Gbk 2017/4/25 GBK I/580/14-M

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Veröffentlicht am 25.04.2017
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Entgelt (Geschlecht, Alter)

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 25. April 2017 über den am 17. Oktober 2014 eingelangten Antrag von Frau A, BA (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und des Alters bei der Festsetzung des Entgelts gemäß §§ 3 Z 2 und 17 Abs. 1 Z 2 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) durch die X GmbH (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/580/14-M, zu folgendem

Prüfungsergebnis

1.   Frau A, BA ist aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.

2.   Frau A, BA ist aufgrund des Alters bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin vom 7. März 2017und Frau B (Liquidatorin der Antragsgegnerin) vom 25. April 2017. Als weitere Auskunftsperson wurde Herr C am 25. April 2017 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf den Angestelltendienstvertrag vom 1. April 2009, Verdienstnachweise der Antragstellerin für die Monate Jänner bis November 2014, Schreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 28. Jänner 2014, Schreiben der Antragstellerin an die Antragsgegnerin vom 30. Jänner 2014, die Personalstruktur der Antragsgegnerin mit Stand 13. März 2014 (vorgelegt von der Antragstellerin), Gehaltsübersicht SeminarleiterInnen März 2014 (vorgelegt von der Antragsgegnerin), Interventionsschreiben der Gleichbehandlungsanwaltschaft Regionalbüro … (R-GAW) vom 12. August und 22. September 2014, Interventionsschreiben der Kammer für Arbeiter und Angestellte für … (AK) vom 2.Oktober 2014, Schreiben der Antragsgegnerin an die AK vom 22. Oktober 2014 sowie das Schreiben der AK an die Antragstellerin vom 11. Dezember 2014.

Vorbringen

Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei am 6. Mai 1956 geboren und seit 18. Juli 2005 bei der Antragsgegnerin als Seminarleiterin am Standort „1“ beschäftigt. Im Zeitraum Jänner bis März 2009 und November 2010 bis August 2011 sei sie in Bildungskarenz gewesen, um ihr Universitätsstudium zum Bachelor Bildungswissenschaft abzuschließen. Ab 1. November 2014 werde sie auf Wunsch ihrer Arbeitgeberin erneut in Bildungskarenz gehen.

Im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis liege eine Diskriminierung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes vor.

Ihre wöchentliche Arbeitszeit habe grundsätzlich 40 Stunden betragen. Aufgrund von Schwankungen in der Auftragslage sei es hier aber in der Vergangenheit in bestimmten Zeiträumen zu Anpassungen gekommen, sodass die Antragstellerin in diesen Zeiträumen im Ausmaß von 30 Wochenstunden beschäftigt gewesen sei.

Der Dienstvertrag vom 1. April 2009 habe unter Punkt 1 folgende Dienstverwendung vorgesehen: TeilnehmerInnengewinnung, Vorbereitung und Durchführung von Unterricht, Akquisition von Praktikumsplätzen und deren Pflege, Betreuung der TeilnehmerInnenkontakte zu AuftraggeberInnen, verwaltungstechnische und organisatorische Aufgaben, ReferentInneneinsatzplanung in Absprache mit dem unmittelbaren Vorgesetzten, Pflege, Anwendung und Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems.

Ihr Gehalt habe laut Dienstvertrag vom 1. April 2009 2.200,- Euro brutto/Monat für 40 Stunden/Woche betragen. Dieses Gehalt sei ihr bis zur Anpassung an den BABE-KV ausbezahlt worden.

Auf Basis einer schriftlichen Vereinbarung vom 1. April 2009 habe sie für die Übernahme bestimmter Aufgaben (Prüfen der Abschlussberichte und TN-Endberichte vor Abgabe an AMS, Personaleinsatzplanung und Übersicht zu allen laufenden Staffeln, Seminarvorbereitung und Briefing mit weiteren TrainerInnen, Endkontrolle der Teilnehmerkurzberichte vor deren Versand an das AMS) bis auf Widerruf eine monatliche Zulage in der Höhe von 100,- Euro.

Im Zeitraum von April 2009 bis April 2014 sei es zu keiner Erhöhung ihre Gehalts und/oder der Zulage gekommen, obwohl sie mehrmals bei der damaligen bfz-Leiterin Frau MMag.a D wegen einer Gehaltserhöhung vorstellig geworden sei (zuletzt im November 2013).

