilung:

Allgemeine Voraussetzungen für die Betrauung mit der ausgeschriebenen Funktion:

?    Erfüllung der allgemeinen Ernennungserfordernisse im Sinne des Beamten-Dienstrechtsgesetztes 1979 … bzw. … § 3 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (…)

?    österreichische Staatsbürgerschaft

?    eine abgeschlossene Hochschulbildung sowie die Erfüllung der Erfordernisse gemäß Z1.16 der Anlage 1 zum BDG 1979

?    persönliche und fachliche Eignung für die Verwendung im höheren Dienst des BMeiA gemäß § 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut, BGBl. I Nr. 129/1999 idgF.

Besondere Voraussetzungen für die Betrauung mit der ausgeschriebenen Funktion:

Neben den allgemeinen Voraussetzungen werden … im Sinne des § 5 Abs. 2 AusG erwartet:

?    Kenntnisse der Grundlagen der …,

?    Erfahrungen im Bereich der ... Beziehungen, insbesondere in der Führung ... Verhandlungen und ihrer Vorbereitung auf ... Ebene,

?    Erfahrung in der Mitarbeiter- und Teamführung, soziale Kompetenz

?    vollkommene Beherrschung der englischen und französischen Sprache,

?    Berücksichtigung der im Statut (…) genannten Prinzipien der Mobilität und der Rotation.

[…]

Das BMeiA ist bestrebt, den Anteil von Frauen in Leitungsfunktionen zu erhöhen und lädt daher besonders Frauen zur Bewerbung ein. Unter gleich Geeigneten ist Bewerberinnen um diese Planstelle (…) der Vorrang einzuräumen.

Bewerbungen samt Lebenslauf sind…unter Darlegung der Gründe, die den/die Bewerber/in für die Ausübung der ausgeschriebenen Funktion geeignet erscheinen lassen, … einzubringen.“

A führte in seiner Bewerbung aus, er erfülle die allgemeinen sowie die besonderen Voraussetzungen für die Ausübung der Funktion, da er herausragende „…“ habe. A stellte seine Qualifikationen anhand der Ausschreibungskriterien wie folgt dar:

?        ....

?    …

?    …Koordination in

?    

?    Angelegenheiten der …

?    ....

?    ....

?    Behandlung der … im Rahmen der ...; in seiner Dissertation habe er …der ... umfassend dargestellt und analysiert.

A verwies schließlich auf seine Expertenfunktion in Arbeitsgruppen für ….

Auf Ersuchen der B-GBK übermittelte das BMEIA mit ... die Bewerbung von B sowie ihren (tabellarischen) Lebenslauf, das Gutachten der Begutachtungskommission vom ... sowie die Stellungnahme des Vorsitzenden der Begutachtungskommission zur Auswahlentscheidung.

B`s Bewerbung lautete: „Ich bewerbe mich um die Leitung der Abteilung X „ ...“, ihre Laufbahn stellt sich laut dem beigeschlossenen tabellarischen Lebenslauf wie folgt dar: ... Dienstantritt im Außenministerium; ... Absolvierung der Einschulung an der Österreichischen Botschaft (ÖB) in ...; ...-... „SpezAtt“ an der ÖB in ...; ...-... Erstzugeteilte am Österreichischen ...institut in ...; ...-... stv. Abteilungsleiterin in der Abteilung Y; ...-... Missionschefin an der ÖB in ...; ... bis ... Missionschefin an der ÖB in ...

