TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/7 VGW-151/085/5117/2017

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Veröffentlicht am 07.08.2017
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Entscheidungsdatum

07.08.2017

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
72/01 Hochschulorganisation

Norm

NAG §11 Abs1
NAG §11 Abs2
NAG §11 Abs5
NAG §64 Abs1
NAG §64 Abs3
UniversitätsG 2002 §75 Abs6
UniversitätsG 2002 §78 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin MMag. Dr. Salamun über die Beschwerde der Frau V. S. vom 30.03.2017 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28.02.2017, Zahl: MA35-9/3152299-01

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 28.2.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender“ gemäß § 64 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.

Begründend führte die Behörde zusammengefasst sinngemäß aus, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe unter Heranziehung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen ergeben, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin im Studienjahr 2015/2016 zu gar keiner Prüfung angetreten sei. Somit stehe fest, dass die Beschwerdeführerin für das vergangene Studienjahr keinen positiven Studienerfolg nachweisen könne. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Schwangerschaft und Beurlaubung würde keinen Grund im Sinn des § 64 Abs. 3 NAG darstellen. Da kein Nachweis eines ausreichenden Studienerfolges für das vergangene Studienjahr vorgelegt worden sei, könne der Antrag nicht positiv entschieden werden.

II.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende durch die Beschwerdeführerin am 30.3.2017 eingebrachte Beschwerde, in welcher im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wird:

„Hiermit möchte ich über den Bescheid der MA 35 Beschwerde einreichen. Leider habe ich die 16 ECTS Punkte nicht erreicht, da ich am ....4.2016 mein erstes Kind bekommen habe. Der Vater meines Kindes hat mich verlassen und ich könnte, leider nicht noch zu meinen Verpflichtungen als Mutter deren ich fürsorglich nach komme studieren. Daher musste ich leider mein Studium unterbrechen aber möchte, unbedingt mein Studium absolvieren und werde das so rasch wie möglich weitermachen.“

Die Verwaltungsbehörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 5.4.2017 vor.

III.

Am 12.6.2017 langte das vom Verwaltungsgericht Wien eingeholte amtsärztliche Gutachten zur Frage, ob bzw. wie lange aus medizinischer Sicht eine Studienverhinderung im Studienjahr 2015/2016 vorgelegen hat, ein.

Am 20.7.2017 langten in der Ladung angeforderte Nachweise ein, darunter ein Untermietvertrag, ein Sammelzeugnis sowie eine Studienzeitbestätigung, nicht aber die Kontoauszüge der letzten sechs Monate.

Am 24.7.2017 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführerin sowie die amtsärztliche Sachverständige erschienen. Der Vertreter der belangten Behörde verzichtete auf die Teilnahme.

Die Beschwerdeführerin gab in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll:

„Ich bin seit 7 Jahren in Österreich, zuerst war ich Schülerin und dann habe ich das Studium an der Uni W. angefangen. Am 08.04.2015 ist meine Großmutter verstorben, deswegen konnte ich die Uni nicht besuchen, trotzdem habe ich 15 ECTS Punkte erreicht. Am 15.04.2016 habe ich ein Baby bekommen, seit dem bin ich in Karenz. Ich möchte mein Studium beenden und im Herbst mit diesem wieder anfangen.

Ich hoffe eine Chance diesbezüglich zu bekommen um meinem Kind die bestmögliche Zukunft zu ermöglichen. Der Vater des Kindes wohnt in Wien und hat regelmäßigen Kontakt zum Kind.

Ich bin erstmals im Jahr 2010 nach Österreich eingereist, glaublich im August.

Ich arbeite zurzeit nicht, ich bin in Karenz.

Meine Wohnung ist ca. 35 m² groß und kostet Euro 280,--.

Die sonstigen Ausgaben für die Wohnung sind Strom mit Euro 85,-- im Monat und Internet mit Euro 40,--. Das Handy kommt auf ca. Euro 15,--, es ist ein Wertkartenhandy.

Es leben nur ich und mein Sohn in der Wohnung.

Bevor ich nach Österreich gekommen bin, habe ich nicht gearbeitet.

Es gibt in Österreich noch einen Großvater. Er ist Österreicher, war verheiratet mit meiner Oma. Er wohnt in Niederösterreich. Dort habe ich früher oft gewohnt.

Ich bin wegen meinem Kind und dem Vater nach Wien gekommen und außerdem wegen des Studiums.

Meine Eltern leben noch in meiner Heimat sowie mein Bruder.