Die Antragstellerin sei Vorsitzende des im November 2013 neu gegründeten und gewählten Betriebsrates. Der Betriebsrat habe Mitte März 2014 Einsicht in die Personalakte der MitarbeiterInnen und somit auch in die Gehaltsdaten erhalten. Die Antragstellerin habe feststellen müssen, dass die Monatsentgelte der SeminarleiterInnen (hochgerechnet auf eine Beschäftigung im Ausmaß von 40 Stunden/Woche und exklusive etwaiger Zulagen) unterschiedlich hoch ausfallen würden. Diese Aufstellung beinhalte zusätzliche Berechnungen zum Lebensalter und dem hochgerechneten Vollzeitgehalt, wie auch einen Überblick über jene Personen, mit denen sich die Antragstellerin vergleiche. Von den herangezogenen Vergleichspersonen, die die gleichen Tätigkeiten ausgeübt hätten wie sie (SeminarleiterInnen an den Standorten „1“ und „2“), habe sie zum Stichtag 13. März 2014 den drittniedrigsten Verdienst gehabt. Nur zwei Kolleginnen (Frau E und Frau F) hätten etwas weniger als sie verdient, das Monatsgehalt einer anderen Kollegin (Frau G) sei gleich hoch. Hingegen liege das Entgelt von zehn weiblichen und allen sechs männlichen KollegInnen höher als ihres.

Das hochgerechnete Durchschnittsgehalt der männlichen Seminarleiter liege bei 2.378,- Euro, jener der weiblichen Seminarleiterinnen liegt bei 2.316,- Euro.

Dieser Umstand sei umso verwunderlicher, zumal sie zum Stichtag die dienstälteste Seminarleiterin im Unternehmen gewesen sei. Ihre langjährige Berufserfahrung und Firmenzugehörigkeit sei jedoch finanziell nicht honoriert worden. Während der Grund für den niedrigen Verdienst ihrer zwei Kolleginnen (Frau E und Frau F) dürfte wohl darauf zurückzuführen sein, dass diese erst im Jahr 2013 eingetreten seien.

Seit der Anwendung des Kollektivvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der privaten Bildungseinrichtungen (BABE-KV) mit 1. Mai 2014 habe sich ihr Monatsentgelt auf 2.555,91 Euro brutto für 38 Stunden/Woche erhöht. Dies entspreche Verwendungsbereich 4a, Stufe 5. Die Zulage von 100,- Euro werde ihr nicht mehr gewährt.

Die Antragstellerin habe am 5. Mai 2014 ein Gespräch mit der Geschäftsführerin Frau B und dem Geschäftsleiter Herrn Mag. H geführt. Inhalt dieses Gesprächs sei zum einen ihr Schreiben vom 30. Jänner 2014 hinsichtlich der kollektivvertraglichen Einstufung und der damit in Zusammenhang stehenden Nachforderung gewesen und andererseits habe sie sich über den – im Unterschied zu ihren KollegInnen – niedrigen Verdienst beschwert.

Bezüglich der kollektivvertraglichen Einstufung sei seitens des Unternehmens der Vorschlag einer Aufrollung des Gehalts ab Juni 2013 auf Basis BABE 4a Stufe 5 ergangen.

Bisher sei jedoch lediglich eine Aufrollung für die Monate Jänner bis April 2014 erfolgt, welche gemeinsam mit dem August-Gehalt ausbezahlt worden sei. Die Aufrollung für die Monate Juni bis Dezember 2013 und die Sonderzahlung Juni 2014 sei derzeit noch offen und es sei dazu am 2. Oktober 2014 ein Forderungsschreiben seitens der AK ergangen.

Die Antragstellerin erachte sich aufgrund des Geschlechts und des Alters beim Entgelt, konkret beim Monatsgehalt beginnend mit Oktober 2011 (3-jährige Verjährungsfrist) diskriminiert. Sie sei im März 2014 mit 58 Jahren die älteste weibliche Seminarleiterin und insgesamt die zweitälteste SeminarleiterIn im Unternehmen gewesen. Das Durchschnittsalter der SeminarleiterInnen sei im März 2014 bei 47,85 Jahren gelegen. Bereits vor Jahren habe die Antragstellerin vermutet, dass in ihrem Fall eine Entgeltdiskriminierung vorliegen könnte, deshalb habe sie sich erstmals im September 2008 an die R-GAW gewendet. Dieser Verdacht habe sich nunmehr durch die Möglichkeit, Gehaltsdaten von Vergleichspersonen einzusehen, erhärtet. Hinsichtlich des Alters komme hinzu, dass es in den letzten Jahren wiederholt abwertende Bemerkungen zu ihrem Alter bzw. auch einmal gegenüber einem männlichen Kollegen gegeben habe. Sie habe sich nämlich 2010 und 2012 intern um einen Posten beworben.