Im Gutachten der Begutachtungskommission vom ... wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Kommission habe die Bewerberinnen und Bewerber „nach eingehender Diskussion der jeweiligen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, der beruflichen Vorerfahrung, der persönlichen Qualifikation und der bisher erbrachten Leistungen im Lichte der Anforderungen der Leitungsfunktion qualifiziert“ und dabei auch die sich aus dem Mobilitäts- und Rotationsprinzip ergebenden Notwendigkeiten berücksichtigt. Die Kommission sei einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass „B aufgrund ihrer bisher erbrachten Leistungen und der nachgewiesenen Fähigkeit zur Wahrnehmung einer Leitungsfunktion“ in höchstem Maße geeignet sei. Sie verfüge „über das entsprechende Wissen im geforderten Arbeitsbereich sowie über breite und praktische Erfahrungen in anderen Tätigkeitsbereichen des BMEIA“ und habe „in den verschiedenen Funktionen überdurchschnittliche organisatorische Fähigkeiten und Eigeninitiative“ unter Beweis gestellt. Ihr Wissen in Bezug auf die Tätigkeiten der Vertretungsbehörden im Ausland habe sie insbesondere an den ÖB in ... und ... erworben. Als Missionschefin habe sie vor allem „sehr gute Mitarbeiter- und Teamführung sowie hohe soziale Kompetenz“ nachweisen können. Neben ihrer Tätigkeit als Missionschefin habe sie aufgrund ihres „breiten Einsatzes“ in ... Sektionen im BMeiA „umfassende Erfahrung im Bereich der ... Beziehungen einschließlich der Führung von Verhandlungen und deren Vorbereitung“ erworben. Die Bewerberin habe damit in Kern- und Schwerpunktbereichen dieses Aufgabengebietes besonders wertvolle, zugleich aber auch entsprechend breite und diversifizierte Erfahrungen sowie Expertise gesammelt und könne auf „umfassende Managementerfahrung sowohl im Bereich der Bundesverwaltung als auch bei internationalen Organisationen“ verweisen. „Spezifische Erfahrungen, eine breite Expertise sowie nachgewiesene höchste Managementfähigkeiten im geforderten Aufgabenbereich qualifizieren sie als besonders geeignet für die ausgeschriebene Funktion.“

Auch die übrigen Bewerberinnen und Bewerber hätten entsprechende Erfahrungen in diesem Aufgabenbereich gesammelt. Bei Anerkennung ihrer generellen Eignung und Leistungen sei festzustellen, dass „unter Berücksichtigung der spezifischen Expertise, des sachbezogenen Arbeitsspektrums, sowie der Spannweite der Vorerfahrungen unter entsprechender Wertung der administrativen und der inhaltlichen Komponente“ ihre Qualifikationen im direkten Vergleich „geringer ausgeprägt“ seien. Dies gelte „insbesondere auch für die herausragenden organisatorischen Fähigkeiten und Erfahrung in der Führung von einem umfangreichen Mitarbeiterstab“, die kein anderer Bewerber/keine andere Bewerberin im gleichen Ausmaß vorweisen könne.

Die Vertreterin des Zentralausschusses der Personalvertretung habe sowohl B als auch A und eine weitere Bewerberin als in höchstem Maße geeignet bewertet und dies v. a. mit den besonderen …-Expertisen der beiden Letztgenannten begründet. Alle weiteren Bewerberinnen und Bewerber seien einstimmig als in hohem Maße für die Funktion geeignet eingestuft worden.

Der Vorsitzende der Begutachtungskommission, ... , begründete in seiner Stellungnahme vom ... die Erstreihung der Bewerberin im Wesentlichen wie folgt: B habe in ihren beiden unmittelbar vorangegangenen Verwendungen (ÖB in ... und in ...) zwei Leitungsfunktionen im Ausland ausgeübt. Diese beiden Tätigkeiten hätten einen „permanenten Bezug zu Fragen der …“ gehabt. In den Jahren ... bis ... habe sie die ...abteilung im BMEIA geleitet und damit auch eine Leitungsfunktion im Inland ausgeübt. Zu Beginn ihrer Karriere im BMEIA habe sie neun Monate in der „...-Abteilung" in der ... Sektion (Sektion ...) gearbeitet. Im Anschluss daran sei sie sieben Monate im ..., das als zentrale Auskunftsstelle in ...fragen gelte und u.a. für Hilfeleistung für ... und ... in Krisengebieten zuständig sei, gearbeitet. Weiters sei sie in unterschiedlichen Organisationseinheiten im BMEIA tätig gewesen.

Betreffend die geforderten „ausgeprägten organisatorischen Fähigkeiten und Eignung zur Führung von Mitarbeiterinnen" führte der Leiter der Begutachtungskommission aus, B habe „eine große Abteilung im BMeiA geleitet und zeichnete zuletzt in ... Auslandsverwendungen als Leiterin von mittelgroßen Botschaften verantwortlich.“ A habe bisher eine kleine Botschaft (ÖB ...) geleitet. Im Inland sei seine höchste Verwendung, von ... bis ..., eine Referatsleiterfunktion gewesen, aktuell leite er das Referat X. Im Ausland habe er neben der Funktion als Amtsleiter der ÖB in ... zwei Erstzugeteiltenfunktionen ausgeübt, nämlich an der ÖB ... (...-...) und an der ÖB ... (...-...). B erfülle also aufgrund ihrer Berufserfahrung auch diese Anforderungen zweifelsfrei „in höherem Ausmaß“ als A.