Ich bin in Österreich kein Mitglied in einem Verein oder der Kirche. In meiner Freizeit treffe ich meine Freunde. Früher bin ich sonntags immer zur Kirche gegangen.

Es ist richtig, dass ich zurzeit nicht krankenversichert bin.“

Die Amtssachverständige gab in der mündlichen Verhandlung Folgendes zu Protokoll:

„Für den Zeitraum wurde keine Krankheit angegeben, eine Schwangerschaft ist keine Krankheit sondern nur ein vorübergehender Zustand, auch die Pflege eines Angehörigen ist kein Umstand diesbezüglich.“

Die Beschwerdeführerin entgegnete, sie hätte bei der Schwangerschaft Frauenprobleme gehabt und auf Grund dessen einen Kaiserschnitt gehabt, bestätigte aber auf Nachfrage der Amtssachverständigen, ihr wäre keine Bettruhe vom Arzt verordnet worden.

In den Schlussausführungen verwies die Beschwerdeführerin auf ihr bisheriges Vorbringen.

Die Beschwerdeführerin erklärte sich ausdrücklich mit einer schriftlichen Entscheidung einverstanden.

IV. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

IV.1. Rechtsgrundlagen:

Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 122/2015, lauten:

„§ 11…

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

(3) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule oder anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule erbringt. Gleiches gilt beim Besuch eines anerkannten privaten Studienganges oder anerkannten privaten Hochschullehrganges. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.“

Gemäß § 75 Abs. 6 UG hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat.

§ 78 UG idF BGBl. I Nr. 131/2015 lautet auszugsweise:

„(6) Die Anerkennung einer Prüfung gilt als Prüfungsantritt und positive Beurteilung der entsprechenden im Curriculum vorgeschriebenen Prüfung in dem Studium, für welches die Prüfung anerkannt wird.“

IV.2. Sachverhalt:

Aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung, des Vorbringens der Beschwerdeführerin, des Aktes des verwaltungsbehördlichen Verfahrens, einschließlich der Vorakte der BH ..., sowie des Aktes des Verwaltungsgerichts Wien wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Die am 25.2.1993 geborene Beschwerdeführerin ist ukrainische Staatsangehörige.

Die Beschwerdeführerin lebt seit 2011 in Österreich. Am 8.7.2011 wurde ihr ein Aufenthaltstitel für den Aufenthaltszweck „Schüler“ erteilt. Seit 27.12.2012 verfügt sie aufgrund eines Zweckänderungsantrages über eine Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Studierende“. Der Beschwerdeführerin wurde zuletzt eine Aufenthaltsbewilligung mit Gültigkeit bis 26.12.2016 erteilt.

Die Beschwerdeführerin schloss im Schuljahr 2011/2012 am 29.6.2012 den ersten Jahrgang der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule ... mit einem Nicht genügend in Betriebswirtschaft ab und war daher gemäß § 25 Abs. 1 und 2 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986 idgF, zum Aufstieg in den zweiten Jahrgang nicht berechtigt.

Mit Zulassungsbescheid der Universität W. vom 9.8.2012 wurde die Beschwerdeführerin zum Bachelorstudium ... unter der Bedingung der persönlichen Vorlage jener Originaldokumente, die als Zulassungsvoraussetzung für die elektronische Antragsstellung via u:space angefordert wurden, zugelassen. Mit Zulassungsbescheid der Universität W. vom 19.3.2013 wurde sie zum Bachelorstudium ..., ebenfalls unter der Bedingung der persönlichen Vorlage jener Originaldokumente, die als Zulassungsvoraussetzung für die elektronische Antragsstellung via u:space angefordert wurden, zugelassen. Die Beschwerdeführerin war vom 1.10.2012 bis 25.1.2013 für das Bachelorstudium … inskribiert. Seit dem 1.3.2013 ist sie für das Bachelorstudium ... zur Fortsetzung gemeldet. Im Wintersemester 2016/2017 sowie im Sommersemester 2017 war die Beschwerdeführerin beurlaubt.

Im Wintersemester 2012/2013 schloss die Beschwerdeführerin am 7.1.2013 die Lehrveranstaltung STEOP: Modulprüfung: Einführung in die ... negativ ab, absolvierte diese Lehrveranstaltung aber am 21.1.2013 und errang dabei 5 ECTS Punkte. Am 10.1.2013 sowie am 24.1.2013 schloss die Beschwerdeführerin die Lehrveranstaltung STEOP: Modulprüfung: Einführung in die ... negativ ab, ebenso am 11.1.2013 sowie am 25.1.2013 die Lehrveranstaltung STEOP: Modulprüfung Grundlagen der .... Im Sommersemester 2013 schloss sie am 27.6.2013 die Lehrveranstaltung STEOP: Modulprüfung Grundlagen der allgemeinen ... negativ ab.