Als sie von der Absage im Jahr 2012 erfahren habe, sei ihr von der damaligen Geschäftsleiterin Frau MMag.a D auch gesagt worden, dass sie zu alt für eine erfolgreiche Bewerbung wäre. Diese Aussage habe Frau MMag.a D auch bei anderen Gelegenheiten getätigt, wenn es um mögliche „höhere“ Stellenbesetzungen gegangen sei. Es seien für die Stellen, auf die sie sich beworben gehabt habe, jeweils Personen mit einem Alter von unter 40 Jahren eingestellt worden. Etwaige Ansprüche wegen einer Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg seien bereits verjährt, die Antragstellerin wolle dies aber nicht unerwähnt lassen, damit der Senat I der GBK sich ein vollständiges Bild ihrer Arbeitssituation als ältere Arbeitnehmerin machen könne.

Die R-GAW sei mit der Antragsgegnerin in Kontakt getreten, um eine Stellungnahme einzuholen. Der Vorwurf sei abgestritten worden.

In der ersten Stellungnahme der Antragsgegnerin werde vorgebracht, dass die Daten zum Stichtag 13. März 2014 nicht vergleichbar wären, weil bereits beginnend mit Jänner 2014 die Gehälter der Mitarbeiterinnen an den BABE-KV angepasst worden wären. Daraufhin habe die GAW erwidert, dass die Antragstellerin sich nur mit anderen SeminarleiterInnen vergleichen würde, die sich zu diesem Stichtag (13. März 2014) im aufrechten Dienstverhältnis befunden hätten und somit in der Liste, die dem Betriebsrat zur Verfügung gestellt worden wäre, angeführt worden wären. Angleichungen an den BABE-KV von KollegInnen, die eine andere Arbeitsplatzbeschreibung aufweisen würden, seien für das gegenständliche Vorbringen nicht relevant.

Dem Vorbringen der schrittweisen Anpassung sei entgegenzuhalten, dass die Geschäftsführerin Frau B am 8. April 2014 dem Betriebsrat per E-Mail mitteilt habe, dass sich der Anpassungsprozess derzeit noch in einer Klärungsphase befinden würde und erst in einem nächsten Schritt die Unterlagen der einzelnen MitarbeiterInnen im Hinblick auf ihre Vordienstzeiten geprüft werden könnten. Diese E-Mail stehe somit im Widerspruch zum Vorbringen in der Stellungnahme, dass bereits mit Jänner 2014 angepasst worden wäre.

Am 6. Mai 2014 habe Herr Mag. H in einer Teamsitzung dem Betriebsrat und den anwesenden MitarbeiterInnen mitgeteilt, dass bisher nur bei zwei Sekretärinnen die Einstufung abgeschlossen worden wäre. Im Protokoll der Besprechung des Betriebsrates und Herrn Mag. H vom 21. Mai 2014 werde festhalten, dass ab 1. Mai 2014 nach BABE-KV bezahlt werde. Am 20. Mai 2014 habe Herr Mag. H eine E-Mail an den Betriebsrat mit der finalen Liste der KollV-Einstufung der MitarbeiterInnen gesendet. Am 23. Mai 2014 habe Herr Mag. H alle MitarbeiterInnen der Antragsgegnerin darüber informiert, dass die Gehaltsanpassung nun abgeschlossen wären und diese mit der Gehaltsauszahlung für den Monat Mai berücksichtigt werden würde.