Bei der … handle es sich um einen Aspekt der Außenpolitik, der auf hohes Interesse in der Öffentlichkeit stoße, daher komme der öffentlichen „Kommunikations- und Vermittlungserfahrung“ „des Leiters“ der Abteilung X Bedeutung zu. Auch über diese Eigenschaft verfüge B „aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit in höchstem Ausmaß.“ Da A „wenig mit …-Angelegenheiten in ... befasst war, verfügt er auch nicht über besondere berufliche Kontakte zu den wichtigsten politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren im …-Bereich in ... und ....“ A habe als Missionschef in ... auch „Leitungserfahrung und Führungs- und Managementqualitäten“ unter Beweis gestellt, jedoch seien diese „deutlich geringer“ als jene von B.

Aus den genannten Gründen sei A als in hohem und B als in höchstem Ausmaß geeignet qualifiziert worden. Dieses Ergebnis beruhe zusammengefasst sowohl auf inhaltlichen Aspekten der … als auch auf Kenntnissen über bzw. auf Erfahrung mit den rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Funktionsweisen und Abläufen in …Bereichen und auch auf den in drei Leitungsfunktionen nachgewiesenen Management- und Führungsqualitäten.

In der Sitzung des Senates I der B-GBK (im Folgenden kurz: Senat) am ... legte A seinen „Kurz-Lebenslauf“ vor, in welchem seine beruflichen Tätigkeiten wie folgt dargestellt waren: ...-... Referent in der damaligen Abteilung X (...); ...-... J…beim ... (...); ...-... Referent in der damaligen Abteilung ... (...; heute Abt. X); ...-... Erstzugeteilter an der ÖB ... (u.a. Erstellung des ersten Länderprogramms für ...); ...-... Elternkarenz, Forschungsarbeit zu ... und ...; ...-... stv. Leiter der Abteilung X, befasst vor allem mit der ... Präsidentschaft ... („...“); ...-... Leiter des Referats ..., damals zuständig für ...; ...-... Leiter des ...forums in ... in Personalunion mit stv. MCh; ...-... Botschafter in ... und ...; seit ... Leiter des Referats X, zuständig v. a. ….

Auf die Frage der Vorsitzenden, weshalb er glaube aufgrund des Geschlechtes bzw. der Weltanschauung diskriminiert worden zu sein, führte der Antragsteller Folgendes aus: Der Dienstgeber führe in der Stellungnahme drei Punkte an, aufgrund derer B bestqualifiziert sei. Zum ersten Punkt, nämlich ihre besondere Qualifikation im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, sei zu sagen, dass die Ausschreibung nicht das Kriterium Öffentlichkeitsarbeit beinhalte. Außerdem habe auch er viel Erfahrung auf diesem Gebiet. Zum zweiten Punkt, nämlich dass B relativ viel und er wenig mit …-Fragen befasst gewesen sei und er daher auch die beruflichen Kontakte nicht habe, zählte der Antragsteller seine Tätigkeiten mit direkter …-Relevanz auf und gab an, … zu kennen. Er wies darauf hin, dass B in einer öffentlichen Sitzung gesagt habe, sie sei noch „ein Neuling auf dem Gebiet“. Zum dritten Punkt, nämlich dass sie im Gegensatz zu ihm eine große Botschaft geleitet habe, führte A aus, die ÖB ... habe einen Amtsbereich von 11 Staaten mit 7-8 entsandten österreichischen Mitarbeiter/innen. B habe nur halb so große Institutionen geleitet, ihre Botschaften seien mit A1/5 und seine mit A1/6 bewertet gewesen. Hinsichtlich der Weltanschauung führte der Antragsteller aus, dass er die „…“ im Haus sei. Er vermute, er sei dem Minister „in seinen politischen Positionen zu nahe getreten“. Zu erwähnen sei, dass der Personalstand seit 1990 um fast ein Drittel gesunken sei und es sehr wichtig sei, die Positionen mit den richtigen Leuten zu besetzen. Seine Vermutung sei, dass sich der Minister und seine „Entourage ausmachen“, wer eine Funktion bekommen soll und die Begutachtungskommission dann die Begründung dafür überlege. Minister Kurz habe schließlich auch mehrfach in den Medien gepostet, dass er viele Funktionen mit Frauen besetze, damit wolle er „punkten“.

