TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/18 96/17/0361

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Veröffentlicht am 18.09.2000
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §29 Abs2;
GewStG §25 Abs1;
GewStG §30 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. Juni 1996, Zl. GA 8-1989/11/92, betreffend Steuermessbeträge nach der Lohnsumme für 1981 bis 1985 (mitbeteiligte Partei: W AG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei vom 5. Juni 1987 gegen die Bescheide des Finanzamtes für Körperschaften vom 27. April 1987 betreffend Festsetzung der Steuermessbeträge nach der Lohnsumme für 1981 bis 1985 hinsichtlich der in der Stadt Linz gelegenen Betriebsstätte der mitbeteiligten Partei ab und setzte die Steuermessbeträge in Übereinstimmung mit der Entscheidung der ersten Instanz wie näher ersichtlich fest.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Festsetzung des Steuermessbetrages nach der Lohnsumme unter Berücksichtigung der an Arbeitnehmer gezahlten Vergütungen, welche der in der Marktgemeinde R. gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen seien, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 GewStG ist bei der Lohnsummensteuer die Steuerbemessungsgrundlage die Lohnsumme, die in jedem Kalendermonat an die Arbeitnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gezahlt worden ist.

Gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. ist Lohnsumme die Summe der Vergütungen, die an die Arbeitnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gezahlt worden sind.

Strittig ist im Beschwerdefall die Frage der lohnsummensteuerlichen Zuordnung der Außendienstmitarbeiter des mitbeteiligten Versicherungsunternehmens an die im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Partei gelegene Zentrale oder aber an die Betriebsstätte in der Gemeinde R.

Zu dieser Frage hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1995, Zl. 92/17/0041, mwN) ausgesprochen, dass es für die Zuordnung zur Zentrale eines Unternehmens oder zu einer anderen Betriebsstätte darauf ankommt, wo sich die Haupttätigkeit des betreffenden Arbeitnehmers vollzieht. Entscheidend ist, zu welcher der mehreren Betriebsstätten die engere ständige Beziehung besteht, was nicht allein von der Frage abhängt, von wo aus der leitende Einsatz des Dienstnehmers erfolgt. Entscheidende Faktoren sind weiters etwa das Vorhandensein eines Arbeitsplatzes in der Geschäftsstelle, die Beziehung der Außendienstmitarbeiter zu den in der Geschäftsstelle sonst tätigen anderen Dienstnehmern, die Regelmäßigkeit des Aufsuchens der Geschäftsstelle bzw. der Zentrale und der Umstand, ob ein Außendienstmitarbeiter nur eine bestimmte Geschäftsstelle (bzw. deren räumlichen Einzugsbereich) oder auch andere betreut. Dass die Tätigkeit eines Außendienstmitarbeiters von der Zentrale aus geleitet wird, ist nur dann von entscheidender Bedeutung, wenn im konkreten Fall zu keiner anderen Betriebsstätte eine (im beispielsweise aufgezeigten Sinn) engere Beziehung besteht.

Die belangte Behörde hat unter Hinweis auf die dargestellten Grundsätze der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 5. Dezember 1995 ersucht mitzuteilen, wie diese die Aufteilung der Lohnsumme auf die einzelnen Betriebsstättengemeinden handhabe. Insbesondere wurde auch auf den Umstand hingewiesen, dass die einzelnen Außendienstmitarbeiter, die beispielsweise im Bereich mehrerer Betriebsstätten tätig seien, jener Betriebsstätte zuzuordnen seien, zu der die engere Beziehung bestehe.

Die mitbeteiligte Partei teilte hieraufhin der belangten Behörde mit Schreiben vom 10. Jänner 1996 mit, dass die Aufteilung der Lohnsummen auf die einzelnen Betriebsstättengemeinden "gemäß der von Ihnen dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seit den 80iger Jahren von unserer Gesellschaft vorgenommen" werde. Im Hinblick auf eine entsprechende Anfrage wurde weiters erklärt, dass außer einigen bezugnehmenden internen Aktenvermerken keine vollständigen Verrechnungsunterlagen über diesen Zeitraum (1981 bis 1985) mehr vorhanden seien.