In der zweiten Stellungnahme der Antragsgegnerin sei auf das obige Vorbringen nicht eingegangen worden, hingegen sei eine neue Gehaltsliste des Monats März 2014 vorgelegt worden. Die beiden vom Unternehmen vorgelegten Gehaltslisten für den Monat März 2014 würden jedoch stark voneinander abweichen: Die der GAW am 30. September 2014 vorgelegte Liste umfasse weder den Seminarleiter C, noch den Seminarleiter I. Bei den Kolleginnen J, K und L seien andere Wochenstunden und somit andere Gehälter ausgewiesen, als in jener Liste, die dem Betriebsrat zur Verfügung gestellt worden sei. Auf der dem Betriebsrat im März 2014 vorgelegten Liste scheine wiederum der ehemalige Kollege M nicht auf. Außerdem seien in der Liste vom September 2014 ihr rückwirkend angepasstes Monatsgehalt und die reduzierten Wochenstunden angegeben worden und nicht ihr Gehalt bzw. die vereinbarten Wochenstunden vor KV-Anpassung.

Insgesamt erscheine der Antragstellerin bei der Festsetzung des Gehalts (vor der KV-Anpassung) intransparent und nicht nach objektiven Kriterien vorgegangen worden zu sein. Ihr Dienstalter und ihre Qualifikationen seien nicht entsprechend berücksichtigt worden. Das Unternehmen habe der R-GAW gegenüber auch nicht erklären können, warum die Antragstellerin unter Berücksichtigung der vom Unternehmen genannten, früheren Gehaltskriterien (Ausbildung, Aufgabengebiete und Erfahrung) als dienstälteste Seminarleiterin mit BA-Abschluss das drittniedrigste Gehalt unter den SeminarleiterInnen gehabt habe.

In der auf Ersuchen des Senats I der GBK von der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 20. November 2014 verwies diese auf die Stellungnahmen ihrer rechtsfreundlichen Vertretung an die R-GAW vom 3. und 30. September 2014.

In der Stellungnahme vom 3. September 2014 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass weder eine Diskriminierung nach dem Geschlecht noch nach dem Alter vorliege.

Im Zeitraum von April 2009 bis April 2014 habe es bei der Antragsgegnerin hinsichtlich SeminarleiterInnen nur bei drei Personen Gehaltserhöhungen gegeben und diese seien in einer Erweiterung des Aufgabenbereichs bzw. in einer leistungsorientierten Entlohnung begründet gewesen.

Der Stichtag 13. März 2014 hinsichtlich der Gehaltshöhe ergebe ein verfälschtes Bild. Ab Jänner 2014 habe die Leitung der Antragsgegnerin begonnen, das Gehalt der MitarbeiterInnen entsprechend dem BABE-KoIIV anzupassen. Aufgrund des damit verbundenen hohen Aufwands sei dies jedoch hinsichtlich einiger MitarbeiterInnen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Da das Gehalt der Antragstellerin zum 13. März 2014 unter Berücksichtigung der Anpassung bereits 2.497,23 Euro betragen habe, habe sie ohnedies das zweithöchste Gehalt von allen SeminarleiterInnen erhalten.

Unter Berücksichtigung der Anpassung der Gehälter an den BABE-KollV entspreche das auf Vollarbeitszeit hochgerechnete Durchschnittsgehalt der SeminarleiterInnen jenem der Seminarleiter.

Gerade daraus, dass das Gehalt der Antragstellerin höher sei als jenes der Kolleginnen, die erst 2013 eingetreten seien, ergebe sich, dass bei der Antragsgegnerin Berufserfahrung und Firmenzugehörigkeit zählen würden. Das Gehalt der Antragstellerin sei zudem höher als das der SeminarleiterInnen, die nach 2010 eingestellt worden seien.

Die unterschiedlichen Gehälter würden sich durch unterschiedliche Ausbildung, unterschiedliche Aufgabengebiete und unterschiedliche Erfahrung erklären.

Bei der Besetzung von Positionen von Koordinatorinnen oder Standortleiterinnen werde neben fachlicher Kompetenz und Erfahrung vor allem auch die soziale Kompetenz zur Bewertung herangezogen.

Abwertende Bemerkungen habe Frau MMag.a D über die Antragstellerin nicht gemacht.

Die Antragsgegnerin habe bereits am 29. Juli 2014 den Auftrag erteilt, hinsichtlich des Gehalts der Antragstellerin die Anpassung an den BABE-KollV durchzuführen und die Auszahlung sei zeitnah mit dem Gehalt für August erfolgt. Mit diesem sei die Antragstellerin für die Zeit ab Juni 2013 die Differenz auf das Gehalt nach dem BABE-KollV nachbezahlt worden.