Die Vorsitzende wies hin, dass sich B mit einem einzigen Satz beworben habe, obwohl in der Ausschreibung gestanden habe, dass die Gründe für die Bewerbung darzulegen seien.

Die Dienstgebervertreterin ... replizierte, dass sei deshalb möglich, da es im höheren auswertigen Dienst nur etwa vierhundert Mitarbeiter/innen gebe und die Lebensläufe in der Personalabteilung aufliegen. B sei Botschafterin in ..., einem „sehr schwierigen Land“, gewesen und sie habe die Botschaft in ... eröffnet, das sei dem Dienstgeber bekannt. Sie sei eine hervorragende Mitarbeiterin im ... gewesen. Man kenne B und wisse, welche Leitungskompetenz sie habe. Natürlich kenne man auch A und seine Fähigkeiten.

Die Gleichbehandlungsbeauftragte (GBB) ... führte aus, man könne die kurze Bewerbung beanstanden, jedoch komme das immer wieder vor, da man sich in der Regel alle vier Jahre bewerbe. Die Bewerbungen würden im Personalakt aufgehoben und manche Kolleginnen und Kollegen würden wohl davon ausgehen, dass die Vorzüge bekannt seien und sie nicht jedes Mal aufs Neue eine seitenlange Bewerbung abgeben müssen.

Auf die Frage, wie geprüft werde, ob die Bediensteten ihre Funktion gut ausüben, antwortete die Dienstgebervertreterin, aufgrund der Berichte sowie der geleisteten Arbeit. Anlässlich eines Auswahlverfahrens sehe man sich zuerst das Frauen-Männerverhältnis an und dann, ob die aktuelle Stellenbesetzung möglicherweise – etwa auf Grund baldiger Pensionierung - die letzte Chance für eine Bewerberin oder einen Bewerber sei, eine höhere Funktion zu bekommen, immer vorausgesetzt, dass der Dienstgeber der Person die Funktion auch zutraue.

Auf den Hinweis des Senates, dass A schon lange aus dem Ausland zurück sei und bereits eine lange Wartezeit in Kauf genommen habe, während B keine Wartezeit gehabt habe, replizierte die Dienstgebervertreterin, man habe B diese Funktion eher zugetraut. Es werde nicht ausschließlich auf die fachlichen Kompetenzen abgestellt, Leitungsfunktionen seien zu 80% mit Bediensteten mit guten Leitungskompetenzen besetzt, die Inhalte würden dann erlernt, Außenpolitik sei zu einem großen Teil nicht in Fachbereiche einzuteilen. Zum Thema Weltanschauung sagte die Dienstgebervertreterin, B sei „nirgends deklariert“, sie habe für das BMEIA keinerlei politischen Background.

Die Frage, warum in der Stellungnahme des BMEIA stehe, dass A nur eine kleine Botschaft geleitet habe, obwohl das laut dem Antragsteller nicht zutreffend sei, konnte die Dienstgebervertreterin nicht beantworten.

Auf die Frage, ob Kommunikations- und Vermittlungserfahrung für alle Funktionen das Wichtigste sei und warum B diese Erfahrungen in höherem Ausmaß habe als der Antragsteller, antwortete die Dienstgebervertreterin, das habe sie in ihren bisherigen Funktionen und als stellvertretende Leiterin der ...abteilung bewiesen, da müsse man kommunizieren und sich durchsetzen können. Auch A „kann das“, aber nach Meinung der Begutachtungskommission „kann B es besser“.

Auf den Hinweis des Senates, dass ein Mitglied der Begutachtungskommission der Meinung gewesen sei, auch A und eine weitere Bewerberin seien in höchstem Ausmaß geeignet, führte die Dienstgebervertreterin aus, die Kommission werde wohl diskutiert und sich dann auf ein Ergebnis geeinigt haben. Die Alternative wäre gewesen, drei Personen als in höchstem Ausmaß geeignet zu reihen, dann hätte der Minister aus dem Dreiervorschlag auf jeden Fall eine Frau auswählen müssen.