Im Wintersemester 2013/2014 schloss die Beschwerdeführerin am 18.12.2013 sowie am 20.1.2014 die Lehrveranstaltung STEOP: Modulprüfung Grundlagen der angewandten ... negativ ab. Am 27.1.2014 absolvierte die Beschwerdeführerin die Lehrveranstaltung STEOP: Modulprüfung Grundlagen der allgemeinen ... im Ausmaß von 4 Semesterstunden bzw. 8 ECTS Punkten. Im Sommersemester 2014 absolvierte sie am 10.3.2014 die Lehrveranstaltung STEOP: Modulprüfung Grundlagen der angewandten ... im Ausmaß von 4 Semesterstunden bzw. 8 ECTS Punkten, am 24.6.2014 das Proseminar Grundlagen der allgemeinen ... A im Ausmaß von 2 Semesterstunden bzw. 6 ECTS Punkten und am 29.9.2014 die Vorlesung Einführung in die ... im Ausmaß von 2 Semesterstunden bzw. 4 ECTS Punkten.

Im Wintersemester 2014/2015 absolvierte die Beschwerdeführerin am 22.10.2014 das Proseminar Grundlagen der allgemeinen ... B im Ausmaß von 2 Semesterstunden bzw. 6 ECTS Punkten und am 27.1.2015 die Vorlesung Einführung in die ... im Ausmaß von 2 Semesterstunden bzw. 4 ECTS Punkten. Im Sommersemester 2015 absolvierte sie am 22.6.2015 die Übung ... als zweite ... Sprache im Ausmaß von 6 Semesterstunden bzw. 10 ECTS Punkten und wurde ihr die Lehrveranstaltung EC-... Grundkompetenz I - Vertiefung anerkannt.

Im Studienjahr 2015/2016 absolvierte die Beschwerdeführerin keine einzige Prüfung.

Auch im Studienjahr 2016/2017, in dem die Beschwerdeführerin beurlaubt war, sind keine Prüfungen dokumentiert.

Am ....4.2016 gebar die Beschwerdeführerin ein Kind. Aufgrund der normal verlaufenden Schwangerschaft lag aus amtsärztlicher Sicht kein Grund für eine Studienverhinderung im Studienjahr 2015/2016 vor.

Die Beschwerdeführerin verfügt über ein Konto bei der Erste Bank mit der Kontonummer AT ..., welches am 7.12.2017 einen Kontostand in der Höhe von € 7.013,01 auswies. Aktuelle Kontoauszüge wurden trotz Aufforderung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine vorgelegt. Es kann daher nicht festgestellt werden, ob der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin gesichert ist und aus welchen Quellen die auf ihrem Konto befindlichen finanziellen Mittel stammen.

Die Beschwerdeführerin bewohnt eine Wohnung in Wien, V.-gasse. Die Wohnung verfügt über zwei Zimmer und eine Wohnnutzfläche von ca. 32 m². In der Wohnung ist weiters das Kind der Beschwerdeführerin gemeldet. Die Wohnrechtsvereinbarung vom 2.1.2017 sowie der Untermietvertrag vom 21.4.2016 wurden für den Zeitraum vom 1.10.2015 bis 1.10.2018 abgeschlossen. Der Mietzins beträgt € 280 monatlich, einschließlich der Betriebskosten sowie der Miete für Einbauküche und Hochbett. Die monatlichen Energiekosten belaufen sich auf etwa 85 Euro; die Internet- und Telefonkosten auf ca. 55 Euro. Der Hauptmietvertrag wurde trotz Aufforderung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht vorgelegt. Daher kann nicht festgestellt werden, ob ein Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft vorliegt.

Die Beschwerdeführerin ist gegenwärtig nicht krankenversichert. Sie verfügte über eine Beschäftigungsbewilligung des AMS für den Zeitraum vom 2.5.2015 bis 27.5.2016.

Die Beschwerdeführerin ist in der Ukraine unbescholten, auch in Österreich scheinen keine gerichtlichen Verurteilungen der Beschwerdeführerin auf. Verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen sowie die Festsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen die Einschreiterin sind nicht aktenkundig.