Die belangte Behörde stützte sich überdies noch auf ein Informationsschreiben des Finanzamtes für Körperschaften an die Stadt Linz vom 5. Oktober 1987, wonach die mitbeteiligte Partei zu Beginn der 80iger Jahre die außerhalb der Landesdirektionen unterhaltenen und bis dahin nur mit einer Schreib- bzw. Telefonkraft besetzt gewesenen Außendienststellen aufgewertet habe; der Einsatz der Versicherungsmitarbeiter erfolge nunmehr von dort. Die Außenstellen hätten ab dieser Zeit einen Gebietsleiter erhalten, der über einen bestimmten Mitarbeiterstab verfüge. Für die nicht mehr von der Landesdirektion eingesetzten Mitarbeiter seien auch eigene Codes für die Kostenzuteilung bei der Personalverrechnung vergeben worden. Die "nunmehr durchgeführte Neuaufteilung" sei anhand der Codes erfolgt und vom Finanzamt stichprobenweise überprüft worden.

Ausgehend von diesen Schreiben nahm die belangte Behörde eine Änderung der Struktur des mitbeteiligten Versicherungsunternehmens im hier fraglichen Zeitraum an und bejahte in rechtlicher Hinsicht die von der Behörde erster Instanz getroffene Entscheidung.

Die beschwerdeführende Partei bekämpft gerade diese Annahme der Berufungsentscheidung, die Dezentralisierung bei der mitbeteiligten Partei wäre bereits in den Jahren 1981 bis 1985 erfolgt. Diese Annahme gründe "sich ausschließlich auf das Begehren gewisser Gemeinden, an der Lohnsummensteuer im gegenständlichen Abgabenzeitraum mitzupartizipieren", könne jedoch "weder auf Grund fundierter und nachvollziehbarer Ermittlungen der Bundesfinanzbehörden in erster und zweiter Instanz, noch durch diesbezügliche Unterlagen bzw. sonstige Nachweise" der mitbeteiligten Partei begründet werden. Es spreche vielmehr die Verhaltensweise der abgabenpflichtigen mitbeteiligten Partei im Rahmen ihrer Abgabenerklärung und Abgabenentrichtung gegen eine solche Annahme. Die Finanzbehörden hätten bei ihrer Entscheidung mangels anderweitiger Nachweise von einem Sachverhalt bzw. einer Tatsachenbeurteilung auszugehen gehabt, der der Abgabenerklärung (Abgabenleistung) der Abgabepflichtigen selbst entsprochen hätte. Dazu komme, dass die Bundesfinanzbehörde selbst im Rahmen eines entsprechenden Messbescheides von einem Sachverhalt ausgegangen sei, der die Zuordnung nahezu aller Außendienstmitarbeiter der Landesdirektion Oberösterreich zur Linzer Betriebsstätte gerechtfertigt hätte. Überdies sei die Abgabepflichtige durch die suggestive Fragestellung der Bundesfinanzbehörde unter dem sicherlich gegebenen Druck der einzelnen Nachbargemeinden zu einer entsprechenden Stellungnahme veranlasst worden. Es stehe im Widerspruch zu einer den Verfahrensbestimmungen entsprechenden notwendigen ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung, wenn neun Jahre nach Einbringung des Rechtsmittels durch die beschwerdeführende Partei derartige Anfragen als "Ermittlungen" dargestellt würden, "die darüber hinaus zu einer die Stadt Linz finanziell schwer benachteiligenden Entscheidung führen würden".

Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Umstrukturierung mit Dezentralisierung bei der mitbeteiligten Versicherungsgesellschaft erst in den späten 80iger Jahren vorgenommen worden sei; gerade in diesem Zeitraum habe nicht nur die hier mitbeteiligte abgabepflichtige Partei, sondern hätten auch andere Versicherungsunternehmen derartige dezentralisierende Maßnahmen durch Errichtung von Filialgeschäftsstellen vorgenommen. Es sei jedoch im hier vorliegenden Abgabenverfahren weder von der abgabepflichtigen mitbeteiligten Partei "ursprünglich" behauptet, noch von der Bundesfinanzbehörde "ein entsprechender Beweis" ermittelt worden, dass auch in dem Abgabezeitraum 1981 bis 1985 bereits eine derartige Dezentralisierung erfolgt sei. Aus diesem Grund seien für diesen Abgabenzeitraum (fast) sämtliche Dienstnehmer der Landesdirektion zuzurechnen.