Die Vertrauensperson des Antragstellers, führte abschließend aus, dass man Ausschreibungskriterien nicht selektiv heranziehen dürfe und dass die Kriterien, die der Dienstgeber zur Beurteilung heranziehe, in der Ausschreibung enthalten sein müssten. Es sei jedenfalls „eigenartig“, wenn ein Kriterium „unter den Tisch fällt“. A sei ebenfalls in einem …-Land gewesen, aber während dieser Umstand bei B erwähnt worden sei, sei er bei A nicht erwähnt worden, das scheine ihm keine objektive Darstellung zu sein.

Die B-GBK hat erwogen:

Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach §§ 4 Z 5 bzw. 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG liegt vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis aufgrund des Geschlechtes bzw. der Weltanschauung beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen) unmittelbar oder mittelbar diskriminiert wird.

Gemäß § 25 Abs. 2 B-GlBG hat die Vertreterin oder der Vertreter des Dienstgebers darzulegen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes von ihr oder ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Von der B-GBK war also die Begründung des BMEIA für die gegenständliche Personalentscheidung im Hinblick auf die Sachlichkeit zu prüfen.

Gemäß § 11c B-GlBG („Vorrang beim beruflichen Aufstieg“) sind Bewerberinnen, die für die angestrebte hervorgehobene Verwendung (Funktion) gleich geeignet sind wie der bestgeeignete Mitbewerber, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, entsprechend den Vorgaben des Frauenförderungsplanes solange vorrangig zu bestellen, bis der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der dauernd Beschäftigten in der betreffenden Funktionsgruppe ... im Wirkungsbereich der jeweiligen Dienstbehörde 50 % beträgt. Diese Bestimmung beinhaltet die Verpflichtung des Dienstgebers, die fachliche und persönliche Eignung jeder Bewerberin und jedes Bewerbers nach einheitlichen Kriterien zu prüfen und nach Vornahme eines Wertungsvergleiches zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern das Maß der Eignung festzustellen.

Gutachten im Allgemeinen sind fachlich fundierte Aussagen bezüglich einer konkreten Sachfrage - in Personalauswahlverfahren bezüglich der Eignung von Bewerberinnen und Bewerbern -, die eine ausreichende Grundlage für die zu treffende (Personal) Entscheidung schaffen sollen. Entsprechend den im Allgemeinen geltenden Anforderungen an Gutachten, nämlich dass sie durch Argumente und Fakten gestützt sein müssen und nicht auf Behauptungen oder Meinungen aufbauen dürfen, sind die Schlussfolgerungen zu begründen, es reicht nicht, bloß Feststellungen zu treffen, ohne darzulegen, aus welchen Gründen man zu einem bestimmten Ergebnis gekommen ist. Auch gemäß § 10 Abs. 1 AusG haben Begutachtungskommissionen „ein begründetes Gutachten“ zu erstatten. Um dem Erfordernis der Nachvollziehbarkeit zu entsprechen, sind in Gutachten von Begutachtungskommissionen die jeweiligen konkreten Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen für die in Rede stehende Funktion und das Ergebnis der Eignungsprüfung klar und sachlich nachvollziehbar darzustellen.

Die Begutachtungskommission verwies in ihrem Gutachten (vgl. Seite 6f) auf Bs Tätigkeiten in der ÖB in ... und ... und in ... Sektionen des BMEIA und stellte fest, dass sie als Missionschefin „vor allem sehr gute Mitarbeiter- und Teamführung sowie hohe soziale Kompetenz“ nachgewiesen und im Inland „umfassende Erfahrung im Bereich der internationalen Beziehungen einschließlich der Führung von Verhandlungen …“ erworben habe. Im Ergebnis würden die Bewerberin „spezifische Erfahrungen, eine breite Expertise sowie nachgewiesene Managementfähigkeiten im geforderten Aufgabenbereich (…) als besonders geeignet für die ausgeschriebene Funktion“ qualifizieren. Mit diesen Ausführungen wiederholte die Begutachtungskommission zusammengefasst die berufliche Laufbahn der Bewerberin wie sie aus dem tabellarischen Lebenslauf ersichtlich ist und formulierte mit einer bloß kursorischen Begründung das Reihungsergebnis. Auf die Qualifikationen der übrigen Bewerber und deren konkrete „Defizite“ im Vergleich zu B ging die Begutachtungskommission nicht ein, festgehalten wurde, wiederum lediglich kursorisch, dass auch die weiteren Bewerberinnen und Bewerber Erfahrungen im Aufgabenbereich gesammelt hätten, dass aber ihre Qualifikationen „unter Berücksichtigung der spezifischen Expertise, des sachbezogenen Arbeitsspektrums, sowie der Spannweite der Vorerfahrungen unter entsprechender Wertung der administrativen und der inhaltlichen Komponente“ im direkten Vergleich mit B „geringer ausgeprägt“ seien.