Gerade auch wegen ihres Alters erhalte sie mit einer Ausnahme das höchste Gehalt der SeminarleiterInnen.

In der Stellungnahme vom 30. September 2014 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragsgegnerin die Forderungen der Antragstellerin nach wie vor nicht nachvollziehen könne. Der Gehaltsübersicht per März 2014 könne entnommen werden, dass – hochgerechnet auf ein Monatsgehalt – die Antragstellerin das zweithöchste – und nicht, wie von der R-GAW angegebenen, das drittniedrigste – Gehalt beziehe.

Da Teilzeitkräfte in der Relation üblicherweise mehr verdienen würden als Vollzeitkräfte, sei richtigerweise die Antragstellerin sogar am besten bezahlt. Von einer Diskriminierung sei daher weit und breit nichts zu sehen.

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 3 Z 2 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Festsetzung des Entgelts.

Der Entgeltbegriff ist nach der Rechtsprechung des EuGH weit zu fassen, sodass man darunter alle Leistungen versteht, die ein/e Arbeitnehmer/in als Gegenleistung fu?r die Zurverfu?gungstellung seiner/ihrer Arbeitskraft an den/die Arbeitgeber/in erhält.

Gleichwertige Arbeit liegt nach der Lehre vor, wenn sie denselben Arbeitswert hat wie die Arbeit, mit der sie verglichen wird, bzw. die Tätigkeiten zwar nicht identisch sind, aber bei einer Gesamtschau der Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Vor- kenntnisse, Ausbildung, Anstrengungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen äußerlich keine ins Gewicht fallenden Unterschiede zu erkennen sind.

Bei der Beurteilung, ob eine vergleichbare Situation der Antragstellerin und der männlichen Vergleichspersonen vorliegt, sind subjektive Elemente, wie beispielsweise die Wertschätzung durch die Arbeitgeberin, außer Acht zu lassen. Ebenso ist ein besseres Verhandlungsgeschick irrelevant, weil ausschließlich die objektiv festzustellende gleichwertige Arbeit maßgeblich ist. Gleichwertigkeit der Tätigkeiten ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das vom Kollektivvertrag bzw. von dem/der Arbeitgeber/in zugrunde gelegte Bewertungssystem bei konsequenter Anwendung zur Bejahung der Gleichwertigkeit führt.2

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes, vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, habe im Gegensatz zu männlichen Kollegen trotz gleicher Tätigkeit als Seminarleiterin weniger verdient, ein Ermittlungsverfahren iSd GBK/GAW-Gesetz durch.

Das Ermittlungsverfahren ergab, dass die Antragstellerin seit 18. Juli 2005 – bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2016 – als Seminarleiterin bei der Antragsgegnerin tätig war. Laut Angestelltendienstvertrag vom 1. April 2009 brachte die Antragstellerin 2.200,- Euro brutto ins Verdienen. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden. Weiters erhielt die Antragstellerin für Zusatzaufgaben bis auf Widerruf eine monatliche Zulage in Höhe von 100,- Euro. Ab 1. Mai 2014 kam der BABE-KV zur Anwendung. Das Monatsgehalt der Antragstellerin betrug seitdem 2.555,91 Euro brutto für 38 Wochenstunden. Die Zulage entfiel ab diesem Zeitpunkt. Nach einem Gespräch zwischen der Antragstellerin, der Geschäftsführerin B und dem Geschäftsleiter Mag. H am 5. Mai 2014 hinsichtlich der kollektivvertraglichen Einstufung und der damit im Zusammenhang stehenden Nachforderung wurde das Gehalt der Antragstellerin ab Juni 2013 auf Basis des BABE-KV Verwendungsbereich 4a Stufe 5 aufgerollt. Die letzte Nachzahlung erfolgte im November 2014.

Die Antragstellerin konnte anhand der von ihr vorgelegten Personalstruktur mit Stand 13. März 2014 glaubhaft machen, dass sie – jedenfalls vor der Anwendung des BABE-KV – weniger als die männlichen Seminarleiter der Standorte „1“ und „2“ (Herr N, Herr C, Herr O, Herr I, Herr P, Herr Q) verdient hat, obwohl diese erst im Zeitraum zwischen Dezember 2010 und Jänner 2014, somit einige Jahre nach der Antragstellerin, ins Unternehmen eingetreten sind.