Die Beschwerdeführerin verfügt über sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache und war problemlos in der Lage, die durchgeführte mündliche Verhandlung ohne Beiziehung eines Dolmetschers zu bestreiten.

In Österreich lebt der Großvater der Beschwerdeführerin, welcher österreichischer Staatsbürger ist, sowie ihr am ....4.2016 geborener Sohn. Der Kindesvater lebt ebenfalls in Österreich. Er ist jedoch mit einer anderen Frau verheiratet. Die Eltern und der Bruder der Beschwerdeführerin leben in der Ukraine. Ob die Beschwerdeführerin in Österreich Freunde hat, konnte nicht festgestellt werden.

Gründe im Sinne des § 11 Abs. 1 NAG, weshalb der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden dürfte, haben sich im Verlauf des gesamten Verfahrens nicht ergeben.

Diese Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:

Die Feststellungen gründen sich einerseits auf den eindeutigen Akteninhalt (Sammelzeugnis der Universität W., Zulassungsbescheide, Studienzeitbestätigung). Andererseits beruhen sie auf den Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen und familiären Verhältnisse beruhen auf dem Akteninhalt sowie auf dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, an dessen Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht.

Die Feststellungen betreffend die finanziellen Verhältnisse gründen sich insbesondere auf die Kontoauszüge des Kontos der Beschwerdeführerin bei der Erste Bank.

Die Feststellungen hinsichtlich der Unterkunft gründen sich v.a. auf die vorgelegte Wohnrechtsvereinbarung vom 2.1.2017.

Die Feststellungen zum Bestand einer alle Risiken abdeckenden Krankenversicherung basieren auf dem Versicherungsdatenauszug der WGKK.

IV.3. Rechtliche Beurteilung:

IV.3.1.

Der verfahrensgegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin ist auf die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender“ gerichtet.

Gemäß § 64 Abs. 3 NAG ist die Verlängerung des Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender“ nur zulässig, wenn nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften ein Studienerfolgsnachweis der Universität erbracht wird. Dazu zählt insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG. Die Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP 145) halten dazu fest, dass die erneute Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende nur zulässig ist, wenn der Antragsteller einen Studienerfolgsnachweis über die von ihm betriebenen Studien erbringt; sie stellen somit auf das vom Antragsteller betriebene Studium ab (vgl. VwGH 11.2.2016, Ra 2015/22/0095).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Regelung des § 75 Abs. 6 UG, auf den § 8 Z 7 lit. b NAG-DV verweist, ausdrücklich auf die im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilten Prüfungen ab. Gemäß § 52 UG beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Gegen ein Akzeptieren des Studienerfolgs im aktuell laufenden Jahr und ein damit verbundenes Hinwegsehen über den fehlenden Studienerfolg im zuletzt abgelaufenen Studienjahr spricht - neben dem Wortlaut des § 8 Z 7 lit. b NAG-DV - auch, dass mit jedem Verlängerungsantrag und somit (grundsätzlich) jährlich der Studienerfolg für das jeweils vorausgegangene Studienjahr nachzuweisen ist (vgl. VwGH 11.2.2016, Ra 2015/22/0095).

Da gemäß § 24 Abs. 1 NAG Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, kann das "vorangegangene Studienjahr" (vgl. § 75 Abs. 6 UG) bei Antragstellung nur dasjenige sein, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt. Maßgeblich für die Beurteilung nach § 64 Abs. 3 NAG 2005 iVm § 8 Z 7 lit. b NAG-DV 2005 ist das abgeschlossene und nicht das aktuell laufende Studienjahr (vgl. VwGH 24.6.2010, 2010/21/0125). Anders stellt sich die Sach- und Rechtslage dar, wenn aufgrund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen ist. In einem solchen Fall kann es zum einen der Behörde nicht verwehrt werden, im Sinn eines aktualitätsbezogenen Studienerfolges zwecks Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung einen Erfolgsnachweis für das zuletzt abgelaufene Studienjahr zu fordern. Zum anderen ist es aber auch dem Fremden möglich, die Verlängerungsvoraussetzung - die Gültigkeit des verlängerten Titels beginnt in einem solchen Fall gemäß § 20 Abs. 2 erster Satz letzter Fall NAG mit der Bescheiderlassung - dadurch nachzuweisen, dass er einen Erfolgsnachweis für das jüngst abgelaufene Studienjahr erbringt. Dann führt eine Erfolglosigkeit des bei Einbringung des Verlängerungsantrags relevanten Studienjahres nicht (mehr) zur Versagung des Aufenthaltstitels, muss der Fremde doch auch sonst bloß den Erfolg im vorangegangenen Studienjahr und nicht in früheren Studienjahren oder der gesamten bisherigen Studienlaufbahn vorweisen (vgl. VwGH 19.4.2016, Ro 2015/22/0004, VwGH 21.1.2016, Ra 2015/22/0094 sowie VwGH 5.5.2015, Ra 2014/22/0157).