Es trifft zu, dass die mitbeteiligte Partei und die Abgabenbehörden (zunächst) davon ausgingen, die Mitarbeiter seien in der Zentrale im Gebiet der beschwerdeführenden Partei beschäftigt und dieser zuzurechnen. So beantwortete etwa die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 23. April 1982 einen diesbezüglichen Vorhalt der Marktgemeinde R. vom 2. April 1982 wie folgt:

"Ihre Bemerkungen hinsichtlich des Personenkreises, der auch in ihrer Marktgemeinde tätig ist, stimmt in manchen Dingen mit den Tatsachen überein.

Unsere Mitarbeiter, außer der Geschäftsstellenkraft unterstehen der Landesdirektion Oberösterreich-Ost in Linz und sind an diese weisungsgebunden. Diese beziehen ihre Provisionen und ihre Gehälter von unserer Landesdirektion. Bei dieser Landesdirektion werden alle Gehaltsunterlagen, die Gehaltsblätter, Gehaltslisten und Lohnsteuerkarten aufbewahrt.

Gemäß § 81 EStG sind laut unseren Ausführungen die Voraussetzungen für den Begriff einer Betriebsstätte in ihrer Marktgemeinde nicht gegeben und wir ersuchen Sie, die Lohnsummensteuererklärung für das Kalenderjahr 1981 als endgültig anzusehen."

Auch die Finanzbehörde erster Instanz teilte zunächst diese Ansicht, wie sich etwa einem Schreiben vom 12. Juni 1984 betreffend den Lohnsummensteuermessbescheid für 1982 vom 21. April 1983 entnehmen lässt, ging jedoch in den dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Bescheiden von einer anderen Zuordnung aus, wobei sie offensichtlich den (geänderten) Angaben der mitbeteiligten Partei folgte.

Die belangte Behörde setzte mit Bescheid vom 11. Jänner 1990 das in der hier anhängigen Sache geführte Berufungsverfahren mit der Begründung aus, dass der Ausgang des vor dem Verwaltungsgerichtshof unter der Zl. 89/15/0081 anhängigen Verfahrens von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung sei; es sei eine umfassende Klarstellung des Betriebsstättenbegriffes zu erwarten. In der Folge kam es dann zu der bereits erwähnten Anfrage mittels Schreiben vom 5. Dezember 1995 und der Antwort der mitbeteiligten Partei vom 10. Jänner 1996.

Aus dem Vorgesagten ist abzuleiten, dass die mitbeteiligte Partei und ihr folgend die Finanzbehörden zunächst die Ansicht vertraten, es komme bei der Zuordnung der Mitarbeiter wesentlich darauf an, von wo aus über ihren Einsatz entschieden werde, also auf den Sitz der Leitung. Da dieser Faktor aber nach der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur einer von mehreren zu berücksichtigenden ist, war insoweit die Sachverhaltsgrundlage zu erweitern. Dass sich dabei die belangte Behörde auf eine Auskunft der mitbeteiligten Partei stützte, ist nicht unschlüssig, mag die Auskunft auch nicht detailliert erfolgt sein. Jedenfalls zeigt die beschwerdeführende Partei nicht auf, durch welche anderen Beweismittel andere geeignete Feststellungen zu treffen gewesen wären. Der Hinweis auf den Akteninhalt und das ursprünglich im Ergebnis anders lautende Vorbringen der mitbeteiligten Partei reicht nicht dazu aus, das nunmehrige Beweisergebnis zu erschüttern; wie dargelegt, beruhen die ursprünglichen Angaben der mitbeteiligten Partei auf der rechtlich unzutreffenden Prämisse, maßgebend für die Zurechnung der Mitarbeiter zu einer Betriebsstätte sei, von wo aus der leitende Einsatz der Dienstnehmer erfolge.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Antrag auf Kostenersatz der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei war abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 94/17/0385).

Wien, am 18. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996170361.X00

Im RIS seit

05.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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