Nachdem die Vertreterin des … auch A und eine weitere Bewerberin als in höchstem Maße geeignet bewertete und dies v. a. mit deren besonderen …-Expertisen begründete, wäre wohl auf die Unterschiede in den „Kenntnissen der Grundlagen der …“ - immerhin die in der Ausschreibung erstgenannte besondere Voraussetzung - einzugehen gewesen.

Zusammengefasst hält der Senat fest, dass aus dem Gutachten der Begutachtungskommission der entscheidungsrelevante Qualifikationsunterschied nicht erkennbar ist. Die gegenständlichen Feststellungen über die Qualifikationen entsprechen nicht den allgemeinen Anforderungen an Gutachten und nicht den Anforderungen des § 11c B-GlBG (siehe oben) an Eignungsprüfungen im Bereich des öffentlichen Dienstes.

Der Vorsitzende der Begutachtungskommission führte in seiner Stellungnahme zum gegenständlichen Antrag aus, dass sich die bessere Eignung von B im Vergleich zu A sowohl auf „inhaltliche Aspekte der .., als auch auf Kenntnisse über bzw. Erfahrung mit den rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Funktionsweisen und … und v.a. auch auf die in drei Leitungsfunktionen nachgewiesenen Management- und Führungsqualitäten“ beziehe. Insbesondere sei die Eignung zur Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausschlaggebend für ihre bessere Qualifikation gewesen.

Vorneweg ist festzuhalten, dass A in seiner Bewerbung ausführlich die Inhalte seiner bisherigen Tätigkeiten sowie die Gründe für seine Bewerbung darstellte. Bs` Bewerbung besteht aus einem einzigen Satz, obwohl in der Ausschreibung verlangt, legte sie ihren Lebenslauf nicht vor und nannte ihre Bewerbungsgründe nicht. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, dass der Dienstgeber darüber hinwegsah, dass dieser Aufforderung nicht nachgekommen wurde. Die Erklärungen der Dienstgebervertreterin sowie der Gleichbehandlungsbeauftragten in der Sitzung der Senates, nämlich dass B`s Lebenslauf und ihre Fähigkeiten ohnehin bekannt gewesen seien, sind insofern unverständlich und nicht überzeugend als Bewerberinnen und Bewerber regelmäßig ihre Lebensläufe und Fähigkeiten darlegen - wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist -, obwohl der Dienstbehörde ihre Lebensläufe und ihre Fähigkeiten bekannt sind.

A`s Bewerbung ist zu entnehmen, dass seine bisherigen Tätigkeiten - Referent in ... Abteilungen des BMEIA;...; Mitarbeiter an der ÖB ...; stellvertretender Abteilungsleiter; Leiter des Referats ...; Leiter des ...forums in ... und Botschafter in ... und ... und nun Leiter des Referats X - sehr wohl einen Bezug zu …-Themen hatten. Worin das Plus von B gegenüber A im Bereich …bestehen soll, geht weder aus dem Gutachten der Begutachtungskommission hervor, noch ist dem Senat klar, inwiefern vor allem mit der Leitung der Botschaft in ... „..“ verbunden sein soll, wie es der Leiter der Begutachtungskommission ausdrückte (vgl. Seite 7). Am Rande sei erwähnt, dass A`s Forschungsarbeit, seine Dissertation und seine Publikationen sich vertiefend mit …Themen befassten. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass A fachliche Kompetenz, sprich konkret seine „Kenntnisse der Grundlagen der …“ unterbewertet wurden.