Das Studienjahr beginnt nach der Bestimmung des § 52 UG am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Für eine Ausweitung über den genannten Zeitraum hinaus besteht somit kein Raum (vgl. z.B. VwGH 19.2.2014, 2013/22/0177).

IV.3.2.

Das zuletzt abgelaufene (vorausgegangene) Studienjahr ist das Studienjahr vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. September 2016. Maßgeblich ist daher der nachgewiesene Studienerfolg im Wintersemester 2015/16 und im Sommersemester 2016.

Die Beschwerdeführerin hat im zuletzt abgelaufenen vorangegangenen Studienjahr 2015/16 keine einzige Lehrveranstaltung absolviert.

IV.3.3.

Für die Frage, ob die Aufenthaltsbewilligung trotz Fehlens des Studienerfolges verlängert werden kann, ist zu überprüfen, ob im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG gegeben sind, also für das Fehlen des Studienerfolges im maßgeblichen Studienjahr Gründe vorlagen, die der Einflusssphäre der Beschwerdeführerin entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar waren.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, sie sei im Studienjahr 2015/16 schwanger gewesen und habe deshalb keine Prüfungen ablegen können, sind die Schlussfolgerungen des amtssachverständigen Gutachtens entgegenzuhalten, dass aus amtsärztlicher Sicht aufgrund der normal verlaufenen Schwangerschaft kein Grund für eine Studienverhinderung im Studienjahr 2015/2016 vorlag.

In der Schwangerschaft und der Geburt des Kindes der Beschwerdeführerin sind daher keine Gründe für das Fehlen des Studienerfolges zu sehen, die der Einflusssphäre der Beschwerdeführerin entzogen gewesen wären. Es kann in diesem Zusammenhang aber im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch weder von Unabwendbarkeit noch Unvorhergesehenheit im Sinn des § 64 Abs. 3 NAG gesprochen werden.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihre Großmutter sei gestorben und sie müsse ihren Großvater pflegen, ist – soweit dieses Vorbringen das Studienjahr 2015/16 betrifft – auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach psychischen Belastungen aufgrund von familiären Problemen bzw. daraus resultierende Konzentrationsschwierigkeiten nicht unter den Tatbestand des § 64 Abs. 3 NAG fallen (vgl. z.B. VwGH 6.7.2010, 2010/22/0090).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Meinung, die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, innerhalb des von der Universität vorgegebenen Studienplans zu bestimmten Zeiten Prüfungen absolvieren zu können, liege allein im Bereich der Studierenden. Diese haben im Rahmen der ihnen zustehenden Lernfreiheit (vgl. § 59 Abs. 1 UG) und bei ihren Prüfungsvorbereitungen selbst dafür Sorge zu tragen, dass die positive Ablegung von Prüfungen – bezogen auf das NAG im von ihnen für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung abverlangten Ausmaß – möglich ist (vgl. VwGH 22.9.2009, 2009/22/0198).

Die Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG liegen somit nicht vor.

IV.3.4.

Da im Beschwerdefall folglich eine besondere Erteilungsvoraussetzung (Studienerfolgsnachweis) fehlt, war die Beschwerde abzuweisen. Mangels Vorliegens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung für den begehrten Aufenthaltstitel konnte weiters die Überprüfung des Vorliegens der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen sowie eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG entfallen (vgl. etwa VwGH 6.8.2009, 2009/22/0195).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Vollständigkeit halber ist im gegebenen Zusammenhang jedoch festzuhalten, dass nicht festgestellt werden konnte, ob der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin gesichert ist oder ob sie über einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft verfügt (Punkt IV.2). Weitere Ermittlungen diesbezüglich konnten im Hinblick auf das Fehlen der besonderen Erteilungsvoraussetzung unterbleiben.

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zum Fehlen des Studienerfolgs VwGH 22.9.2009, 2009/22/0198 und 6.7.2010, 2010/22/0090). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verlängerungsantrag, Studierender, Studienerfolgsnachweis, unvorhersehbarer Grund, unabwendbarer Grund, Einflusssphäre

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.151.085.5117.2017

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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