Die Antragsgegnerin argumentierte bezüglich der Gehaltseinstufung der Antragstellerin im Vergleich zu den dienstjüngeren Kollegen vor allem mit unterschiedlichen Ausbildungen, unterschiedlichen Aufgabengebieten und unterschiedlichen Erfahrungen, ohne jedoch auf die einzelnen Personen im Detail einzugehen. Lediglich in Bezug auf Herrn C wurde ausgeführt, dass dieser eine Koordinationsfunktion ausgeübt hat, was von der Auskunftsperson bestätigt wurde.

Herr C gab in seiner mündlichen Befragung allerdings auch an, dass es keine einheitliche Regelung oder ein System gegeben habe, nach dem Zulagen gewährt oder nicht gewährt worden seien. Das sei Verhandlungssache gewesen. Glaublich hätten in der Zeit, als er Betriebsrat gewesen sei und Einsicht in die Gehaltsdaten gehabt habe, alle Personen mit Koordinationsfunktionen eine Zulage erhalten. Die Höhen seien mit Sicherheit unterschiedlich gewesen.

Die informierte Vertreterin der Antragsgegnerin, Frau B, gab in ihrer mündlichen Befragung ebenfalls an, dass Gehaltseinstufungen durch die Umstellung in den BABE-KV insgesamt transparenter geworden seien. Personen, die mehr Verantwortung gehabt hätten, hätten letztlich mehr Geld bekommen, weil es dann über eine Zulage geregelt worden sei. Zuvor seien MitarbeiterInnen mit Zusatzfunktionen anders eingestuft worden bzw. die Funktionen entweder über Zulagen oder ein höheres Gehalt abgegolten worden.

Der Personalstruktur sind lediglich jene Personen zu entnehmen, die mit Stand 13. März 2014 eine Zulage erhalten haben (die Antragstellerin, Herr C und Herr I). Ob weitere Mitarbeiter Zusatzfunktionen ausgeübt haben, welche über ein höheres Gehalt abgegolten wurden, weshalb ein höheres Gehalt als jenes der Antragstellerin gerechtfertigt gewesen wäre, wurde dem Senat seitens der Antragsgegnerin nicht offengelegt.

Weiters stellte sich das schriftliche und mündliche Vorbringen der Antragsgegnerin hinsichtlich Gehaltserhöhungen widersprüchlich dar. Während in der Stellungnahme vom 3. September 2014 vorgebracht wurde, dass im Zeitraum April 2009 bis April 2014 von den SeminarleiterInnen nur drei – namentlich nicht genannte (!) – Personen Gehaltserhöhungen erhalten hätten und dies in einer Erweiterung des Aufgabenbereiches bzw. in einer leistungsorientierten Entlohnung begründet gewesen sei, gab Frau B in der Befragung an, dass sie davon ausgehe, dass das Gehalt der Antragstellerin in den Jahren davor gestiegen sei. Es habe Gehaltsanpassungen gegeben, diese seien für alle MitarbeiterInnen gleichermaßen zur Ausschüttung gekommen.

Aus den vorgelegten Gehaltszetteln ist ersichtlich, dass die Antragstellerin bis April 2014 – also bis zur Umstellung ihres Gehalts auf den BABE-KV – durchwegs 2.200,- Euro bezogen hat, wohingegen später ins Unternehmen eingetretene Kollegen bereits mit einem – auf 40 Wochenstunden hochgerechneten – höheren Gehalt eingestiegen sind.

Nicht nachvollziehbar ist die von der Antragsgegnerin vorgelegte Gehaltsliste. Diese bildet bereits mit Stand März 2014 die Gehälter nach dem BABE-KV – allerdings mit einem anderen Betrag als jenem, den die Antragstellerin letztlich erhalten hat – ab, obwohl die Umstellung der SeminarleiterInnen den Angaben der Antragstellerin nach erst später durchgeführt wurde.