B`s bessere Eignung in der Mitarbeiter- und Teamführung wurde mit der Leitung von zwei mittelgroßen Botschaften und der Leitung der ...abteilung im BMEIA begründet. A hingegen hätte nur eine kleine Botschaft (...) geleitet. Der Antragsteller legte jedoch sowohl in seinen schriftlichen Ausführungen als auch in der Sitzung des Senates dar, dass es sich bei der ÖB ... keinesfalls um eine kleine Botschaft handelt, sondern sie einen Amtsbereich von 11 Staaten mit 7-8 entsandten österreichischen Bediensteten hat. Die von B zuletzt geleitete Botschaft (... bis ...) in ... hat allerdings laut der Angabe des Antragstellers drei Bedienstete. Dieses Vorbringen blieb von der Vertreterin des Dienstgebers in der Sitzung des Senates unwidersprochen. Der Dienstgeber übersah auch, dass A Leitungsfunktionen in der Zentralleitung wahrnahm, er war bzw. ist Referatsleiter und war einige Jahre stellvertretender Leiter der ausgeschriebenen Abteilung. B war (laut dem tabellarischen Lebenslauf) ebenfalls lediglich stellvertretende Abteilungsleiterin, nämlich der Abteilung Y von ... - .... Die Ausführungen von dem Leiter der Begutachtungskommission, B habe „eine große Abteilung im BMeiA geleitet“ (in der Sitzung des Senates sprach die Dienstgebervertreterin von der stellvertretenden Leitung der ...abteilung) sind daher nicht nachvollziehbar.

Das Gleiche gilt für das offenbar zur Beurteilung herangezogene, aber in der Ausschreibung nicht genannte Kriterium „öffentliche Kommunikations- und Vermittlungserfahrung“. Der Vorsitzende der Begutachtungskommission hielt lapidar fest, dass B über diese Erfahrungen in höchstem Ausmaß verfüge, ohne diese Feststellung zu begründen und ohne darzulegen, wie man zu dem Ergebnis gekommen sei, dass A`s Kommunikations- und Vermittlungserfahrung vergleichsweise geringer seien. Es entspricht nicht dem Grundsatz der Objektivität und der Transparenz von Auswahlverfahren, wenn Kriterien zur Beurteilung herangezogen werden, die in der Ausschreibung nicht genannt sind und wenn Feststellungen getroffen werden, deren Plausibilität nicht erkennbar ist.

Aus den dargestellten Erwägungen kam der Senat zu dem Ergebnis, dass das BMEIA nicht im Sinne des § 25 Abs. 2 B-GlBG darlegen konnte, dass rein sachliche und eben nicht geschlechtsbezogene Erwägungen bei der Eignungsbeurteilung eine Rolle spielten. Die Nichtberücksichtigung des Bewerbers A bei der Besetzung der Leitung der Abteilung X im BMEIA stellt daher eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes gemäß § 4 Z 5 B-GlBG dar.

A begründete seine Behauptung der Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung damit, dass er Spitzenkandidat der „…“ bei den Bundes-Personalvertretungswahlen im ... gewesen und daher bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden sei. Die Dienstgebervertreterin brachte zum Thema Weltanschauung vor, dass B „nirgends deklariert“ sei und dass sie für das BMEIA keinerlei politischen Background habe. Tatsache ist aber, dass A`s Weltanschauung offenliegt und seine Weltanschauung nicht die des derzeitigen Bundesministers ist. Auch in diesem Punkt kam der Senat zu dem Ergebnis, dass das BMEIA nicht im Sinne des § 25 Abs. 2 B-GlBG darlegen konnte, dass rein sachliche und eben nicht weltanschauliche Erwägungen bei der Eignungsbeurteilung eine Rolle spielten. Die Nichtberücksichtigung von A bei der Besetzung der Leitung der Abteilung X im BMEIA stellt daher auch eine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung gemäß § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG dar.

Auf die schadenersatzrechtlichen Ansprüche des § 18a B-GlBG wird verwiesen.

Empfehlungen:

Dem BMEIA wird empfohlen,

a.) objektive und sachliche Personalentscheidungen zu treffen, insbesondere die fachliche und persönliche Eignung der Bewerber/innen anhand der in der Ausschreibung angegebenen Kriterien zu beurteilen,

b.) nachvollziehbare Qualifikationsvergleiche anzustellen und die Feststellung über das Maß der jeweiligen Eignung sachlich zu begründen.

Wien, Februar 2016

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2016
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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