Es mag in diesem Zusammenhang zwar sein, dass die Berufserfahrung und Firmenzugehörigkeit bei der Umstellung in den BABE-KV berücksichtigt wurden und das Gehalt der Antragstellerin gegenüber den männlichen Mitarbeitern angepasst wurde, die Gehaltsstruktur vor dem Umstieg erweckt allerdings einen gegenteiligen Eindruck. Wie bereits ausgeführt, wurden von der Antragsgegnerin keine Unterlagen (Gehaltsunterlagen, Dienstverträge, Zusatzvereinbarungen, etc.) der Vergleichspersonen vorgelegt, die den Eindruck der Intransparenz und mangelnden Nachvollziehbarkeit widerlegt hätten und das Vorbringen der Vergleichbarkeit zwischen ihrer Tätigkeit und jener der männlichen Kollegen entkräftet hätte.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG ist der Senat daher zu der Ansicht gelangt, dass es der Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass sachliche Motive für die unterschiedlichen Gehaltseinstufungen der Antragstellerin und der männlichen Vergleichspersonen ausschlaggebend waren.

Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG vor.

Gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 GlBG darf aufgrund des Alters im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Festsetzung des Entgelts.

Die Antragstellerin brachte weiters vor, dass sie im Hinblick auf ihr (Dienst-)Alter im Gegensatz zu den anderen SeminarleiterInnen, mit Ausnahme von zwei im Jahr 2013 eingetretenen jüngeren Kolleginnen, weniger verdient habe.

Die von der Antragstellerin vorgelegte Personalstruktur mit Stand 13. März 2014 bestätigte ihr Vorbringen. Demnach verdienten neben den oben erwähnten sechs männlichen Kollegen, zehn weibliche Kolleginnen (Frau R, Frau J, Frau S, Frau T, Frau U, Frau K, Frau V, Frau W, Frau Y, Frau L) hochgerechnet auf eine Beschäftigung im Ausmaß von 40 Wochenstunden exklusive etwaiger Zulagen mehr als die Antragstellerin. Lediglich Frau G verdiente nach dieser Berechnung ebenfalls 2.200,- Euro brutto. Frau E und Frau F lagen mit 2156,25 Euro bzw. 2169,23 Euro geringfügig unter dem Gehalt der Antragstellerin.

Außer Frau R, die bereits seit 2006 – und somit lediglich ein Jahr kürzer als die Antragstellerin – bei der Antragsgegnerin beschäftigt war, sind alle weiteren genannten Personen erst im Zeitraum zwischen Dezember 2010 und Jänner 2014 ins Unternehmen eingetreten.

Ergänzend wird festgehalten, dass hinsichtlich des Lebensalters lediglich Herr N älter als die Antragstellerin ist. Dieser war im März 2014 62 Jahre alt.

Zu den genannten Mitarbeiterinnen wurden ebenfalls keine Unterlagen vorgelegt, sondern vielmehr anhand der von der Antragsgegnerin vorgelegten Liste – welche sich aber auf die Gehälter nach der Umstellung auf den BABE-KV beziehen – argumentiert, dass die dem (Dienst-)Alter nach jüngeren Kolleginnen, mit Ausnahme von Frau R, ohnehin weniger als die Antragstellerin verdient hätten. Hinsichtlich des höheren Gehalts von Frau R brachte die Antragsgegnerin vor, dass diese zwei zusätzliche Aufgaben (Projektakquisition im Reha-Bereich und Projektleitung für spezielle Jugendprojekte) gehabt habe. Der befragten Auskunftsperson C war eine Zusatzfunktion von Frau R nicht erinnerlich.

Der Senat teilt die Ansicht der Antragstellerin, dass ihre langjährige Berufserfahrung und Firmenzugehörigkeit finanziell nicht honoriert worden sei.

Dies zeigt sich insbesondere anhand der widersprüchlichen Angaben von Frau B und Herrn C. Während Frau B meinte, dass sie sich abwertende Äußerungen durch die frühere Geschäftsführerin nicht vorstellen könne, da sie in ihrem Beruf sehr von der Lebenserfahrung profitieren würden, Alter somit etwas sehr Positives sei, gab Herr C glaubwürdig an, dass sich die Wertschätzung für Lebens- und Berufserfahrung in Grenzen gehalten habe. Dass jemand mehr Berufs- oder Lebenserfahrung mitbringe, habe sich nicht auf die Bemessung des Gehalts ausgewirkt.

Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Alters bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 GlBG vor.

Vorschlag

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die Antragsgegnerin, X GmbH gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 25. April 2017

Mag.a Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Rebhahn in Rebhahn GlBG § 3 Rz 111.

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2017
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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